ArbG Köln, Urteil vom 31.05.2007 - 22 Ca 8421/06
Fundstelle
openJur 2011, 48836
  • Rkr:

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 AGG ist der Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung vom sachlichen Anwendungsbereich erfasst. Der Begriff der Berufsbildung ist auch in der systematischen Gesamtschau der anderen Merkmale des § 2 Abs. 1 Nr. 3 AGG sehr weit zu verstehen und erfasst sämtliche Formen der betrieblichen Aus- und Weiterbildung. Auf das Erlangen einer höheren Qualifikation und Ähnlichem kommt es für den sachlichen Anwendungsbereich nicht an.

2. Die nachteilig wirkende Maßnahme muss entweder ausdrücklich oder dem Sinne nach an dem verbotenen Differenzierungsmerkmal anknüpfen. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer darlegen, dass er eine weniger günstige Behandlung erfahren hat als eine Vergleichsperson. Der Arbeitnehmer muss also darlegen, dass er eine weniger günstige Behandlung erfahren hat als eine Person in einer vergleichbaren Situation. Zwar muss die Vergleichsperson als solche nicht existieren, der Arbeitnehmer muss aber darlegen, dass es zumindest eine Person in einer vergleichbaren Situation gibt, die, anders als er, günstiger behandelt worden ist oder behandelt worden wäre.

3. Weiterhin muss die Benachteiligung auf einem der Merkmale des § 1 AGG beruhen, sie muss also wegen des unzulässigen Merkmals erfolgen. Das Merkmal muss der Maßnahme zugrundeliegen. Eine kausale Verknüpfung zwischen der weniger günstigen Behandlung und dem unzulässigen Merkmal ist stets erforderlich (vgl. Schleusener/Suckow/Vogt, 2007, § 3 AGG Rdnr. 11). Eine besondere Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich. Der Benachteiligende muss sich der Benachteiligung wegen des Merkmals nicht einmal bewusst sein. Zwar hilft § 22 AGG dem Arbeitnehmer bei dem Beweis einer Benachteiligung wegen des unzulässigen Merkmals, indem er ihm erlaubt, Indizien zu beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Hierfür muss der Benachteiligte aber Tatsachen vortragen, aus denen sich schließen lässt, dass die unterschiedliche Behandlung auf einem nach § 1 AGG genannten unzulässigen Grund beruht (vgl. die Gesetzesbegründung BT Drucksache 16/2022, S. 13). Der Arbeitnehmer muss also Umstände darlegen, die eine Benachteiligung wegen des unzulässigen Merkmals als wahrscheinlich erscheinen lässt.

4. Die Benachteiligung wegen einer Erkrankung kann nicht mit einer Benachteiligung wegen einer Behinderung gleichgesetzt werden. Stützt ein Arbeitgeber seine Entscheidung ausschließlich auf die Erkrankung des Arbeitnehmers, wird der Arbeitnehmer nicht wegen einer Behinderung benachteiligt (vgl. EuGH 11. Juli 2006 – Rechtssache C 13/05 – AP EWG Richtlinie 2000/78/EG Nr. 3; Domröse NZA 2006, 1320, 1323).

5. Die Benachteiligung wegen der Krankheit ist nicht vom Schutzbereich des § 1 AGG erfasst. § 1 AGG zählt die unzulässigen Benachteiligungsgründe abschließend auf, die Krankheit ist nicht erwähnt. Ein Bedürfnis auf Grund der Richtlinie 2000/78/EG besteht ebenso wenig. Der deutsche Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Benachteiligung wegen Erkrankung dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zu unterwerfen (vgl. ausführlich Domröse NZA 2006, 1320, 1322). Die europäische Gemeinschaft besitzt für Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen wegen einer Krankheit keine Kompetenz.

Tenor

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3) Streitwert: 4.600,00 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Entschädigung des Klägers aufgrund einer Benachteiligung wegen einer Behinderung.

