LG Düsseldorf, Urteil vom 04.01.2007 - 3 O 71/06
Fundstelle
openJur 2011, 49482
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.150,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 4.102,48 € seit dem 17.8.2004 und aus 4.047,68 € seit dem 8.3.2006 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Seit dem 1.8.2003 gewährt der Kläger der Frau xxx Sozialhilfe; aus nach § 90 BSHG übergeleiteten Ansprüchen der Hilfebedürftigen nimmt er den Beklagten in Anspruch. Frau xxx hatte mit notariellem Vertrag vom 30.7.1970 ihr Hausgrundstück an ihre Tochter übertragen und sich ein "lebenslängliches unentgeltliches Wohnungsrecht an sämtlichen Räumen in der ersten Etage mit Ausnahme eines Zimmers straßenwärts gelegen" einräumen lassen. Die Tochter wurde im Jahre 1994 beerbt von ihrem Ehemann xxx yyy, der wiederum das Grundstück am 22.6.2001 an den Beklagten verkaufte. Frau xxx musste wegen Pflegebedürftigkeit zum 1.4.2001 in das xxx-Altenheim in Neuss aufgenommen werden. Der Kläger nahm zunächst den Verkäufer xxx yyy vor dem Landgericht Düsseldorf (x O xxx) in Anspruch; dieser zahlte insgesamt 6225 € für den Zeitraum bis Dezember 2005.

Der Kläger akzeptiert nunmehr, dass ein Raum von 12,16 qm im ersten Obergeschoss des Hauses von dem Wohnungsrecht ausgenommen ist und behauptet: Der Beklagte und seine Familie nutzten die Räume im ersten Obergeschoss des Hauses Konradstraße 30 voll umfänglich.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 8.150,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 4.102,48 € seit dem 17.8.2004 und aus 4.047,68 € ab Klagezustellung zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er beruft sich auf Verwirkung, weil der Kläger erst Jahre nach der Übertragung des Eigentums an ihn herangetreten sei und behauptet: Die Aussage seiner Ehefrau gegenüber dem Mitarbeitern des Klägers, dass das Haus insgesamt von der Familie genutzt werde, habe sich nicht darauf bezogen, dass das gesamte Haus genutzt werde (Bl.136 GA). Nur um die Räume nicht leerstehen zu lassen, was ja der Bausubstanz schaden würde, habe der Beklagte in einem der Räume hier einige Möbel untergestellt (Bl.53 GA). Bis Ende 2005 hätten die Räume leer gestanden (Bl.88 GA). Außerdem habe der Kläger die Räume zu groß angegeben und auch die erzielbare Miete zu hoch geschätzt. Im Hinblick auf die Zahlungen des Verkäufers xxx yyy berechne der Kläger die Forderung doppelt.

Das Gericht hat durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Isenmann vom 29.7.2006, Bl.100 ff.GA, Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet. Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß § 812 Abs.1 Satz 1 2.Alternative BGB Zahlung der geltend gemachten Beträge verlangen. Diesen der Frau xxx als Inhaberin des Wohnungsrechts zustehenden Anspruch hat der Kläger gemäß § 90 BSHG auf sich übergeleitet. Da der Beklagte das für ihn fremde Wohnungsrecht unbefugt genutzt hat, ist er unberechtigt bereichert, weil er bei ordnungsgemäßer Nutzung eine Entschädigung an die Rechteinhaberin hätte zahlen müssen (vgl.Palandt-Sprau, 65. Auflage, § 812 BGB Rdn.28). Insoweit geht das Gericht davon aus, dass der Beklagte in der Tat das gesamte Haus einschließlich der dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume seit der Übergabe genutzt hat. Dafür spricht mit Deutlichkeit der detaillierte Aktenvermerk der Mitarbeiter des Klägers xxx und xxx vom 28.5.2004, Bl.34 GA. Danach hat die Ehefrau des Beklagten erklärt, dass ihre Familie das gesamte Haus nutze, also auch die Räume, für die ein Wohnrecht der Frau xxx bestehe. Sodann hat sie noch den Beklagten angerufen und nach der Wohnfläche der 1.Etage gefragt, weil sie selbst dazu keine Angaben machen konnte. Dem gegenüber misst das Gericht dem widersprüchlichen Vorbringen des Beklagten zur unterbliebenen Nutzung der in Rede stehenden Räume keine Bedeutung bei. Während er zunächst ausgeführt hat, er habe nur einige Möbel in einen der Räume gestellt, um die Räume nicht leerstehen zu lassen (Bl.53 GA), behauptet er später, die Räume hätten bis Ende 2005 leergestanden (Bl.88 GA). Auch die Erklärung seiner Ehefrau habe sich nicht auf die Nutzung des gesamten Hauses bezogen (Bl.136 GA). Das lässt sich nach der Auffassung des erkennenden Einzelrichters mit den der Partei nach § 138 ZPO obliegenden Pflichten zur wahrheitsgemäß0en Erklärung nicht vereinbaren, so dass das Vorbringen des Klägers zur Nutzung als zugestanden zu gelten hat.

