VG Düsseldorf, Urteil vom 26.09.2007 - 20 K 4698/06
Fundstelle
openJur 2011, 53719
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen,die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibendenBetrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicherHöhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das die Organisation und Durchführung klinischer und präklinischer Prüfungen und Hilfe bei Erstellung klinisch- pharmazeutischer Gutachten zur Erlangung der Zulassung für pharmazeutische Präparate zum Gegenstand hat.

Die Klägerin ist Mitglied bei der beklagten Industrie- und Handelskammer, welche selbst als Mitglied dem DIHK, einem in das Vereinsregister eingetragenen Verein, angehört. Der frühere Kläger ist Geschäftsführer der Klägerin und in dieser Eigenschaft Mitglied der Vollversammlung der Klägerin.

Am 26.06.2002 beschloss die Vollversammlung des DIHK angesichts der seinerzeit aktuellen Finanzlage, dass sich seine Mitglieder, Industrie- und Handelskammern aus dem gesamten Bundesgebiet, verpflichten, nach Zustimmung ihrer Vollversammlungen, dem DIHK insgesamt 4,97 Mio. Euro zunächst als zinsloses, nicht befristetes Darlehen zum 31.10.2002 zur Verfügung zu stellen. Auf Empfehlung eines externen Wirtschaftsprüfers könne die Vollversammlung des DIHK nach vorheriger Beratung im Vorstand beschließen, auf die Rückzahlung des Darlehens zu verzichten. Die Zahlung sollte ausweislich des Beschlusses der Deckung von Zahlungsverpflichtungen des DIHK dienen, die zum Teil aus der Vergangenheit aufgelaufen seien. Die Verteilung dieses Betrages - heißt es in dem Beschluss - erfolge nach dem DIHK-Finanzierungsschlüssel für das Jahr 2001.

In ihrer Sitzung am 11.12.2002 verabschiedete die Vollversammlung der Beklagten auf Empfehlung des Haushaltsausschusses und des Präsidiums einen Nachtragshaushaltsplan und eine Nachtragshaushaltssatzung für das Jahr 2002 und fasste zudem folgenden - streitgegenständlichen - Beschluss:

"Zur Umsetzung des Beschlusses der DIHK-Vollversammlung vom 26. Juni 2002 stellt die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer E-X-L1 zu E dem DIHK ein zinsloses, zeitlich nicht befristetes Darlehen in Höhe des auf unsere Kammer entfallenden Anteils von 1,3545% von Euro 4,97 Mio. ( = Euro 67.343,50) zur Verfügung.

Falls die DIHK-Vollversammlung auf Empfehlung des externen Wirtschaftsprüfers anstrebt, auf die Rückzahlung dieses Darlehens zu verzichten, werden Präsident und Hauptgeschäftsführer vorsorglich ermächtigt, nach Zustimmung durch das Präsidium, in der DIHK-Vollversammlung für einen Rückzahlungsverzicht zu votieren und diesen dem DIHK gegenüber zu erklären."

Mit Schreiben vom 12.12.2002 gab die Beklagte - vertreten durch ihren Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer - dem DIHK gegenüber eine Darlehenszusage ab, in der sie sich verpflichtete, ein unverzinsliches und unbefristetes Darlehen in Höhe von 67.343,50 Euro am 13.12.2002 auszuzahlen, ihr ordentliches Kündigungsrecht nur nach vorheriger Zustimmung der DIHK- Vollversammlung auszuüben und zudem auf ihr außerordentliches Kündigungsrecht nach § 490 Abs. 1 BGB zu verzichten. Sie erklärte ferner, auf die Rückzahlung des Darlehens zu verzichten, wenn die DIHK-Vollversammlung auf Empfehlung des externen Wirtschaftsprüfers beschließe, das Darlehen nicht zurückzuzahlen.

Am 26.10.2005 beschloss die Vollversammlung der DIHK u.a., dass die Industrie- und Handelskammern auf die Rückzahlung des Darlehens durch den DIHK verzichten, wobei eine endgültige Beschlussfassung erst für die am 8. und 9.3.2006 anberaumten Sitzungen der Vollversammlung vorgesehen war. Dazu sollten die Kammern auf den Vorstandssitzungen bzw. den Vollversammlungen entsprechende Entscheidungen treffen. Für einen Verzicht votierten auch der Präsident und der Hauptgeschäftsführer der Beklagten. Im Gegenzug verpflichtete sich der Hauptgeschäftsführer des DIHK, die Wirtschaftspläne des DIHK so zu konzipieren, dass die von den Kammern zu tragenden Grundbeiträge und Umlagen für den Zeitraum 2006 bis 2008 nicht steigen würden. Der durch den Verzicht entstehende außerordentliche Ertrag - heißt es weiter in diesem Beschluss - werde im Rahmen der Ergebnisverwendung im Jahre des Verzichts einer zweckgebundenen Rücklage für die Substanzsicherung des DIHK-Gebäudes zugeführt und solle das Eigenkapital des DIHK stärken. Der DIHK habe in der Folge dafür zu sorgen, diese Rücklage durch freiwerdende Liquidität aus der Gebäudeabschreibung und Einsparungen zu finanzieren.

Durch Beschluss des Präsidiums der Beklagten vom 03.11.2005 wurden der Präsident und der Hauptgeschäftsführer der Beklagten ermächtigt, in der DIHK- Vollversammlung am 26.10.2005 bzw. am 08. und 09.03.2006 für einen Rückzahlungsverzicht zu votieren und diesen dem DIHK gegenüber zu erklären.

Mit Beschluss vom 09.03.2006 beschloss die Vollversammlung des DIHK, u.a., dass die Industrie- und Handelskammern auf die Rückzahlung des Darlehens über insgesamt 4,97 Mio. Euro durch den DIHK verzichten.

Der Geschäftsführer der Klägerin hat am 22.08.2006 Klage erhoben, mit der er begehrt hat, festzustellen, dass der Beschluss der Vollversammlung der Beklagten vom 11.12.2003 rechtswidrig ist und dass der vom Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der Beklagten ausgesprochene Verzicht auf Darlehensrückzahlung rechtswidrig ist.

