LAG Köln, Urteil vom 02.11.2007 - 11 Sa 960/07
Fundstelle
openJur 2011, 52424
  • Rkr:
Verfahrensgang

1. Eine ordentliche Änderungskündigung, die auf eine vor Ablauf der Kündigungsfrist des betreffenden Arbeitnehmers wirksam werdende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zielt, ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG sozial ungerechtfertigt (wie BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969; LAG Köln, Urteil vom 03.08.2007 – 4 Sa 233/07).

2. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits wenige Tage nach dem Zugang der Änderungskündigung schriftlich mitteilt, dass die Änderungskündigung bzw. das in ihr enthaltene Änderungsangebot nicht „vorfristig“, sondern erst zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gelten solle.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.03.2007 – 10 Ca 5034/06 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.

Die am 28.09.1966 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin war seit dem 01.09.1999 bei der Beklagten auf der Grundlage eines mit dem 17.07./21.07.2000 datierten Anstellungsvertrags zuletzt als Sachbearbeiterin im Bereich Cusomer Marketing in K mit einem jährlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 34.087,50 € beschäftigt.

Am 21.04.2006 vereinbarten die Beklagte und der in ihrem Betrieb in Köln bestehende Betriebsrat einen Interessenausgleich, in dem u.a. die schrittweise Verlagerung der Arbeitsplätze nach B geregelt wurde. Für den Bereich Cusomer Marketing sieht die Anlage 1 zu dem Interessenausgleich einen Umzug nach B am 17.07.2006 vor. In Köln sollte der Bereich "PSE (Professional Solutions Europe)" verbleiben, der professionelle Kunden, wie R , W , S , V und Krankenhäuser in der Region betreut. Die Mitarbeiter, die aus diesem Bereich dort bleiben sollten, sind in der Anlage 3 zum Interessenausgleich namentlich benannt. Für weitere, in der Anlage 2 zum Interessenausgleich namentlich benannte Arbeitnehmer war eine Verlagerung der Arbeitsplätze in ein Home Office vorgesehen. In Nr. V des Interessenausgleichs heißt es u.a., der Betriebsrat und der Arbeitgeber kommen überein, dass bei Änderungskündigungen eine Liste der betroffenen Arbeitnehmer mit vollständigen Sozialdaten und eine § 102 BetrVG genügende Begründung sowie bei Anhörung zur Massenentlassungsanzeige eine Liste der betroffenen Arbeitnehmer sowie eine § 17 KSchG genügende Begründung jeweils ausreichten. Gemäß Nr. VI des Interessenausgleichs findet zum Ausgleich bzw. der Milderung wirtschaftlicher Nachteile der von der Betriebsänderung betroffenen Mitarbeiter der Rahmensozialplan vom 31.01.2006 ("Rahmenvereinbarung zum Ausgleich möglicher wirtschaftlicher Nachteile für Mitarbeiter durch Änderungen der betrieblichen Organisation") bis zum Abschluss der Betriebsänderung Anwendung. Dieser sieht u.a. Abfindungen für die Mitarbeiter vor, die eine Weiterbeschäftigung in B ablehnen. Die Klägerin hätte danach einen Abfindungsanspruch in Höhe von 24.200,00 € brutto.

Mit Schreiben vom 12.05.2006 zeigte die Beklagte bei der Agentur für Arbeit K vorsorglich eine geplante Massenentlassung für den Fall an, dass die Mitarbeiter das Angebot nicht annehmen, das Arbeitsverhältnis in B fortzusetzen. In dem Schreiben heißt es u.a., dass ein "Exemplar des Interessenausgleichs als Stellungnahme des Betriebsrates" anbei übersandt werde. In dem Anzeigeformular ist unter Nr. 5 angegeben, dass keine Stellungnahme des Betriebsrats zu den angezeigten Entlassungen beigefügt sei.

Nachdem die Klägerin ein einvernehmliches Versetzungsangebot nicht angenommen hatte, hörte die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 26.05.2006 zu den beabsichtigten "ordentlichen fristgerechten Änderungskündigungen gemäß Interessenausgleich vom 21.04.2006" der in der Anlage zu diesem Schreiben aufgelisteten Arbeitnehmer, unter denen sich auch die Klägerin befindet, an. Die Liste enthält die jeweiligen Sozialdaten und Kündigungstermine der betroffenen Arbeitnehmer.

Mit Schreiben vom 02.06.2006, das der Klägerin am 06.06.2006 zuging, sprach die Beklagte eine Änderungskündigung aus. Darin heißt es u.a.:

"Sehr geehrte Frau G ,

hiermit kündigen wir den zwischen Ihnen und uns bestehenden Arbeitsvertrag aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 17.07.2006.

