VG Köln, Urteil vom 18.01.2008 - 19 K 5463/06
Fundstelle
openJur 2011, 53493
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der im Jahre 1966 geborene Kläger steht als Polizeibeamter beim Polizeipräsidium

(PP) C. im Dienst des beklagten Landes. Am 27. Januar 2001 wurde er zum Polizeikommissar (A 9 g.D. BBesO, I. Säule) ernannt. Vom 1. Januar bis zum 9. November 2003 wurde der Kläger als Gruppenbeamter, sodann bis zum 17. September

2004 als Sachbearbeiter Kriminalkommissariat und im Anschluss daran als Wachdienstführer in der Polizeiinspektion Mitte eingesetzt.

Unter dem 20. August 2003 wurde aus Anlass einer Umsetzung des Klägers für

den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 30. September 2003 ein Beurteilungsbeitrag erstellt. Der Beurteiler, POK L. , beurteilte den Kläger in acht Submerkmalen mit 3 Punkten und in vier Submerkmalen mit 4 Punkten. Für den Zeitraum vom

10. November 2003 bis zum 17. September 2004 erstellte die nunmehr zuständige

Beurteilerin, EPHK'in I. , unter dem 7. Januar 2005 einen weiteren Beurteilungsbeitrag, in dem sie zwei Submerkmale mit 3 Punkten, acht Submerkmale mit 4 Punkten und zwei Submerkmalen mit 5 Punkten bewertete.

Unter dem 9. Januar 2006 erteilte der Polizeipräsident dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 30. September 2005 die hier im Streit befindliche

Regelbeurteilung, die mit dem Gesamturteil „Die Leistung und Befähigung (...) entsprechen voll den Anforderungen" (3 Punkte) schloss. Auch die Hauptmerkmale

(Leistungsverhalten, Leistungsergebnis und Sozialverhalten) waren sämtlich mit 3

Punkten bewertet worden; von den zugehörigen Submerkmalen waren fünf mit 4

Punkten und sieben mit 3 Punkten bewertet worden. Der Endbeurteiler hatte sich in

allen Punkten dem Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers, PHK T. , angeschlossen.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, die

dienstliche Beurteilung sei rechtswidrig, weil der Erstbeurteiler bei der Erstellung des

Beurteilungsvorschlags nicht unabhängig und weisungsfrei habe entscheiden können

und weil sie nicht auf einer Einzelfallprüfung beruhe. Nachdem anlässlich einer Besprechung des Leiters GS mit den Abteilungsführern festgestellt worden sei, dass

insgesamt bei den Inspektionen eine zu große Abweichung von den Richtsätzen vorliege, sei „verfügt" worden, dass die Beurteilung derjenigen Beamtinnen und Beamten, die in den Jahren 2000 oder 2001 zur Polizeikommissarin / zum Polizeikommissar ernannt worden seien, „pauschal abzusenken" sei. Der Erstbeurteiler PHK T.

habe dem Kläger mitgeteilt, dass er ihm aufgrund dieser „Weisungslage" 3 Punkte

erteilen müsse.

Der Erstbeurteiler PHK T. und der Leiter der Polizeiinspektion Mitte, PD

X. , gaben zu diesem Vortrag im Widerspruchsverfahren jeweils eine schriftliche

Stellungnahme ab.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2007 wies die Bezirksregierung Köln den

Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es durch die zum Beurteilungsstichtag erfolgte Zusammenlegung der Säulen I und II in den Statusämtern

A 9 und A 10 in verschiedenen Fällen namentlich bei Beamten, die prüfungsfrei in

den gehobenen Dienst aufgestiegen seien, zu veränderten Bewertungen im Vergleich zu den vorliegenden Beurteilungsbeiträgen habe kommen können, ohne dass

eine Leistungsverschlechterung Grund dafür gewesen sein müsse. Eine bindende

Weisung seitens der Abteilungs- oder Unterabteilungsleitung an die Erstbeurteiler,

bestimmte Noten zu vergeben, habe es auch in der PI Mitte nicht gegeben. Dass

zeige sich auch daran, dass andere Erstbeurteiler Vorschläge vorgelegt hätten, die

von den Inhalten der beratenden Gespräche abwichen. Folglich habe auch PHK

T. in seiner Freiheit als Erstbeurteiler einen abweichenden Entwurf vorlegen

können. Dass er sich stattdessen an den Ergebnissen der beratenden Gespräche

orientiert und damit die Leistung eines Beamten in einem größeren Kontext als dem

seiner Dienstgruppe bewertet habe, widerspreche nicht seiner Freiheit als Erstbeurteiler.

