VG Köln, Urteil vom 08.03.2007 - 1 K 3918/06
Fundstelle
openJur 2011, 48588
  • Rkr:
Tenor

Ziffer I. 3 des Bescheides der Bundesnetzagentur vom 29. August 2006 wird aufgehoben.

Im Óbrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und die Beklagte je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein digitales zellulares Mobilfunknetz nach dem GSM- Standard und dem UMTS-Standard. Mit Bescheid vom 29. August 2006 ( ), zugestellt am 30. August 2006, entschied die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur - BNetzA) zum einen, dass - aufgrund der Festlegung durch ihre Präsidentenkammer - die als "Betroffene" bezeichnete Klägerin auf dem bundesweiten (Großkunden-)Markt für Anrufzustellungen in ihr Mobiltelefonnetz über beträchtliche Marktmacht verfüge. Zum anderen beschloss die BNetzA:

"I.

R e g u l i e r u n g s v e r f ü g u n g

1.Die Betroffene wird dazu verpflichtet, Betreibern von öffentlichen Telefonnetzen

1.1 die Zusammenschaltung mit ihrem öffentlichen Mobiltelefonnetz am Vermittlungsstandort der Betroffenen zu ermöglichen,

1.2 über die Zusammenschaltung Verbindungen in ihr Netz zu terminieren und

1.3 zum Zwecke des Zugangs gemäß Ziffern 1.1 und 1.2 Kollokation sowie im Rahmen dessen Nachfragern bzw. deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen zu gewähren.

2. Die Betroffene wird dazu verpflichtet, dass Vereinbarungen über Zugänge nach Ziffer 1 auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sind, einen gleichwertigen Zugang gewähren und den Geboten der Chancengleichheit und Billigkeit genügen.

3. Die Entgelte für die Gewährung des Zugangs und der Kollokation gemäß Ziffer 1 unterliegen der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG.

II.

Der Betroffenen wird auferlegt, ein Standardangebot für Zugangsleistungen, zu deren Angebot sie durch die in dieser Entscheidung ergangene(n) Regulierungsverfügung verpflichtet worden ist und für die eine allgemeine Nachfrage besteht, innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu veröffentlichen. Die Angaben zu den Standorten des Zugangs bzw. der Kollokation müssen nicht veröffentlicht werden, sie müssen nur auf Nachfrage interessierten Unternehmen zugänglich gemacht werden."

Zur Begründung führte die BNetzA aus:

Die sachlich relevanten Märkte entsprächen der von der EU-Kommission ausgesprochenen Empfehlung für Markt 16 ("Anrufzustellung in einzelnen Mobilfunktelefonnetzen"). Es handele sich mithin um die bundesweiten GSM- und UMTS-Mobilfunknetze von W. , der Klägerin, F. und P. . Auf diesen regulierungsbedürftigen relevanten Märkten für Anrufzustellung in das jeweilige Mobiltelefonnetz verfüge das jeweilige Unternehmen über beträchtliche Marktmacht im Sinne des § 11 des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Die Zusammenschaltungs- und Terminierungsverpflichtung seien der Klägerin nach § 21 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 TKG auferlegt worden. Ein Absehen von letzterer Verpflichtung wäre den Interessen der Endnutzer zuwidergelaufen. Die Auferlegung der Verpflichtung sei gerechtfertigt und stehe in einem angemessenen Verhältnis zu den Regulierungszielen des § 2 Abs. 2 TKG. Die Kollokationsverpflichtung erfolge auf der Grundlage von § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG. Sie sei geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung des Kriterienkatalogs des § 21 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 7 TKG auch angemessen. Rechtliche Grundlagen für das Diskriminierungsverbot seien die §§ 9 Abs. 2, 13 und 19 TKG.

Die Entgelte für die auferlegten Zugangsverpflichtungen seien gemäß § 30 Abs.1 Satz 1 TKG der Vorabregulierung zu unterwerfen gewesen, weil die in § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG aufgeführten Voraussetzungen für ein Abweichen vom Genehmigungserfordernis nach Satz 1 nicht vorlägen. Die nachträgliche Regulierung sei nämlich nicht ausreichend, um die Regulierungsziele "Wahrung der Verbraucherinteressen" und "Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs" (bezogen auf den Endkundenmarkt für Mobilfunkdienste) zu erreichen. Die Verbraucherinteressen würden mittelbar durch die Entgelte der Klägerin berührt, wenn diese überhöht seien, was dann der Fall sei, wenn sie sich nicht an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (KeL) orientierten. Durch eine nachträgliche Regulierung gemäß § 38 TKG könne die gebotene Kostenorientierung nicht ausreichend sichergestellt werden, weil insoweit nur eine Missbrauchskontrolle dahin stattfinde, ob die Entgelte maßlos seien. Es sei auch nicht ausreichend, dass die vereinbarten Entgelte voraussichtlich deutlich unter dem Durchschnitt der regulierten Entgelte in der EU lägen. Denn die Spanne der regulierten Entgelte sei zu groß. Der Umstand, dass die Entgelte bislang nicht beanstandet worden seien, spreche nicht gegen die Auferlegung der Vorabregulierungspflicht. Die Verbraucherinteressen würden durch die Entgelte der Klägerin auch deshalb wesentlich betroffen, weil ein Netzbetreiber die Terminierung in das Netz der Klägerin einkaufen müsse, um Verbindungen in das Mobilfunknetz der Klägerin anbieten zu können. Das Terminierungsentgelt sei ein Teil seiner Kosten, die er - zumindest teilweise - an seine Endkunden weitergebe. Erfahrungsgemäß führten spürbare Absenkungen der (Vorleistungs-)Entgelte zu durchschnittlich niedrigeren Endkundenentgelten. Für die Sicherstellung des chancengleichen Wettbewerbs auf dem Endkundenmarkt für Mobilfunkdienste sei eine nachträgliche Entgeltkontrolle ebenfalls nicht ausreichend. Überhöhte Terminierungsentgelte beeinträchtigten den Wettbewerb. Die Prüfungstiefe der nachträglichen Entgeltkontrolle ermögliche es nicht, überhöhte Terminierungsentgelte zu vermeiden. Eine Übergangsfrist zur Einführung der exante-Regulierung sei nicht vorzusehen gewesen. Die zehnwöchige Antragsfrist nach § 31 Abs. 5 TKG diene nicht dem Schutz des regulierten Unternehmens, sondern demjenigen der Nachfrager. Ohnehin könne durch eine vorläufige Anordnung gemäß § 130 TKG sichergestellt werden, dass die Klägerin durch die sofortige Einführung der Genehmigungspflicht nicht um ihren Entgeltanspruch gebracht werde. Zudem sei der Klägerin schon seit Februar 2006 bekannt, dass die Einführung einer Genehmigungspflicht erwogen werde, weshalb sie hinreichend Zeit zur Vorbereitung ihres Genehmigungsantrages gehabt habe. Die Pflicht zur Einräumung einer Übergangsfrist folge auch nicht aus § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG, der lediglich den Widerruf einer Verpflichtung, nicht aber deren erstmalige Auferlegung regele. Die Auferlegung der Verpflichtung zur Erstellung eines Standardangebotes folge aus § 23 Abs. 1 TKG.

