OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.05.2008 - 1 B 1786/07
Fundstelle
openJur 2011, 58466
  • Rkr:
Tenor

Der angefochtene Beschluss wird hinsichtlich des Entscheidungssatzes zu 3. teilweise wie folgt geändert: Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die unter der Kennziffer 32/00/01/07/300 stadtintern ausgeschriebene Stelle der Amtsleitung des Ordnungsamtes mit einer Mitbewerberin bzw. einem Mitbewerber des Antragstellers zu besetzen, solange sie nicht über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des beschließenden Senats erneut entschieden hat. (Nur) Insoweit wird der weitergehende Antrag des Antragstellers abgelehnt.

Im Übrigen werden die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 EUR festgesetzt. Die Streitwertfestsetzung erster Instanz wird geändert. Der Streitwert für dieses Verfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gegen den stattgebenden Teil des angegriffenen Beschlusses haben in der Sache ganz überwiegend keinen Erfolg.

Die dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, soweit es um die Abänderung des angefochtenen Beschlusses geht, rechtfertigen dessen beantragte Änderung nur insofern, als das Verwaltungsgericht die in dem Entscheidungssatz zu 3. ausgesprochene Untersagung der Besetzung des fraglichen Dienstpostens mit einer Mitbewerberin/einem Mitbewerber in zeitlicher Hinsicht über den Zeitpunkt einer erneuten Entscheidung der Antragsgegnerin über die Bewerbung des Antragstellers hinausgehend bis zur Bestandskraft dieser Entscheidung erstreckt hat. Denn für eine solche Erstreckung ist nach der Rechtsprechung des Senats,

vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Juni 2007 - 1 B 646/07 -, vom 18. Oktober 2006 - 1 B 1432/06 - und vom 16. November 2004 - 1 B 1605/07 -,

von vornherein ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich, da es dem Antragsteller nach einer erneuten Bescheidung der Bewerbung durch die Antragsgegnerin zuzumuten ist, um Rechtsschutz nachzusuchen, wenn er dies auch nach einer erneuten Auswahlentscheidung noch für erforderlich halten sollte. Eine Vereitelung effektiven Rechtsschutzes gegen die neue Auswahlentscheidung ist nicht zu besorgen, weil den Dienstherrn aus dem Verfassungsrecht fließende Pflichten treffen, übergangenen Bewerbern vor der Ernennung eines Mitbewerbers durch eine Mitteilung Kenntnis vom Ausgang des Auswahlverfahrens zu geben und ferner vor einer endgültigen Stellenbesetzung einen ausreichenden Zeitraum abzuwarten, um dem Mitbewerber die Inanspruchnahme (verfassungs-)gerichtlichen Rechtsschutzes zu ermöglichen.

Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178, m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, BVerwGE 118, 370, 374.

Sollte der Dienstherr gleichwohl durch sein Verhalten unter Verstoß gegen die dargelegten Pflichten rechtzeitigen vorläufigen Rechtsschutz verhindern oder sich sogar über dessen erfolgreiche Inanspruchnahme hinwegsetzen, ist der Antragsteller durch den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts entwickelten sog. Wiederherstellungsanspruch hinreichend gesichert.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003, a.a.O., S. 374 f.; BAG, Urteile vom 18. September 2007 - 9 AZR 672/06 -, juris Rn. 30, und vom 28. Mai 2002 - 9 AZR 751/00 -, BAGE 101, 153; siehe ferner BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 -, NVwZ 2008, 70, 71.

Einer ausdrücklichen Befristung der Entscheidungssätze zu 1. und 2., mit denen das Verwaltungsgericht der Antragsgegnerin vorläufig untersagt hat, mit der Beigeladenen einen Nachtrag zum Arbeitsvertrag zu vereinbaren oder einen Arbeitsvertrag über die Bestellung zur Leiterin des Ordnungsamtes abzuschließen, sowie ihr aufgegeben hat, die Besetzung der Stelle "Leitung des Ordnungsamtes" mit der Beigeladenen rückgängig zu machen, bedurfte es demgegenüber, anders als die Antragsgegnerin meint, nicht, da diese allein der weiteren Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers dienen und sich insoweit zwanglos an die zeitliche Geltungsdauer des Entscheidungsausspruchs zu 3. anlehnen.

Die weitergehenden Beschwerden bleiben ohne Erfolg, weil die von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen dargelegten Gründe die getroffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts ansonsten nicht durchgreifend in Frage stellen.