Der Kläger hat bereits am 21. Dezember 2006 Klage erhoben, die er auch nach

Ergehen des Widerspruchsbescheides aufrecht erhalten hat. Am 24. November 2007

hat der Kläger überdies einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in

einem Beförderungsrechtsstreit gestellt, auf dessen Begründung er auch in dem vorliegenden Verfahren Bezug nimmt (19 L 1718/07). Er wiederholt und vertieft seine

Auffassung, die ihm erteilte Regelbeurteilung sei wegen eines Verstoßes gegen die

Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Erstbeurteiler rechtswidrig. Eine Gruppe

von Beamtinnen und Beamten, die ein Statusamt bereits seit mehreren Jahren innehätten, dürfe nicht von der Vergabe von Prädikatsnoten komplett und ohne Einzelfallprüfung ausgeschlossen werden. Wegen dieses pauschalen Ausschlusses beruhe

die Beurteilung des Klägers auf nicht leistungsbezogenen Kriterien. Die Vorgabe wirke sich auf ihn besonders nachteilig aus, weil sein Erstbeurteiler ihn mit mehr als 3

Punkten bewertet hätte, wenn es die Vorgabe nicht gegeben hätte. Der Kläger legt

eine weitere, als „zeugenschaftliche Erklärung" bezeichnete Stellungnahme des

Erstbeurteilers vom 26. Oktober 2007 vor, auf die Bezug genommen wird.

Der Kläger beantragt,

das beklagte Land unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 5. März 2007 zu verurteilen, die Regelbeurteilung

vom 9. Januar 2006 aufzuheben und ihn für den Beurteilungszeitraum vom 1.

Januar 2003 bis zum 30. September 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist auf eine Stellungnahme des Leiters der PI Mitte, PD X. , vom 25.

April 2007, nach der es eine die Erstbeurteiler bindende Weisung innerhalb der PI

Mitte nicht gegeben habe. Auch der Endbeurteiler bestreitet, eine solche Weisung

erteilt zu haben. Die von ihm mit Verfügung vom 19. September 2005 bekannt

gegebenen Beurteilungsmaßstäbe hätten als Orientierungsrahmen für eine

überdurchschnittliche Beurteilung ein Ernennungsdatum von 2002 und früher

vorgesehen. Dieser sei von ihm auch nicht nachträglich verändert worden. In der

Maßstabsverfügung habe er darüber hinaus darauf hingewiesen, dass „die

aufgeführten Maßstäbe in keinem Fall die Vergabe von 4 oder 5 Punkten verhindern

sollen". Sie sollten eine Orientierungshilfe für die beratenden Gespräche der

Abteilungs- und Unterabteilungsleiter darstellen und keine Bindungswirkung

entfalten. Auch die Stellungnahme des Erstbeurteilers PHK T. gebe für das

Vorliegen einer bindenden Weisung letztlich nichts her. Im Óbrigen sei es sehr

erstaunlich, dass der Kläger einerseits glauben machen wolle, dass es den Erstbeurteilern in der PI Mitte überhaupt nicht möglich gewesen sei, den von ihnen zu

beurteilenden Beamten mehr als 3 Punkte zu geben, während andererseits im

Verfahren 19 L 1718/07 die Beförderung eines Kollegen derselben Polizeiinspektion

verhindert werden solle, der trotz seiner Ernennung im Jahr 2003 mit 4 Punkten

beurteilt worden sei. Dass eine verbindliche Weisung der behaupteten Art nicht erteilt

worden sei, ergebe sich schließlich auch aus der Tatsache, dass insgesamt 7

Beamtinnen und Beamte der Ernennungsjahrgänge 2000 und 2001 mit 5 Punkten

und weitere 10 Beamtinnen und Beamte der Ernennungsjahrgänge 2000 und 2001

mit 4 Punkten beurteilt worden seien.

