VG Minden, Urteil vom 02.11.2007 - 3 K 3583/06
Fundstelle
openJur 2011, 54444
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitslei-stung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 25. Oktober 2004 verurteilte das Amtsgericht N. den Kläger u.a. wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,68 ‰ zu einer Geldstrafe. Zugleich entzog es ihm die Fahrerlaubnis und erkannte auf eine Sperre von 12 Monaten für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis.

Am 25. Oktober 2005 erwarb der Kläger in Polen eine Fahrerlaubnis der Klassen A und B.

Nachdem der Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, forderte er ihn mit Schreiben vom 11. Januar 2006 auf, ein medizinischpsychologisches Gutachten vorzulegen.

Das vom Kläger daraufhin beigebrachte Gutachten der W. GmbH vom 25. April 2006 fiel für ihn negativ aus. Die Gutachter gelangten zu der Einschätzung, dass der Kläger auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss berauschender Mittel führen werde. Zudem lägen als Folge eines unkontrollierten Konsums berauschender Mittel Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges in Frage stellten.

Daraufhin entzog der Beklagte dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Ordnungsverfügung vom 06. Juni 2006 dessen Fahrerlaubnis (mit der Wirkung, dass das Recht, von der polnischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, erlosch).

Hiergegen erhob der Kläger am 12./14. Juni 2006 Widerspruch, zu dessen Begründung er ausführte: Die einschlägigen Vorschriften des Europarechts stünden der Entziehung der Fahrerlaubnis entgegen. Nach der Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis sei es seinerseits nicht zu einem Fehlverhalten gekommen, das den Beklagten berechtigt hätte, die Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens zu verlangen. Er habe sich deshalb berechtigterweise geweigert, ein solches Gutachten vorzulegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2006 wies die Bezirksregierung E. den Widerspruch als unbegründet zurück.

Bereits zuvor - nämlich am 04. Dezember 2006 - hat der Kläger (Untätigkeits-) Klage erhoben, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens im Widerspruchsverfahren nunmehr beantragt,

die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 06. Juni 2006 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung E. vom 15. Dezember 2006 aufzuheben.

Der Beklagte tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und beantragt,

die Klage abzuweisen.

- Das erkennende Gericht hat mit Beschluss vom 28. Juni 2006 einen Antrag des Klägers auf Regelung der Vollziehung abgelehnt (3 L 410/06).

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 19. Oktober 2006 zurückgewiesen (16 B 1402/06). -

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, des Verfahrens 3 L 410/06 sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten (1 Heft) Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten rechtswirksam auf eine solche verzichtet haben (vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 06. Juni 2006 ist nämlich rechtmäßig und verletzt den Kläger (deshalb) nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV). Danach hat, erweist sich ein Fahrerlaubnisinhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, die Fahrerlaubnisbehörde ihm die Fahrerlaubnis - ohne Einräumung von Ermessen - zu entziehen. So liegt es hier.

Diese Einschätzung gründet sich maßgeblich auf das vom Kläger vorgelegte medizinischpsychologische Gutachten vom 25. April 2006 - die wiederholte Behauptung des Klägers, er habe sich geweigert, das Gutachten vorzulegen, trifft damit offensichtlich nicht zu.

Ob die an den Kläger gerichtete Aufforderung des Beklagten, ein solches Gutachten vorzulegen, ihrerseits rechtmäßig war, kann auf sich beruhen. Hat sich nämlich der Betroffene der angeordneten Begutachtung gestellt und das Gutachten vorgelegt, so hat sich dadurch die Anordnung erledigt. Zudem schafft das Ergebnis der durchgeführten Begutachtung eine neue Tatsache, die selbstständige Bedeutung hat

- vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 18. März 1982 - 7 C 69.81 -, in: BVerwGE 65, Seite 157 (163), ständige Rechtsprechung -.

Das oben genannte und im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides in zeitlicher Hinsicht ohne Weiteres noch verwertbare Gutachten überzeugt auch inhaltlich. Angesichts der Angaben des Klägers in der Exploration, die von widersprüchlichen Ausführungen und der Schilderung eines insgesamt unreflektierten Trinkverhaltens geprägt war, ist gegen die abschließende Einschätzung der Gutachter nichts zu erinnern. Auch der Kläger hat insoweit nichts vorgetragen.

Europarechtliche Vorgaben stehen nicht entgegen. Der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften

- vgl. z.B. Beschluss vom 06. April 2006 - C-227/05 (Halbritter) -, in: NJW 2006, Seite 2173 -

ist nämlich zu entnehmen, dass die nationalen Behörden gemäß ihren innerstaatlichen Vorschriften Maßnahmen in Bezug auf eine ausländische Fahrerlaubnis nicht nur im Hinblick auf ein Verhalten des Betroffenen nach dem Erwerb dieser ausländischen Fahrerlaubnis ausüben dürfen. Es genügt vielmehr allgemein, dass nach Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis neue aussagekräftige Tatsachen (wie vorliegend das oben genannte medizinischpsychologische Gutachten) bekannt geworden sind, die ihrerseits durchaus an ein Verhalten des Betroffenen vor Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis anknüpfen können. Von einer weiteren Begründung sieht das erkennende Gericht zwecks Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen ab und nimmt in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO auf die Gründe des den Beteiligten bekannten Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Oktober 2006 Bezug.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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