Mit Schriftsatz vom 25.08.2006 hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, dass ihm bei der Angabe des Klägers ein Fehler unterlaufen sei. Klägerin sei die L-GmbH und nicht ihr Geschäftsführer.

Die Klägerin bittet, sie mittels Rubrumsberichtigung im Rubrum aufzunehmen und trägt vor:

Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Das erforderliche Rechtsverhältnis liege darin, dass sie als Mitglied der Beklagten Pflichtbeiträge zahlen müsse und dass die Beklagte mit diesen Pflichtbeiträgen, mit denen sie sorgsam umzugehen habe, den DIHK unterhalte. Wenn der beanstandete Beschluss rechtswidrig sei, so habe der DIHK die Zuwendung an den IHK zurückzuerstatten. In jedem Fall komme eine positive Entscheidung für die Klägerin dem Etat der Beklagten zugute, was sich auf die Pflichtbeiträge der Kammerangehörigen auswirken würde. Zumindest bestünde ein Schadensersatzanspruch gegenüber den Organen der Beklagten.

Das erforderliche Feststellungsinteresse sei ebenfalls gegeben. Eine neue Finanznot des DIHK könne sich angesichts seiner weit ausgedehnten Aufgaben leicht und jederzeit wieder ergeben, sodass Wiederholungsgefahr bestehe.

Die Klage sei auch begründet. Die Bezuschussung des DIHK seitens der Beklagten durch die Beiträge der Zwangsmitglieder und durch den Sonderbeitrag sei nicht mehr mit den Aufgaben der Beklagten in Einklang zu bringen. Die Aufgaben der Beklagten bestünden nach § 1 Abs. 1 IHKG ausschließlich darin, das Gesamtinteresse der ihr zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrzunehmen. Demnach habe die Beklagte für die Förderung der Wirtschaft nur in ihrem Bereich zu wirken. Durch einen Zusammenschluss mehrerer Kammern zu einem Spitzenverband ließen sich die Aufgaben nicht ändern. Zudem könnten die Aufgaben nicht von den Kammern auf den DIHK als privatrechtlichen Verein übertragen werden, weil ansonsten die Aufsicht des Landes über die Kammern umgangen werde. Es sei allgemein anerkannt, dass öffentlichrechtliche Aufgaben von Behörden nur durch Beleihung an Privatpersonen übertragen werden könnten. Für eine solche Beleihung sei aber eine Gesetzesvorschrift erforderlich, woran es hier gerade fehle. Die faktisch bestehende Aufsichtsfreiheit habe in der Praxis dazu geführt, dass sich der DIHK weltweit Aufgaben zugelegt habe, die für die einzelne IHK nicht mehr durch § 1 Abs. 1 IHKG gedeckt seien. Nach dem Jahresbericht 2005 unterhalte der DIHK in 29 Ländern Auslandsbüros. Wenn die Industrie- und Handelskammern berechtigt seien, eine Spitzenorganisation zu gründen und ihr anzugehören, so sei es jedenfalls nicht mehr ihre Aufgabe, dieser Organisation ein zinsloses und unbefristetes Darlehen zu gewähren und im zweiten Schritt auch noch auf die Rückzahlung des Darlehens zu verzichten. Das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass eine Stammeinlage von 5.000,00 DM durch eine IHK für die zivile Mitnutzung eines Flugplatzes nicht mehr mit den Aufgaben nach § 1 IHKG in Einklang zu bringen sei. Dies müsse dann erst recht für eine Schenkung an den Dachverband gelten, die neben der ordentlichen Beitragszahlung geleistet werde. Der Zweck des Darlehens liege darin, das "Deutsche Haus" in Moskau und Repräsentanzen im Ausland, z. B. in Lagos, zu unterstützen. Diese Tätigkeiten hätten jedoch mit der wirtschaftlichen Entwicklung im Bereich der Beklagten nichts mehr zu tun. Die Zuwendung an den DIHK sei auch deshalb unzulässig, weil es keine Rechtsgrundlage für ihn gebe. Als Körperschaft des Öffentlichen Rechts und damit als Behörde sei die Beklagte nicht befugt, ohne irgendeine rechtliche Grundlage dem DIHK den streitbefangenen Betrag zu schenken. Auch eine dahingehende Obliegenheit habe nie bestanden. Insbesondere sei die Zuwendung auch wirtschaftlich nicht notwendig gewesen. Namentlich habe dem DIHK nie die Insolvenz gedroht. Die Beklagte könne sich deshalb nicht darauf berufen, sie habe mit der Zuwendung Schaden von sich abwenden wollen, die bei Insolvenz des DIHK gedroht hätte. Im Übrigen habe es der Beklagten freigestanden, aus dem DIHK auszutreten. Ungeachtet dessen könnten nur zulässige Ziele des Vereins die Vereinsmitglieder zu einer Zahlung verpflichten. Daran fehle es aber vorliegend gerade. Außerdem sei nicht nachgewiesen, dass ein externer Wirtschaftsprüfer den Verzicht auf die Darlehensrückzahlung empfohlen habe, was jedoch Voraussetzung für den streitgegenständlichen Beschluss gewesen sei.

Ferner sei festzuhalten, dass die wirtschaftliche Schieflage vor allem deshalb entstanden sei, weil der DIHK aufgrund einer Patronatserklärung für Schulden seiner Tochter, der DIHK Service GmbH, einstehe und im Jahre 2002 Schulden in Höhe von 4,79 Mio. Euro übernommen habe. Wenn die Beklagte zur Deckung dieser Schulden dem DIHK eine Zuwendung kommen lasse, überschreite sie hiermit ihre gesetzlichen Aufgabenkompetenzen.

Unabhängig davon, ob die seinerzeitige Darlehensgewährung erforderlich und rechtmäßig gewesen sei, lasse sich den Prüfungsberichten der Q Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für die Jahre 2003 und 2004 ableiten, dass eine Rückzahlung des Darlehens durch den DIHK aus eigenen Mitteln nicht nur möglich, sondern zwingend geboten gewesen sei. Ausweislich der genannten Berichte habe der Konzern in 2003 einen Überschuss von 2,358 Mio. Euro und 2004 einen Überschuss von 3,574 Mio. Euro erwirtschaftet. Die der Vollversammlung zur Beschlussfassung vorgetragene Begründung sei demnach bei Erklärung des Verzichts auf Rückzahlung entfallen gewesen.

