OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.12.2007 - 6 A 406/05
Fundstelle
openJur 2011, 55131
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 K 4591/02
Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die am 19. Oktober 19 geborene Klägerin besuchte nach dem Hauptschulabschluss im Juli 1978 zunächst von August 1978 bis Juli 1980 die Berufsfachschule für Hauswirtschaft und Sozialwesen. Nach einem Aupair-Aufenthalt in F. absolvierte sie von April 1981 bis März 1982 die theoretische Ausbildung zur Masseurin und medizinischen Bademeisterin. Im Oktober 1982 begann sie ihr Praktikum in der physiotherapeutischen Abteilung der Neurologischen Klinik in Bad I. , das sie im März 1984 mit der Anerkennung als staatlich geprüfte Masseurin und medizinische Bademeisterin abschloss. Von Juli 1984 bis Oktober 1984 war sie in ihrem erlernten Beruf als Masseurin und medizinische Bademeisterin tätig. Nach vorübergehender Arbeitslosigkeit nahm sie im März 1985 eine Ausbildung zur Krankenschwester auf, die sie im August 1987 als staatlich examinierte Krankenschwester abschloss. Ab Oktober 1987 übte sie ihren Beruf als Krankenschwester aus.

Am 29. Juli 1988 wurde ihr Sohn E. geboren. Daran schloss sich von Juli 1988 bis Juli 1989 eine von der Klägerin als "Erziehungsjahr" bezeichnete Zeit an, während derer sie aushilfsweise als Krankenschwester arbeitete (Oktober 1988 bis März 1989).

Ab Februar 1989 besuchte sie das Abendgymnasium und erwarb am 19. Dezember 1991 die Allgemeine Hochschulreife. Von August 1990 bis Februar 1992 arbeitete sie zudem aushilfsweise als Krankenschwester.

Am 4. März 1992 wurde ihr Sohn G. geboren. Von März 1992 bis September 1993 widmete sie sich ausschließlich der Betreuung ihrer Kinder.

Zum Wintersemester 1993/94 nahm sie das Lehramtsstudium an der Universität E. auf, das sie am 17. November 1998 mit der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt für die Primarstufe in den Fächern Naturwissenschaft/Technik, Deutsch und Mathematik abschloss. Am 1. Februar 1999 nahm sie ihren Vorbereitungsdienst auf und legte am 10. November 2000 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Primarstufe, ebenfalls in den Fächern Sachunterricht (Naturwissenschaft/Technik), Mathematik und Deutsch, ab.

Unter dem 10. Dezember 2000 bewarb sich die Klägerin um Einstellung in den Schuldienst des beklagten Landes und wurde in die Interessentendatei aufgenommen.

Vom 1. Februar 2001 befristet bis zum 15. Juli 2001 wurde sie als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis im Dienst des beklagten Landes zur Erziehungsurlaubsvertretung beschäftigt.

Mit Schreiben vom 30. Mai 2001 bot ihr die Bezirksregierung B. aufgrund des Ergebnisses des Listenverfahrens eine Stelle im sogenannten Vertretungspool an Grundschulen an. Die Tätigkeit im Vertretungspool sei befristet bis zum Ablauf des Schuljahres 2002/2003 und erfolge im Umfang von maximal ¾ der normalen Pflichtstundenzahl. Bei Bewährung werde sie mit Ablauf des Schuljahres 2002/2003 in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis überführt. Nach Ablauf von fünf Jahren könne auf Antrag die Umwandlung in ein Vollzeitbeschäftigungsverhältnis erfolgen. Bei Erfüllung der laufbahn- und dienstrechtlichen Voraussetzungen, werde sie nach Ablauf des Schuljahres 2005/2006 in ein Beamtenverhältnis auf Probe übernommen.

Die Klägerin nahm das Angebot an und wurde daraufhin mit Wirkung vom 20. August 2001 befristet bis zum 31. Juli 2003 als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft im Angestelltenverhältnis eingestellt. Mit Wirkung vom 1. August 2003 erfolgte ihre Beschäftigung auf unbestimmte Zeit als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis.

Bereits mit Schreiben vom 8. Mai 2002 hatte sie ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe beantragt. Die Überschreitung der laufbahnrechtlichen Höchstaltersgrenze stehe nicht entgegen, da die erhebliche Verzögerung ihres Studiums darauf beruhe, dass sie zu der Zeit alleinerziehende Mutter von zwei Kindern gewesen sei.