Der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß zu dieser Kündigung angehört und hat der Kündigung nicht widersprochen.

Gleichzeitig bieten wir Ihnen an, das Arbeitsverhältnis am Standort S B , zu ansonsten unveränderten Konditionen weiterzuführen. Sollten Sie unser Angebot annehmen, so bitten wir eine Kopie dieses Schreibens unterschrieben bis spätestens drei Wochen nach Erhalt an die Personalabteilung zurück zu geben. Sollten Sie Ihr Einverständnis bis zu diesem Zeitpunkt nicht erklärt und fristgerecht an H gesandt haben, so endet Ihr Arbeitsverhältnis gemäß Interessenausgleich Ziffer 4 mit dem Ablauf des Monats, in den die Verlagerung des Bereichs fällt, d.h. in Ihrem Fall endet das Arbeitsverhältnis mit dem 30.09.2006. Hierfür gelten die Bedingungen des Sozialplans vom 31.01.2006 sowie des Interessenausgleichs vom 21.04.2006."

Mit Schreiben vom 08.06.2006 teilte die Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf die Änderungskündigung vom 02.06.2006 mit, dass die Änderungskündigung nicht zum 17.07.2006, sondern zum 30.09.2006 gelten solle.

Mit ihrer am 23.06.2006 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage vom selben Tag hat sich die Klägerin gegen die Änderungskündigung vom 02.06.2006 sowie gegen das Schreiben der Beklagten vom 08.06.2006 gewandt.

Mit Schreiben vom 10.07.2006 hat die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass deren Arbeitsverhältnis mit dem 30.09.2006 ende, da sie die Änderungskündigung und die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses nicht angenommen habe.

Dieses Schreiben ist von der Klägerin mit ihrer am 26.07.2006 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung vom selben Tag angegriffen worden.

Nachdem die Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Kammertermin am 28.03.2007 erklärt hatte, dass sich die Beklagte auf keine weiteren Beendigungstatbestände mit Ausnahme der Kündigung vom 02.06.2006 berufe und die Schreiben vom 08.06.2006 und 10.07.2006 keine eigenständigen Kündigungserklärungen darstellten, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Klage unter Rücknahme im Übrigen darauf beschränkt, dass lediglich die Feststellung begehrt werde, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 02.06.2006 aufgelöst worden ist.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei bereits in formeller Hinsicht wegen versuchter Durchsetzung der geänderten Arbeitsbedingungen vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, weiterhin wegen fehlender sozialer Rechtfertigung mangels Wegfalls des Arbeitsplatzes in K und fehlerhafter Sozialauswahl, nicht ordnungsgemäßer Erfüllung der Konsultations- und Anzeigepflichten nach § 17 KSchG sowie wegen nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung vor Ausspruch der Kündigung gemäß § 102 BetrVG unwirksam.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 02.06.2006 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wirksam. Sie hat behauptet, die Kündigungsfrist sei in der Kündigung versehentlich unzutreffend angegeben und bereits durch das Schreiben vom 08.06.2006 auf den 30.09.2006 korrigiert worden, so dass die Klägerin ausreichend Zeit gehabt habe, mitzuteilen, ob sie ihre Tätigkeiten in B verrichten werde. Werde – wie hier – die Kündigungsfrist unverzüglich berichtigt, führe dies, so ist die Beklagte der Ansicht gewesen, nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Kündigung sei auch sozial gerechtfertigt, da, so hat die Beklagte behauptet, der Arbeitsplatz der Klägerin in K entfallen und deren Tätigkeit im Home Office nicht möglich sei. Eine fehlerhafte Sozialauswahl sei, so hat die Beklagte gemeint, nicht erfolgt. Im Übrigen werde hier die Ordnungsmäßigkeit der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 5 KSchG auf Grund namentlicher Bezeichnung der Mitarbeiter, die nicht von der Verlagerung des Arbeitsortes nach Berlin betroffen seien, im Interessenausgleich vermutet. Die Konsultation des Betriebsrats vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Beklagte hat behauptet, ihre Personalleiterin habe den Betriebsrat bei der festen wöchentlichen Besprechung gefragt, ob dieser etwas dagegen habe, wenn sie die Massenentlassungsanzeige erstatte. Hiergegen habe der Betriebsrat keine Einwände erhoben. Schließlich sei, so ist die Beklagte der Ansicht gewesen, der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß nach § 102 BetrVG angehört worden.