Der Höhe nach bemisst sich der übergeleitete Entschädigungsanspruch entsprechend den nachvollziehbaren und überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Isenmann in seinem Gutachten vom 29.7.2006, gegen das die Parteien keine durchgreifenden Einwände erhoben haben. Den Angaben des Beklagten zum Alter und Zustand der Räume hat der Sachverständige ausdrücklich Rechnung getragen (Bl.108 GA). Es kann auch von einer Größe der dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume von insgesamt 35 qm ausgegangen werden. Die im Termin vom 7.12.2006 geäußerte Auffassung des erkennenden Einzelrichters, hiervon sei das Zimmer mit 12,16 qm noch in Abzug zu bringen, beruht auf einem Rechenfehler und wird nicht aufrecht erhalten.

Daraus ergibt sich entsprechend der Berechnung des Klägers (Bl.132 GA) ein Nutzungsentschädigungsanspruch von 6.392 € für die Zeit bis einschließlich Oktober 2005 und ein weiterer Anspruch von 2222 € bis einschließlich September 2006. Dabei versteht das Gericht das Vorbringen des Klägers dahin, dass er die übergeleiteten Ansprüche in zeitlicher Reihenfolge bis zum Erreichen der Klageforderung geltend macht.

Der übergeleitete Anspruch besteht auch im Hinblick auf die seitens des Verkäufers xxx yyy geleisteten Zahlungen noch in voller Höhe. Nach den Aufstellungen des Klägers, deren Richtigkeit der Beklagte nicht in Zweifel gezogen hat, sind insgesamt 25.648,99 € einschließlich September 2006 an Sozialhilfeleistungen für Frau xxx vom Kläger erbracht worden. Abzüglich der von dem weiteren Schuldner xxx yyy gezahlten 6.525 € verbleiben 19.123,99 €. Selbst wenn man neun weitere Zahlungen des Schuldners xxx yyy in Höhe von monatlich 225 € in Abzug bringt, verbleiben nach wie vor restliche Ansprüche des Klägers in die Klageforderung übersteigender Höhe. Des weiteren bleibt klarzustellen, dass der Schuldner xxx yyy wegen ersparter, nicht erbrachter Pflegeleistungen zur Zahlung verpflichtet war, wie sich aus dem Beschluss vom 15.3.2006 in der Sache x O xxx des LG Düsseldorf ergibt, also gerade nicht auf die gegen den Beklagten bestehende Forderung auf Nutzungsentschädigung geleistet hat.

Schließlich wendet der Beklagte ohne Erfolg Verwirkung ein. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte darauf vertrauen durfte, wegen des Entzugs des Wohnrechts nicht in Anspruch genommen zu werden. Es war ihm bekannt, dass er das Grundstück im Juni 2001 mit der Belastung des Wohnungsrechts erworben hatte. Im Mai 2004 ist ihm bekannt geworden, dass der Kläger mit Ansprüchen auf ihn zukommen würde. Selbst wenn man deswegen das Zeitmoment als gegeben ansehen wollte, so ist doch kein Umstand ersichtlich, auf Grund dessen der Beklagte hätte darauf vertrauen können, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.

Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen des Urteils folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 8.150,16 € festgesetzt.

xxx