Die Klägerin hat am 30. August 2006 Klage erhoben.

Sie trägt vor, die Regulierungsverfügung sei bereits rechtswidrig wegen fehlerhafter Marktdefinition. Das der Marktabgrenzung zu Grunde gelegte "Ein Netz - Ein Markt" - Konzept sei sachlich verfehlt. Der so konstruierte künstlich verengte Monopolmarkt werde ex definitione auch ein Monopolmarkt bleiben. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des der BNetzA insoweit eingeräumten Beurteilungsspielraumes, dessen Grenzen sie überschritten habe. Ein Beurteilungsfehler sei insbesondere nicht deshalb ausgeschlossen, weil andere europäische Regulierungsbehörden eine vergleichbare Marktabgrenzung wie die BNetzA vorgenommen hätten. Allenfalls sei als relevanter Markt der Markt für Zusammenschaltungen in Mobilfunknetze insgesamt in Betracht gekommen. Die vorgenommene Marktabgrenzung habe die bestehenden und sich entwickelnden Substitutionsmöglichkeiten des nachfragenden Netzbetreibers bzw. des Endnutzers (wie SMS, E-mail, Hinterlassen von Nachrichten auf dem Anrufbeantworter, IP-Telefonie, U. @Home) nicht hinreichend berücksichtigt. Auch habe die Behörde die bestehenden Reziprozitätsbeziehungen bei Terminierungsentgelten verkannt. Die Zuordnung des Produkts U. @Home zum streitgegenständlichen Markt sei rechtswidrig; insoweit erbringe sie keine Terminierungsleistung, sondern eine Endkundenleistung. Jedenfalls sei der angenommene Markt nicht regulierungsbedürftig im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 TKG. Insbesondere tendiere der Mobilfunkmarkt längerfristig zu wirksamem Wettbewerb. Dies werde durch die nachhaltigen Senkungen der Termi- nierungsentgelte belegt. Jedenfalls sei die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts ausreichend. Den Nachweis für das Gegenteil sei die BNetzA schuldig geblieben. Rechtswidrig sei auch die Marktanalyse. Sie sei mit einer erheblichen entgegengerichteten Nachfragemacht durch Festnetz- und Mobilfunknetzbetreiber sowie durch Endkunden konfrontiert. Hierdurch sei sie nicht in der Lage, ihre Terminierungsentgelte unabhängig von dieser Nachfragemacht auf dem Vorleistungs- und dem Endkundenmarkt festzusetzen. Insoweit beanspruchten die früheren Erwägungen der Beklagten in ihrer Verfügung 21/2000 nach wie vor Geltung.

Auch die Auferlegung der Genehmigungspflicht sei rechtswidrig. Bei der Entscheidung nach § 30 Abs. 1 TKG handele es sich um eine planungsähnliche Abwägungsentscheidung. Eine ordnungsgemäße Abwägung habe indes nicht stattgefunden. Bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Kommission zur Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 30 Abs. 1 TKG sei von einem Abwägungsausfall auszugehen, da die Behörde nur die beiden in § 30 Abs. 1 TKG erwähnten Optionen bedacht und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit missachtet habe. Aber auch bei Ausblendung der europarechtlichen Bedenken leide die Entscheidung an einem Abwägungsdefizit, weil die BNetzA einem Zirkelschluss unterlegen sei. Zudem habe sie verkannt, dass der Gesetzgeber mindestens von der Gleichwertigkeit der beiden Alternativen ausgegangen sei. Des Weiteren habe die Behörde das Abwägungsmaterial nicht ordnungsgemäß zusammengestellt und insbesondere den freiwilligen Absenkungspfad nicht hinreichend gewürdigt. Auch sei die BNetzA nicht hinreichend auf die durch eine exante-Regulierung negativ betrof- fenen Interessen, insbesondere der Endkunden (aufgrund reduzierter Investitionen, höherer Endkundentarife und Endgerätepreise) eingegangen, den sog. Wasserbetteffekt. Weiter leide die Regulierungsverfügung an einer Abwägungsfehleinschätzung; insbesondere sei verkannt worden, dass in den Fällen fehlender Doppelmarktbeherrschung im Regelfall nur die nachträgliche Entgeltregulierung, deren Effektivität und Gewicht die Behörde im Übrigen auch falsch eingeschätzt habe, vorzusehen sei. Konkrete Anhaltspunkte für ein Abweichen von der Regel seien vorliegend nicht gegeben. Schließlich sei auch das Abwägungsergebnis wegen Disproportionalität fehlerhaft, weil die BNetzA das Stufenverhältnis zwischen exante- und expost-Regulierung verkannt und keine Übergangsfrist geschaffen habe.

Die Regulierungsverfügung leide im Übrigen im Hinblick darauf unter einem Abwägungsausfall, als nicht begründet worden sei, weshalb auch die Entgelte für Zugangsgewährung und Kollokation genehmigungspflichtig sein sollten. Auch hinsichtlich der Auferlegung der Genehmigungspflicht für die Entgelte für U. @Home sei die Regulierungsverfügung rechtswidrig.