Der Erstbeurteiler PHK T. wurde in der mündlichen Verhandlung

informatorisch angehört. Wegen der von ihm gemachten Angaben wird auf das

Sitzungsprotokoll und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes

auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Verfahrens 19 L 1718/07 und die

beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihn das beklagte Land unter

Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut dienstlich beurteilt. Die

angegriffene dienstliche Beurteilung des PP C. vom 9. Januar 2006 in der Gestalt

des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 5. März 2007 ist

rechtmäßig.

Rechtsgrundlage der dienstlichen Beurteilung ist § 104 Abs. 1 des

Landesbeamtengesetzes (LBG). Danach dienen Beurteilungen dem Zweck, Eignung,

Befähigung und fachliche Leistung der Beamten festzustellen. Diese sollen unter

anderem unabhängig von konkreten Anlässen in regelmäßigen Abständen in so

genannten Regelbeurteilungen dienstlich beurteilt werden. Nach dem Sinn der

gesetzlichen Regelung sollen allein der Dienstherr oder der für ihn handelnde

Vorgesetzte ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob der Beamte

den - ebenfalls von dem Dienstherrn zu bestimmenden - vielfältigen fachlichen und

persönlichen Anforderungen des ihm übertragenen Amtes und seiner Laufbahn

entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender

Erkenntnis steht diesem ein Beurteilungsspielraum zu. Die verwaltungsgerichtliche

Óberprüfung der erstellten Beurteilung ist daher eingeschränkt. Die gerichtliche

Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob der Dienstvorgesetzte

den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei

bewegen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen

ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen

angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat -

ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1988 - 2

A 2.87 -, Buchholz 232.1 § 40 Nr. 12.

Gemessen an diesen Maßstäben ist die über den Kläger erstellte dienstliche Beurteilung vom 9. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der

Bezirksregierung Köln vom 5. März 2007 rechtlich nicht zu beanstanden.

Sie beruht unter anderem auf den „Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des

Landes Nordrhein-Westfalen" (Runderlass des Innenministeriums NRW vom 25.

Januar 1996 - IV B 1 - 3034 H in der Fassung der Änderung vom 19. Januar 1999) -

im Folgenden: BRL -, die sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des § 104

Abs. 1 LBG halten und auch im Óbrigen mit den gesetzlichen Vorschriften im

Einklang stehen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 1999 - 6 A 3593/98 -, DÖD

2000, 266.

Die angegriffene Beurteilung ist unter Beachtung des von den Beurteilungsrichtlinien

vorgesehenen Verfahrens vom Polizeipräsidenten Albers unter Verwendung des in

der Anlage 1 der Beurteilungsrichtlinien eingeführten Vordrucks abgegeben worden.

Sie enthält den sogenannten Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers PHK T.

(vgl. Nr. 9.1 BRL) und die damit übereinstimmende, dem Ergebnis der

Beurteilerbesprechung (vgl. Nr. 9.2 BRL) entsprechende - letztlich maßgebliche -

Bewertung der Hauptmerkmale und des Gesamturteils des Endbeurteilers. Zuvor

sind - wie von Nr. 3.6 BRL verlangt - für die Zeiträume vom 1. Januar 2003 bis zum

30. September 2003 und vom 10. November 2003 bis 17. September 2004

Beurteilungsbeiträge eingeholt worden.

Die Beurteilung leidet nicht etwa wegen fehlender Unabhängigkeit des

Erstbeurteilers an einem Verfahrensfehler. Nach Nr. 9.1 Abs. 3 BRL beurteilt der

Erstbeurteiler unabhängig und ist nicht an Weisungen gebunden. Eine

Einflussnahme auf den Erstbeurteiler, die die Intensität einer Weisung annimmt oder

sonst - etwa durch Ausübung unzulässigen Drucks - dessen Unabhängigkeit tangiert,

ist dem Endbeurteiler verwehrt, weil andernfalls die mit der Zweistufigkeit des

Verfahrens bezweckten Ziele gefährdet werden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 1999 - 6 A 3593/98 -, a.a.O..