Schließlich ergebe sich aus dem Jahresbericht des DIHK für 2005, dass der DIHK die zugewendeten Mittel für die Zukunftsvorsorge des DIHK-Hauses verwende, mithin nicht zweckentsprechend verwende. Dieser Bericht sei dem Präsidenten und dem Hauptgeschäftsführer bekannt gewesen, als diese in der DIHK- Vollversammlung vom 09.03.2006 für die Nichtrückführung des Darlehens votiert hätten. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei der Verzicht auf die Rückzahlung rechtswidrig.

Die Klägerin beantragt,

I. festzustellen, dass der Beschluss der Vollversammlung der Beklagten vom 11.12.2002, durch den dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ein zinsloses und unbefristetes Darlehen in Höhe von 67.343,50 Euro gewährt worden ist und auf dessen Rückzahlung dann verzichtet werden soll, wenn die DIHK-Vollversammlung auf Empfehlung des externen Wirtschaftsprüfers dieses anstrebt, unzulässig und damit rechtswidrig ist,

II.

III. festzustellen, dass der im März 2006 vom Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der Beklagten ausgesprochene Verzicht gegenüber dem DIHK auf Rückzahlung des in Ziff. 1 genannten Darlehens unzulässig und rechtswidrig ist.

IV.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie widerspricht einer Rubrumsberichtigung und einer Klageänderung.

Sie ist ferner der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, weil es an einem konkreten Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin bzw. ihrem Geschäftsführer und der Beklagten fehle und weil weder der Klägerin noch ihrem Geschäftsführer das erforderliche Feststellungsinteresse zustehe. Bei dem streitigen Vorgang handele es sich um ein einmaliges Ereignis, dessen Wiederholung in dieser Art und Weise nicht zu erwarten sei. Es sei nicht zu erkennen, dass eine Entscheidung im vorliegenden Fall ein künftiges Verhalten der Beklagten vorprägen könne. Der DIHK sei vor die Lösung einer einmaligen Problemsituation gestellt gewesen. Im Jahre 2002 habe sich nämlich herausgestellt, dass die in den Jahren zuvor beschlossenen Grundbeiträge und Umlagen nicht ausreichend bemessen gewesen seien, um den Finanzbedarf des DIHK zu decken. Die Gründe hierfür hätten in unvorhergesehenen Entwicklungen beim Umzug des DIHK von C nach C1, in dem durch die politische und wirtschaftliche Öffnung bedingten sowie notwendig gewordenen Ausbau des Netzes des Delegiertenbüros insbesondere in Osteuropa und Asien, in jenem Jahr nachgeholten Abschreibungen auf das DIHK-Gebäude und in Pensionsverpflichtungen aus der Vergangenheit, die vor der Umstellung des DIHK von dem rein Zahlungsorientierten Rechnungswesen (Kameralistik) auf die kaufmännische Buchführung nicht passiviert worden seien, gelegen. Es stehe aber nicht zu befürchten, dass Pensionsrückstellungen noch einmal nachgeholt werden müssten. Auch die Umstellung auf eine kaufmännische Buchführung oder der Umzug von C nach C1 seien einmalige Ereignisse gewesen, sie sich so nicht wiederholen würden. Im Übrigen seien die Finanzen des DIHK mittlerweile konsolidiert.

Die Klage sei darüber hinaus auch unbegründet. Sie - die Beklagte - habe die organschaftlichen Zuständigkeiten und Förmlichkeiten bei der Gewährung des Darlehens beachtet, indem die Vollversammlung entsprechende Beschlüsse gefasst habe. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass sie - die Beklagte - Mitglied im DIHK sei. Mit der Mitgliedschaft im DIHK überschreite sie nicht ihren Aufgabenbereich. Der DIHK sei als Dachverband seiner Mitglieder tätig und erfülle Aufgaben der IHKn in gebündelter Form. Die Zulässigkeit der Mitgliedschaft im DIHK sei in der Rechtsprechung anerkannt.

Aufgrund ihrer Mitgliedschaft sei die Beklagte befugt gewesen, dem DIHK ein Darlehen zu gewähren. Dies gelte selbst dann, wenn diesbezüglich ausdrückliche Satzungsbestimmungen oder gesetzliche Regelungen fehlen sollten. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, einer Insolvenz des DIHK tatenlos zuzusehen, sondern habe in dieser Krisensituation dem DIHK zusätzlich zum Grundbeitrag und zur Umlage eine Zuwendung in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses gewähren dürfen. Die Berechtigung folge zwangsläufig aus der Rechtmäßigkeit der Vereinsmitgliedschaft selbst. Durch das Eingehen der Mitgliedschaft entstehe ein gegenseitiges Treueverhältnis. Die Treuepflicht werde regelmäßig durch ideelle, Sach-, Dienst- und/oder Geldleistungen erfüllt. Mit der Finanzzuwendung habe die Beklagte darüber hinaus einen sonst möglichen Schaden von sich selbst abgewendet, der durch eine Insolvenz des DIHK eingetreten wäre. Eine Zahlungsunfähigkeit des DIHK hätte nach Ansicht der Beklagten den Haftungsfall nach § 20 der Satzung zur Folge gehabt. Ungeachtet dessen finde das GmbH-Gesetz entsprechende Anwendung. In § 32a Abs. 1 GmbHG sei die Kapitalzufuhr eines Gesellschafters z.B. durch ein Gesellschafterdarlehen unstreitig anerkannt.

Es könne auch nicht die Rede davon sein, dass der DIHK seinen Aufgabenbereich unzulässig ausgeweitet habe. Die Repräsentanzen insbesondere im Ausland dienten auch der wirtschaftlichen Entwicklung im Bereich der Klägerin.

Schließlich ergebe sich aus dem Verwaltungsvorgang, dass die Wirtschaftsprüfergesellschaft den Verzicht auf die Darlehensrückzahlung empfohlen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die Kammer hatte über die Klage in ihrer geänderten Form zu entscheiden.