Ferner sei die Auferlegung der Zusammenschaltungs- und Terminierungsverpflichtung, der Kollokationsverpflichtung sowie der Verpflichtung zur Vorlage eines Standardangebotes wegen Unverhältnismäßigkeit rechtswidrig.

Die Klägerin beantragt,

1. den Bescheid der Bundesnetzagentur vom 29. August 2006 ( ) aufzuheben,

2. hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, die Entgelte für die der Klägerin gemäß Ziff. 1.1 des Beschlusstenors der Regulierungsverfügung vom 29. August 2006 auferlegten Zugangsleistungen einer nachträglichen Regulierung gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG zu unterwerfen,

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor: Der Bescheid sei materiell rechtmäßig. Dies gelte zunächst für die Marktdefinition und -analyse. Hinsichtlich der Marktdefinition stehe ihr ein Beurteilungsspielraum zu, innerhalb dessen die Stellungnahmen der Kommission und der übrigen nationalen Regulierungsbehörden weitestgehend zu berücksichtigen seien. Dass es zu einer Über- oder Unterschreitung dieses Beurteilungsspielraums bzw. einer Zweckverfehlung oder einem Missbrauch gekommen wäre, sei weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Wunsch der Klägerin nach einem abweichenden Entscheidungsergebnis reiche hierfür nicht aus. Auch die Einzelnetzbetrachtung, die der Märkteempfehlung entspreche, sei rechtmäßig. Insbesondere bestünden für die Terminierung in das Netz der Klägerin weder auf Vorleistungs- noch auf Endnutzerebene ausreichende Substitutionsmöglichkeiten. Auch das Produkt U. @Home sei zu Recht in den streitgegenständlichen Terminierungsmarkt mit einbezogen worden. Des Weiteren sei der Drei-Kriterien-Test des § 10 Abs. 2 Satz 1 TKG richtig angewandt worden. Auch die Marktanalyse sei rechtmäßig. Insoweit verfüge sie ebenfalls über einen Beurteilungsspielraum. Die Klägerin besitze beträchtliche Marktmacht, die auch nicht durch direkte oder abgeleitete Nachfragemacht ausgeglichen werde. Die Auferlegung der Genehmigungspflicht sei ebenfalls zu Recht erfolgt. Auf der Tatbestandsseite des § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG sei ihr ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, auf der Rechtsfolgenseite ein Dispensermessen. Von einer gesetzlichen Gleichwertigkeit der beiden Entgeltregulierungsformen könne im Rahmen des § 30 Abs. 1 TKG nicht ausgegangen werden. Zu ihrer Einschätzung, die Terminierungsentgelte der Klägerin seien überhöht, sei sie aufgrund einer sachgerecht ausgewählten Vergleichsgruppe gelangt. Auch sei keine Vergleichsmarktbetrachtung durchgeführt worden, die eine Methode der - vorliegend noch nicht anstehenden - Entgeltregulierung sei. Die Interessen sowohl der Klägerin als auch der Endnutzer seien umfassend gewürdigt worden. Ein widersprüchliches Verhalten ihrerseits könne nicht darin gesehen werden, dass sie im Konsultationsentwurf eine bloße expost-Regulierung im Falle des Abschlusses von Vereinbarungen über die Fortführung des Absenkungspfades in Betracht gezogen habe. Die einzelnen Abwägungsbelange seien bei der Entscheidung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG richtig gewichtet worden. Insbesondere reichten im Rahmen der Abwägung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG abstrakte Erwägungen aus, da das Gesetz - anders als in § 39 Abs. 1 Satz 1 TKG - nicht das Vorliegen von Tatsachen fordere. Gewicht und Effektivität der expost-Regulierung seien nicht verkannt worden. Auch sei das Abwägungsergebnis verhältnismäßig; insbesondere habe keine Übergangsfrist eingeräumt werden müssen. Ziffer I.3 der Regulierungsverfügung sei auch insoweit rechtmäßig, als sie die Entgelte für Kollokation und Überlassung umfasse. Insbesondere ergebe sich kein Abwägungsausfall aus dem Umstand, dass die Erforderlichkeit der Genehmigungspflicht insoweit nicht ausdrücklich begründet worden sei. Zu Recht sei auch die Leistung U. @Home mit in die Genehmigungspflicht einbezogen worden. Auch die Auferlegung der übrigen regulatorischen Verpflichtungen sei rechtmäßigerweise erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bundesnetzagentur verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der BNetzA vom 29. August 2006 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin insofern in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), als ihre Zugangs- und Kollokationsentgelte in Ziffer I. 3. der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG unterworfen worden sind. Im Übrigen ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Dabei ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides der Zeitpunkt der Entscheidung der BNetzA,

vgl. Urteile der Kammer vom 05. November 1998 - 1 K 5929/97 - und vom 20. Oktober 2005 -1 K 6724/02-; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) Urteil vom 07. Februar 2000 - 13 A 180/99 -; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 25. April 2001 - 6 C 6.00 -, NVwZ 2001,1399 (UA 12) und vom 03. Dezember 2003 - 6 C 20.02 - (UA 13).

Zunächst ist die vorgenommene Festlegung nach §§ 10 und 11 TKG in der hier maßgeblichen Fassung vom 22. Juni 2004 (BGBl. I 2004, 1190) rechtmäßig. Dies gilt zunächst für die in diesem Zusammenhang durchgeführte Marktdefinition und Marktanalyse.