Die irrige Annahme des Erstbeurteilers, nicht mehr nach seiner freien Óberzeugung

beurteilen zu dürfen, ist aber unerheblich. Zulässig und sinnvoll sind auch Gespräche

der Vorgesetzten mit den Erstbeurteilern mit dem Zeil der Anwendung gleicher

Beurteilungsmaßstäbe. Der Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe können

auch der Erfahrungsaustausch und Absprachen der Erstbeurteiler untereinander

dienlich sein. Das gilt selbst dann, wenn solche Absprachen zum Inhalt haben, den

Richtsätzen bereits auf Unterabteilungsebene Geltung zu verschaffen bzw. eine

Rangfolge unter den zu Beurteilenden herzustellen. Weisungen der Vorgesetzten an

die Erstbeurteiler, so zu verfahren, würden zwar gegen 9.1 Abs. 3 Satz 1 BRL

verstoßen. Davon zu unterscheiden sind aber selbst auferlegte Bindungen, denen

sich der Erstbeurteiler in Absprache mit anderen Erstbeurteilern im Interesse

gleichmäßiger Handhabung der Beurteilungsrichtlinien unterwirft. Solche

Vereinbarungen dienen der Effizienz des Beurteilungsverfahrens und haben mit einer

Einschränkung der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Erstbeurteilers nichts

zu tun.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 1999 - 6 A 3593/98 -, a.a.O.;

Willems, NWVBl. 2001, 127.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Beeinträchtigung der

Unabhängigkeit des Erstbeurteilers nicht festzustellen. Eine bindende Weisung oder

sonst endgültige Vorfestlegung der dem Kläger zu erteilenden Beurteilung durch den

Endbeurteiler ist zunächst weder vorgetragen noch ersichtlich. Die in der

Maßstabsverfügung vom 19. September 2005 niedergelegten Beurteilungsmaßstäbe

begegnen - soweit hier von Belang - keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere

wird es darin für eine Beurteilung mit 4 oder 5 Punkten in der Vergleichsgruppe A 9

BBesO nicht zur Voraussetzung gemacht, dass der Beamte sich mindestens seit

2002 in dieser Vergleichsgruppe befindet. Diese Angaben sollten vielmehr

ausdrücklich nur einen „weiteren Orientierungsrahmen" (Hervorhebung im Original)

für die Vergabe von 4 oder 5 Punkten darstellen. Das wird auch dadurch

unterstrichen, dass diese - vorwiegend standzeitbezogenen - Kriterien erst ganz am

Ende nach vorgängiger Darstellung ausschließlich leistungsbezogener Kriterien

Erwähnung finden und dass sämtliche dort genannten Maßstäbe unter dem

Vorbehalt stehen, dass sie „in keinem Fall die Vergabe von 4 oder 5 Punkten an eine

Beamtin oder einen Beamten verhindern" sollten.

Auch der Vortrag des Klägers, dem Erstbeurteiler sei eine Beurteilung mit mehr

als 3 Punkten in seinem Falle deshalb von vornherein nicht möglich gewesen, weil

die Erstbeurteiler der Polizeiinspektion (PI) Mitte durch die dortigen Vorgesetzten die

Weisung erhalten hätten, diejenigen Polizeikommissare, die im Jahr 2000 oder

später ernannt worden seien, von einer Prädikatsbeurteilung pauschal

auszunehmen, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Beurteilung. Die beiden im

Verfahren vorgelegten Stellungnahmen des Erstbeurteilers, PHK T. , sowie

seine im Rahmen der informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung

gemachten Angaben rechtfertigen den Schluss, dass diesem die Beurteilung des

Klägers in irgendeiner Weise bindend vorgegeben gewesen ist, nämlich erkennbar

nicht. Der Erstbeurteiler hat insoweit in der mündlichen Verhandlung angegeben,

dass im November 2005 der stellvertretende Leiter der PI Mitte, PR C1. , den

Erstbeurteilern, die sich gerade in einer Besprechung befunden hätten, die

Notwendigkeit einer „Neuregelung" mitgeteilt habe: Nach einem auf der

nächsthöheren Ebene erzielten Óbereinkommen sollten nunmehr potentielle

Kandidaten für eine 4 oder 5 Punkte - Beurteilung nur noch die Polizeikommissare

der Ernennungsjahrgänge 1999 und früher sein. Ein Grund dafür sei zwar nicht

genannt worden; den Erstbeurteilern sei aber klar gewesen, dass es wohl ansonsten

zu deutlichen Quotenüberschreitungen bei den Prädikatsbeurteilungen kommen

würde, da zahlreiche gut beurteilte Beamte aufgrund des Stellenmangels nicht in den