Die von der Kammer vorgenommene Änderung der Klägerbezeichnung stellt keine Berichtigung des Rubrums dar. Eine Rubrumsberichtigung setzt voraus, dass der bestimmende Schriftsatz mehrdeutig ist und der richtige Beteiligte trotz namentlicher Falschbezeichnung unschwer zu erkennen ist,

BVerwG, Beschluss vom 05.05.1982 - 7 B 201/81 - NVwZ 1983, 29; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 01.04.2004 - 1 L 234/03 - JURIS.

Bei der Auswechslung des Klägers im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 25.08.2006 handelt es sich jedoch nicht um die bloße Korrektur einer fehlerhaften Parteibezeichnung, sondern um einen Parteiwechsel. Das Prozessrechtsverhältnis ist nicht bereits von Anfang an zwischen der L-GmbH und der Beklagten entstanden. Als Kläger war ursprünglich der Geschäftsführer der L- GmbH benannt. Nur unrichtige oder ungenaue Parteibezeichnungen können jederzeit von Amts wegen ohne Einfluss auf das Prozessrechtsverhältnis berichtigt werden. Ist die Identität der Partei nicht gewahrt, liegt hingegen ein Parteiwechsel, mithin eine subjektive Klageänderung vor,

OLG Brandenburg, Urteil vom 11.03.2004 - 9 UF 123/03 - JURIS,

deren Zulässigkeit sich nach § 91 VwGO richtet. Der neu eintretende Kläger übernimmt die Position des ausscheidenden Klägers, in der Lage, wie sie sich bei dessen Ausscheiden darstellt,

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 22.03.1991 - 20 U 19/90 - VersR 1992, 736.

Die hiernach vorliegende Klageänderung ist als sachdienlich im Sinne von § 91 VwGO zuzulassen, weil sie nach Einschätzung des Gerichts der endgültigen Befriedung des Rechtsstreits dient.

Die als Feststellungsklage erhobene Klage ist jedoch unzulässig.

Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlichrechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht,

vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 26.01.1996 - 8 C 19/94 - BVerwGE 100, 262, vom 10.05.1984 - 3 C 68.82 - Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 123 S. 28 und vom 23.01.1992 - 3 C 50.89 - Buchholz 418.711 LMBG Nr. 30 S. 86 m.zahlr.w.N.; Beschluss vom 12.11.1987 - 3 B 20.87 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 97 S. 2.

Rechtliche Beziehungen haben sich nur dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist,

StRspr des BVerwG; vgl. etwa Urteile vom 07.05.1987 - 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 und vom 23.01.1992, a.a.O.; Beschluss vom 12. 11.1987, a.a.O.

Ein konkretes Rechtsverhältnis ist zwischen der Klägerin und der Beklagten gegeben. Klärungsfähig und klärungsbedürftig ist die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die Beklagte, deren Mitglied die Klägerin ist, berechtigt war, dem DIHK ein zinsloses Darlehen auf unbestimmte Zeit zu gewähren und den Präsidenten und Hauptgeschäftsführer zu ermächtigen, auf die Rückzahlung des Darlehens zu verzichten.

Der Klägerin fehlt aber ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt dann, wenn der im Wege des Feststellungsbegehrens geltend gemachte Anspruch der Klägerin offensichtlich und eindeutig nicht zustehen kann,

BVerwG, Urteil vom 19.09.2000 - 1 C 29/99 - BVerwGE 112, 69 m.w.N.

So liegt der Fall hier.

Ein Rechtsschutzbegehren ist ohne Rücksicht auf die Klageart nämlich nur dann zulässig, wenn es sich auf Rechte stützt, die gerade dem Kläger zustehen können,

BVerwG, Urteil vom 26.01.1996 a.a.O.

Nach der Rechtsprechung ist das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung zwar nicht gleichbedeutend mit einem "rechtlichen Interesse", sondern schließt über ein solches Interesse hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein. Gleichwohl folgt daraus nach dieser Rechtsprechung jedoch nicht, dass jeder in diesem Sinne Interessierte auch ohne eigene Rechtsbetroffenheit Feststellungsklage erheben kann. Vielmehr muss der Verwaltungsakt, dessen Nichtigkeit festgestellt werden soll, die eigene Rechtsstellung des Klägers zumindest berühren können, weshalb auf die Feststellungsklage nach § 43 VwGO zur Vermeidung der dem Verwaltungsprozess fremden Popularklage die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO über die Klagebefugnis entsprechend anzuwenden ist,

BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 - 2 C 32/94 - BVerwGE 99, 64; OVG NRW, Urteil vom 13.11.1996 - 16 A 4461/95 - FamRZ 1997, 647.

Ebenso sind auch die sonstigen, auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichteten Feststellungsklagen nach § 43 Abs. 1 VwGO nur zulässig, wenn es dem Kläger dabei um die Verwirklichung seiner Rechte geht, sei es, dass er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist, sei es, dass von dem Rechtsverhältnis immerhin eigene Rechte des Klägers abhängen,

BVerwG, Beschluss vom 30.07.1990 - 7 B 71/90 - BayVBl 1990, 728 m.w.N.

Hieraus folgt für den Rechtsschutz einzelner Kammermitglieder gegenüber einer IHK, dass kein umfassender Kontrollanspruch zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Kammerhandelns besteht. Vielmehr sind alle Mitglieder zunächst einmal gehalten, die gefassten Mehrheitsbeschlüsse zu akzeptieren. Wenn einzelne Mitglieder ihre Vorstellungen gegenüber den Auffassungen der Mehrheit nicht haben durchsetzen können, so müssen sie das Ergebnis als dem Gesetz entsprechend hinnehmen. Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, Beschlüsse der Industrie- und Handelskammern, ihrer Organe oder Zusammenschlüsse, die in einem ordnungsgemäßen Verfahren zustande gekommen sind, darauf zu überprüfen, ob sie den wirtschaftlichen Interessen einzelner Mitglieder gerecht werden,

vgl. auch OVG Koblenz, Urteil vom 23.12.1992 - 11 A 10144/92 - GewArch 1993, 289.

Nach gefestigter Rechtsprechung kann aber das einzelne Kammermitglied, sollten die Industrie- und Handelskammern über die ihr zugewiesenen Aufgaben hinaus tätig werden, dem mit einer Unterlassungsklage entgegen treten oder die Feststellung einer Aufgabenüberschreitung im Wege der Feststellungsklage geltend machen,

BVerfG, Beschluss vom 07.12.2001 - 1 BvR 1806/98 - DVBl 2002, 407; St. Rspr. des BVerwG, vgl. Urteil vom 19.09.2000 a.a.O.; Urteil vom 21.07.1998 - 1 C 32.97 - BVerwGE 107, 169.