Mit Urteil vom 28.03.2007 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung der Beklagten vom 02.06.2006 habe das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst, weil das auf Veränderung der Arbeitsbedingungen vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gerichtete Änderungsangebot der Beklagten den Anforderungen an die soziale Rechtfertigung nicht gerecht werde und weder eine Auslegung noch eine Umdeutung des Änderungsangebots in ein Angebot zur Vertragsänderung mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht in Betracht kämen. Zudem habe die Beklagte nicht dargetan, dass sie den Betriebsrat ordnungsgemäß i.S. des § 17 Abs. 2 vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige konsultiert habe. Allein die mündliche Mitteilung an den Betriebsrat, es werde nunmehr die Massenentlassungsanzeige erstattet, worauf der Betriebsrat keine Einwände geäußert habe, werde den formalen Anforderungen des § 17 Abs. 2 KSchG nicht gerecht. In Folge einer richtlinienkonformen Auslegung der §§ 17 ff. KSchG führe ein fehlerhaftes oder unterlassenes Unterrichtungs- und Beratungsverfahren unter Berücksichtigung der Richtlinie 98/59/EG zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Gegen das ihr am 13.07.2007 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat die Beklagte mit am 06.08.2007 beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom 03.08.2007 Berufung eingelegt und diese mit am 23.08.2007 beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom 22.08.2007 begründet.

Die Beklagte ist unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen weiterhin der Ansicht, die Kündigung sei wirksam. Bereits aus dem Kündigungsschreiben selbst gehe hervor, dass sie darin die Kündigungsfrist versehentlich unzutreffend aufgenommen habe. Da die Klägerin das Änderungsangebot nicht angenommen habe, sei die Kündigung als Beendigungskündigung zu überprüfen. Insoweit könne aber eine unzutreffende Kündigungsfrist ohne weiteres berichtigt werden. Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.09.2006, auf die sich das Arbeitsgericht bezogen habe, habe eine andere Fallkonstellation zugrunde gelegen. Dort habe der Arbeitgeber die Beschäftigungsbedingungen bereits vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist ändern wollen. Letzteres sei hier aber von ihr nicht beabsichtigt gewesen. Aus dem Grund seien auch sofort die Kündigungsfrist und das Angebot zur Beschäftigung in B nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist berichtigt worden. Es komme somit weder auf einen mutmaßlichen Willen des Arbeitgebers für eine Auslegung noch auf eine Umdeutung des Änderungsangebots in ein Angebot zur Vertragsänderung mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist an. Zudem seien nicht mehrere Arbeitsbedingungen geändert worden, sondern allein der Arbeitsort. Der Betriebsrat sei vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige ordnungsgemäß konsultiert worden. Im Übrigen führe eine fehlerhafte Massenentlassungsanzeige nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.03.2007 – 10 Ca 5034/06 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags insbesondere mit Rechtsauführungen das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthaft und wurde gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet.

II. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Denn die Klage ist zulässig und begründet.

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete nicht auf Grund der von der Beklagten mit Schreiben vom 02.06.2006 ausgesprochenen Kündigung, bei der es sich – obwohl das Änderungsangebot auf eine Änderung der Arbeitsbedingungen schon vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zielte – nicht um eine außerordentliche, sondern – wie sich bereits aus dem Wortlaut des Kündigungsschreibens ergibt ("hiermit kündigen wir ... fristgerecht ...") – um eine ordentliche Kündigung handelt, da diese Kündigung nach §§ 1 Abs. 2 Satz 1; 2 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt ist.

a) Die allgemeinen Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes sind hier erfüllt: Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden (§ 1 Abs. 1 KSchG). Die Beklagte beschäftigt auch regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer (§ 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG). Die Kündigung wurde von der Klägerin innerhalb von drei Wochen nach deren Zugang gerichtlich angegriffen. Die streitbefangene Kündigung war daher an den Wirksamkeitsvoraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes zu messen. Dieser Überprüfung hat sie nicht standgehalten.

b) Die durch die Beklagte ausgesprochene ordentliche Änderungskündigung mit dem Angebot, die Arbeitsbedingungen bereits erhebliche Zeit vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu ändern, nämlich durch Fortsetzung der Tätigkeiten durch die Klägerin ab dem 18.07.2006 in B anstatt – wie bis dahin – in K , ist nach §§ 1 Abs. 2 Satz 1; 2 Satz 1 KSchG unwirksam. Unabhängig von der Frage, ob eine Änderung der Arbeitsbedingungen zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sozial gerechtfertigt wäre, ist das Angebot der Beklagten, die Klägerin solle bereits ab dem 18.07.2006 und damit mehr als zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist am 30.09.2006 zu geänderten Arbeitsbedingungen weiter arbeiten, sozial ungerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG).

aa) Eine ordentliche Kündigung wirkt erst zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Daran hat sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. a) der Gründe), der sich das Berufungsgericht anschließt, auch das Änderungsangebot des Arbeitgebers bei einer ordentlichen Änderungskündigung zu orientieren.

Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, auf einen Teil der ihm zustehenden Kündigungsfrist zu verzichten und vorzeitig in eine Vertragsänderung mit schlechteren Arbeitsbedingungen einzuwilligen (BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. a) der Gründe unter Hinweis auf BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 244/04, AP Nr. 80 zu § 2 KSchG 1969). Eine solche vorzeitige Änderung der Arbeitsbedingungen hat der Arbeitnehmer auch dann nicht hinzunehmen, wenn das Änderungsangebot im Rahmen einer ordentlichen Änderungskündigung erfolgt (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. a) der Gründe). Das Änderungsangebot der Beklagten ist damit in einem wesentlichen Punkt sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte vermengt hier in unzulässiger Weise Elemente von ordentlicher und außerordentlicher Kündigung. Schon dies führt zur Sozialwidrigkeit des Änderungsangebots der Beklagten.

bb) Das Änderungsangebot der Beklagten ist jedenfalls deshalb sozial ungerechtfertigt, weil die Beklagte den Arbeitsort der Klägerin vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist ändern und damit erheblich in das Vertragsgefüge eingreifen wollte.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. b) aa) der Gründe; BAG, Urteil vom 29.03.2007 – 2 AZR 31/06, NZA 2007, 855, 857, zu B. I. 2. der Gründe jeweils m.w. Nachw.) ist eine betriebsbedingte Änderungskündigung wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen der §§ 1, 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsverhältnis für den betroffenen Arbeitnehmer zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist. Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen.

Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen (BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. b) aa) der Gründe m.w. Nachw.). Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. b) aa) der Gründe unter Hinweis auf BAG, Urteil vom 23.06.2005 – 2 AZR 642/04, AP Nr. 81 zu § 2 KSchG 1969).

(2) Diesen Anforderungen entspricht das in der Änderungskündigung der Beklagten vom 02.06.2006 enthaltene Änderungsangebot nicht.

(a) Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts in der bereits mehrfach zitierten Entscheidung vom 21.09.2006 ist eine ordentliche Änderungskündigung, bei der das Änderungsangebot des Arbeitgebers auf eine außerordentliche, d.h. vor Ablauf der Kündigungsfrist des betreffenden Arbeitnehmers wirksam werdende Lohnabsenkung zielt, jedenfalls nach § 1 Abs. 2, § 2 KSchG sozial ungerechtfertigt. Eine Änderung der Vergütungsvereinbarung schon vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist müsse vom Arbeitnehmer auf keinen Fall billigerweise hingenommen werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordere vielmehr eine unveränderte Weiterzahlung der bisherigen Vergütung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. b) aa) der Gründe).

(b) Im Streitfall hat das in der Änderungskündigung der Beklagten vom 02.06.2006 enthaltene Änderungsangebot zwar nicht – wie im Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.09.2006 zugrunde lag – eine Änderung der Vergütungsvereinbarung zum Gegenstand, da das Arbeitsverhältnis der Parteien ausweislich der Änderungskündigung der Beklagten vom 02.06.2006 abgesehen vom Arbeitsort der Klägerin "zu ansonsten unveränderten Konditionen" fortgesetzt werden sollte. Die Berufungskammer teilt allerdings die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die von der Beklagten der Klägerin mit der Änderungskündigung angebotene Änderung des Arbeitsortes nunmehr in B anstatt – wie bisher – in Köln einen ganz erheblichen Eingriff in das Vertragsgefüge der Parteien darstellt, der für die in K wohnende Klägerin – nicht anders als bei Lohnminderungen – eine wesentliche Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen bedeutet.

cc) Die Sozialwidrigkeit des Angebots, die Arbeitsbedingungen schon vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu ändern, führt zur Sozialwidrigkeit und damit zur Unwirksamkeit der Kündigung insgesamt (§ 1 Abs. 2, § 2 KSchG).