Zur Begründung des stattgebenden Teils des angegriffenen Beschlusses hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, das auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Begehren des Antragstellers sei ungeachtet dessen, dass der Beigeladenen die Leitung des Ordnungsamtes bereits am 14. September 2007 übertragen worden sei, zulässig, da deren Bestellung grundsätzlich rückgängig gemacht werden könne. Dies gelte vorliegend umso mehr, als die Bestellung nicht auf einer Ergänzung ihres Arbeitsvertrages oder dem Neuabschluss eines Arbeitsvertrages beruhe, sondern ausschließlich durch Aushändigung einer entsprechenden Verfügung vorgenommen worden sei. In der Sache habe der Antragsteller überwiegend Erfolg, denn es lägen gewichtige Gründe für die Annahme vor, dass das erfolgte Auswahlverfahren nur zum Schein und damit im Rechtssinne gar nicht stattgefunden habe. Der Verdacht, dass die Beigeladene nach dem Willen des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin ohne Rücksicht auf weitere Bewerber mit der Leitung des Ordnungsamtes habe betraut werden sollen, dränge sich aus mehreren Gründen auf. Entgegen ursprünglicher Planung sei die Stelle auf Anweisung nur intern ausgeschrieben worden. Das Anforderungsprofil für die Stelle sei nach Lage der Dinge auf die Beigeladene gleichsam zugeschnitten worden. So sei der Bewerberkreis zum einen auf Volljuristen beschränkt worden, während zum anderen die ursprünglich vorgesehene Bewerbungsvoraussetzung "mehrjährige einschlägige Berufs- und Leitungserfahrung" in die mindere Anforderung "mehrjährige einschlägige Berufserfahrung, Leitungserfahrung erwünscht" geändert worden sei. Auch habe das Büro des Oberbürgermeisters dem Hauptamt die Bewerbung des Antragstellers erst auf Anfrage übermittelt. Ferner fehle eine aktuelle dienstliche Beurteilung des Antragstellers in seinem Amt als Städtischer Oberverwaltungsrat, das er seit dem 23. November 2005 innehabe. Die letzte dienstliche Beurteilung des Antragstellers datiere vom 2. Oktober 2004 und sei damit noch vor seiner Ernennung zum Städtischen Verwaltungsrat am 23. November 2004 erfolgt. Da mithin bereits die der zu treffenden Auswahlentscheidung regelmäßig vorrangig zugrunde zu legenden aktuellen Beurteilungen beider Bewerber fehlten, spreche schon vieles dafür, dass die getroffene Auswahlentscheidung nicht allein auf das am 15. August 2007 geführte Auswahlgespräch hätte gestützt werden dürfen. Jedenfalls bestünden erhebliche Bedenken, ob im Rahmen der am 15. August 2007 getroffenen Auswahlentscheidung die Mindestanforderungen an die bestehende Dokumentationspflicht eingehalten worden seien, indem die maßgeblichen Auswahlgründe lediglich in dem Vorschlag der Findungskommission niedergelegt worden seien. Da nach alledem erhebliche Zweifel bestünden, ob ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren überhaupt stattgefunden habe, sei das Auswahlverfahren zu wiederholen. Zur effektiven Sicherung der Rechte des Antragstellers sei es geboten, der Antragsgegnerin weitere Schritte zur Schaffung vollendeter Tatsachen durch Verfestigung der Position der Beigeladenen zu untersagen und bereits erfolgte Schritte rückgängig zu machen.

Was die Antragsgegnerin und die Beigeladene dem mit dem Beschwerdevorbringen entgegensetzen, führt - mit Ausnahme der geringfügigen Korrektur des Entscheidungsausspruchs zu 3., also im Übrigen - nicht auf einen Erfolg ihrer Rechtsmittel.

Im Ergebnis zutreffend ist das Verwaltungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass sich das Verfahren nicht bereits deswegen erledigt hat, weil die Beigeladene durch Verfügung des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin vom 14. September 2007 zur Leiterin des Ordnungsamtes bestellt worden ist.

Für den Fall, dass zwei oder mehrere Beamte um eine Beförderung konkurrieren, ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass sich das auf die Verhinderung der Beförderung des ausgewählten Konkurrenten gerichtete Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erledigt, wenn dieser vom Dienstherrn befördert, d.h. ihm eine entsprechende Ernennungsurkunde ausgehändigt wird.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003, a.a.O. S. 372; Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2005 -1 B 1402/05 - und vom 7. März 2006 - 1 B 2157/05 -; Nds. OVG, Beschluss vom 2. Dezember 2003 - 2 ME 368/03 -, juris.

Dem entspricht in den Grundzügen die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, wonach für den Fall, das zwei oder mehrere Angestellte um eine Stelle konkurrieren, ein Anspruch des unterlegenen Konkurrenten auf Wiederholung der Auswahlentscheidung entfällt, wenn die streitgegenständliche(n) Stelle(n) endgültig besetzt ist bzw. sind. "Besetzt" ist eine Stelle, wenn dem ausgewählten Bewerber eine gesicherte Rechtsposition eingeräumt ist, d.h. wenn ihm die Stelle rechtswirksam auf Dauer übertragen wird. Ist dies der Fall, steht dem unterlegenen Konkurrenten grundsätzlich kein Anspruch darauf zu, dass der Arbeitgeber die besetzte(n) Stelle(n) wieder freimacht. Die Stelle steht nach der erstrebten Wiederholung des Auswahlverfahrens nicht zur Disposition, weil der Arbeitgeber/Dienstherr an ihre endgültige Vergabe vertraglich gebunden ist.

Vgl. BAG, Urteile vom 18. September 2007, a.a.O., vom 28. Mai 2002, a.a.O., vom 22. Juni 1999 - 9 AZR 541/98 -, BAGE 92, 112, sowie vom 2. Dezember 1997 - 9 AZR 668/96 -, BAGE 87, 171; LAG Niedersachsen, Urteil vom 8. November 2004 - 5 Sa 576/04 -, juris.

Allerdings steht dem unterlegenen Konkurrenten ausnahmsweise dann ein Anspruch darauf zu, dass eine bereits besetzte Stelle wieder freigemacht wird, wenn durch das Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers, die Möglichkeit effektiven Rechtsschutz zu erlangen, vereitelt worden ist, oder wenn der Arbeitgeber und der Konkurrent, dem die Stelle übertragen wurde, kollusiv zusammengewirkt haben.

Vgl. BAG, Urteil vom 28. Mai 2002, a.a.O., S. 156, 162; LAG Niedersachsen, Urteil vom 8. November 2004, a.a.O.

Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat bereits in der Vergangenheit angeschlossen und sie für Fälle der Konkurrenz zwischen Beamten und Angestellten übernommen, bei denen die streitgegenständliche Stelle Angestellten übertragen wird. Jedoch ordnet der Senat den angesprochenen Problemkreis nicht dem materiellen Recht,

vgl. BAG, Urteil vom 28. Mai 2002 - 9 AZR 751/00 -, a.a.O.,

zu, sondern prüft diesen entsprechend der verwaltungsprozessrechtlichen Systematik im Rahmen der Zulässigkeit beim Rechtsschutzbedürfnis.

Vgl. Senatsbeschluss vom 31. Oktober 2005 - 1 B 1450/05 -, NWVBl. 2006, 262.

Die Anwendung der vorstehend dargestellten Grundsätze führt hier zu dem Ergebnis, dass das Rechtschutzbedürfnis des Antragstellers nicht entfallen ist. Dabei kann der Senat dahingestellt sein lassen, ob der Beigeladenen die streitgegenständliche Stelle bereits am 14. September 2007 nicht nur vorläufig, sondern rechtswirksam und auf Dauer übertragen worden ist oder ob es hierzu - wie das Verwaltungsgericht meint - noch der (schriftlichen) Ergänzung des bestehenden Arbeitsvertrages der Beigeladenen bzw. des Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrages bedurft hätte. Der Antragsteller hätte jedenfalls, eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs vorausgesetzt, einen Anspruch darauf, dass auch eine bereits endgültig übertragene Stelle im Sinne der vorstehend genannten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wieder freigemacht würde, da die Antragsgegnerin, nachdem der Antragsteller das vorliegende Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes eingeleitet hatte, von Verfassungs wegen aus Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG gehalten war, alles zu unterlassen, was geeignet gewesen wäre, den Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz zu vereiteln. Ob darüber hinaus im Falle einer endgültigen Stellenübertragung auch die Voraussetzung eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gegeben wären, wofür nach dem ersten Anschein vieles spricht, kann der Senat mangels Entscheidungserheblichkeit offen lassen.

Weiterhin hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass der Antragsteller, soweit seinem Begehren entsprochen worden ist, neben einem Anordnungsgrund, dessen Bestehen in Fällen der vorliegenden Art, in denen zwei Bewerber um die Besetzung einer höherwertigen Stelle konkurrieren, unproblematisch gegeben ist, auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO).

Nach geltendem Dienstrecht hat der Beamte grundsätzlich keinen Anspruch auf Beförderung oder Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens, der eine konkrete Beförderungschance eröffnet (Beförderungsdienstposten). Allerdings hat der Dienstherr hierbei die Auswahl unter mehreren Bewerbern gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und den die Verfassungsnorm konkretisierenden beamtenrechtlichen Vorschriften (§§ 7 Abs. 1, 25 Abs. 6 Satz 1 LBG) ausschließlich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Dies gilt gleichermaßen für Stellenbesetzungsverfahren, bei denen neben Beamten auch Angestellte als Bewerber zugelassen sind. Der in diesen Bestimmungen zum Ausdruck kommende Grundsatz der Bestenauslese (Leistungsgrundsatz) dient nicht nur dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung freier Stellen, sondern auch dem berechtigten Interesse der Beamten, im Rahmen der dienst- und haushaltsrechtlichen Möglichkeiten angemessen beruflich aufzusteigen. Der Beamte hat deshalb einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung eine am Leistungsgrundsatz ausgerichtete ermessensfehlerfreie Entscheidung trifft und die Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind. Vor diesem Hintergrund ist der Bewerbungsverfahrensanspruch grundsätzlich nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig, ohne dass es darauf ankommt, ob der um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchende übergangene Bewerber zwingend seinem Konkurrenten hätte vorgezogen werden müssen. Ausreichend ist allein, dass seine Auswahl im Rahmen einer erneuten Entscheidung über seine Bewerbung möglich erscheint.

Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200, 201; Senatsbeschluss vom 20. April 2006 - 1 B 51/06 -.

Die Sicherungsfähigkeit des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers in dem oben genannten Sinne ist hier gegeben. Die von der Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung leidet mit Blick auf den verfassungsmäßig verbürgten Grundsatz der Bestenauslese an gravierenden Mängeln und verletzt den Antragsteller dadurch in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung.

Eine an dem Grundsatz der Bestenauslese orientierte Auswahlentscheidung genügt den Anforderungen an die Erfüllung des Bewerbungsverfahrensanspruchs regelmäßig u.a. nur, wenn der Dienstherr zur Ermittlung des Leistungsstandes der konkurrierenden Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückgreift.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 - 2 C 31.01 -, DÖD 2003, 200, und vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, DÖD 2003, 202, jeweils m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 29. September 2006 - 1 B 1452/06 -.

Neben der - unverzichtbaren - Betrachtung der Leistung, d. h. der Würdigung der bisherigen Tätigkeit des Bewerbers müssen deshalb auch und gerade Eignung und Befähigung für die Wahrnehmung der Aufgaben eines höherwertigen Dienstpostens regelmäßig auf der Grundlage hinreichend aktueller dienstlicher (Regel- oder Bedarfs)Beurteilungen bewertet, d. h. nachvollziehbar begründet und gewichtet werden; insbesondere muss die Eignungsbewertung folgerichtig aus dem Leistungs- und Befähigungsprofil entwickelt werden, um auf diese Weise - gerichtsfest - zu dokumentieren, dass dem Grundsatz der Bestenauslese ausreichend Rechnung getragen worden ist.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Mai 2004 - 1 B 300/04 -, und vom 9. November 2001 - 1 B 1146/01 -, NVwZ-RR 2002, 291; siehe auch Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 6. Aufl. 2005, Rn. 63 m.w.N.