Nach § 10 Abs. 1 TKG legt die Regulierungsbehörde im Rahmen der Marktdefinition die sachlich und räumlich relevanten Telekommunikationsmärkte fest, die für eine Regulierung nach den Vorschriften des Teiles 2 des TKG in Betracht kommen. Bei dieser Marktabgrenzung ist gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 TKG die Empfehlung der Kommission vom 11. Februar 2003 (ABl. EG Nr. L 114 S. 45 - Märkteempfehlung -) weitestgehend zu berücksichtigen. Diese hat den Markt 16 - Anrufzustellung in einzelnen Mobiltelefonnetzen - als potentiell regulierungsbedürftig eingestuft und damit wiederum Anhang I Ziffer 2 zur Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. EG Nr. L 108, S. 33 - RRL -), der den Markt für Anrufzustellung in öffentlichen Mobilfunknetzen als einen der Märkte benannte, die in die erste Empfehlung der Kommission über die relevanten Produkt- und Dienstmärkte aufzunehmen waren, umgesetzt. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber auf diese Weise die Märkteempfehlung zum Tatbestandsmerkmal des § 10 TKG erhoben hat, ergibt sich, dass eine Abweichung von ihr nur ausnahmsweise aufgrund nationaler Besonderheiten gerechtfertigt sein kann,

vgl. auch: Urteil der Kammer vom 17. November 2005 - 1 K 2924/05 -.

Im Regelfall hat die BNetzA damit im Rahmen der Marktabgrenzung - lediglich - die räumliche Tragweite des relevanten Marktes zu bestimmen,

vgl. Ziff. 36 der Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (ABl. EG Nr. C 165 Seite 6 - Leitlinien -).

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die BNetzA im Rahmen der Marktdefinition über einen Beurteilungsspielraum verfügt, wie sich aus § 10 Abs. 2 Satz 2 TKG ergibt.

Dies führt dazu, dass das Verwaltungsgericht - lediglich - zu prüfen hat, ob die BNetzA

(1) etwaige Verfahrensbestimmungen eingehalten ,

(2) ihrer Entscheidung einen zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt,

(3) sich an allgemeingültige Bewertungsgrundsätze und -maßstäbe gehalten,

(4) bei ihrer Entscheidung die konkurrierenden Belange nicht krass, d.h. in einer zur objektiven Gewichtigkeit dieser Belange außer Verhältnis stehenden Weise fehlgewichtet,

(5) objektive Kriterien zugrunde gelegt und das Willkürverbot nicht verletzt,

(6) und die Beurteilung so ausführlich begründet hat, dass dem Gericht die ihm obliegende beschränkte inhaltliche Kontrolle (Punkte 2 bis 5) möglich wird.

In Anwendung dieser Grundsätze ist zunächst gegen die erfolgte Marktabgrenzung rechtlich nichts zu erinnern.

Die BNetzA hat unter zutreffender Zugrundelegung des Regel-Ausnahme- Verhältnisses zwischen Märkteempfehlung und etwaiger Abweichung (vgl. Festlegung Seiten 20, 40 und 42) in Anwendung des "Ein-Netz-Ein-Markt"-Konzepts das nationale Mobiltelefonnetz der Klägerin als relevanten Markt abgegrenzt, da sie Anlass für eine Abweichung von der Märkteempfehlung nicht sah. Ihrer Prüfung der Erforderlichkeit eines Abweichens von der Märkteempfehlung hat sie in angängiger Weise das Bedarfsmarktkonzept (vgl. Festlegung Seiten 29 ff.) zugrundegelegt,

vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - 6 C 6/00 -, NVwZ 2001, 1399 (1402); Ziffern 38 - 54 Leitlinien,

demzufolge es wesentlich auf die funktionelle Austauschbarkeit der Produkte und Dienstleistungen aus Sicht der Nachfrager ankommt und der sachlich relevante Markt somit durch sämtliche Produkte oder Dienstleistungen, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preislage und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar angesehen werden, bestimmt wird,

vgl. u.a.: BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 1978, BGHZ 73, 65 (72), und vom 24. Oktober 1995, BGHZ 131,107 (110),

wobei die tatsächliche Anschauung des verständigen Abnehmers maßgebend ist,

vgl.: BGH, Beschluss vom 26. Mai 1987, BGHZ 101, 100 (103).

Hiervon ausgehend ist die BNetzA zu dem Schluss gelangt, dass jeder Netzbetreiber in seinem Netz alleiniger Anbieter ist, da derzeit keine Möglichkeit der Substitution der Leistung der Anrufzustellung zu einem bestimmten Anschluss durch einen andern Netzbetreiber besteht. In diesem Zusammenhang hat die BNetzA ausführlich untersucht, ob etwaige Substitute Einfluss auf die vorzunehmende Marktabgrenzung haben konnten (vgl. Festlegung Seiten 31 - 37). Dabei hat sie insbesondere Produkte wie "H. " (als Beispiel eines Home-Zone-Produktes), SMS, MMS, Voiceover-IP (VoIP) und Rückruf eingehend gewürdigt. Es ist nicht zu erkennen, dass die BNetzA bei dieser ausführlichen Würdigung der verschiedenen Substitutionsmöglichkeiten ihren Beurteilungsspielraum (siehe oben S. 11) verletzt hätte.

Dies gilt insbesondere auch insoweit, als die BNetzA das Produkt "U. @Home" insofern als zum Mobilfunkterminierungsmarkt zugehörig qualifiziert hat, als nicht die Gesamtleistung - bestehend aus Festnetzterminierung durch U1. plus Mobilfunkterminierung durch die Klägerin - in Rede steht, sondern lediglich der von der Klägerin erbrachte Bestandteil, die Mobilfunkterminierung.

Die BNetzA hat diesen Aspekt, dass letztlich auch ein "Home-Zone"-Anruf auf die geographische Nummer auf das Mobiltelefon und nicht den Festnetzanschluss des Endkunden zugestellt wird, in ihrer auch insoweit umfänglichen Begründung in den Blick genommen (vgl. Festlegung Seiten 32 - 38), was rechtlich nicht zu beanstanden ist; durch diese Einordnung sind nicht die Grenzen des Beurteilungsspielraumes (siehe oben S. 11) überschritten worden.

Soweit die Kammer in einem obiter dictum zu ihrer Entscheidung im Verfahren 1 K 8432/04 vom 15. September 2005 hat anklingen lassen, bei den Home-Zone- Produkten stehe allein eine Festnetzterminierungsleistung in Rede, hält sie hieran nicht fest.