Bei einer Änderungskündigung sind alle vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Vertragsänderungen am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen. Enthält das Angebot des Arbeitgebers eine Änderung der bisherigen Arbeitsbedingungen in mehreren Punkten, muss die soziale Rechtfertigung für jeden einzelnen Punkt geprüft werden (BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. c) der Gründe m.w. Nachw.). Genügt auch nur eine der beabsichtigten Änderungen den Anforderungen nicht, so hat dies die Unwirksamkeit der gesamten Änderungskündigung zur Folge. Das Gericht kann nicht etwa die Änderungskündigung teilweise für unwirksam erklären (BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. c) der Gründe; ebenso LAG Köln, Urteil vom 03.08.2007 – 4 Sa 233/07, zu I. der Gründe).

dd) Soweit angenommen wird, unwesentliche Vertragsänderungen, wie etwa bei einer betriebsbedingten Kündigung die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Abgabe einer Erklärung, nicht der Scientology-Lehre anzuhängen, könnten auch im Fall ihrer fehlenden sozialen Rechtfertigung die Wirksamkeit der Kündigung nicht beeinträchtigen (siehe die Nachw. bei BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 3. d) der Gründe), kommt es hierauf nicht an. Denn die Fortsetzung der Tätigkeit an einem weit entfernten Arbeitsort, nämlich in B anstatt in Köln, während des Laufs der Kündigungsfrist, wie sie die Beklagte der Klägerin mit der Änderungskündigung angeboten hat, stellt jedenfalls – nicht anders als eine Verdienstminderung während des Laufes der Kündigungsfrist, worüber das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 21.09.2006 zu befinden hatte – keine in diesem Sinne unwesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen dar.

c) Die Beklagte macht unter Berufung auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15.12.2005 und 18.05.2006 zu Unrecht geltend, ihre Änderungskündigung vom 02.06.2006 enthalte gleichzeitig das Angebot, die Arbeitsbedingungen für den Fall der Unzulässigkeit der Änderung vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist jedenfalls zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu ändern.

aa) Eine Auslegung des Kündigungsschreibens in diesem Sinne ist nicht möglich.

(1) Das Angebot des Arbeitgebers bei einer ordentlichen Änderungskündigung, die Arbeitsbedingungen schon vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu ändern, kann nicht allgemein als Angebot ausgelegt werden, die neuen Arbeitsbedingungen bei Unzulässigkeit der vorfristigen Änderung erst mit dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist eintreten zu lassen. Die Rechtslage bei der Änderungskündigung ist insoweit nicht – wie von der Beklagten offenbar angenommen – mit der bei der Beendigungskündigung vergleichbar (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 15.12.2005 – 2 AZR 148/05, AP Nr. 55 zu § 4 KSchG 1969).

Eine ordentliche Beendigungskündigung ist in aller Regel dahin auszulegen, dass sie das Arbeitsverhältnis zum nächst zutreffenden Termin beenden soll. Das gilt auch dann, wenn sie ihrem Wortlaut nach zu einem früheren Termin gelten soll. Diese Auslegung trägt dem mutmaßlichen Willen des Arbeitgebers Rechnung, bei der Beendigungskündigung das Arbeitsverhältnis jedenfalls mit Ablauf der für das konkrete Arbeitsverhältnis einschlägigen Kündigungsfrist zu beenden. Demgegenüber ist bei einem vorfristigen Änderungsangebot regelmäßig nicht von einem entsprechenden mutmaßlichen Willen des Arbeitgebers auszugehen, die neuen Arbeitsbedingungen, wenn sie nicht vorfristig durchsetzbar sind, ebenfalls mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gelten zu lassen. Es ist durchaus denkbar, dass der Arbeitgeber die vorfristige Änderung der Arbeitsbedingungen gerade deshalb anbietet, weil eine Weiterarbeit des Arbeitnehmers zu den geänderten Arbeitsbedingungen erst nach dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für ihn nicht mehr von Interesse ist. Der Arbeitnehmer kann von seinem Empfängerhorizont aus regelmäßig kaum abschließend beurteilen, ob nicht das Änderungsangebot des Arbeitgebers damit stehen und fallen soll, dass die neuen Arbeitsbedingungen schon zu dem in dem Kündigungsschreiben genannten Zeitpunkt gelten. Dies muss insbesondere dann gelten, wenn es – wie hier – um einschneidende Änderungen geht. Das Interesse des Arbeitnehmers, der bei einer Änderungskündigung sich innerhalb einer kurzen Frist entscheiden muss, ob er die neuen Arbeitsbedingungen mit oder ohne Vorbehalt annimmt oder ablehnt, erfordert hier eine enge Auslegung des Änderungsangebots des Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 4. a) aa) der Gründe; ebenso LAG Köln, Urteil vom 03.08.2007 – 4 Sa 233/07, zu II. 2. der Gründe).