Der Eindruck, den die Bewerber in einem mit ihnen geführten Auswahlgespräch hinterlassen haben, kann demgegenüber in aller Regel nur zur Abrundung des sich aus dienstlichen Beurteilungen ergebenden Bildes herangezogen werden. Ein Auswahlgespräch vermittelt anders als eine dienstliche Beurteilung, die sich regelmäßig auf einen längeren, meist sogar mehrjährigen Zeitraum bezieht, allenfalls eine - zudem von der jeweiligen "Tagesform" des Bewerbers abhängige - Momentaufnahme von der Persönlichkeit des Beamten oder Angestellten. Hinzu kommt, dass ein Auswahlgespräch per se nicht geeignet ist, die für die Eignungsbeurteilung wesentliche bisherige Leistung des Bewerbers zu erfassen. Insgesamt kann dem durch das Auswahlgespräch vermittelten Eindruck deshalb immer nur eine beschränkte Aussagekraft beigemessen werden. Hieraus folgt, dass der Dienstherr bei einem sich aus den dienstlichen Beurteilungen ergebenden (wesentlichen) Qualifikationsgleichstand mehrerer Bewerber im Rahmen des ihm zustehenden weiten Ermessens das Ergebnis derartiger Gespräche als weiteres, möglicherweise auch ausschlaggebendes Kriterium für die Begründung seiner Auswahlentscheidung heranziehen kann, das Gespräch aber nicht allein zur Grundlage seiner Entscheidung machen darf.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. November 2007 - 1 B 1183/07 -, juris, vom 29. September 2006, a.a.O., vom 19. Januar 2006 - 1 B 1587/05 -, juris, m.w.N, und vom 12. Dezember 2005 - 6 B 1845/05 -, NVwZ-RR 2006, 343, m.w.N.

Gemessen an diesen Grundsätzen tritt eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers vorliegend offen zu Tage: Die Antragsgegnerin hat die Auswahlentscheidung maßgeblich auf die Eindrücke aus den am 15. August 2007 geführten Auswahlgesprächen gestützt. Bereits damit hat sie ohne ersichtliche/mögliche Rechtfertigung gegen den Grundsatz verstoßen, dass derartige Gespräche allenfalls ergänzend und gerade bei einem Qualifikationsgleichstand eine Feinabstimmung bzw. -abschichtung ermöglichen sollen, um ein ansonsten bestehendes "Patt" der Leistungs- und Eignungsbewertung zu bewältigen. Darüber hinaus fehlt es ganz offensichtlich an der Grundlage für die Führung eines den dargelegten Zwecken entsprechenden Auswahlgesprächs. Ein Qualifikationsgleichstand konnte ohne aktuelle Regel-/Anlassbeurteilung des Antragstellers überhaupt nicht festgestellt werden. Seine Unterstellung führte zum Nachteil des Antragstellers zu einer Bedeutung des Auswahlgesprächs, die diesem wie dargelegt nicht zukommen darf. Mit jener Unterstellung sollte ferner der Weg zu einer Prüfung der Frage versperrt werden, ob die Qualifikation der Beigeladenen überhaupt sachlich nachvollziehbar gewesen ist. Eine am Bestenauslesegrundsatz sachlich nachvollziehbar orientierte Auswahl hat damit nicht stattgefunden. Im Einzelnen gilt:

Es liegt auf der Hand, dass die über den Antragsteller, der derzeit ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 innehat, am 2. Oktober 2004 und damit zu einem Zeitpunkt, als dieser noch ein Statusamt der Besoldungsgruppe A 13 g.D. bekleidete, erstellte dienstliche Regelbeurteilung nicht zur Grundlage der hier im Streit stehenden Auswahlentscheidung gemacht werden konnte. Die in einem Bewerbervergleich nötige Aussagekraft dienstlicher Beurteilungen hängt wesentlich auch von ihrer Aktualität bzw. Zeitnähe ab. Welche (zeitlichen) Grenzen das Aktualisierungsgebot bei Beurteilungen dem Dienstherrn im Zusammenhang mit Auswahlentscheidungen konkret zieht, ist in Rechtsprechung und Literatur im Einzelnen umstritten. Eine hinreichende Aktualität der Beurteilung wird dabei grundsätzlich anzunehmen sein, wenn sie im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung jedenfalls nicht mehr als drei Jahre zurückliegt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2002, a.a.O., m.w.N., OVG NRW, Urteil vom 7. Juli 2004 - 1 A 512/02 -, Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, ES/A II 1.4 Nr. 117, Beschlüsse vom 19. September 2001 - 1 B 704/01 -, DÖD 2001, 315, m.w.N., und vom 29. Dezember 2004 - 6 B 1509/04 -, juris.

Dies gilt jedoch nicht, sofern - wie hier - einer der Bewerber bei der letzten Regelbeurteilung noch ein niedrigeres Statusamt innehatte und erst danach - vorliegend sogar mehrfach - befördert worden ist. In einem solchen Fall ist vor dem Hintergrund der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht und des Bestenausleseprinzips auch innerhalb des angesprochenen Drei-Jahres-Zeitraums die Erstellung einer aktuellen Bedarfsbeurteilung in aller Regel unerlässlich, um einen Bewerbervergleich vornehmen zu können, der dem aktuellen Leistungs- und Befähigungsstand der Konkurrenten zumindest einigermaßen gerecht wird. Da sich die dienstlichen Anforderungen hergebrachterweise mit Blick auf das innegehabte Amt im statusrechtlichen Sinne bestimmen und hiervon ausgehend (in aller Regel) ihrerseits steigen, sobald der Beamte in ein höherwertiges Amt befördert wird, vermag eine aus dem früheren Amt erstellte Beurteilung das Leistungsbild im höherwertigen Amt nicht mehr widerzuspiegeln. Das führt zur grundsätzlichen Unbrauchbarkeit dieser Beurteilung für den Vergleich der aktuellen Leistungen von Mitbewerbern. Schon von daher war vorliegend die Einholung einer Anlassbeurteilung über den Antragsteller erforderlich, auch wenn die einschlägigen Richtlinien über die dienstliche Beurteilung (vgl. Abs. 15 der Richtlinien) dies nicht klar hervorheben.

Vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. September 2001, a.a.O., und vom 8. Juni 2006 - 1 B 195/06 -, juris; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und Richter, 3. Aufl., Stand: März 2008, Rn. 246; ders., Konkurrenzen um Beförderungsämter - geklärte und ungeklärte Fragen, ZBR 1997, 169, 173.

Dessen ungeachtet bestand vorliegend aber auch deshalb die zwingende Notwendigkeit, die Erkenntnisse über die Leistungen des Antragstellers aus dessen letzter Regelbeurteilung zu aktualisieren, weil eine Vergleichbarkeit der in das Auswahlverfahren einbezogenen Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen mit Blick auf die diesen zugrunde liegenden ganz erheblich divergierenden Beurteilungszeiträume offensichtlich nicht gegeben war. Während der Antragsteller vor der maßgeblichen Auswahlentscheidung zuletzt im Oktober 2004 beurteilt wurde, ist die Beigeladene (erst) im März 2007 beurteilt worden. Diese Differenz von zweieinhalb Jahren, die zugleich bedeutet, dass bezogen auf den Antragsteller jegliche Aussagen über seine Leistungen in jüngerer Zeit vor der Auswahlentscheidung fehlen, berührt dessen Anspruch auf formale Gleichbehandlung in beachtlicher Weise. Die Antragsgegnerin war daher auch aus diesem Grunde gehalten, sich aus Anlass der Bewerbung des Antragstellers um die streitbefangene Stelle seines aktuellen Leistungsstandes in formeller Weise zu vergewissern.

Vgl. zur Problematik der Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen im Hinblick auf unterschiedliche Beurteilungszeiträume Senatsbeschlüsse vom 27. September 2007 - 1 A 1551/06 -, vom 8. Juni 2006 - 1 B 195/06 -, juris, vom 20. Oktober 2005 - 1 B 1388/05 -, juris, und vom 16. Dezember 2004 - 1 B 1576/04 -, IÖD 2005, 230 und juris.

Schlicht nicht angängig ist es in diesem Zusammenhang, die Verantwortung für das Fehlen einer aktuellen dienstlichen Beurteilung dem Antragsteller mit dem Bemerken zuzuweisen, dieser hätte die Möglichkeit gehabt, sich eine solche von seinem Dienstvorgesetzten vor Abgabe der Bewerbung ausstellen zu lassen. Es ist vorrangige Aufgabe des Dienstherrn, die Voraussetzungen für einen den verfassungsrechtlichen Maßgaben entsprechenden Vergleich aller Bewerber zu schaffen und zu diesem Zwecke, soweit erforderlich, für deren Beurteilung Sorge zu tragen. Den Antragsteller trifft insoweit gegebenenfalls lediglich eine Mitwirkungspflicht. Dass er sich dieser verweigert haben könnte, ist indes weder vorgetragen noch ersichtlich.

Der Notwendigkeit einer Aktualisierung kann - anders als die Antragsgegnerin meint - auch nicht durchgreifend entgegen gehalten werden, dass die Beigeladene in ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung vom 1. März 2007 sowohl im Gesamturteil als auch in allen Einzelmerkmalen mit dem Spitzenprädikat " Übertrifft erheblich die Anforderungen, überragend" bewertet worden ist, so dass der Antragsteller im Falle der Erstellung einer aktuellen Bedarfsbeurteilung jedenfalls keine bessere Beurteilung hätte erhalten können. Dieser Überlegung, die auf die Frage der Kausalität des Fehlens einer aktuellen Beurteilung des Antragstellers für die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen abzielt, ist aus mehreren Gründen zu widersprechen:

Zunächst begegnet es im Hinblick auf den Grundsatz der Chancengleichheit bereits erheblichen Bedenken, wenn von zwei Bewerbern, die sich im Rahmen von Auswahlgesprächen der Bewertung durch eine Findungskommission zu stellen haben, lediglich einer im Besitz einer aktuellen Beurteilung ist, die zudem noch in allen Merkmalen die Spitzennote aufweist, während der andere über keine aktuelle (Best-) Beurteilung verfügt, sondern eine solche lediglich unterstellt wird. Insoweit erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, vielmehr im Gegenteil durchaus nahe liegend, dass das Urteil der Kommissionsmitglieder, und sei es auch nur unterschwellig, allein durch den Umstand, dass nur einer der Bewerber die ihm zugute gehaltenen Spitzenleistungen durch eine aktuelle Beurteilung nachweisbar erbracht hat, in einer Weise beeinflusst wird, die mit dem Anspruch des unterlegenen Konkurrenten auf eine faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung nicht zu vereinbaren ist.

Darüber hinaus ist vorliegend aber auch schon nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin im Rahmen des durchgeführten Auswahlverfahrens tatsächlich durchgängig von einem (gedachten) Qualifikationsgleichstand beider Bewerber ausgegangen ist. Vielmehr belegt die in dem Stellenbesetzungsvorgang dokumentierte Auswertung der Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen (Blatt 80 der Beiakte Heft 3), dass die Antragsgegnerin jedenfalls zunächst einen - nach den vorstehenden Ausführungen - unzulässigen Qualifikationsvergleich der Bewerber auf veralteter Grundlage vorgenommen hat. Ist dies jedoch der Fall, muss eine hierauf fußende Beeinflussung der Auswahlentscheidung ohnehin zumindest als möglich angesehen werden, auch wenn die Antragsgegnerin sich nicht (allein) maßgeblich auf den anhand der vorliegenden Beurteilungen durchgeführten Eignungs- und Leistungsvergleich gestützt hat.