Der am geborene Kläger ist seit dem bei der Beklagten zunächst als Busfahrer, seit als Bahnfahrer beschäftigt. Sein monatliches Bruttogehalt beläuft sich auf 2.300,00 €. Er ist mit einem Grad der Behinderung von 60 schwerbehindert. Der Kläger leidet unter einer dauerhaften, unheilbaren Krankheit.

Im erhielt der Kläger folgendes Informationsmaterial:

"In der Zeit vom 6.11.2006 bis 08.12.2006 findet eine EBOAusbildung und anschließend in der Zeit vom 11.12.2006 bis 15.12.2006 die Einweisung statt.

Wer Interesse bekundet und die Voraussetzungen erfüllt (1 Jahr nach Beendigung der Fahrschule im nicht EBOStreckennetz der KVB AG gefahren), kann sich für diese Ausbildung bewerben. Nach Beendigung der Ausbildung werden Sie zum Btf. und/oder ggf. auf eigenen Wunsch zum Btf. versetzt. Wer daran interessiert ist, meldet sich bitte bei Herrn , oder . Es können maximal acht Mitarbeiter/innen in diese Ausbildung.

Mit freundlichen Grüßen "

Der Kläger bewarb sich für diese Ausbildung.

In einem Schreiben vom 28. August 2006 teilte die Beklagte dem Kläger durch Herrn mit, dass seine Bewerbung keinen Erfolg hat. Das Ablehnungsschreiben hatte folgenden Inhalt:

"Da ich in Personal benötige, dessen Fehlzeiten so niedrig wie möglich sein müssen, bedingt dadurch, dass der Bahnhof personell sehr klein ist, kann ich keinen Mitarbeiter, der über Jahre kontinuierlich hohe Fehlzeiten durch Krankheit hat, nach versetzen. Wenn Sie Ihre Fehlzeiten auf das übliche Maß reduzieren könnten, wäre eine Versetzung nach problemlos. Wir suchen ja Mitarbeiter für , dass die ständige Kommandierung aufhört. Wenn dann Personal mit hohen Fehlzeiten nach versetzt wird, muss ich wieder Personal vom Btf. zum Btf. kommandieren. Bitte haben Sie Verständnis dafür, wenn ich Ihrer Bitte um die EBOAusbildung und späteren Versetzung zum Btf. nicht nachkommen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Der Kläger hat mit seiner am 17. Oktober 2006 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm in der Zeit vom 6. November 2006 bis zum 8. Dezember 2006 die Teilnahme an der EBOAusbildung zu gewähren. Diesen Antrag hat der Kläger zurückgenommen und begehrt nun Entschädigung wegen einer Benachteiligung aufgrund einer Behinderung.

Der Kläger behauptet, er habe aus einem einzigen Grund an der Ausbildung nicht teilnehmen dürfen, nämlich seiner Erkrankung und der angeblich daraus folgenden häufigen Fehlzeiten. Er werde im Kreise seiner Berufskollegen herabgewürdigt. Der einzige Grund, weshalb er die zusätzliche Ausbildung nicht genieße, sei seine Behinderung. Ausschließlich die Behinderung sei die Ursache, dass er die Zusatzausbildung und damit die Zusatztätigkeit nicht ausüben dürfe. Schwerbehinderte Menschen erkrankten nicht eher als nichtschwerbehinderte Menschen.