(2) Vorliegend enthält die Änderungskündigung der Beklagten das Angebot, nach Ablauf des 17.07.2006 das Arbeitsverhältnis am Standort S B fortzusetzen. Damit zielte es auf eine Änderung, die vor Ablauf der für das Arbeitsverhältnis der Klägerin geltenden Kündigungsfrist wirksam werden sollte.

(a) Anders kann das Kündigungsschreiben nicht ausgelegt werden. Denn dort heißt es:

"Hiermit kündigen wir den zwischen Ihnen und uns bestehenden Arbeitsvertrag aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 17.07.2006.

(…)

Gleichzeitig bieten wir Ihnen an, das Arbeitsverhältnis am Standort S B , zu ansonsten unveränderten Konditionen weiterzuführen."

Für den Fall der Nichtannahme des Angebots innerhalb der der Klägerin gesetzten Frist von drei Wochen heißt es weiter:

"Sollten Sie Ihr Einverständnis bis zu diesem Zeitpunkt nicht erklärt und fristgerecht an Human Resources gesandt haben, so endet das Arbeitsverhältnis gemäß Interessenausgleich Ziffer 4 mit dem Ablauf des Monats, in den die Verlagerung des Bereichs fällt, d.h. in Ihrem Fall endet das Arbeitsverhältnis mit dem 30.09.2006."

Aus der Kündigung zum 17.07.2006 und der davon für den Fall der Nichtannahme des Änderungsangebots unterschiedlichen Beendigung für den Ablauf des Monats, in den die Verlagerung des Bereichs fällt, ergibt sich, dass die Beklagte der Klägerin angeboten hat, nach Ablauf des 17.06.2006 das Arbeitsverhältnis in B fortzusetzen (ähnlich LAG Köln, Urteil vom 03.08.2007 – 4 Sa 233/07, zu II. 1. der Gründe).

(b) Da nach dem zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat ihres Betriebes in K vereinbarten Interessenausgleich vom 21.04.2006 der Bereich Cusomer Marketing, in dem die Klägerin zuletzt beschäftigt war, ausweislich der Anlage 1 am 17.07.2006 nach B verlagert werden sollte, konnte vom Empfängerhorizont der Klägerin keinesfalls klar sein, ob die Beklagte das Änderungsangebot hilfsweise auch in der Weise aussprechen wollte, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen erst zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist eintreten sollte. Vielmehr ergab sich aus dem Empfängerhorizont der Klägerin, dass die Beklagte zwischen dem Fall der Annahme des Änderungsangebots nach dem 17.07.2006 und dem Fall von dessen Nichtannahme, bei dem das Vertragsverhältnis zum 30.09.2006 enden sollte, bewusst differenziert hat und für das Änderungsangebot der Termin des 17.07.2006 abschließend gelten sollte.

bb) Die von der Beklagten erwähnte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.05.2006 betraf eine andere Fallgestaltung, um die es hier nicht geht.

In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, die zu kurze Bestimmung der Annahmefrist durch den Arbeitgeber im Änderungsangebot führe nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Sie setze vielmehr die gesetzliche Annahmefrist des § 2 Satz 2 KSchG in Lauf (BAG, Urteil vom 18.05.2006 – 2 AZR 230/05, AP Nr. 83 zu § 2 KSchG 1969; ebenso BAG, Urteil vom 01.02.2007 – 2 AZR 44/06, NZA 2007, 925). Streitgegenständlich ist hier aber nicht eine zu kurz bemessene Annahmefrist des in der Änderungskündigung enthaltenen Änderungsangebots, sondern ein auf Veränderungen des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zielendes Änderungsangebot einer Änderungskündigung, so dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.05.2006 im Streitfall mangels Einschlägigkeit nicht zu einem anderen Ergebnis führen konnte.

d) Auch eine Umdeutung in eine Änderungskündigung mit einem Änderungsangebot zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist kommt nicht in Betracht.