Mit Bescheid vom 15. Juli 2002 lehnte die Bezirksregierung B. den Antrag unter Hinweis auf die laufbahnrechtliche Höchstaltergrenze ab. Eine Übernahme in das Beamtenverhältnis trotz Überschreitens der Altergrenze komme nicht in Betracht, da die grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Kinderbetreuungszeiten im Fall der Klägerin nicht allein ursächlich für die Überschreitung seien. Neben der Kinderbetreuung habe sie eine Ausbildung zur Masseurin und medizinischen Bademeisterin sowie zur Krankenschwester gemacht und sei in beiden Berufen tätig gewesen. Außerdem habe sie das Abendgymnasium besucht und als Lehrkraft beim Schulamt C. gearbeitet.

Am 31. Juli 2002 legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, dass sie nach dem Abitur ihren Sohn G. geboren und eineinhalb Jahre betreut habe und gerade deswegen das Studium erst im Herbst 1993 habe beginnen können.

Die Bezirksregierung B. wies den Widerspruch mit Bescheid vom 26. September 2002 zurück. Der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Kinderbetreuung und Überschreitung der Höchstaltersgrenze sei durch die verschiedenen Ausbildungen der Klägerin vor der Geburt ihres Sohnes E. und die Tätigkeit als Krankenschwester nach dem Erziehungsurlaub unterbrochen, so dass eine Anrechnung von Erziehungszeiten in Bezug auf dieses Kind nicht erfolgen könne. Auch die Betreuung des Sohnes G. sei nicht die entscheidende Ursache für die Überschreitung der Altersgrenze, da sie ihr Studium erst nach dessen Geburt aufgenommen habe, während des Studiums als Aushilfskrankenschwester tätig gewesen sei und nach Erwerb der Lehramtsbefähigung als Lehrerin im Angestelltenverhältnis beim Schulamt für die Stadt C. beschäftigt gewesen sei.

Die Klägerin hat am 25. Oktober 2002 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass hinsichtlich beider Kinder Betreuungszeiten zu berücksichtigen seien. Der Ursächlichkeit der Betreuung ihres ersten Sohnes für die Einstellungsverzögerung stehe nicht entgegen, dass sie nach dem Erziehungsurlaub als Krankenschwester gearbeitet habe. Denn sie habe nur gelegentlich an den Wochenenden als Krankenschwester "gejobbt" und in erster Linie ihren Sohn betreut und das Abitur nachgemacht. Von einer Wiederaufnahme ihres Berufs als Krankenschwester könne vor diesem Hintergrund keine Rede sein. Die Betreuungszeiten nach der Geburt ihres zweiten Sohnes seien ursächlich für die verzögerte Aufnahme des Studiums gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung B. vom 15. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2002 zu verpflichten, über ihren Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Gründe der angefochtenen Bescheide wiederholt.

Das Verwaltungsgericht B. hat die Klage mit Urteil vom 1. Dezember 2004 abgewiesen. Die Höchstaltersgrenze sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie bringe die Dienstzeit und den Anspruch auf Versorgung im Ruhestand in ein angemessenes Verhältnis und gewährleiste eine ausgewogene Altersstruktur in den jeweiligen Laufbahnen. Auf nach § 6 Abs. 1 Satz 3 LVO NRW beachtliche Kinderbetreuungszeiten könne sich die Klägerin nicht in dem erforderlichen Umfang berufen. Nach der Geburt des ersten Sohnes bis Dezember 1991 habe sie nicht betreuungsbedingt die Berufsausbildung oder Berufsausübung hinausgeschoben oder unterbrochen, sondern habe vielmehr erst die für die Aufnahme des Studiums und damit die Berufsausbildung erforderliche allgemeine Hochschulreife erworben. Darüber hinaus könne der Zeitraum bis zur Aufnahme des Studiums nicht angerechnet werden, weil es bis dahin - allein mit dem Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses - an einer nach außen objektiv nachvollziehbaren Entscheidung für ein Lehramtsstudium gefehlt habe. Aber selbst unter Berücksichtigung des Zeitraums von eineinhalb Jahren zwischen frühestmöglicher Studienaufnahme (Sommersemester 1992) und tatsächlichem Studienbeginn (Oktober 1993) sowie bei Zugrundelegung der erstmaligen Einstellung in ein befristetes Beschäftigungsverhältnis erreiche sie die erforderlichen Kinderbetreuungszeiten von drei Jahren und neun Monaten nicht. Ein betreuungsbedingt längeres Studium werde lediglich pauschal behauptet.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. Dezember 2004 zugestellte Urteil hat dieser am 25. Januar 2005 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 30. März 2007, dem Prozessbevollmächtigten zugestellt am 4. April 2007, hat der Senat die Berufung zugelassen.