Der Kläger meint, er sei als behinderter Mensch vor solchen Verhaltensweisen geschützt. Das Verhalten der Beklagten sei diskriminierend. Weiterhin fehle es der Diskriminierung an einer Rechtfertigung.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung gemäß § 15 AGG, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird (287 ZPO), deren Untergrenze jedoch nicht weniger als zwei Bruttomonatsentgelte sein soll, zuzüglich 5 %Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu bezahlen.

hilfsweise

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.600,00 € brutto zuzüglich 5 %Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, eine Benachteiligung wegen eines Grundes nach § 1 AGG liege nicht vor. Die ungleichartige Behandlung erfolge nicht wegen der Behinderung, sondern allein wegen der hohen Fehlzeiten. Diese stünden jedoch nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Behinderung. Es sei unklar, warum die hohen Fehlzeiten ein spezifisches Merkmal der Behinderung des Klägers seien. Die Beklagte habe den Kläger auch nicht mittelbar benachteiligt. Das Anknüpfen an die Fehlzeiten sei nicht auf eine mögliche Behinderung zurückzubeziehen. Schwerbehinderte Menschen wiesen nicht zwingend höhere Fehlzeiten auf als nichtschwerbehinderte Beschäftigte. Darüber hinaus sei die Nichtberücksichtigung des Klägers sachlich gerechtfertigt. An dem Einsatzort des Klägers sei es erforderlich, konstante Personalpräsenz zu gewährleisten. Die krankheitsbedingten Abwesenheitszeiten des Klägers lägen erheblich über jenen, die im Bereich Stadtbahn bei der Beklagten insgesamt durchschnittlich anfielen. Der Kläger sei im Jahr 2006 bis Mitte Oktober insgesamt 116 Tage abwesend gewesen, während der Durchschnitt im gesamten Jahr 2006 lediglich 17,14 Fehltage aufweise. Der Kläger habe auch keine ungünstigere Behandlung erfahren. Die EBOAusbildung führe nicht zu höherwertigen Arbeitsplätzen. Diese Ausbildung stelle also keine besondere berufliche Höherqualifizierung dar.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG.

1. Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 ist eröffnet.

a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 AGG ist der Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung vom sachlichen Anwendungsbereich erfasst. Der Begriff der Berufsbildung ist auch in der systematischen Gesamtschau der anderen Merkmale des § 2 Abs. 1 Nr. 3 AGG sehr weit zu verstehen und erfasst sämtliche Formen der betrieblichen Aus und Weiterbildung. Auf das Erlangen einer höheren Qualifikation und Ähnlichem kommt es für den sachlichen Anwendungsbereich nicht an.

Die Beklagte bezeichnet die Maßnahme selbst als Ausbildung, sie geht also einher mit der Vermittlung von Kenntnissen für die berufliche Tätigkeit. Dem Kläger sollen also Kenntnisse vermittelt werden, um einen anderen oder einen besonderen Arbeitsplatz füllen zu können.

b) Der persönliche Anwendungsbereich ist auch eröffnet. Der Kläger ist als Arbeitnehmer der Beklagten Beschäftigter im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG.

2. Der Kläger ist weder unmittelbar noch mittelbar wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt worden.

a) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfahren hat. Bei der unmittelbaren Benachteiligung muss das Differenzierungsmerkmal, das nach § 1 AGG unzulässig ist, direkter Anknüpfungspunkt der weniger günstigen Behandlung sein. Die nachteilig wirkende Maßnahme muss entweder ausdrücklich oder dem Sinne nach an dem verbotenen Differenzierungsmerkmal anknüpfen (vgl. ErfK/Schlachter, 7. Auflage 2007, § 3 AGG Rdnr. 2; BeckOK-ArbR/Roloff, 3. Edition 2007, § 3 AGG Rdnr. 1). Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer darlegen, dass er eine weniger günstige Behandlung erfahren hat als eine Vergleichsperson (BeckOK-ArbR/Roloff, 3. Edition 2007, § 3 AGG Rdnr. 11). Der Arbeitnehmer muss also darlegen, dass er eine weniger günstige Behandlung erfahren hat, als eine Person in einer vergleichbaren Situation. Zwar muss die Vergleichsperson als solche nicht existieren, der Arbeitnehmer muss aber darlegen, dass es zumindest eine Person in einer vergleichbaren Situation gibt, die, anders als er, günstiger behandelt worden ist oder behandelt worden wäre.