Genuss einer Beförderung hatten kommen können. Daraufhin seien Mitte November

2005 alle Erstbeurteiler erneut zusammengekommen und hätten einen neuen

Konsens gefunden, der diesen Maßgaben Rechnung getragen und bei vielen

Beamten zu Herabstufungen (gegenüber den ursprünglich vorgesehenen

Beurteilungsvorschlägen) geführt habe. Danach sei von den Beamten der

Beförderungsjahrgänge 2000 und später nun nur noch der im Jahr 2003 beförderte

PK X1. (der Beigeladene des Verfahrens 19 L 1718/07) mit 4 Punkten

vorgeschlagen worden. Im Nachhinein habe er - PHK T. - allerdings herausgefunden, dass in einer speziellen Einheit (Polizeisonderdienste) doch Beamte der

dafür an sich nicht in Betracht kommenden Ernennungsjahrgänge mit Prädikatsnoten

beurteilt worden seien.

Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass es eine die Erstbeurteiler bindende

Weisung im Sinne einer festen Vorgabe bestimmter Beurteilungsnoten für bestimmte

Beamte in der PI Mitte nicht gegeben hat. Bei der vorgetragenen Äußerung von PR

C1. im November 2005 handelt es sich um nichts anderes als eine

Erweiterung bzw. Ergänzung der Maßstabsverfügung vom 19. September 2005, die

sich offenbar als erforderlich erwiesen hatte, um sonst zu erwartende deutliche

Óberschreitungen der in Nr. 8.2.2 BRL genannten Richtsätze nach Möglichkeit schon

auf der Ebene der Erstbeurteilungen zu verhindern. Dagegen ist, solange es den

Erstbeurteilern im Einzelfall frei gestellt bleibt, ob und inwieweit sie sich daran halten,

rechtlich ebensowenig zu erinnern wie gegen eine freiwillige Entscheidung der

Erstbeurteiler, durch eine Orientierung an diesen Richtwerten bereits selbst für eine

Vermeidung deutlicher Quotenüberschreitungen Sorge zu tragen. Für die Annahme,

dass es sich bei dieser Maßstabserweiterung nunmehr anders als bei der

ursprünglichen Maßstabsverfügung um mehr als eine Orientierungshilfe gehandelt

haben könnte, ergibt sich aus dem Vortrag von PHK T. kein Anhaltspunkt. Die

Erstbeurteiler hatten daher keinen Anlass davon auszugehen, dass die

Maßstabsverfügung im Óbrigen, d.h. hinsichtlich der sonstigen darin genannten

Kriterien und namentlich auch des Vorbehalts, dass die gegebenen Maßstäbe in

keinem Fall die Vergabe einer 4 oder 5-Punkte-Beurteilung verhindern sollen, nicht

weitergegolten haben könnte. Dass die Äußerung von PR C1. auch lediglich

als Maßstabserweiterung im Sinne einer zusätzlichen „Orientierungshilfe" und nicht

als bindende Vorgabe bestimmter Beurteilungen verstanden wurde, zeigt auch die

Tatsache, dass die Erstbeurteiler im Anschluss daran gemeinsam einen neuen

„Konsens" gesucht und gefunden haben, um den nunmehrigen

Beurteilungsmaßstäben Rechnung zu tragen. Weiter wird dies dadurch belegt, dass

ein im Jahr 2003 beförderter Beamter - der vermeintlichen bindenden Weisung zum

Trotz - mit 4 Punkten vorgeschlagen und auch vom Endbeurteiler so beurteilt wurde.