Schließlich kann die Kausalität des festgestellten Fehlers der Auswahlentscheidung aber vor allem deshalb nicht verneint werden, weil die Antragsgegnerin die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen der Auswahlentscheidung nicht, jedenfalls aber nicht ohne weiteres hätte zugrunde legen dürfen, so dass sich die Unterstellung eines Qualifikationsgleichstandes schon im Ansatz als nicht tragfähig darstellt. Der im Auswahlverfahren unterlegene Mitbewerber hat grundsätzlich einen Anspruch auch darauf, dass die für die Auswahlentscheidung maßgebliche dienstliche Beurteilung des ausgewählten Konkurrenten - ebenso wie eine als fehlerhaft angesehene eigene Beurteilung - einer inzidenten rechtlichen Überprüfung unterzogen wird. Ansonsten wäre nämlich der Rechtsschutz des unterlegenen Bewerbers in verfassungsrechtlich nicht hinnehmbarer Weise erschwert und eine effektive Kontrolle darüber, ob das Auswahlverfahren den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprochen hat, nicht gewährleistet.

Ebenso wohl auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 -, NVwZ 2008, 194; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003, a.a.O., S. 377; die Frage inzidenter Überprüfung dienstlicher Beurteilungen der Mitbewerber im Konkurrentenstreit im Ergebnis offen lassend VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12. April 2005 - 4 S 439/05 -, NVwZ-RR 2005, 585, 586; Nds. OVG, Beschluss vom 5. Juni 2003 - 2 ME 123/03 -, NVwZ-RR 2003, 878, 881, siehe auch Schnellenbach, Beamtenrecht, a.a.O., Rn. 79.

So verhält es sich hier; denn die der Beigeladenen unter dem 1. März 2007 erteilte dienstliche Beurteilung erweist sich (derzeit) schlechterdings als nicht plausibel. Die Annahme, die Beigeladene, die ihre Referententätigkeit im Büro des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin erst seit dem 1. Juni 2004 wahrnimmt, könnte bereits nach Ablauf von weniger als drei Jahren einen Leistungsstand erreicht haben, der es rechtfertigen würde, ihr in allen Beurteilungsmerkmalen ausschließlich die Spitzennote zuzuerkennen, ist in Ermangelung einer entsprechenden Begründung nicht nachvollziehbar. Dass eine Erstbeurteilung, um die es sich vorliegend handelt, zur Vergabe eines absoluten Spitzenprädikats führt, widerspricht in aller Regel nicht nur einer am Leistungsgrundsatz orientierten, differenzierte Maßstäbe anwendenden Beurteilungspraxis, sondern auch der allgemeinen Lebenserfahrung. Insoweit bestehen in einem derartigen Ausnahmefall ungeachtet dessen, ob die einschlägigen Beurteilungsrichtlinien dies ausdrücklich so vorsehen oder nicht, mit Blick auf die Geltung des Leistungsprinzips besondere Begründungsanforderungen dergestalt, dass der Dienstherr nachvollziehbar darzutun hat, dass und aus welchen Gründen die getroffene Bewertung entgegen dem ersten Anschein allein nach Leistungsgesichtspunkten und damit in einer mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG zu vereinbarenden Weise erfolgt ist. Eine solche Begründung fehlt hier und ist auch im Laufe des Verfahrens nicht nachgeholt worden, obwohl hierzu mit Blick auf die Angriffe des Antragstellers gegen die Rechtmäßigkeit der Beurteilung der Beigeladenen in dem Schriftsatz vom 1. Oktober 2007 ohne weiteres Anlass bestanden hätte. Dies gilt umso mehr, als sich auch aus dem Lebenslauf der Beigeladenen keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese in anderem Zusammenhang bereits in der Vergangenheit (umfänglich) Spitzenleistungen erbracht haben könnte, die das Ergebnis ihrer Beurteilung vom 1. März 2007 von daher ableitbar und somit erklärlich erscheinen lassen könnten. Vielmehr weisen die Ergebnisse ihrer juristischen Staatsexamina, worauf der Antragsteller mit Recht hingewiesen hat, eher in die gegenteilige Richtung.

Vor diesem Hintergrund kann im Übrigen dem Umstand, dass sich die Beigeladene aus Sicht der Antragsgegnerin gegen Ende des ihrer aktuellen Regelbeurteilung zugrunde liegenden Beurteilungszeitraums bereits in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe E 15 bewährt hat, keine maßgebliche Bedeutung zukommen. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob diese Sichtweise mit Blick darauf rechtlich tragfähig ist, dass die Höherbewertung erst nach Abfassung der Beurteilung rückwirkend zum 1. Januar 2007 erfolgt und für ihre sachliche Berechtigung seitens der Antragsgegnerin bislang nichts dargetan ist.

Fehlen nach alledem die Grundlagen für eine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung und erscheint es nach dem Vorstehenden zugleich ohne weiteres möglich, dass der Antragsteller, der in seiner letzten noch aus dem Amt eines Stadtoberamtsrats erfolgten Regelbeurteilung im Gesamturteil ebenfalls bereits mit der Bestnote beurteilt worden ist, bei fehlerfreier Auswahl zum Zuge gekommen wäre, so hat die Antragsgegnerin das Auswahlverfahren - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats - bereits aus diesem Grunde zu wiederholen. Insoweit kann der Senat letztlich auch dahingestellt sein lassen, ob es sich, wie das Verwaltungsgericht in der Zusammenschau mit weiteren, von ihm im Einzelnen benannten Umständen meint, als zutreffend erweist, dass das Auswahlverfahren "nur zum Schein" stattgefunden hat, weil die Beigeladene "ohne Rücksicht auf weitere Bewerber" mit der Leitung des Ordnungsamtes betraut werden sollte. Allerdings ist dem Verwaltungsgericht zuzugeben, dass die sich aus den vorstehenden Ausführungen ergebende eklatante Fehlerhaftigkeit der getroffenen Auswahlentscheidung durchaus als Indiz für die Richtigkeit dieser Annahme gewertet werden kann.

Lediglich vorsorglich weist der Senat abschließend auf einen möglichen weiteren Fehler des durchgeführten Auswahlverfahrens hin, der sich aus dem Umstand ergibt, dass die fragliche Stelle des Leiters des Ordnungsamtes sowohl für Beamte als auch für Angestellte ausgeschrieben worden ist.

Die Zulässigkeit der Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse durch Angestellte bemisst sich nach Art. 33 Abs. 4 GG. Hiernach ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen (sog. Funktionsvorbehalt). Mit den so umschriebenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes sind - in Übereinstimmung mit § 4 Abs. 2 LBG NRW - nur Beamte im Sinne eines nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG auszugestaltenden Beamtenrechts gemeint, nicht jedoch Angestellte des öffentlichen Dienstes.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 27. April 1959 - 2 BvF 2/58 - BVerfGE 9, 268, 284; BAG, Urteil vom 11. August 1998 - 9 AZR 155/97 -, ZBR 1999, 207 f.; Masing, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2006, Art. 33 Rn. 63.

Ausgehend hiervon spricht vorliegend einiges, wenn nicht sogar alles dafür, dass der Antragsteller vorliegend zu Recht eine Verletzung des Funktionsvorbehalts aus Art. 33 Abs. 4 GG und damit zugleich eine Verletzung in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf fehlerfreie Auswahl rügt.

Anders als die Antragsgegnerin meint, ist der Antragsteller mit dieser Rüge in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren nicht von vornherein ausgeschlossen.

Zwar trifft es zu, dass Art. 33 Abs. 4 GG nach nahezu einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur als solcher keine Individualrechte begründet und nicht den beruflichen Interessen eines Beamten zu dienen bestimmt ist. Er enthält vielmehr allein eine objektivrechtliche Verfassungsregelung, die als Organisationsnorm institutionell das Strukturprinzip garantiert, dass hoheitsrechtliche Befugnisse in der Regel durch Beamte wahrgenommen werden.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 1957 - 2 BvR 2/56 -, BVerfGE 6, 376, 385; Kammerbeschluss vom 18. Februar 1988 - 2 BvR 1324/87 -, NVwZ 1988, 523; BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2000 - 2 C 31.99 -, ZBR 2001, 140; Jachmann, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG, 4. Aufl. 2000, Art. 33 Abs. 4 Rn. 29; Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl. 2007, Art. 33 Rn. 40; Kunig, in: v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl. 2001, Art. 33 Rn. 39; Masing, a.a.O., Rn. 61; differenzierend Dollinger/Umbach, in: Clemens/Umbach, GG, 2000, Art. 33 Rn. 75 f.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verlangen indes auch objektive Rechtsnormen mit Blick auf Gehalt und Ausstrahlungswirkung des Art. 33 Abs. 2 GG in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreit unter Umständen Beachtung. Fehlt dem ausgewählten Mitbewerber - etwa auf der Grundlage der objektiven Rechtsordnung - bereits die Eignung für die zu besetzende Stelle, trifft die in der Auswahl liegende Feststellung, dass dieser Mitbewerber für die Wahrnehmung der Stelle - besser - geeignet ist, nicht zu, so dass die Auswahlentscheidung in diesem Falle nicht auf der Grundlage der in Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Maßstäbe erfolgt und damit fehlerhaft ist. Die Auswahl eines Bewerbers, der die objektivrechtlich geforderte Mindestqualifikation für die in Rede stehende Stelle nicht besitzt, verletzt daher den unterlegenen Mitbewerber in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch. So kann der unterlegene Bewerber etwa geltend machen, der Mitbewerber erfülle ein bestimmtes in einem (zulässigerweise aufgestellten) Anforderungsprofil vorausgesetztes Qualifikationsmerkmal nicht. Entsprechendes gilt, wenn der Mitbewerber die für eine Stelle gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen verfehlt. Zwar obliegt es grundsätzlich dem organisatorischen Ermessen des Dienstherrn, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen er demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde legt. Hierbei ist er jedoch an die gesetzlichen Vorgaben strikt gebunden. Auf die Frage, ob die durch den Dienstherrn von Gesetzes wegen zu beachtenden Vorgaben auch dem Schutz oder den Interessen des unterlegenen Mitbewerbers zu dienen bestimmt sind, kommt es dabei nicht an, weil sich dessen subjektive Berechtigung insoweit nicht aus der objektiven Rechtsnorm, sondern aus Art. 33 Abs. 2 GG ergibt. Der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Anspruch auf eine fehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung aber erfordert es, dass inzident auch die Einhaltung objektiver Rechtsnormen geprüft werden muss, soweit diese maßgebend für die Eignung des ausgewählten Konkurrenten sind.