Mit ihrer am 3. Mai 2007 bei Gericht eingegangenen Berufungsbegründung wiederholt die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen und trägt vertiefend vor, sie habe den Entschluss, den Lehrerberuf zu ergreifen, bereits vor der Geburt ihres Sohnes E. gefasst und danach bereits mit dieser Zielrichtung die Allgemeine Hochschulreife erworben. Ihre parallel zum Besuch des Abendgymnasiums ausgeübte Tätigkeit am Krankenhaus stehe der Anrechnung von Kinderbetreuungszeiten nicht entgegen, da sie lediglich als studentische Aushilfe beschäftigt gewesen sei und nur jedes zweite Wochenende gearbeitet habe. Die überwiegende Zeit habe sie mit der Kinderbetreuung verbracht. Ferner habe sich das Studium betreuungsbedingt verzögert, weil der jüngere Sohn erst ein Semester nach Studienbeginn einen Kindergartenplatz bekommen habe. Auch danach habe sie nur vormittags ihr Studium betreiben können, da sie ihre Kinder jeden Mittag um 13 Uhr vom Kindergarten habe abholen müssen. Der Vater habe die Betreuung der Kinder lediglich alle 14 Tage an den Wochenenden übernommen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes (Beiakten Hefte 1 bis 4) Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Bezirksregierung B. vom 15. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

I.

Gemäß den §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 LVO NRW darf als Laufbahnbewerber nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a) LVO NRW in das Beamtenverhältnis auf Probe nur eingestellt oder übernommen werden, wer das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Eine Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe ist ausgeschlossen. Die Höchstaltersgrenze von 35 Jahren hatte sie bereits am 19. Oktober 1997 und damit mehrere Jahre vor ihrer Einstellung in den sogenannten Vertretungspool zum 20. August 2001 und erst recht vor ihrer Beschäftigung in einem unbefristeten Angestelltenverhältnis zum 1. August 2003 überschritten.

Die gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 LVO NRW mögliche Berücksichtigung von Zeiten der Kinderbetreuung rechtfertigt keine andere Entscheidung. Nach dieser Regelung darf die Altersgrenze im Umfang der Verzögerung, höchstens um drei, bei mehreren Kindern höchstens um sechs Jahre überschritten werden, wenn sich die Einstellung oder Übernahme wegen der Geburt eines Kindes oder wegen der tatsächlichen Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren verzögert hat.

Die Klägerin hat zwar wegen der Geburt und der Betreuung ihrer beiden Kinder vor Vollendung des 35. Lebensjahrs erhebliche Verzögerungen ihrer Berufsausbildung und Berufsaufnahme in Kauf genommen. Die Kinderbetreuung war jedoch nicht ursächlich dafür, dass die Klägerin nicht vor Überschreitung der Höchstaltersgrenze eingestellt worden ist.

Eine erste Verzögerung der Ausbildung der Klägerin ergab sich durch die Erziehungszeit im Anschluss an die Geburt ihres ersten Sohnes am 29. Juli 1988, so dass sie den Besuch des Abendgymnasiums erst im Februar 1989 aufnahm. Nach der Geburt ihres zweiten Sohnes am 4. März 1992 trat eine weitere Verzögerung durch die ausschließliche Betreuung ihrer Kinder von März 1992 bis September 1993 ein. Auch dürfte die erforderliche Kausalität der Kinderbetreuung für die Überschreitung der Altersgrenze nicht durch die zeitweise Tätigkeit der Klägerin als Krankenschwester nach den Geburten ihrer Kinder unterbrochen sein. Denn die Klägerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie als alleinerziehende Mutter lediglich an den Wochenenden, häufig auch nur alle 14 Tage, in ihrem alten Beruf als Krankenschwester gearbeitet habe. Ebenso ist es für die Frage der Kausalität unerheblich, dass die Klägerin eine Ausbildung zur Masseurin und medizinischen Bademeisterin sowie zur Krankenschwester absolviert und in diesen Berufen gearbeitet hatte. Denn dieser Umstand war bereits vor dem Verzögerungstatbestand eingetreten. Eine die Ursächlichkeit der Kinderbetreuung in Frage stellende vermeidbare Verzögerung liegt schließlich nicht im Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife nach der Betreuung des ersten Kindes. Auch wenn es sich dabei nicht um einen spezifisch auf den Lehrerberuf zugeschnittenen Teil der (allgemeinen) Schulbildung handelt, ist der Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife zweifellos unverzichtbar für die Aufnahme des Lehrerstudiums, so dass darin keine vermeidbare Verzögerung liegen kann.

Ohne diese Verzögerungszeiten durch die Betreuung ihrer Kinder hätte die Klägerin ihren Vorbereitungsdienst etwa im Februar 1997 beendet gehabt. Gleichwohl verhilft das ihrem Begehren nicht zum Erfolg. Denn kindbedingte Verzögerungszeiten sind nach § 6 Abs. 1 Satz 3 LVO NRW nur dann relevant, wenn sie zu einer Verzögerung der Einstellung geführt haben. Die Klägerin wäre aber auch ohne die Verzögerungszeiten nicht vor Erreichen der Höchstaltergrenze als Lehrerin in den Schuldienst des beklagten Landes eingestellt worden.