Nach alledem hat die BNetzA bei der erfolgten Marktabgrenzung unter Zugrundelegung des "Ein-Netz-Ein-Markt"-Konzepts die Grenzen ihres Beurteilungsspielraumes (siehe oben S. 11) unter weitestgehender Berücksichtigung der Märkteempfehlung nicht überschritten.

Des Weiteren ist auch die Durchführung des so genannten Drei-Kriterien-Tests nach § 10 Abs. 2 Satz 1 TKG rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach dieser Vorschrift kommen für eine Regulierung Märkte in Betracht, die (1) durch beträchtliche und anhaltende strukturell oder rechtlich bedingte Marktzutrittsschranken gekennzeichnet sind, (2) längerfristig nicht zu wirksamem Wettbewerb tendieren und auf denen (3) die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht ausreicht, um dem betreffenden Marktversagen entgegenzuwirken.

Auch insoweit ist wiederum die Verpflichtung der BNetzA zur weitestgehenden Berücksichtigung der Märkteempfehlung mit den oben dargelegten Konsequenzen zu beachten.

Ausgehend von dem geschilderten Regel-Ausnahme-Verhältnis bezüglich Märkteempfehlung und Abweichung hiervon ist gegen die diesbezüglichen Ausführungen der BNetzA auf Seiten 44/45 der Festlegung nichts zu erinnern. Bezüglich der fehlenden längerfristigen Tendenz zu wirksamem Wettbewerb hat die BNetzA auf das Fehlen entgegengerichteter Nachfragemacht - entsprechend der Vorgabe des § 3 Nr. 31 TKG, demzufolge wirksamer Wettbewerb die Abwesenheit von beträchtlicher Marktmacht meint, abgestellt, die sodann im Folgenden - im Rahmen des § 11 TKG - umfassend abgehandelt worden ist. Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Dies gilt auch für die Überlegungen zum Kriterium des Ausreichens des allgemeinen Wettbewerbsrechts. Es ist nicht erkennbar, dass die Behörde mit ihren - mit dem Bundeskartellamt gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 TKG abgestimmten - Darlegungen dazu, das allgemeine Wettbewerbsrecht ermögliche nur ein punktuelles Eingreifen, erforderlich seien aber wesentlich detailliertere Befugnisse, zudem ermögliche das TKG ein schnelleres Einschreiten, ihren Beurteilungsspielraum (siehe oben S. 11) verletzt hätte. Insgesamt sind die im Rahmen des § 10 Abs. 2 Satz 1 TKG angestellten Erwägungen - auch mit Blick auf das Begründungserfordernis - ausreichend.

Auch die Marktanalyse gemäß § 11 TKG ist nicht zu beanstanden. Nach § 11 Abs. 1 TKG prüft die Regulierungsbehörde im Rahmen der Festlegung nach § 10, ob auf dem untersuchten Markt wirksamer Wettbewerb besteht. Wirksamer Wettbewerb besteht nicht, wenn ein oder mehrere Unternehmen auf diesem Markt über beträchtliche Marktmacht verfügen. Ein Unternehmen gilt als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, wenn es entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine der Beherrschung gleichkommende Stellung einnimmt, das heißt eine wirtschaftlich starke Stellung, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern und Endnutzern zu verhalten. Dabei berücksichtigt die Behörde weitestgehend die von der Kommission aufgestellten Kriterien, niedergelegt in den Leitlinien.

Aus letzterem Satz folgt, dass der BNetzA auch hinsichtlich der Marktanalyse ein Beurteilungsspielraum zukommt. Denn die so inkorporierten Leitlinien sehen wiederum in Ziffern 22 und 71 vor, dass die Regulierungsbehörden bei der Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Artt. 15 und 16 RRL aufgrund der komplizierten ineinandergreifenden Faktoren (wirtschaftlicher, sachlicher und rechtlicher Art), die bei der Definition relevanter Märkte und bei der Ermittlung von Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht gewürdigt werden müssen, über einen weitreichenden Ermessenspielraum (was, da vorliegend die tatbestandliche Seite in Rede steht, nach deutschem Sprachgebrauch einen Beurteilungsspielraum meint) verfügen. Es ist nicht ersichtlich, dass die BNetzA bei ihrer Einschätzung, die Klägerin verfüge auf ihrem Markt für Anrufzustellung in ihr Mobiltelefonnetz über beträchtliche Marktmacht, ihren Beurteilungsspielraum (siehe oben S. 11) verletzt hätte. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die BNetzA in ihrer Festlegung ausdrücklich den Aspekt, dass die Feststellung eines Marktanteiles von 100 % noch nicht die Feststellung einer beträchtlichen Marktmacht bedeute, hervorgehoben hat (vgl. Festlegung Seiten 47 und 70).

Die von der Klägerin erhobenen Rügen gegen das methodische Vorgehen der BNetzA im Rahmen der Marktanalyse greifen nicht durch:

Insbesondere hat die BNetzA untersucht, ob die Mobilfunkanbieter in unterschiedlichen Maße über ansehnliche Marktmacht verfügen und inwieweit eine gegenseitige Abhängigkeit der Mobilfunkanbieter voneinander bestehe (vgl. Festlegung Seiten 47 f. und 58 f.). Des Weiteren hat sie ausführlich das Bestehen einer etwaigen entgegengerichteten Nachfragemacht alternativer Festnetzbetreiber (vgl. Festlegung Seiten 55 - 58) geprüft. Im Rahmen der Untersuchung einer entgegengerichteten indirekten Nachfragemacht durch Endkunden (vgl. Festlegung Seiten 61 - 69) ist auch Substitutionsmöglichkeiten nachgegangen worden. Dass die BNetzA insoweit ihren Beurteilungsspielraum (siehe oben S. 11) verletzt hätte, ist nicht zu erkennen.

Nach alledem ist die Festlegung nach §§ 10 und 11 TKG rechtmäßig erfolgt.

Auch die Regulierungsverfügung ist - mit Ausnahme ihrer Regelung unter Ziffer I. 3 - rechtmäßig.