Ein solcher Anspruch gründet auf Verfassungsrecht. Das Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG auf freie Entfaltung der Persönlichkeit schützt auch davor, durch Zwangsmitgliedschaft von "unnötigen" Körperschaften in Anspruch genommen zu werden. Es darf durch eine Pflichtmitgliedschaft in einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nur eingeschränkt werden, wenn das entsprechende Gesetz zur verfassungsmäßigen Ordnung gehört, d.h. in formeller und materieller Hinsicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das setzt voraus, dass die Errichtung der öffentlich- rechtlichen Körperschaft und die Inanspruchnahme der Pflichtmitglieder zur Erfüllung legitimer öffentlicher Aufgaben erfolgt, dazu geeignet und erforderlich ist und die Grenze der Zumutbarkeit wahrt,

vgl. BVerwG, Urteil vom 21.07.1998 a.a.O.

Überschreitet eine Körperschaft ihren gesetzlichen Aufgabenbereich, greift sie ohne die erforderliche Rechtsgrundlage in das Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG ein. Jeder der Körperschaft Zugehörige kann eine derartige rechtswidrige Ausdehnung seiner Zwangsunterworfenheit mit der verwaltungsgerichtlichen (Unterlassungs-) Klage abwehren, da aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht nur das Recht abzuleiten ist, von einem "unnötigen" Verband verschont zu bleiben, sondern dem einzelnen Mitglied auch ein Abwehrrecht gegen solche Eingriffe des Verbandes in seine Handlungsfreiheit einräumt, die sich nicht im Wirkungskreis legitimer öffentlicher Aufgaben halten oder bei deren Wahrnehmung nicht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprochen wird,

BVerwG, Urteil vom 21.07.1998 a.a.O.

Hierzu gehört auch der mitgliedschaftsrechtliche Anspruch, dass die aus den Beitragsleistungen der Mitglieder aufgebrachten Haushaltsmittel nicht für verbandsfremde Zwecke verwendet werden,

vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1981 - 5 C 53/79 - BVerwGE 64, 115.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob das einzelne Kammermitglied einen über die Aufgabenüberschreitung hinausgehenden rechtlichen oder spürbaren faktischen Nachteil erleidet.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.09.2000 - 1 C 29/99 - a.a.O.

Nach diesen Grundsätzen fehlt es hier an der Möglichkeit, dass die Klägerin durch die beanstandeten Beschlüsse in eigenen Rechten verletzt wird und mithin an einem berechtigten Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Beschlüsse.

Soweit die Klägerin geltend machen möchte, die Beklagte habe allein durch die Mitgliedschaft im DIHK ihren gesetzlichen Aufgabenbereich überschritten, weil sie unzulässig Aufgaben an den DIHK übertragen habe, und weil sie das Gesamtinteresse der Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrzunehmen habe, aber keine überbezirklichen Aufgaben ausführen dürfe, eröffnet ihr dies unter keinem Gesichtspunkt ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Den öffentlichrechtlichen Kammern ist es grundsätzlich erlaubt, Mitglied in einem privatrechtlich verfassten Dachverband zu sein,

vgl. BVerwG, Urteil vom 10.06.1986 - 1 C 4/86 - BVerwGE 74, 254 zur Mitgliedschaft einer Handwerkskammer beim Deutschen Handwerkskammertag und beim Zentralverband des Deutschen Handwerks; Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 1. Aufl. 2005 , S. 458 m.w.N.

Es ist zudem in der Rechtsprechung geklärt, dass die Mitgliedschaft einer IHK im DIHK als solches unbedenklich ist und von ihrem Aufgabenkreis gedeckt wird. Die - in der Vereinssatzung umschriebenen - Tätigkeiten und Zwecke des DIHK werden von dem gesetzlichen Auftrag der Kammer, die Interessen der in ihr zusammengeschlossenen Gewerbetreibenden zu fördern, umfasst,

BVerwG, Urteil vom 26.06.1990 - 1 C 45/87 - GewArch 1990, 398 (zum DIHT).

Gemäß § 1 Abs. 1 IHKG haben die Kammern die Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. Dabei obliegt es ihnen insbesondere, durch Vorschläge, Gutachten und Berichte die Behörden zu unterstützen und zu beraten sowie für die Wahrung von Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken.

Nach der Satzung des DIHK in der Fassung vom 15. März 2007 hat der DIHK ausschließlich Industrie- und Handelskammern als Mitglieder (§ 3) und den Zweck, die Zusammenarbeit der Industrie- und Handelskammern zu sichern und zu fördern, einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch zu gewährleisten und in allen die Gesamtinteressen der gewerblichen Wirtschaft im Bereich des DIHK betreffenden Fragen einen gemeinsamen Standpunkt der Kammern zur Geltung zu bringen, insbesondere ihre Interessen gegenüber Behörden und sonstigen Instanzen des Bundesgebietes zu vertreten (§ 1 Abs. 1). Durch die Zugehörigkeit zum DIHK werden die Selbständigkeit und das Initiativrecht der Kammern nicht beeinträchtigt (§ 3 Abs. 5). Damit handelt der DIHK nach seiner Satzung im gesetzlichen Aufgabenbereich der Industrie- und Handelskammern. Die Beteiligung der Beklagten an dem DIHK ist demnach ein Teil ihrer eigenen Aufgabenwahrnehmung,

OVG Koblenz, Urteil vom 23.12.1992 a.a.O.; VG Frankfurt, Urteil vom 17.03.2000 - 7 E 1044/97 (2) - GewArch 2000, 332.

Aber auch soweit sich die Klägerin darauf beruft, der DIHK habe sich als Privatverein weltweit Aufgaben zugelegt, die nicht mehr von § 1 Abs. 1 IHKG gedeckt seien, und überschreite mit seiner Tätigkeit, namentlich mit der Errichtung von ausländischen Repräsentanzen, die ihm - durch Vereinssatzung - zugewiesenen Kompetenzen, verhilft ihr dies nicht zur Anerkennung eines Feststellungsinteresses hinsichtlich der von ihr beanstandeten Beschlüsse der Beklagten.