Die dafür von PHK T. gegebene Begründung, dies sei aus einzelfallbezogenen

Gründen vertretbar gewesen, belegt einmal mehr, dass die Erstbeurteiler in ihrer

Würdigung der Leistungen der zu beurteilenden Beamten nach wie vor frei waren;

lediglich der Maßstab war ein strengerer geworden. Schließlich hat PHK T. auch

keinen nachvollziehbaren Grund dafür benennen können, warum er gezwungen

gewesen sein sollte, den Kläger entgegen einer eigenen, auch noch in Ansehung der

verschärften Beurteilungsmaßstäbe weiter vertretenen Auffassung mit 3 Punkten zu

beurteilen. Die ihm in der mündlichen Verhandlung vom Prozessbevollmächtigten

des Klägers gestellte Frage, ob PR C1. bei der Bekanntgabe der ergänzenden

Maßstäbe irgendwelche Zusätze wie z.B. „Ich weise Sie an" o.ä. gebraucht habe, hat

der Erstbeurteiler verneint. Auch von Druckausübungen irgendwelcher Art war keine

Rede. Seine Vermutung, ein mit dem Gesamturteil 4 Punkte endender

Beurteilungsvorschlag wäre im Rahmen der Endbeurteilung unter Berücksichtigung

des Quervergleichs und der einzuhaltenden Richtsätze herabgestuft worden, mag

zutreffen. Solange der Vorgesetzte ihm dies aber nicht bereits zuvor konkret auf die

Person des Klägers bezogen angekündigt hat, folgt daraus keineswegs eine

Beeinträchtigung seiner Unabhängigkeit als Erstbeurteiler. Das letztlich verbleibende

subjektive Empfinden, gebunden zu sein, genügt für die Feststellung eines

Verstoßes gegen Nr. 9.1 Abs. 3 Satz 1 BRL nicht und stellt sich bei genauerer

Betrachtung wohl auch eher als selbst gewonnene Einsicht dar, den Kläger bei der

letztlich erforderlichen Anwendung strenger Maßstäbe nicht besser beurteilen zu

können. Es spricht daher alles dafür, dass der Beurteilungsvorschlag mit (nur) 3

Punkten darauf beruhte, dass der Erstbeurteiler aufgrund des auch von ihm

zugrundegelegten weiteren Quervergleichs in der nach Zusammenlegung der beiden

Säulen ersichtlich leistungsstarken Vergleichsgruppe (vgl. den expliziten Hinweis

darauf im Widerspruchsbescheid) eine bessere Beurteilung nicht vertreten konnte.

Eine Gesamtwürdigung der vom Erstbeurteiler im Verfahren gemachten Angaben

ergibt zudem, dass diese vorrangig einer Verärgerung darüber entspringen, dass

sich einige Erstbeurteiler - anders als er - nicht an die neuen Orientierungsmaßgaben

gehalten haben, sowie darüber, dass die ergänzenden Richtwerte erst zu einem sehr

späten Zeitpunkt bekannt gegeben wurden, was dazu führte, dass er sich veranlasst

sah, seine dem Kläger gegenüber bereits gemachte Ankündigung, er werde 4 Punkte

erhalten, wieder zurückzunehmen. Diese Verärgerung sowie das - menschlich

verständliche - Bestreben, den ihm unterstellten Kläger bestmöglich zu fördern,

führte zu dem - hier nicht zielführenden - Versuch, sich von der Verantwortung für

die Beurteilung freizuzeichnen. Eine Ausübung unzulässigen Drucks durch

Vorgesetzte auf die Erstbeurteiler ist nach alledem nicht zu erkennen.

Im Óbrigen bestätigt auch die Angabe des Vertreters des beklagten Landes in

der mündlichen Verhandlung, wonach auch in der PI Mitte drei Polizeikommissare

des Beförderungsjahrgangs 2001 mit 4 bzw. 5 Punkten beurteilt worden sind, dass

es die behauptete verbindliche Weisung nicht gegeben hat. Denn daran wird

deutlich, dass es auch vor dem Hintergrund des verschärften Maßstabs möglich

blieb, die Beamten der davon betroffenen Beförderungsjahrgänge in für begründet

erachteten Fällen mit einem Prädikat zu beurteilen.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass der Kläger auch

mit der Rüge, die angegriffene Beurteilung beruhe auf einer pauschalen Zuordnung

seines „Beförderungsjahrgangs" zu einer Note und nicht auf einer

einzelfallbezogenen Leistungsbewertung, nicht durchdringen kann. Denn dafür gibt

es keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Die Beurteilung ist schließlich auch im Óbrigen materiellrechtlich nicht zu

beanstanden; insbesondere ergeben sich das Gesamturteil und die Bewertung der

Hauptmerkmale nachvollziehbar und plausibel aus der Bewertung der Submerkmale.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über

die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711

ZPO.