Dies gilt zunächst für die Auferlegung der Zusammenschaltungs- und Terminierungsverpflichtung.

Rechtsgrundlage für diese Maßnahmen sind die §§ 9 Abs. 2,13 Abs. 3 und § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG. Nach den genannten Vorschriften soll die Regulierungsbehörde Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze, die - wie die Klägerin - über beträchtliche Marktmacht verfügen, die Verpflichtung auferlegen, die Zusammenschaltung von Telekommunikationsnetzen zu ermöglichen. Dabei erfasst der Begriff der "Zusammenschaltung" in §§ 3 Nr. 34, 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG auch die Terminierung. Dies ergibt sich aus Anhang I Nr. 2 zur RRL, die, da das TKG u.a. ihrer Umsetzung dient,

vgl. u.a.: BR-Drucksachen 755/03, Seite 1, 75 und 200/04, Seite 1; BT-Drucksache 15/2674, Seite 5,

zur Auslegung heranzuziehen war. Dort wird nämlich unter dem Begriff der Zusammenschaltung u.a. die Anrufzustellung genannt.

Die Fassung des § 21 Abs. 3 TKG als Soll-Vorschrift führt zu einer Einschränkung des Ermessenspielraums der Behörde insofern, als die in Absatz 3 genannten Verpflichtungen in der Regel auferlegt werden müssen und nur in atypischen Sonderfällen hiervon abgesehen werden kann. Nach Absatz 3 soll die Regulierungsbehörde die dort genannten Verpflichtungen "nach Absatz 1" auferlegen. Aus der sprachlichen Differenzierung zur Formulierung des Absatzes 2, wonach die Behörde "unter Beachtung von Absatz 1" bestimmte Verpflichtungen auferlegen kann, folgt, dass im Rahmen des Absatzes 3 eine Prüfung der Kriterien nach Absatz 1 Nrn. 1 bis 7 unterbleibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber durch den Verweis auf Absatz 1 in Absatz 3 zum Ausdruck bringen wollte, dass er die in Absatz 1 genannten Zielvorgaben im Regelfall durch eine Anordnung nach Absatz 3 als erfüllt ansieht,

vgl.: Thomaschki in: Berliner Kommentar zum TKG, § 21 Rdn. 142; Piepenbrock/Attendorn in: Beck´scher TKG Kommentar, 03. Auflage, § 21 Rdn. 258.

Ein atypischer Sonderfall, der die BNetzA zum Absehen von der Auferlegung der Zusammenschaltungs- bzw. Terminierungsverpflichtung hätte berechtigen können, liegt nicht vor. Ein solcher ist insbesondere nicht in dem Umstand zu sehen, dass die Klägerin angibt, freiwillig zur Zusammenschaltung bereit zu sein. Angesichts der überragenden Wichtigkeit der Zusammenschaltung, auf die die Marktteilnehmer angewiesen sind, um überhaupt auf dem Markt auftreten zu können, ist die abstrakte Gefahr, dass das freiwillige Angebot zurückgezogen und damit ein Scheitern der Zusammenschaltung provoziert wird, ausreichend für die Auferlegung der Zusammenschaltungsverpflichtung.

Des Weiteren hat die BNetzA der Klägerin zu Recht die Kollokationsverpflichtung nach der Soll-Vorschrift des § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG auferlegt. Hinsichtlich des diesbezüglich wiederum vorgebrachten Einwandes der Klägerin, sie sei freiwillig zur Gewährung der Kollokation bereit, gilt das oben zur Zusammenschaltungsverpflichtung Ausgeführte.

Auch die Auferlegung der Gleichbehandlungsverpflichtung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach den Vorschriften der §§ 9 Abs. 2, 13 Abs. 3, 19 TKG kann die Regulierungsbehörde einen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes mit beträchtlicher Marktmacht - wie die Klägerin - dazu verpflichten, dass Vereinbarungen über Zugänge auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sein, einen gleichwertigen Zugang gewähren und den Geboten der Chancengleichheit und Billigkeit genügen müssen.

Die BNetzA hat die Auferlegung der Gleichbehandlungsverpflichtung u.a. auf den Umstand gestützt, dass die Klägerin vertikal integriert sei und somit grundsätzlich eine Gefahr des internen Einräumens von günstigeren Konditionen bestehe; Ausnah- megründe seien vorliegend nicht ersichtlich.

Diese Ermessenserwägungen sind nicht zu beanstanden.

Denn allgemein wird es als grundsätzlich geboten betrachtet, in wettbewerbsdefizitären Märkten gegenüber den marktmächtigen Unternehmen die telekommunikationsrechtliche Gleichbehandlungsverpflichtung anzuordnen, insbesondere dann, wenn Unternehmen mit Marktmacht - wie die Klägerin - vertikal integriert sind und Dienste für andere Anbieter erbringen, mit denen sie auf dem nachgelagerten Markt in Wettbewerb stehen,

vgl. Piepenbrock/Attendorn, Beck´scher TKG Kommentar, 03. Auflage, § 19 Rdn. 19 sowie Erwägungsgrund 17 der ZRL; ferner: Nolte in: Berliner Kommentar zum TKG, § 19 Rdn. 18, m.w.N., der in einer solchen Fallkonstellation sogar eine Ermessensreduzierung auf Null annimmt.

Soweit die Klägerin darüber hinaus darauf verweist, auch § 42 TKG begründe einen allgemeinen Missbrauchs- und Diskriminierungstatbestand, der ausreichend sei, ist dies nicht stichhaltig. Zum einen könnte der Marktmächtige sich mit dieser Begründung stets der Auferlegung einer Gleichbehandlungspflicht nach § 19 TKG entziehen, der dann keinen Sinn mehr neben § 42 TKG hätte. Zum anderen ermöglicht § 42 TKG nur ein punktuelles Einschreiten und erfordert stets die Prüfung des Vorliegens eines sachlichen Rechtfertigungsgrundes. Auch der weitere Hinweis der Klägerin auf § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG greift zu kurz, da sich diese Norm nur auf Entgelte bezieht, die Gleichbehandlungsverpflichtung nach § 19 TKG jedoch weitergehend ist und auch für Bedingungen der Zugangsgewährung gilt.