Die Tätigkeiten des Dachverbandes und seiner Organe können der Beklagten, die als Mitglied des Dachverbandes selbst nur im Rahmen ihrer Mitgliedschaftsrechte Einfluss auf diese Tätigkeiten hat, nicht unmittelbar zugerechnet werden. Da die Klägerin als Kammermitglied nicht selbst Mitglied des Dachverbandes ist, kann der mitgliedschaftliche Unterlassungs- oder Feststellungsanspruch gegenüber der Beklagten nicht allein darauf gestützt werden, dass der DIHK seinen Aufgabenbereich verlassen habe. Handeln einzelne Organe des DIHK außerhalb des - in der Vereinssatzung festgelegten - Aufgabenbereichs des DIHK, so berühren diese Verstöße gegen die Satzung unmittelbar lediglich die rechtlichen Interessen der Vereinsmitglieder, die rechtlichen Interessen der den Vereinsmitgliedern (IHKn) angeschlossenen Mitglieder werden hingegen nur mittelbar berührt.

Schließlich kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg einwenden, die Beklagte selbst habe durch Gewährung der Zuwendung an den DIHK unzulässige Tätigkeiten ausgeführt und überschreite mithin durch den streitgegenständlichen Beschluss vom 11.12.2005 und die am 09.03.2006 in der Vollversammlung des DIHK vom Präsidenten und Hauptgeschäftsführer abgegebene Erklärung, auf die Rückzahlung des Darlehens zu verzichten, ihren Aufgabenbereich. Für die Beurteilung, ob der Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses und der Erklärung zukommt, ist allein maßgeblich, ob es zumindest möglich erscheint, dass durch den Beschluss und die Erklärung des Präsidenten und des Hauptgeschäftsführers in unzumutbarer Weise in das Freiheitsrecht des einzelnen Kammermitglieds - hier der Klägerin - eingegriffen wird.

Die Beklagte hat jedoch den ihr zugewiesenen Aufgabenbereich offensichtlich eingehalten. Der beanstandete Beschluss über die Darlehensvergabe und die Ermächtigung des Vorstands zur Abgabe einer Verzichtserklärung bzgl. der Rückzahlung waren offensichtlich geeignet und erforderlich, zur Verwirklichung einer die Zwangsmitgliedschaft rechtfertigenden Zielsetzung des Verbandes beizutragen und überschreiten offensichtlich nicht den der Beklagten zugewiesenen Aufgabenkreis.

Ist nämlich die Mitgliedschaft der Beklagten im DIHK als solche nicht zu beanstanden, so ist die Beklagte auch grds. zur Gewährung von finanziellen Zuwendungen an den DIHK nach Maßgabe der Vereinssatzung berechtigt und verpflichtet (vgl. § 16 Abs. 1 und 3 und § 20 der Satzung des DIHK). Hier hat insbesondere § 16 Abs. 3 der Satzung des DIHK Beachtung zu finden. Nach dieser Bestimmung werden die im Wirtschaftsplan festgesetzten Aufwendungen des DIHK, soweit sie nicht durch anderweitige Erträge gedeckt werden, von den Mitgliedern durch einen Grundbeitrag und durch eine Umlage aufgebracht. Ungeachtet dessen, dass sich die Klägerin mangels einer entsprechenden subjektiven Rechtsposition nicht auf einen eventuellen Verstoß gegen die Satzungsregelungen berufen könnte, ist festzuhalten, dass die genannte Vorschrift zwar nur die regelmäßige Finanzierung des DIHK betrifft, hieraus aber nicht geschlossen werden kann, jede anderweitige, darüber hinausgehende, außerplanmäßige Zuwendung sei in jedem Fall ausgeschlossen.

Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob Rechte der Klägerin verletzt oder zumindest tangiert sein können, muss auch insoweit vielmehr sein, ob sich eine derartige Zuwendung noch als von § 1 Abs. 1 IHKG gedeckt erweist, was vorliegend zu bejahen ist.

Mit welchen Mitteln die Industrie- und Handelskammern die ihnen gemäß § 1 Abs. 1 IHKG gestellte Aufgabe erfüllen, steht in ihrem Ermessen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.09.2000 a.a.O.; Kluth, a.a.O., S. 463.

Die in § 1 Abs. 1 IHKG genannte Aufgabe lässt sich als Vertretung der Interessen der gewerblichen Wirtschaft im weitesten Sinn umschreiben. Da sehr viele öffentliche und staatliche Aufgaben die gewerbliche Wirtschaft berühren, ist diese Aufgabe kaum exakt eingrenzbar. Selbst dort, wo Belange der gewerblichen Wirtschaft nur am Rande berührt sind, ist es den Industrie- und Handelskammern grundsätzlich gestattet, das durch sie repräsentierte Gesamtinteresse zur Geltung zu bringen,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 12.06.2003 - 8 A 4281/02 - GewArch 2003, 418.

Der in der Vollversammlung der Beklagten am 11.12.2002 gefasste Beschluss erfolgte "zur Umsetzung des Beschlusses der DIHK-Hauptversammlung vom 26. Juni 2002", und diente damit "der Deckung von Zahlungsverpflichtungen des DIHK, die zum Teil aus der Vergangenheit aufgelaufen sind" (vgl. Ziff. 2 des Beschlusses der DIHK-Vollversammlung vom 26.06.2002). Durch die Bezugnahme auf den DIHK- Beschluss vom 26.06.2002 ist ausdrücklich klargestellt, dass dieser Beschluss im Rahmen der von dem Haushaltsausschuss des DIHK entwickelten und von der Vollversammlung des DIHK mitgetragenen Haushaltsplanung und Neuordnung der Finanzverfassung gefasst wurde und mithin Teil eines Gesamtplans zur Konsolidierung des Haushaltes der DIHK sein sollte.