Das behauptet der Kläger nicht. Er beschränkt sich darauf, eine Diskriminierung zu behaupten, ohne darzulegen oder zu belegen, dass eine bestehende oder hypothetische Vergleichsperson günstiger als er behandelt würde, dass also eine Person, die ein unzulässiges Merkmal nach § 1 AGG nicht aufweist, die EBO-Ausbildung in Anspruch nehmen kann.

Weiterhin muss die Benachteiligung auf einem der Merkmale des § 1 AGG beruhen, sie muss also wegen des unzulässigen Merkmals erfolgen. Das Merkmal muss der Maßnahme zugrundeliegen. Eine kausale Verknüpfung zwischen der weniger günstigen Behandlung und dem unzulässigen Merkmal ist stets erforderlich (vgl. Schleusener/Suckow/Vogt, 2007, § 3 AGG Rdnr. 11). Eine besondere Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich. Der Benachteiligende muss sich der Benachteiligung wegen des Merkmals nicht einmal bewusst sein. Zwar hilft § 22 AGG dem Arbeitnehmer bei dem Beweis einer Benachteiligung wegen des unzulässigen Merkmals, indem er ihm erlaubt, Indizien zu beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Hierfür muss der Benachteiligte aber Tatsachen vortragen, aus denen sich schließen lässt, dass die unterschiedliche Behandlung auf einem nach § 1 AGG genannten unzulässigen Grund beruht (vgl. die Gesetzesbegründung BTDrucksache 16/2022, S. 13). Der Arbeitnehmer muss also Umstände darlegen, die eine Benachteiligung wegen des unzulässigen Merkmals als wahrscheinlich erscheinen lässt. Der klagende Arbeitnehmer kann die Beweislast des Arbeitgebers für die fehlende Ursächlichkeit bereits dadurch herbeiführen, dass er Hilfstatsachen darlegt und ordnungsgemäß unter Beweis stellt, die eine Benachteiligung wegen des Merkmals vermuten lassen. Es genügt hier die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Kausalität zwischen dem Merkmal und dem Nachteil. Solche Tatsachen können sich aus Äußerungen des Arbeitgebers und anderen Verfahrenshandlungen ergeben, die die Annahme einer Benachteiligung wegen des unzulässigen Merkmals nahe legen.

Diese Darlegung ist dem Kläger nicht gelungen. Zwar ist dem Kläger darin zuzustimmen, dass er wegen seiner krankheitsbedingten Fehlzeiten nicht zu der Ausbildung zugelassen wurde, aus diesem Vortrag ergibt sich jedoch nicht, auch nicht mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass er wegen einer Behinderung benachteiligt worden ist. Die Benachteiligung wegen einer Erkrankung kann nicht mit einer Benachteiligung wegen einer Behinderung gleichgesetzt werden. Stützt ein Arbeitgeber seine Entscheidung ausschließlich auf die Erkrankung des Arbeitnehmers, wird der Arbeitnehmer nicht wegen einer Behinderung benachteiligt (vgl. EuGH 11. Juli 2006 – Rechtssache C 13/05 – AP EWGRichtlinie 2000/78/EG Nr. 3; Domröse NZA 2006, 1320, 1323).

Der Kläger legt auch nicht dar, dass seine Krankheitszeiten unmittelbar mit seiner Behinderung zusammenhängen, dass also die ablehnende Entscheidung der Beklagten unmittelbar mit seiner Behinderung zusammenhängt. Vielmehr weist er darauf hin, dass seine Fehlzeiten nicht nachweisbar mit seiner Behinderung zusammenhingen. Darüber hinaus ist nicht davon auszugehen, dass Erkrankungen mit einer Behinderung gleichgesetzt werden können. Auch die Fehlzeiten des Klägers können an Erkrankungen liegen, die in keinerlei Zusammenhang mit seiner Schwerbehinderung stehen. Jedenfalls hat der Kläger nicht dargelegt, dass seine hohen Fehlzeiten mit seiner Behinderung zusammenhängen. Die Benachteiligung erfolgte also wegen der Krankheitszeiten des Klägers, nicht jedoch wegen seiner Behinderung.