Schließlich ist auch die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebotes rechtmäßig.

Nach der insoweit von der BNetzA herangezogenen Ermächtigungsgrundlage des § 23 Abs. 1 TKG soll die Regulierungsbehörde einen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der - wie die Klägerin - über beträchtliche Marktmacht verfügt und einer Zugangsverpflichtung nach § 21 TKG unterliegt, verpflichten, ein Standardangebot für die Zugangsleistung zu veröffentlichen, für die eine allgemeine Nachfrage besteht.

Aus der Ausgestaltung der Norm als Soll-Vorschrift ergibt sich, dass im Regelfall im Rahmen jeder Zugangsverpflichtung nach § 21 TKG für die jeweils umfassten Leistungen eine Verpflichtung zur Abgabe eines Standardangebotes aufzuerlegen ist.

Der insoweit erhobene Einwand, die Auferlegung der Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebotes sei unverhältnismäßig, da sämtliche Zusammenschaltungsvereinbarungen der Klägerin auf einem einheitlichen Vertragstext basierten, der allen potentiellen Zusammenschaltungspartnern auf Nachfrage zur Verfügung gestellt werde, und in der Vergangenheit habe sich die Klägerin immer freiwillig zusammengeschaltet, reicht nicht aus, um das Vorliegen eines atypischen Sonderfalls darzutun.

Rechtswidrig ist die Regulierungsverfügung allerdings insoweit, als die BNetzA in Ziffer I. 3 die Entgelte der Klägerin für Zugangsgewährung und Kollokation der Entgeltregulierung nach § 31 TKG unterworfen hat; insoweit war sie aufzuheben.

Nach dem als Ermächtigungsgrundlage herangezogenen § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen Entgelte eines Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der - wie die Klägerin - über beträchtliche Marktmacht verfügt, für nach § 21 auferlegte Zugangsleistungen einer Genehmigung nach Maßgabe des § 31. Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG soll die Regulierungsbehörde abweichend von Satz 1 solche Entgelte dann einer nachträglichen Regulierung nach § 38 Abs. 2 bis 4 unterwerfen, wenn

1. der Betreiber nicht gleichzeitig auch auf dem Markt für Endkundenleistungen, auf dem der Betreiber tätig ist, über beträchtliche Marktmacht verfügt,

2. nach Inkrafttreten des Gesetzes beträchtliche Marktmacht festgestellt worden ist, ohne dass der Betreiber zuvor auf dem relevanten Markt von der Regulierungsbehörde als marktbeherrschend eingestuft wurde und

3. diese Maßnahme zur Erreichung der Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 ausreicht.

Die Voraussetzungen dieser Soll-Vorschrift - von denen lediglich die Ziffer 3 umstritten ist - lagen im maßgeblichen Zeitpunkt vor. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Die Regelung des Satzes 2 des § 30 Abs. 1 TKG soll dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragen; exante-Genehmigungsprozeduren sollen auf das erforderliche Maß beschränkt werden,

vgl. zu § 28 TKGE: BT-Drucksache 15/2679, Seite 14.

Ebenso betonen die europarechtlichen Vorgaben, dass die jeweils auferlegten Verpflichtungen angemessen, gerechtfertigt und erforderlich bzw. verhältnismäßig sein müssen, vgl. Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung, ABl. EG Nr. L 108, S. 7 - ZRL -, Ziffern 117 und 118 der Leitlinien. Ziffer 118 der Leitlinien lautet:

"...Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist im Gemeinschaftsrecht fest verankert. Es besagt im Wesentlichen, dass die Mittel, die zur Erreichung eines bestimmten Zwecks eingesetzt werden, nicht über das hinausgehen sollten, was zur Erreichung dieses Zwecks angemessen und erforderlich ist.... Die Mittel, die zur Erreichung dieses Ziels eingesetzt werden, müssen notwendig sein, sollten aber keine unzumutbare Belastung darstellen, d.h. bei den ergriffenen Maßnahmen sollte es sich um das Minimum handeln, was zur Erreichung des in Frage stehenden Ziels erforderlich ist."

Ausgehend von diesen Vorgaben ergibt sich, dass die Behörde das eingriffstärkere Mittel der exante-Regulierung erst anwenden darf, wenn feststeht, dass eine expost-Regulierung nach Maßgabe des § 38 Abs. 2 bis 4 TKG nicht ausreichend ist.

Bei dieser Prüfung ist zum einen zu berücksichtigen, dass gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 3 TKG die expost-Regulierung lediglich zur Erreichung der Regulierungsziele ausreichen muss, d.h. eine optimale Zielerreichung nicht gefordert ist. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass auch die expost-Regulierung eine Art der Entgeltregulierung ist, welche ebenfalls der Wahrung der Ziele des § 2 Abs. 2 TKG und erst recht dem in § 27 Abs. 1 TKG normierten speziellen Ziel der Entgeltregulierung dient. Sie wird daher vom Gesetzgeber grundsätzlich als ebenso geeignetes Mittel der Preiskontrolle angesehen wie die Genehmigungspflicht. Bei Endkundenleistungen, die die vorliegend in Rede stehenden Verbraucherinteressen unmittelbarer berühren als Vorleistungsentgelte, reicht nach der Vorstellung des Gesetzgebers die expost-Kontrolle sogar in der Regel aus, § 39 Abs. 3 Satz 1 TKG. Zudem kann auch im Rahmen der expost-Regulierung in der Form von § 38 Abs. 2 bis 4 TKG unter den Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 Satz 3 TKG eine Kos- tenprüfung anhand von Kostenunterlagen in Betracht kommen. Dabei kann die Behörde nicht nur missbräuchlich hohe Entgelte untersagen, sondern den Maßstäben des § 28 TKG genügende Entgelte anordnen, § 38 Abs. 4 Satz 2 TKG.