Eine darüber hinausgehende Zweckbindung für die Zuwendung enthielt der gefasste Beschluss nicht. Eine verbindliche Zweckangabe enthalten auch weder das Einladungsschreiben des Hauptgeschäftsführers der Beklagten vom 06.11.2002 an die Mitglieder der Vollversammlung der Beklagten noch die ergänzenden Hinweise im Schreiben vom 22.11.2002, welches als Anlage 2 zur Niederschrift über die Vollversammlung der Beklagten vom 11.12.2002 genommen wurde. Im Schreiben vom 22.11.2002 wurden die Gründe für die Notwendigkeit, einen Nachtragshaushalt zu verabschieden, genannt und erläutert. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben wurde unter TOP 9 der Nachtragshaushalt nochmals in gleicher Weise erläutert. In Bezug auf die hier streitgegenständliche Zuwendung heißt es insoweit, dass das zinslose Darlehen "insbesondere zur Finanzierung des Sozialplans in Folge der vorzeitigen Aufgabe des Standortes C und zur Deckung eines Verlustes im Zusammenhang mit der Immobilie >Deutsches Haus< in Moskau" gewährt werde. Schon die Verwendung der Formulierung "insbesondere" zeigt, dass es sich hierbei nicht um eine abschließende Aufzählung von verbindlichen Zielen handelte, die mit der Zuwendung verfolgt werden sollten. Zudem enthielt der in Bezug genommene Beschluss des DIHK eine derartige Angabe von Einzelzielen nicht. Ausweislich des Protokolls der Vollversammlung des DIHK vom 26.06.2002 war insgesamt eine Liquiditätslücke in Höhe von 4,97 Mio. Euro im Haushalt 2002 eingetreten, die mittels Sonderzuwendungen seitens der IHK geschlossen werden sollte. Folglich diente der in der Vollversammlung der Beklagten gefasste Beschluss vornehmlich dazu, die Handlungs- und Zahlungsfähigkeit des DIHK im laufenden Geschäftsjahr sicherzustellen. Eine derartige Zielsetzung ist aber von dem in § 1 Abs. 1 IHKG genannten Aufgabenbereich offensichtlich gedeckt, dient doch der DIHK - wie schon erwähnt - nach § 1 Abs. 1 seiner Satzung der Sicherung und Förderung der Zusammenarbeit der Industrie- und Handelskammern. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob ohne die Gewährung der Zuwendung seitens der Beklagten tatsächlich eine Handlungs- bzw. Zahlungsunfähigkeit des DIHK eingetreten wäre oder ob objektiv die Insolvenz gedroht hätte. Entscheidend ist die Zweckrichtung der Maßnahme und nicht die tatsächlich erzielte Wirkung.

Ob die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses zustehen könnte, wenn eine finanzielle Schieflage des DIHK offensichtlich nicht bestanden hätte, diese somit lediglich als "Deckmantel" für eine in Wirklichkeit gänzlich anders motivierte Zuwendung gedient hätte, bedarf hier keiner Entscheidung. Dass der DIHK sich im Geschäftsjahr tatsächlich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befunden hat, kann nämlich nicht ernsthaft bezweifelt werden. Eine seinerzeit vorhandene finanzielle Schieflage des DIHK wird bei Betrachtung der von der Beklagten und von der Klägerin überreichten Unterlagen offenbar. Beispielsweise wird im Ergebnisprotokoll der Mitgliederversammlung der IHKn NRW vom 24.01.2002 die damalige finanzielle Lage des DIHK als "desolat" beschrieben. Als Gründe werden in diesem Protokoll der Umzug des DIHK von C nach C1, die ausufernden Kosten für AHKn sowie für Delegationen und Repräsentanzen der deutschen Wirtschaft, ferner eingegangene Bürgschaften für Tochtergesellschaften genannt. Im Schreiben des DIHK-Vizepräsidenten D und des DIHK-Hauptgeschäftsführers X1 heißt es u.a., "es geht darum, dass der DIHK seinen Zahlungsverpflichtungen in 2002 nachkommen kann". Zur Finanzierung des laufenden Geschäfts des DIHK fehlten über die im Finanzierungsplan aufgeführten Beträge hinaus weitere rund 4 Mio. Euro. Zielsetzung sollte es sein, dass der DIHK so mit Liquidität ausgestattet werde, dass er das laufende Geschäft ohne Kontokorrentkredit finanzieren könne. Weiterer noch zu deckender Liquiditätsbedarf ergebe sich aus fehlender Vorsorge für Ersatzbeschaffungen und für fehlende Deckung der Pensionsverpflichtungen. Vor diesem Hintergrund sei eine Verständigung dahingehend anzustreben, dass der zusätzliche Liquiditätsbedarf aus Sicht der IHKn ein verlorener Zuschuss werde.

Woraus dieses finanzielle Defizit des DIHK resultierte, ist für die vorliegende Entscheidung unerheblich. Da die Mitgliedschaft im DIHK nicht zu beanstanden ist, ist auch eine Zuwendung an den Verein außerhalb von Mitgliedsbeiträgen (Grundbeitrag und Umlage) nicht zu beanstanden, es sei denn die Zuwendung hätte zielgerichtet und unmittelbar der Finanzierung einer nicht von § 1 Abs. 1 IHKG umfassen Aufgabe gedient. Davon kann jedoch keine Rede sein. Mit dem Gesamtbetrag in Höhe von 4,97 Mio. Euro, der dem DIHK von seinen Mitgliedern zugewendet worden ist, sollte nämlich nicht eine bestimmte Tätigkeit, Anlage oder Einrichtung ausgeführt, errichtet oder unterhalten werden. Vielmehr sollte dieser Betrag im Zuge der Umstellung von der kameralistischen auf die doppelte Buchführung (Doppik) in Form einer Forderung als Aktiva in die Eröffnungsbilanz des DIHK zum 01.01.2002 eingestellt werden und hierdurch die Handlungsfähigkeit des Vereins in der Gegenwart und in der Zukunft sichern.

Insofern ist auch unerheblich, wenn die Klägerin rügt, die Schulden des DIHK resultierten maßgeblich aus einer Patronatserklärung für die DIHK-Service GmbH.

Der Verneinung eines Feststellungsinteresses stehen die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, auf die sich die Klägerin beruft, nicht entgegen.