b) Der Kläger ist auch nicht mittelbar benachteiligt worden. Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Kriterien Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt. Voraussetzung einer mittelbaren Benachteiligung ist es, dass das Anknüpfungskriterium die faktische Folge eines unzulässigen Kriteriums nach § 1 AGG darstellt. In diesen Fällen ist überwiegend eine gruppenangehörige Person von der nachteiligen Wirkung betroffen, so dass eigentlich die Gruppenzugehörigkeit die maßgebliche Ursache der Benachteiligung ist (ErfK/Schlachter, 7. Auflage 2007, § 3 AGG Rdnr. 5). Auch hier ist zunächst Voraussetzung, dass der Kläger eine weniger günstigere Behandlung als eine Vergleichsperson darlegt. Darüber hinaus ist erforderlich, dass er darlegt, dass das Anknüpfungskriterium überwiegend gruppenangehörige Personen – also im vorliegenden Fall behinderte Menschen – betrifft.

Auch dies behauptet der Kläger nicht. Vielmehr sind sich die Parteien darin einig, dass die Schwerbehinderung grundsätzlich nicht dazu führt, dass der schwerbehinderte Beschäftigte höhere krankheitsbedingte Fehlzeiten aufweist. Vielmehr ist es so, dass sich auch nach der Überzeugung der Kammer Behinderungen eines Arbeitnehmers nicht pauschaliert auf krankheitsbedingte Fehlzeiten auswirken. Hinzu kommt, dass krankheitsbedingte Fehlzeiten in keinerlei Zusammenhang mit der Schwerbehinderung stehen müssen.

c) Die Benachteiligung wegen der Krankheit ist nicht vom Schutzbereich des § 1 AGG erfasst. § 1 AGG zählt die unzulässigen Benachteiligungsgründe abschließend auf, die Krankheit ist nicht erwähnt. Ein Bedürfnis auf Grund der Richtlinie 2000/78/EG besteht ebenso wenig. Der deutsche Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Benachteiligung wegen Erkrankung dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zu unterwerfen (vgl. ausführlich Domröse NZA 2006, 1320, 1322). Die europäische Gemeinschaft besitzt für Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen wegen einer Krankheit keine Kompetenz. Insoweit ist das nationale Recht auch auf Grund Art. 13 EG nicht zur Anwendung des AGG auf Benachteiligungen wegen der Krankheit verpflichtet. Dass etwa der französische Gesetzgeber die Benachteiligung wegen des Gesundheitszustandes im Art. L 12245 Code du Travail untersagt, ist eine einzelstaatliche Maßnahme, zu der der nationale Gesetzgeber nicht verpflichtet ist. Insoweit ist der Katalog des § 1 AGG abschließend.

II. Da auch der Hilfsantrag auf einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG gerichtet ist, ist trotz des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. auch der Antrag zu 2. abzuweisen. Auch er ist in der Sache unbegründet mangels unzulässiger Benachteiligung nach § 7 Abs. 1 AGG.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat und auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, soweit der Kläger im Rechtsstreit unterliegt.

IV. Die Streitwertbemessung für das Urteil richtet sich nach § 3 ZPO. Wegen der Identität der Anträge ist nach § 3 ZPO für beide insgesamt ein Streitwert von zwei Bruttomonatsgehältern zu Grunde zu legen. Der Gebührenstreitwert war wegen der Teilklagerücknahme gesondert festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann

B e r u f u n g

eingelegt werden.

Die Berufung muss

innerhalb einer N o t f r i s t * von einem Monat

beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln eingegangen sein.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.

Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

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