aa) Zwar wird im Schrifttum vereinzelt eine Umdeutung der wegen fehlender sozialer Rechtfertigung einzelner vom Arbeitgeber vorgeschlagener Arbeitsbedingungen unwirksamen Änderungskündigung in eine solche ohne diese Arbeitsbedingungen grundsätzlich für möglich gehalten (Löwisch, Die Änderung von Arbeitsbedingungen auf individualrechtlichem Wege, insbesondere durch Änderungskündigung, NZA 1988, 633, 636). Diese Auffassung hat das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 21.09.2006 jedoch ausdrücklich abgelehnt. Da der Arbeitnehmer auf das Vertragsangebot reagieren und sich entscheiden müsse, ob er die geänderten Arbeitsbedingungen ablehne oder mit bzw. ohne Vorbehalt annehme, erfordere schon die Rechtssicherheit, dass zweifelsfrei klargestellt sei, zu welchen neuen Arbeitsbedingungen das Arbeitsverhältnis nach dem Willen des Arbeitgebers fortbestehen solle. Die weitgehende Anerkennung von Umdeutungsmöglichkeiten hinsichtlich des Änderungsangebots des Arbeitgebers würde dem Arbeitnehmer entgegen dem Schutzzweck des § 2 KSchG bei der Änderung von mehreren Arbeitsbedingungen möglicherweise verpflichten, alternativ zu den verschiedensten künftigen Arbeitsvertragsgestaltungen Stellung zu nehmen, die in der Änderungskündigung ausdrücklich so nicht enthalten seien. Dem Arbeitnehmer, der das konkrete Änderungsangebot vorbehaltlos abgelehnt habe, weil ihm eine bestimmte Änderung unzumutbar erscheine, würde bei einer solchen Umdeutungsmöglichkeit nachträglich der Schutz des § 2 KSchG entzogen, denn die Vertragsänderung ohne Lohnminderung, die sich ggf. nach langer Prozessdauer als sozial gerechtfertigt herausstelle, könne er nachträglich nicht mehr unter Vorbehalt annehmen (BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 4. b) aa) der Gründe). Ebenso wie bereits die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln in der – den Parteivertretern bekannten – Entscheidung vom 03.08.2007 (– 4 Sa 233/07), die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist, schließt sich auch die erkennende Kammer dieser Rechtsprechung im Hinblick auf deren überzeugende Begründung an.

bb) Gegenüber diesen grundsätzlichen Erwägungen bietet der vorliegende Streitfall keine besonderen Anhaltspunkte für eine Umdeutbarkeit.

Insbesondere kann nicht die Erwägung zu einem anderen Ergebnis führen, bei einer Versagung der Umdeutung des Änderungsangebots müsse eine Änderungskündigung, bei welcher der Arbeitgeber die Kündigungsfrist falsch berechnet habe, ansonsten stets ohne Umdeutungsmöglichkeit unwirksam sein. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Das Kündigungsschreiben der Beklagten von 02.06.2006 muss jedenfalls aus dem Empfängerhorizont so verstanden werden, dass die Beklagte bewusst zwischen den Fristen für das Änderungsangebot und der Kündigungsfrist für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses differenziert hat. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass das Änderungsangebot ausdrücklich auf den 17.07.2006 bezogen war und sich die Kündigung zum 17.07.2006 ausdrücklich nur auf die von der Klägerin anzunehmende Vertragsänderung bezog. Für den Fall der Beendigung ist im Kündigungsschreiben der 30.09.2006 und damit ein Beendigungsdatum genannt, das der für den Arbeitsvertrag der Parteien maßgebenden Kündigungsfrist entspricht. Aus Sicht der Klägerin differenzierte die Beklagte damit bewusst zwischen dem Änderungsangebot, für das die ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten worden ist, und dem Datum für das Auslaufen des Arbeitsverhältnisses für den Fall der Nichtannahme des Änderungsangebots (vgl. LAG Köln, Urteil vom 03.08.2007 – 4 Sa 233/07, zu II. 3. der Gründe).

e) Schließlich konnte entgegen der Auffassung der Beklagten das im Kündigungsschreiben vom 02.06.2006 enthaltene sog. vorfristige Kündigungsdatum hinsichtlich des Änderungsangebots und die sich daraus ergebende Sozialwidrigkeit der Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG nicht durch das Schreiben vom 08.06.2006, in dem die Beklagte der Klägerin mitgeteilt hat, dass die Änderungskündigung nicht zum 17.07.2006, sondern zum 30.09.2006 gelten solle, nachträglich berichtigt bzw. gleichsam geheilt werden.

Abgesehen davon, dass völlig unklar ist, bis zu welchem Zeitpunkt nach dem Zugang der Änderungskündigung eine solche Korrektur durch den Arbeitgeber überhaupt zulässig sein soll, kommt es für die Beurteilung der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung, um die es hier geht, stets auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, hier also den 06.06.2006, an. Spätere Ereignisse haben auf die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Kündigung grundsätzlich keinen Einfluss (BAG, Urteil vom 12.04.2002 – 2 AZR 256/01, AP Nr. 120 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II. 2. a) der Gründe; BAG, Urteil vom 27.11.2003 – 2 AZR 48/03, AP Nr. 64 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu B. I. 1. a) der Gründe jeweils m.w. Nachw.). Unabhängig davon bleibt auch aus den gleichen, bereits genannten Gründen, die gegen die Möglichkeit der Umdeutung einer Änderungskündigung mit einem vorfristigen Änderungsangebot sprechen, und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, für eine nachträgliche Korrektur von einzelnen Änderungsangeboten durch den Arbeitgeber nach Zugang der Änderungskündigung kein Raum.