In dem einzigen Auswahlverfahren, das nach dem ohne Kinderbetreuungszeiten anzunehmenden Abschluss der Ausbildung im Februar 1997 und vor Vollendung ihres 35. Lebensjahrs am 19. Oktober 1997 stattgefunden hat, wäre die Klägerin ohnehin nicht zum Zuge gekommen. In dem Auswahlverfahren zum Schuljahr 1997/1998 hätte sie die Einstellungskriterien für Lehrkräfte im Bereich der Primarstufe verfehlt. Das beklagte Land hat mitgeteilt, dass die Klägerin in dem Lehrereinstellungsverfahren im Jahr 1997 unter Zugrundelegung ihres Ergebnisses in der Ersten Staatsprüfung mit 2,1 und in der Zweiten Staatsprüfung mit 1,4 am Verfahren mit 790 Punkten teilgenommen hätte. Mit dieser Punktzahl wäre sie auf Platz 736 gekommen. Das letzte Angebot sei jedoch auf Platz 597 erfolgt. Diese Berechnung hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung gemeinsam mit dem Vertreter des Beklagten nachvollzogen und im Ergebnis nicht in Frage gestellt.

Die eben beschriebene Ermittlung des hypothetischen Rangplatzes der Klägerin im Auswahlverfahren zum Schuljahr 1997/1998 ist auch zu Recht auf der Grundlage der von ihr in den Staatsprüfungen am 17. November 1998 und am 10. November 2000 tatsächlich erbrachten Gesamtnoten erfolgt. Die Einstufung mit einer besseren Note wegen eventueller Leistungseinbußen durch die parallel zur Ausbildung ebenfalls wahrgenommene Kinderbetreuung kommt für die Klägerin nicht in Betracht. Es kann dahinstehen, ob eine solche Anhebung der Note anhand einer hypothetischen Leistungsermittlung rechtlich zulässig wäre, das heißt unter dem in § 6 Abs. 1 Satz 3 LVO NRW vorgesehenen Ausgleich für die durch Geburt und Betreuung von Kindern in Kauf genommenen Verzögerungen bei der Einstellung erfasst werden könnte. Jedenfalls ist in aller Regel nicht hinreichend sicher und konkret ermittelbar, mit welcher Gesamtnote der jeweilige Laufbahnbewerber ohne die Wahrnehmung der Kinderbetreuung abgeschnitten hätte. Auch die Klägerin war nicht in der Lage, substantiiert darzulegen, geschweige denn zu beweisen, dass sie ohne die Kinderbetreuung bei den Staatsprüfungen mit einem besseren Gesamtergebnis abgeschnitten hätte. Auch lässt sich keine Regelvermutung aufstellen, dass ein Bewerber ohne die zusätzliche Inanspruchnahme durch die Kinderbetreuung stets besser abgeschnitten hätte, da ein Prüfungsergebnis von einer Vielzahl von Imponderabilien beeinflusst wird, die nicht zuletzt auch ein schlechteres Resultat zur Folge haben könnten.

II.

Es bestehen keine Bedenken gegen die Anwendung der vorstehend genannten laufbahnrechtlichen Vorschriften. Sie sind mit dem höherrangigen nationalen (1.) und europäischen (2.) Recht vereinbar.

1.

Die in den §§ 6 Abs. 1, 52 Abs. 1 LVO NRW vorgesehene Höchstaltersgrenze steht im Einklang mit dem Verfassungsrecht; insbesondere ist sie mit dem Grundgesetz vereinbar. Eine derartige an das Alter des Bewerbers anknüpfende Beschränkung soll die Dienstzeit mit dem Anspruch auf Versorgung während des Ruhestandes in ein angemessenes Verhältnis bringen und eine ausgewogene Altersstruktur in den jeweiligen Laufbahnen gewährleisten.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Juni 1998 - 2 C 20.97 -, DÖD 1999, 139 = DVBl. 1999, 315 = NVwZ-RR 1999, 133, m.w.N., vom 13. Juli 2000 - 2 C 21.99 -, ZBR 2001, 32; vgl. auch die ständige Rechtsprechung des OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juni 2002, a.a.O., vom 22. Oktober 2003, a.a.O., vom 17. November 2003 - 6 A 665/03 -, vom 18. November 2003, a.a.O., und vom 30. September 2005 - 6 A 1458/04 -.

Die Bestimmung der Höchstaltersgrenze durch Rechtsverordnung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 LBG NRW ist auch mit dem sonstigen Bundesrecht vereinbar. Sie verstößt nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), das in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bereits in Kraft getreten war und damit grundsätzlich Anwendung findet.