Vgl. zu einen etwaigen Verstoß gegen Art. 87a Abs. 2 GG bei der Vergabe eines Beförderungsdienstpostens BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007, a.a.O., S. 195, unter Bezugnahme auf den Beschluss des BayVGH vom 29. Juli 1993 - 3 CE 93.1964 -, ZBR 1994, 350, 352, der die Rüge einer Verletzung des Funktionsvorbehalts des Art. 33 Abs. 4 GG betraf; siehe auch Sander, Art. 33 Abs. 4 GG im (Zwie)-Licht der Rechtsprechung, ZBR 2001, 391, 393 f.; a. A. (jeweils zu Art. 33 Abs. 2 GG) BbgVerfG, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - VfGBbg 11/07 EA -, NVwZ 2008, 210; OVG Bbg., Beschluss vom 1. Juni 2007 - 4 S 4.07 -, juris.

Der Antragsteller geht weiterhin auch zu Recht davon aus, dass die in Streit stehende Stelle einem Funktionsvorbehalt unterliegt, weil der Leiter des Ordnungsamtes im Wesentlichen hoheitsrechtliche Befugnisse im Sinne von Art. 33 Abs. 4 GG wahrzunehmen hat. Was im Einzelnen unter dem Begriff der Ausübung "hoheitsrechtlicher Befugnisse" zu verstehen ist, ist umstritten, bedarf vorliegend aber nicht der Vertiefung, da nach allgemeiner Ansicht der Funktionsvorbehalt jedenfalls die klassische Eingriffsverwaltung erfasst, also den Bereich, in dem der Staat seinen Bürgern - wie vorliegend im Hinblick auf die der Ordnungsbehörde obliegenden gesetzlichen Aufgaben unzweifelhaft der Fall - in grundrechtsrelevanter Weise mit Befehl und Zwang, Geboten und Verboten gegenübertritt.

Vgl. statt vieler nur Masing, a.a.O., Rn. 64 m.w.N.; Lehnguth, Die Entwicklung des Funktionsvorbehalts nach Art. 33 Abs. 4 GG und seine Bedeutung in der heutigen Zeit, ZBR 1991, 266, 268 f., unter ausführlicher Wiedergabe des Streitstandes.

Entscheidend ist daher, ob hier die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen ohne Verletzung des Funktionsvorbehalts auch nicht beamteten Angehörigen des öffentlichen Dienstes hoheitsrechtliche Befugnisse als ständige Aufgabe übertragen werden können. Da Art. 33 Abs. 4 GG (nur) gebietet, hoheitliche Aufgaben "in der Regel" Beamten zu übertragen, können ausnahmsweise auch Nichtbeamte mit der Wahrnehmung solcher Aufgaben betraut werden. Dies setzt allerdings voraus, dass das Regel-Ausnahmeverhältnis zugunsten der Beamten gewahrt bleibt und ein sachlicher Grund für die Ausnahme bzw. eine Rechtfertigung im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegeben ist.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 28. April 2004 - 1 A 1721/01 -, Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, ES/A II 1.4 Nr. 112, und vom 16. Dezember 1980 - 6 A 1096/80 -, DÖD 1982, 66, 67; Hess. VGH, Urteil vom 20. Juli 1988 - 1 UE 407/84 -, NVwZ-RR 1989, 563; Jachmann, a.a.O., Rn. 37; Jarass/Pieroth, a.a.O., Rn. 41; Kunig, a.a.O., Rn. 50; Lehnguth, a.a.O., S. 269; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: Dezember 2007, Art. 33 Rn. 42; Maiwald, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Stand: März 2008, § 4 LBG NRW Rn. 12; Sander, a.a.O., S. 398; kritisch Masing, a.a.O., Rn. 70.

Ungeachtet dessen, ob sich die Besetzung der in Rede stehenden Leitungsfunktion mit einem Angestellten/einer Angestellten im Bereich der Antragsgegnerin als Ausnahme darstellen würde, erweist es sich jedenfalls als sehr fraglich, ob auch ein rechtfertigender sachlicher Grund dafür besteht, diese Stelle nicht mit einem Beamten zu besetzen. Für das Vorliegen eines solchen Grundes vermag der Senat vorliegend bislang nichts zu erkennen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass mit dem Antragsteller auch ein beamteter Bewerber zur Verfügung steht, über dessen Eignung, Befähigung und fachliche Leistung sich die Antragsgegnerin bisher nicht in der gebotenen Weise vergewissert hat, und die fragliche Stelle überdies nur intern ausgeschrieben worden ist. Die Antragsgegnerin wird dieser Frage im Rahmen eines erneut durchzuführenden Auswahlverfahrens daher besondere Beachtung zu schenken haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Antragsgegnerin und der Beigeladenen konnten die gesamten Kosten auferlegt werden, weil das Unterliegen des Antragstellers im Gesamtzusammenhang des Beschwerdeverfahrens nicht maßgeblich ins Gewicht fällt. Aus diesem Grund ist auch insoweit eine Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung unterblieben. Es entspricht im Übrigen nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu Lasten der Antragsgegnerin für erstattungsfähig zu erklären. Dementsprechend hat auch die Antragsgegnerin ihre außergerichtlichen Kosten in vollem Umfang selbst zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2, § 47 Abs. 1 GKG. Zur Änderung der Streitwertfestsetzung erster Instanz ist der Senat gemäß § 63 Abs. 3 GKG befugt. In der Sache ist die Abänderung dem Umstand geschuldet, dass das Begehren des Antragstellers, den in Rede stehenden Dienstposten mit ihm zu besetzen, einen den übrigen Begehren gleichgewichtigen, von ihnen aber vollständig zu trennenden Streitgegenstand betrifft.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.