Zwar hat das OVG NRW in seiner Entscheidung vom 12.06.2003 a.a.O. ausgeführt, eine Industrie- und Handelskammer überschreite den ihr zugewiesenen Aufgabenkreis, wenn sie die Errichtung einer dem Allgemeinwohl dienenden Museumsstiftung dadurch sicherstelle, dass sie einen Kredit in Höhe von 6 Mio. DM als Vorausleistung auf noch einzuwerbende Zustiftungen aus der Wirtschaft gewähre. Indessen erfolgte in jenem Fall die Kreditaufnahme und -auszahlung, anders als im vorliegenden Fall, zielgerichtet für einen konkret bestimmten und eng umrissenen Verwendungszweck außerhalb des Aufgabenkreises des § 1 Abs. 2 IHKG.

In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall,

vgl. BVerwG, Urteil vom 19.09.2000 a.a.O.

hatte die Vollversammlung einer IHK den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer ermächtigt, eine Stammeinlage unter Ausschluss der Verlustabdeckung an einer noch zu gründenden Gesellschaft zu erwerben, die die zivile Mitbenutzung militärischer Flugplätze organisieren und vermitteln sollte. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung insoweit ausdrücklich ausgeführt, dass auch die Minderheitsbeteiligung einer IHK an einer GmbH als zulässige Tätigkeit in Betracht kommt, sofern sie sich in der Interessenwahrnehmung nach § 1 Abs. 1 IHKG erschöpft, was dann der Fall sei, wenn die IHK mit ihrer Gesellschaftsbeteiligung den zivilen Flugbetrieb lediglich im Sinne der ihr nach § 1 Abs. 1 IHKG zustehenden Aufgabe "anschieben" bzw. "auf den Weg bringen", nicht aber den Flugplatz betreiben wolle. Auch diese Entscheidung betrifft folglich einen anders gelagerten Fall und steht einer finanziellen Unterstützung des Dachverbandes der Industrie- und Handelskammern durch seine Mitglieder nicht entgegen.

Schließlich kann die Klägerin ein Feststellungsinteresse auch nicht aus sonstigen Gründen herleiten, etwa weil die Beschlussfassung an sonstigen, z. B. formellen Mängeln leiden würde oder die Darlehenszusage oder die Vergabe eines nicht rückzahlbaren Zuschusses gegen die in § 3 Abs. 2 IHKG verankerten Anforderungen an die Haushaltsführung, namentlich gegen die dort niedergelegten Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen, verstoßen hätte. Denn auf die Rechtswidrigkeit einer Maßnahme, die sich innerhalb des Aufgabenkreises der Beklagten bewegt, kann sich die Klägerin nicht berufen. Klagen, mit denen eine Überschreitung der der Körperschaft zugewiesenen Aufgaben geltend gemacht wird, sind nämlich von solchen zu unterscheiden, mit denen Mitglieder geltend machen, die Körperschaft habe eine ihr zustehende Aufgabe nicht ordnungsgemäß wahrgenommen, obwohl sie davon nicht selbst betroffen sind,

BVerwG, Urteil vom 19.09.2000 a.a.O.

Die Haushaltsführung der Beklagten obliegt maßgeblich der Vollversammlung, welche über die Haushaltssatzung, in der der Haushaltsplan festgestellt wird, zu beschließen hat, vgl. § 3 Abs. 2 lit. f) der Satzung der Beklagten vom 02.12.1999. Für die Überprüfung der Haushaltsführung der IHK ist nach § 19 Abs. 1 der Satzung des DIHK i.V.m. § 1 Abs. 1 und § 6 der Satzung über den Sonderstatut der Rechnungsprüfungsstelle für die Industrie- und Handelskammern (SRPIHK) die Rechnungsprüfungsstelle zuständig, welche ihrerseits der Kontrolle des Aufsichtsrates unterliegt, vgl. § 3 Abs. 4 S. 2 SRPIHK. Damit stehen neben der staatlichen Aufsicht nach § 11 Abs. 1 IHKG, die sicherstellen soll, dass die Ausübung der Tätigkeit im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften erfolgt, zur Haushaltsführung und zur Ausübung der Kontrolle verschiedene Gremien zur Verfügung, in denen das einzelne Mitglied seine Interessen einbringen und ggf. als Mehrheitsmeinung durchsetzen kann. Durch Beschlüsse oder sonstige Maßnahmen dieser Gremien wird das einzelne Mitglied aber nur dann in eigenen Rechten tangiert, wenn die IHK aufgrund einer Überschreitung der nach dem Gesetz zugewiesenen Aufgaben in das Freiheitsrecht des Einzelnen aus Art. 2 Abs. 1 GG eingreift.

Soweit die Klägerin geltend macht, die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Darlehensrückzahlung seien nicht gegeben gewesen, weil es an einer entsprechende Empfehlung eines externen Wirtschaftsprüfers gefehlt habe, macht sie keine eigene Rechtsverletzung durch Aufgabenüberschreitung der Beklagten geltend, sondern einen Verstoß des Präsidenten und des Hauptgeschäftsführers gegen die von der Vollversammlung der Beklagten im Beschluss vom 10.12.2005 ausgesprochene Ermächtigung. Ein Feststellungsinteresse der Klägerin ist deshalb auch insoweit zu verneinen.

Nichts anderes gilt schließlich für den Vortrag, dass eine Rückzahlung des Darlehens durch den DIHK aus eigenen Mitteln nicht nur möglich, sondern zwingend geboten gewesen sei, weil ausweislich der Berichte der Q Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der DIHK-Konzern in 2003 einen Überschuss von 2,358 Mio. Euro und in 2004 einen Überschuss von 3,574 Mio. Euro erwirtschaftet habe, sodass die der Vollversammlung zur Beschlussfassung vorgetragene Begründung bei Erklärung des Verzichts auf Rückzahlung entfallen gewesen sei. Auch insoweit steht keine Überschreitung der einer IHK zugewiesenen Aufgaben durch die Beklagte in Rede. Vielmehr rügt die Klägerin eine fehlende Legitimation zum Darlehensverzicht, weil die Vollversammlung bei Verabschiedung des Beschlusses eine objektiv falsche Sachlage zugrunde gelegt habe, bzw. weil sich die dem Beschluss der Vollversammlung zugrunde gelegte Sachlage geändert habe. Damit kann sie im vorliegenden Klageverfahren aber nicht gehört werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.