Die streitentscheidenden Normen der Laufbahnverordnung unterfallen dem Anwendungsbereich des AGG (a) und stehen im Einklang mit den dort getroffenen Vorgaben (b).

a) Der Anwendungsbereich des AGG erfasst in personeller Hinsicht auch Beamte, die - wie die Klägerin - den laufbahnrechtlichen Vorschriften des beklagten Landes unterliegen. Nach § 24 AGG gelten die Vorschriften des Gesetzes unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend unter anderem für Beamte der Länder. Darin eingeschlossen sind künftige Beamte, das heißt Bewerber für das Beamtenverhältnis (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG).

Auch in sachlicher Hinsicht unterfallen die streitentscheidenden Regelungen der §§ 6 Abs. 1, 52 Abs. 1 LVO NRW dem Anwendungsbereich des AGG. Allerdings wird mit der Höchstaltersgrenze nicht der Zugang zur Lehrtätigkeit an öffentlichen Schulen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG beschränkt. Denn Laufbahnbewerber haben nach Überschreitung der Höchstaltersgrenze die Möglichkeit, im Angestelltenverhältnis als Lehrkraft im öffentlichen Schuldienst eingestellt zu werden. Die laufbahnrechtliche Höchstaltersgrenze hat jedoch eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG ebenfalls vom Anwendungsbereich des AGG erfasste unterschiedliche Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses zur Folge. Die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis unterscheiden sich unter anderem im Hinblick auf das Arbeitsentgelt, die Versorgungsleistungen und die Beendigungsmöglichkeiten maßgeblich von den entsprechenden Regelungen für Lehrkräfte im Beamtenverhältnis.

b) Die in den §§ 6 Abs. 1, 52 Abs. 1 LVO NRW festgelegte Höchstaltersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe ist mit den Vorgaben des AGG vereinbar. Sie enthält keine unzulässige Diskriminierung wegen Alters im Sinne des AGG.

Nach § 3 Abs. 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - darunter das Alter - eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation, erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbar an das Alter anknüpfende Höchstaltersgrenze von 35 Jahren für die Einstellung oder Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe stellt für Bewerber, die diese Höchstaltersgrenze überschritten haben, eine Benachteiligung wegen des Alters in diesem Sinne dar.

Für diese Ungleichbehandlung liegt jedoch ein Rechtfertigungsgrund vor. Nach § 10 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist (Satz 1). Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein (Satz 2).

Mit der Höchstaltersregelung verfolgt der Verordnungsgeber des beklagten Landes ein legitimes, das heißt nicht auf unsachliche Gründe zurückzuführendes Ziel aus dem Bereich der Beschäftigungspolitik beziehungsweise des Arbeitsmarktes. Sie dient - wie bereits dargestellt - dem Zweck, ein angemessenes Verhältnis zwischen der Beschäftigungszeit als Beamter und dem Anspruch auf Versorgung im Ruhestand herzustellen sowie eine ausgewogene Altersstruktur in den jeweiligen Laufbahnen zu gewährleisten.

Die Sicherstellung eines angemessenen Verhältnisses zwischen aktiver Dienstzeit und dem Versorgungsanspruch im Ruhestand ist wesentliche Grundlage für die Funktionsfähigkeit des beamtenrechtlichen Versorgungssystems. Dessen Erhaltung liegt im wohlverstandenen Interesse der Allgemeinheit. Die Legitimität darauf zielender Sicherungsmaßnahmen wird - soweit erkennbar - von keiner Seite ernstlich in Frage gestellt. Auch das Gesetz selbst bringt dies an anderer Stelle nochmals besonders zum Ausdruck: § 10 Satz 3 AGG führt Beispiele für eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters an, die nach der Überschrift der Norm "zulässig" sind. Hierzu gehört die in Nr. 3 aufgeführte "Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung (...) auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand". Dem liegt nach den Gesetzesmaterialien,

vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 16/1780, S. 36,

zwar vor allem die Überlegung zugrunde, dass bei älteren Beschäftigten, deren Rentenalter bereits absehbar ist, einer aufwändigen Einarbeitung am Arbeitsplatz auch eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Mindestdauer einer produktiven Arbeitsleistung gegenüberstehen muss. Der Wortlaut der Vorschrift ist aber weiter gefasst und schließt auch das mit der laufbahnrechtlichen Altersgrenze verfolgte Ziel ein. Ausgehend davon ist dieses Ziel im Sinne des Gesetzes legitim.

Dies vorausgesetzt muss die altersbedingte unterschiedliche Behandlung von Laufbahnbewerbern auch als objektiv und angemessen betrachtet werden.

Vgl. dazu auch EuGH, Urteil vom 22. November 2005, Rechtssache C-144/04, Mangold, Slg. 2005, S. I-09981, Rdnrn. 60 f.