Einer gerichtlichen Überprüfung anhand dieser Grundsätze hält die vorgenommene Auferlegung der Vorabregulierung in der angefochtenen Regulierungsverfügung nicht stand. Dabei hat das Gericht die nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG getroffene Abwägungsentscheidung voll zu überprüfen; ein Beurteilungsspielraum ist der Behörde insoweit nicht eingeräumt.

Gegen die im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG als Ausnahme anzusehende Einräumung eines Beurteilungsspielraumes spricht insofern zunächst, dass weder der Gesetzes- wortlaut - anders als in § 10 Abs. 2 Satz 2 TKG - noch die Gesetzesbegründung hierfür etwas hergeben. Auch ist nicht erkennbar, dass - abweichend vom Normalfall - vorliegend etwa der gerichtliche Rechtsschutz an seine Funktionsgrenzen stieße. Denn für die Überprüfung der behördlichen Auslegung des Tatbestandsmerkmals "ausreicht" im dargelegten Sinne unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stehen hinreichend klare Kriterien zur Verfügung. Dies gilt zumal, da das Gericht bei der Würdigung des in § 2 Abs. 2 TKG definierten Abwägungsprogramms gegebenenfalls externen Sachverstand in Anspruch nehmen kann.

Die BNetzA hat die Zugangs- und Kollokationsentgelte nach § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG der exante-Regulierung unterworfen, da die Voraussetzungen für eine Abweichung vom Genehmigungserfordernis des Satzes 1 nicht vorlägen; die nachträgliche Regulierung sei nämlich nicht ausreichend, um die Regulierungsziele der "Wahrung der Verbraucherinteressen" und "Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs" zu erreichen (§ 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG). Die Verbraucherinteressen würden mittelbar durch überhöhte Entgelte der Klägerin betroffen. Überhöht seien Entgelte grundsätzlich dann, wenn sie sich nicht an KeL orientierten. Die gebotene enge Kostenorientierung der Entgelte könne durch eine nachträgliche Regulierung gemäß § 38 TKG nicht ausreichend sichergestellt werden. Auch für die Sicherstellung des chancengleichen Wettbewerbs auf dem Endkunden- markt für Mobilfunkdienste sei eine nachträgliche Entgeltkontrolle nicht ausreichend, da mit ihr überhöhte Terminierungsentgelte nicht zu vermeiden seien.

Der Ansatz der BNetzA, Entgelte seien dann überhöht, wenn sie sich nicht an KeL orientierten, ist unzutreffend. Auch Entgelte, die nicht gegen den Missbrauchsmaßstab des § 28 TKG verstoßen, können nicht überhöht sein. Der KeL-Maßstab des § 31 Abs. 1 und 2 TKG kann erst relevant werden, nachdem feststeht, dass Entgelte der exante-Regulierung unterworfen sind; er kann aber nicht schon bei der Klärung der Frage herangezogen werden, ob die exante- oder die ex- post-Regulierung einschlägig sein soll.

Die übrigen Ausführungen der BNetzA dazu, weshalb die expost-Regulierung nicht ausreichend zur Wahrung der Verbraucherinteressen und Sicherstellung eines chan- cengleichen Wettbewerbs sei, erschöpfen sich in abstrakten, nicht an Tatsachen bzw. konkreten Zahlen belegten Ausführungen und Vermutungen ohne Einzelfallbezug. Wollte man diese Art der Begründung genügen lassen, wäre eine expost-Regulierung zur Wahrung der - nicht nur der Wahrung von Verbraucherinteressen und Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs dienenden - Ziele des § 2 Abs. 2 TKG praktisch nie ausreichend.

Mit diesen - wie dargelegt - von einer unrichtigen Prämisse getragenen abstrakten Überlegungen ist die BNetzA dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bzw. dem dargelegten Stufenverhältnis zwischen expost- und exante-Regulierung nicht gerecht geworden.

Vgl. insoweit auch den von der BNetzA herangezogenen Gutachter König, demzufolge die Nachteile einer exante-Regulierung (u.a. die Gefahr des Übermaßes der Regulierung) so gravierend seien, dass sie, als intensivste Regulierungsform, bei Mobilfunkterminierungsentgelten erst zum Einsatz kommen solle, nachdem sich andere weniger eingriffsintensive Instrumente als ungeeignet erwiesen hätten (Gutachten Seite 66 f.).

Da hiernach die BNetzA als mit besonderem Sachverstand ausgestattete, wissenschaftlich unterstützte Fachbehörde (vgl. § 125 TKG) nicht belastbar und ausreichend darlegen konnte, dass eine Regulierung nach § 38 Abs. 2 bis 4 TKG zur Erreichung der Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 TKG nicht ausreicht, geht das Gericht mangels anderweitiger gewichtiger Anhaltspunkte davon aus, dass im Gegenteil die Voraussetzungen de § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG im maßgeblichen Zeitpunkt vorlagen. Dies gilt umso mehr, als zum einen nach den Feststellungen der Monopolkommission die Mobilfunkterminierungsentgelte in Deutschland unterhalb des EU-Durchschnitts liegen,

Sondergutachten 39 (2003), Rdn. 210 ff., 213 ff,

und zum anderen die BNetzA im angefochtenen Bescheid selbst ausführt, dass die Terminierungsentgelte voraussichtlich deutlich unter dem Durchschnitt der regulierten Entgelte in der EU lägen.

Da auch die beiden übrigen Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG - unproblematisch - erfüllt sind, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Soll- Vorschrift des Satzes 2 des § 30 Abs. 1 TKG insgesamt vor. Damit mussten - außer bei atypischen Umständen - die Entgelte der nachträglichen Regulierung unterworfen werden. Für das Vorliegen eines atypischen Sonderfalls ist indes nichts ersichtlich. Insbesondere die insofern im Klageverfahren von der BNetzA angeführte Befürchtung eines Vertragsverletzungsverfahrens gibt hierfür nichts her.

Der Hilfsantrag geht ins Leere, da er sich nur zur Auferlegung der expost- Regulierung verhält und dem Petitum der Klägerin insoweit durch die entsprechende Teilstattgabe hinsichtlich des Hauptantrages entsprochen wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 135 Satz 3 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.