Sollte die Beklagte, wie von ihr behauptet, im Kündigungsschreiben vom 02.06.2006 tatsächlich die Kündigungsfrist "versehentlich" bzw. "irrtümlich" falsch berechnet haben – was bereits deshalb durchgreifenden Zweifeln unterliegt, weil die Beklagte unstreitig nicht nur bei der Klägerin, sondern auch bei anderen Arbeitnehmern in deren Änderungskündigungen sog. vorfristige Änderungsangebote aufgenommen hat – wäre es ihr, worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat, unbenommen geblieben, eine erneute Änderungskündigung ohne die Fehlerhaftigkeit der vorherigen Änderungskündigung auszusprechen, die – die Wirksamkeit im Übrigen unterstellt – als sog. Wiederholungskündigung lediglich der erneuten Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG bedurft hätte (vgl. BAG, Urteil vom 05.09.2002 – 2 AZR 523/01, AP Nr. 1 zu § 78 LPVG Sachsen; BAG, Urteil vom 10.11.2005 – 2 AZR 623/04, AP Nr. 196 zu § 626 BGB).

2. Angesichts der vorangegangenen Ausführungen bedurfte es keiner Entscheidung darüber, ob die Kündigung der Beklagten vom 02.06.2006 außerdem – wie vom Arbeitsgericht angenommen – wegen nicht ordnungsgemäß durchgeführten Konsultationsverfahrens i.S. von § 17 Abs. 2 KSchG vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige unwirksam ist bzw. die Richtlinie 98/59/EG eine richtlinienkonforme Auslegung der §§ 17 ff. KSchG in der Weise gebietet, dass ein fehlerhaftes oder unterlassenes Unterrichtungs- und Beratungsverfahren die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge hat.

3. Ebenfalls dahingestellt bleiben konnte auf Grund der vorangegangenen Ausführungen, ob die Kündigung der Beklagten vom 02.06.2006 daneben – wie von der Klägerin und der 14. Kammer des Arbeitsgerichts Köln in einer ähnlichen Fallkonstellation wie der hiesigen angenommen wurde (vgl. ArbG Köln, Urteil vom 12.12.2006 – 14 Ca 5092/06, Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 15.03.2007) – wegen nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam ist.

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V. mit § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, weil das Bundesarbeitsgericht in der hier maßgeblichen Entscheidung vom 21.09.2006 die Umdeutbarkeit in eine Änderungskündigung mit einem Änderungsangebot zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sondern insoweit nur Bedenken geäußert, aber ausdrücklich offen gelassen hat, ob eine Umdeutung des Änderungsangebots überhaupt in Betracht komme, da im konkreten Fall die Voraussetzungen der Umdeutung nach § 140 BGB nicht feststellbar seien (BAG, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06, AP Nr. 86 zu § 2 KSchG 1969, zu II. 4. b) cc) der Gründe). Wegen dieser mangelnden Festlegung des Bundesarbeitsgerichts erscheint die Frage der Umdeutbarkeit im Grundsatz weiterhin als klärungsbedürftig (ebenso LAG Köln, Urteil vom 21.06.2007 – 4 Sa 233/07, zu V. der Gründe). Unabhängig davon ist bislang – soweit ersichtlich – höchstrichterlich nicht entschieden, ob die Unwirksamkeitsfolge einer Änderungskündigung wegen sog. vorfristigen Änderungsangebots auch nicht vom Arbeitgeber nachträglich durch zeitliche Anpassung des Änderungsangebots an die ordentliche Kündigungsfrist nach Zugang der Änderungskündigung beseitigt bzw. geheilt werden kann.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :

Gegen dieses Urteil kann von der Beklagten

R E V I S I O N

eingelegt werden. Für die Klägerin ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss

innerhalb einer Notfrist* von einem Monat

schriftlich beim

Bundesarbeitsgericht

Hugo-Preuß-Platz 1

99084 Erfurt

Fax: (0361) 2636 - 2000

eingelegt werden.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Revisionsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

(Dr. Ehrich) (Tesch) (Rath)

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