Das gilt insbesondere für das Kriterium der Angemessenheit. Die Funktionsfähigkeit der beamtenrechtlichen Altersversorgung stellt - wie ausgeführt - ein so gewichtiges Anliegen dar, dass die Notwendigkeit ihrer Sicherstellung im Wesentlichen unbestritten ist. Vor diesem Hintergrund halten sich die Einschränkungen, die der Gleichbehandlungsgrundsatz durch die laufbahnrechtliche Altersgrenze erleidet, in einem unbedenklichen, insbesondere verhältnismäßigen Rahmen.

Das vom Verordnungsgeber gewählte Mittel der Höchstaltersgrenze von 35 Jahren ist auch im Sinne von § 10 Satz 2 AGG zur Erreichung des angestrebten Ziels angemessen und erforderlich.

Das Mittel ist erforderlich, weil das angestrebte Ziel sonst nicht erreicht werden könnte. Für die Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen der Zeit des aktiven Dienstes und den Versorgungszeiten im Ruhestand ist eine Höchstaltersgrenze für die Einstellung unvermeidbar. Allein auf diese Weise ist angesichts des nicht beliebig hinausschiebbaren Beschäftigungsendes, die Versetzung in den Ruhestand, eine Mindestdienstzeit gewährleistet.

Mit der in den §§ 6 Abs. 1, 52 Abs. 1 LVO NRW festgelegten Höchstaltersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe geht der Verordnungsgeber nicht über das hinaus, was zur Erreichung des legitimen Ziels angemessen ist.

Bei der Beurteilung der Angemessenheit des gewählten Mittels in Relation zu dem damit verfolgten Zweck steht dem Gesetz- beziehungsweise Verordnungsgeber ein Gestaltungsspielraum zu:

Mit dem Begriff der Angemessenheit übernimmt § 10 Satz 2 AGG wortgleich die europarechtliche Vorgabe des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 2000/78/EG. Sowohl der nationale als auch der europäische Normgeber haben sich damit für einen unbestimmten Rechtsbegriff entschieden, der eine weitere Konkretisierung zulässt und erfordert. Der Rat der Europäischen Gemeinschaft wollte damit dem Umstand Rechnung tragen, dass der in der Richtlinie enthaltene Gestaltungsauftrag einer Umsetzung in den Mitgliedstaaten bedarf, die keiner einheitlichen Regelung zugänglich ist. Gerade Ungleichbehandlungen wegen Alters können aus verschiedensten Gründen gerechtfertigt sein, die zudem aufgrund der unterschiedlichen Situation in den jeweiligen Mitgliedstaaten erheblich voneinander abweichen können.

So ausdrücklich die Begründungserwägung Nr. 25 zur Richtlinie 2000/78/EG, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 2. Dezember 2000, L 303/17.

Von wesentlicher Bedeutung ist dabei, dass mit dem prinzipiellen Verbot der Altersdiskriminierung ein europarechtlicher Ausgangspunkt gewählt worden ist, der ohne weitreichende, den natürlichen Gegebenheiten Rechnung tragende Ausnahmen in der Lebenswirklichkeit nicht praktiziert werden kann. Die notwendigen Ausnahmen lassen sich nicht in einem Katalog umfassend und abschließend, sondern allenfalls beispielhaft festlegen; dementsprechend ist auch eine Auffangklausel, die die Ausnahmevoraussetzungen nur allgemein umschreibt, nicht verzichtbar. Hieraus erklären sich Normgebungstechnik und Inhalt des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchstaben a) bis c) Richtlinie 2000/78/EG auf der einen und Satz 1 der Vorschrift auf der anderen Seite. In Bezug auf das hier interessierende Merkmal der Angemessenheit hat das zur Folge, dass die Mitgliedstaaten insoweit über einen weiten Ermessensspielraum bei der Wahl der Maßnahmen zur Erreichung der Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik verfügen müssen.

Ausdrücklich so EuGH, Urteil vom 22. November 2005, a.a.O., Rdnrn. 62 f.

Der Bundesgesetzgeber hat diese Überlegungen bei der nationalstaatlichen Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufgegriffen. Mit der Beschränkung des Gesetzestextes auf allgemeine, durch unbestimmte Begriffe umschriebene Grundsätze sollte im Hinblick auf die gerade beim Alter bestehenden komplexen, keiner allgemein gültigen Lösung zugänglichen Zusammenhänge eine flexible Handhabung der Ausnahmemöglichkeiten von dem grundsätzlichen Gleichbehandlungsgebot gewährleistet werden. Begründet wurde dies damit, dass das Merkmal Alter sich gegenüber allen anderen in § 1 des Gesetzes genannten Gründen durch eine besondere Situation auszeichnet. Alle Beschäftigten könnten während ihres Berufslebens ein "kritisches" Alter durchlaufen. Dies könne z. B. sowohl der Zugang zum Beruf nach der Ausbildung für 20- jährige als auch die Verdrängung aus dem Arbeitsmarkt für 55-jährige Beschäftigte sein. In einem Berufszweig könne die höhere "Belastbarkeit" jüngerer Beschäftigter im Vordergrund stehen, in anderen Berufszweigen die größere Lebens- und Berufserfahrung. Deshalb belasse es die Vorschrift bei den europarechtlich vorgegebenen allgemeinen Grundsätzen.

Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum AGG, BT-Drucks. 16/1780, S. 36.

Auch bei der Beurteilung der Angemessenheit der streitgegenständlichen laufbahnrechtlichen Höchstaltersgrenze sind verschiedene Sach- und Wertungsfragen zu beantworten. Die Vielzahl und Interdependenz der dabei zu berücksichtigen Entscheidungskriterien schließt die Annahme nur einer zutreffenden Antwort aus.

Zu nennen sind in diesem Zusammenhang zunächst das öffentliche Interesse, mit einer niedrigen Altersgrenze eine möglichst lange aktive Dienstzeit der Beamten sicherzustellen, und das gegenläufige private Interesse der Laufbahnbewerber, auch noch in fortgeschrittenem Alter in das Beamtenverhältnis eintreten zu können. Daneben sind aber auch weitere, ebenfalls im Allgemeininteresse liegende Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die diesen Ausgangspunkt relativieren können. So kann das Interesse, qualifizierte Lehrkräfte zu gewinnen, etwa um entstandene Defizite bei der Unterrichtsversorgung zu decken, für eine weniger strenge Altersgrenze streiten.

Vgl. den Runderlass des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung - 121- 22/03 Nr. 1050/00 - vom 22. Dezember 2000, zuletzt verlängert durch Runderlass des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder vom 16. November 2004 - 211-1.12.03.03-973 -; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 31. Januar 1980 - 2 C 15.78 -, Rdnr. 27.

Ebenso stellen die Konkurrenz mit anderen Bundesländern und möglicherweise auch mit anderen Arbeitgebern sowie die damit verbundene Gefahr der Abwanderung qualifizierter Lehrkräfte einen Gesichtspunkt bei der Wahl der Altersgrenze dar. Auch in tatsächlicher Hinsicht wird die Angemessenheit durch verschiedene Entwicklungen beeinflusst, die sich allenfalls grob vorhersagen lassen. Das betrifft etwa die Entwicklung des zahlenmäßigen Verhältnisses zwischen aktiven Beamten und Versorgungsempfängern, die unter Umständen durch vorzeitige Zurruhesetzungen (erheblich) verkürzte durchschnittliche Dauer der aktiven Dienstzeit oder die von der individuellen Lebenserwartung abhängige durchschnittliche Bezugsdauer der beamtenrechtlichen Versorgung.

Die Vielzahl dieser Gesichtspunkte lässt - wie bereits hervorgehoben - nicht nur eine richtige Entscheidung zu. Es ist deshalb Aufgabe des demokratisch legitimierten Gesetzgebers beziehungsweise hier der gemäß § 15 Abs. 1 LBG NRW zur Regelung des Laufbahnrechts ermächtigten Landesregierung, den bestehenden Spielraum auszufüllen. Die vom Normgeber getroffene Entscheidung ist infolgedessen im gerichtlichen Verfahren nicht uneingeschränkt überprüfbar, sondern lediglich darauf, ob die Grenzen des legislativen Gestaltungsspielraums eingehalten worden sind.

Der Umfang des jeweiligen Gestaltungsspielraums hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Eigenart des Sachbereichs, den Möglichkeiten, eine hinreichend sichere Zukunftsprognose zu treffen, und der Bedeutung der betroffenen Interessen. Demgemäß können auch der gerichtlichen Kontrolldichte unterschiedliche Maßstäbe zugrunde liegen.

Vgl. zu Gestaltungsspielraum und Umfang gerichtlicher Überprüfung BVerfG, Urteil vom 1. August 1953 - 1 BvR 281/53 -, BVerfGE 3, 19 (24), Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52, 46/52 -, BVerfGE 8, 1 (16, 22), vom 7. Juli 1982 - 2 BvL 14/78, 2/79, 7/82 -, BVerfGE 61, 43 (62 f.), und vom 6. Mai 2004 - 2 BvL 16/02 -, BVerfGE 110, 353 (364).

Gemessen an alledem ist die Festlegung der Altersgrenze auf 35 Jahre rechtlich nicht zu beanstanden. Der Verordnungsgeber hat den sich aus dem Verbot der Altersdiskriminierung ergebenden Anforderungen bei der Wahl der Altersgrenze hinreichend Rechnung getragen. Die gewählte Altersgrenze findet einen sachlichen Grund in dem Erfordernis eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Dienstzeit und Versorgungsanspruch. Die damit verbundene Einschränkung des Prinzips der Gleichbehandlung stellt sich als hinnehmbar, weil im Verhältnis dazu als weniger gewichtig dar. Die berufliche Ausbildung für den höheren Dienst im Allgemeinen (vgl. § 39 Abs. 1 LVO NRW) und das hier interessierende Lehramt an öffentlichen Schulen im Besonderen (vgl. § 52 Abs. 1 LVO NRW) kann in aller Regel ohne Weiteres bis zum 35. Lebensjahr abgeschlossen werden. So schließt sich an eine Regelstudienzeit von neun Semestern für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen (vgl. § 8 LABG NRW) beziehungsweise sieben Semestern für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen (vgl. § 7 LABG NRW) jeweils ein 24monatiger Vorbereitungsdienst an (vgl. § 7, 8 LABG NRW). Ohne Hinzutreten wesentlicher Verzögerungen kann die Ausbildung demnach etwa bis zur Vollendung des 27. Lebensjahrs absolviert werden. Die Höchstaltersgrenze erfährt zudem eine Abmilderung durch die Möglichkeiten, verschiedene Verzögerungszeiten zu berücksichtigen, die auf den persönlichen Lebensumständen des jeweiligen Laufbahnbewerbers beruhen, wie beispielsweise die Geburt eines Kindes, die tatsächliche Betreuung eines minderjährigen Kindes, eines sonstigen nahen Angehörigen oder das Vorliegen einer Schwerbehinderung (vgl. § 6 Abs. 1 LVO NRW). Über die Ausnahmeregelung des § 84 LVO NRW kann zudem besonderen Fallgestaltungen Rechnung getragen werden.

Eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums durch den Verordnungsgeber folgt nicht daraus, dass für die "Erdienung" einer Mindestversorgung eine Dienstzeit von etwa 19,5 Jahren ausreichend ist (vgl. § 14 Abs. 4 und 1 BeamtVG). Die zur Erlangung der Mindestversorgung erforderliche Dienstzeit vermag allenfalls einen von mehreren Anhaltspunkten für die Ausgewogenheit zwischen Dienstzeit und Versorgungsanspruch zu bieten. Sie zwingt jedoch nicht zu dem Schluss, die Altersgrenze könne allein rechtmäßig bei 45 Jahren gezogen werden. Denn neben den oben beschriebenen Einflussfaktoren, wäre der Dienstherr bei einer Heraufsetzung der Altersgrenze auf 45 Jahre unter Umständen gezwungen, mehr Beamte einzustellen als bei der niedriger angesetzten Altersgrenze von 35 Jahren. Der größere Personalbestand hätte höhere Beihilfeaufwendungen und sonstige einzelfallbezogene Sonderaufwendungen, beispielsweise im Rahmen der Unfallfürsorge (vgl. §§ 30 ff. BeamtVG), sowie einen erhöhten Personalverwaltungsaufwand zur Folge.

Der Umstand, dass in anderen Bundesländern für Laufbahnbewerber des höheren Dienstes im Hinblick auf die Einstellung oder Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe überhaupt keine oder jedenfalls eine deutlich höhere Altersgrenze gilt, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Nach den eingangs dargestellten Grundsätzen hängt die Beurteilung der Angemessenheit im Sinne des § 10 Satz 2 AGG und des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 2000/78/EG von einer Vielzahl von Gesichtspunkten ab, die zudem einer unterschiedlichen Gewichtung zugänglich sind und sich je nach der Situation im jeweiligen Mitgliedstaat voneinander abweichend darstellen können. Nichts anderes gilt, wenn die Umsetzung des in der Richtlinie enthaltenen Gestaltungsauftrags wegen der föderalen Struktur des jeweiligen Mitgliedstaats auf der Ebene einzelner Bundesländer oder sonstiger Gliedstaaten erfolgt. Die länderspezifischen Besonderheiten können insoweit durchaus zu voneinander abweichenden Entscheidungen führen, deren jede - wie auch hier die streitige Regelung - sich im Rahmen des Zulässigen hält.

2.

Die laufbahnrechtliche Altersgrenze nach dem Recht des beklagten Landes steht auch im Einklang mit europäischem Recht. Soweit nach Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, 2 und Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG eine Benachteiligung wegen des Alters grundsätzlich unzulässig ist, ergibt sich eine Rechtfertigung der streitigen Altersgrenze aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 2000/78/EG. Die betreffenden Vorschriften stimmen mit der nahezu wortgleichen Regelung des § 10 Sätze 1 und 2 AGG - jedenfalls soweit hier von Interesse - inhaltlich überein und rechtfertigen deshalb keine abweichende Beurteilung.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision folgt aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil der Senat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst.