OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.12.2006 - 1 A 3842/05
Fundstelle
openJur 2011, 48505
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Richter am Amtsgericht in B. . In B. ist er seit langem Mitglied des Rates und verschiedener Ratsausschüsse, seit 1992 zudem Vorsitzender einer Fraktion. Vom Rat wird er in die Aufsichtsräte städtischer Gesellschaften entsandt, unter anderem in denjenigen der Stadtwerke B. AG (T. ). Bei ihr handelt es sich um eine Aktiengesellschaft, welche über die als Holding fungierende Energieversorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH B. (F.) vollständig von der Stadt B. beherrscht wird. Gegenstand der T. ist die Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und Wärme, ferner die Erfüllung anderer Ver- und Entsorgungsaufgaben sowie die grundbesitzwirtschaftliche Betätigung.

Wegen seiner kommunalpolitischen Tätigkeit ist der Kläger seit 1990 zu einem Viertel von den Dienstgeschäften als Richter freigestellt. Für die Mitgliedschaft in den Aufsichtsräten der T. und weiterer Gesellschaften wurden ihm jeweils Nebentätigkeitsgenehmigungen erteilt. Nachdem der Kläger vom Aufsichtsrat der T. zum Vorsitzenden gewählt worden war, beantragte er unter dem 3. Januar 2002 auch hierfür eine Genehmigung. Der Präsident des Oberlandesgerichts L. entsprach diesem Antrag mit Bescheid vom 24. Januar 2002 befristet für die Dauer von zwei Jahren, verlängerte die Genehmigung für den Aufsichtsratsvorsitz durch anschließenden Bescheid vom 11. Februar 2004 jedoch nur noch im Sinne einer Übergangsregelung bis zur Kommunalwahl im Herbst 2004, längstens bis zum Ablauf der Ratsperiode. Zur Begründung stützte er sich auf den zwischenzeitlich ergangenen Erlass des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25. Juni 2003 (Az.: 3110-IB.18). Darin wird eine Mitgliedschaft von Richtern des Landes in Ratsausschüssen und Gesellschaftsorganen eines privaten Unternehmens, an dem eine Kommune mehrheitlich beteiligt ist, als mit dem Richteramt unvereinbar betrachtet bei herausgehobener Stellung im Unternehmen und/oder Tätigkeit im Außenverhältnis mit Vertretungsbefugnis (Geschäftsführung, Vorstands- oder Aufsichtsratsvorsitz) und/oder bei Überschreitung des Rahmens von Tätigkeiten, die mit der Mandatswahrnehmung traditionell verbunden sind. Die Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender der T. sei nach Maßgabe dieser Erlasslage nicht mehr zulässig. Da dem Kläger diese Nebentätigkeit aber bereits genehmigt worden sei, erscheine die weitere Wahrnehmung für eine Übergangsfrist bis zur anstehenden Kommunalwahl vertretbar.

Der Kläger wurde bei der Kommunalwahl 2004 abermals in den Rat der Stadt B. gewählt und beantragte im Hinblick auf seinen fortbestehenden Vorsitz im T. -Aufsichtsrat hierfür erneut eine Nebentätigkeitsgenehmigung. Der Präsident des Oberlandesgerichts L. versagte diese nunmehr mit hier streitigem Bescheid vom 30. November 2004 unter Hinweis auf den Erlass vom 25. Juni 2003 und seine Ausführungen in der Verfügung vom 11. Februar 2004. Die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden stelle eine herausgehobene Stellung in einem Unternehmen dar und beinhalte eine Tätigkeit mit Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis. Dies sei mit dem Amt eines Richters inkompatibel.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, es treffe nicht zu, dass die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden mit Vertretungsbefugnissen im Außenverhältnis verbunden sei; nach dem Aktiengesetz werde die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich durch den Vorstand vertreten. In Nordrhein- Westfalen sei es Richtern über Jahrzehnte hinweg nicht verwehrt worden, den Aufsichtsratsvorsitz von Gesellschaften wahrzunehmen, die mehrheitlich im kommunalen Besitz stünden. Auch ihm sei diese Genehmigung über Jahre hinweg erteilt worden, weshalb der nunmehr eingenommene Standpunkt willkürlich sei. Die Versagung bedeute einen Eingriff in seine Grundrechte, die es auch Richtern gestatteten, sich kommunalpolitisch zu betätigen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2005 wies der Präsident des Oberlandesgerichts L. den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Tätigkeit des Klägers als Vorsitzender des Aufsichtsrats der T. sei nach § 4 Abs. 1 DRiG mit dem Amt eines Richters unvereinbar. Der vollziehenden Gewalt sei auch die Daseinsvorsorge der Gemeinden durch von ihnen beherrschte Kapitalgesellschaften zuzurechnen. Zwar sei Richtern die Tätigkeit in der Vertretung einer kommunalen Gebietskörperschaft erlaubt; dies gelte grundsätzlich auch für die bloße Mitgliedschaft im Aufsichtsrat eines privatrechtlich organisierten kommunalen Unternehmens, sofern die Mitgliedschaft mit der Wahrnehmung des Mandates verbunden sei. Nicht mehr vertretbar sei jedoch eine Auslegung, nach der es einem Richter gestattet sei, über die einfache Mitgliedschaft im Aufsichtsrat hinaus in ihm eine herausgehobene Stellung einzunehmen, wie sie mit dem Aufsichtsratsvorsitz verbunden sei. Die Genehmigung vergleichbarer Nebentätigkeiten in der Vergangenheit rechtfertige keine andere Beurteilung. Der rechtsstaatlich gebotene Vertrauensschutz hindere nicht daran, eine bestehende Verwaltungspraxis zu überprüfen und sie gegebenenfalls unter Einräumung einer Übergangsfrist entsprechend dem Ergebnis der Überprüfung zu ändern. So sei im Bescheid vom 11. Februar 2004 mit der Erteilung der Genehmigung bis zum Ablauf der Wahlperiode des Rates verfahren worden.

Der Kläger hat am 5. April 2005 Klage erhoben und seine Auffassung aus dem Vorverfahren zur Vertretungsbefugnis der Gesellschaft und zur Position des Vorsitzenden des Aufsichtsrats vertieft. Eine herausgehobene Position in der Gesellschaft habe nur der Vorstand der Aktiengesellschaft inne, was im Erlass des Justizministeriums vom 25. Juni 2003 ungenügend berücksichtigt werde.

Der Kläger hat beantragt,

das beklagte Land unter Abänderung des Bescheides des Präsidenten des Oberlandesgerichts L. vom 30. November 2004 sowie Aufhebung dessen Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2005 zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 15. Oktober 2004 eine Nebentätigkeitsgenehmigung für die Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender der T. über das Ende der im Oktober 2004 abgelaufenen Ratsperiode des Rates der Stadt B. hinaus zu erteilen,

hilfsweise,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides des Präsidenten des Oberlandesgerichts L. vom 30. November 2004 sowie Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2005 zu verpflichten, über seinen Antrag vom 15. Oktober 2004 auf Genehmigung einer Nebentätigkeit nach Maßgabe des Hauptantrages neu zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er seine Ausführungen aus den angefochtenen Bescheiden vertieft.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Erteilung der erforderlichen Nebentätigkeitsgenehmigung komme nach § 4 Abs. 1 DRiG nicht in Betracht. Die Tätigkeit der T. sei als vollziehende Gewalt einzuordnen, weil es sich um ein Unternehmen handele, das im Auftrag der Kommune Leistungen der Daseinsvorsorge erbringe. Unabhängig von der privatrechtlich organisierten Aufgabenerfüllung würden damit Exekutivaufgaben der Kommune wahrgenommen. Schon die einfache Mitgliedschaft im Aufsichtsrat eines solchen Unternehmens sei gemäß § 4 Abs. 1 DRiG mit dem Amt eines Richters unvereinbar. Der (zulässigen) Ausübung des Ratsmandates könne sie nicht zugeordnet werden. Die Versagung der Genehmigung verletze auch keine Grundrechte des Klägers, denn diese seien durch die verfassungsrechtlich vorgegebene Dreiteilung der staatlichen Gewalten beschränkt. Der Erlass des Justizministers vom 25. Juli 2003 und die darauf gestützte Versagungsentscheidung seien daher nicht zu beanstanden. Deshalb bedürfe es keiner Entscheidung, ob auch der Versagungsgrund des § 68 Abs. 2 Nr. 6 LBG NRW vorliege. Allerdings teile die Kammer die Erwägungen in der Stellungnahme des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 2003 zum Entwurf des Erlasses vom 25. Juni 2003. Danach sei die weisungsgebundene Tätigkeit eines Richters in einem Unternehmen einer Kommune in der maßgeblichen Sicht der Öffentlichkeit mit dem durch Unabhängigkeit und Neutralität geprägten Richterbild unvereinbar. Die Aufgabe des Vorsitzenden des Aufsichtsrats sei auch nicht von der Genehmigung zur Tätigkeit als einfaches Aufsichtsratsmitglied gedeckt.

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung des Klägers. Er macht geltend, die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden sei bereits von der ihm erteilten Genehmigung zur Tätigkeit als einfaches Aufsichtsratsmitglied gedeckt. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts sei nicht nachvollziehbar, denn der Wortlaut des § 68 Abs. 1 Nr. 4 LBG NRW besage das Gegenteil. Die erteilte Genehmigung sei demgemäß auf den gesamten Aufsichtsrat bezogen. Davon abgesehen sei die Genehmigung zu erteilen; § 4 Abs. 1 DRiG stehe dem Anspruch nicht entgegen. Als Aufsichtsratsvorsitzender der T. nehme er nicht grundsätzlich und überwiegend Aufgaben der vollziehenden Gewalt im Sinne dieser Vorschrift wahr. Zwar treffe es zu, dass die Versorgungstätigkeit der T. zu den Verwaltungsaufgaben der Kommune gehöre. Nicht jede Betätigung dieses Unternehmens und seines Aufsichtsrates sei aber unmittelbar der Daseinsvorsorge zuzurechnen, wie das Verwaltungsgericht meine. Auch im Erlass des Justizministeriums werde daher die einfache Aufsichtsratsmitgliedschaft für unbedenklich gehalten. Für die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden könne dann aber nichts anderes gelten. Der Vorsitzende habe zwar eine gewisse Außenwirkung, agiere in der Öffentlichkeit jedoch nicht besonders hervorgehoben. Die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern sei insofern als Ausnahmevorschrift für einen speziellen Fall zu werten. Grundsätzlich sei die Stellung des Aufsichtsrates gesellschaftsrechtlich nur diejenige eines nach innen wirkenden, selbstverantwortlichen Kontrollorgans, das keine Einflussnahme von außen vertrage. Im Übrigen seien die von einer Gemeinde entsandten Aufsichtsratsmitglieder kommunalverfassungsrechtlich ähnlich stark an die kommunalen Interessen gebunden wie Ratsmitglieder. Das Kommunalmandat eines Richters aber sei gemäß einer langjährigen Staatspraxis erlaubt; wegen der entsprechenden Bindung von Aufsichtsratsmitgliedern an die Gemeindeinteressen müsse dies aber genauso für die Tätigkeit eines Richters als entsandtes Ratsmitglied gelten.

Die Versagung der Genehmigung könne auch nicht auf § 68 Abs. 2 Nr. 6 LBG NRW gestützt werden. Dienstliche Interessen würden durch die Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender wegen dessen Bindung an die Gemeindeinteressen nicht beeinträchtigt. Der in dem angefochtenen Urteil zitierte Fall eines Verwaltungsrichters lasse sich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Die interessierte Öffentlichkeit könne sehr wohl zwischen den Positionen unterscheiden. Diese Auslegung verstoße auch nicht gegen das Mäßigungsgebot des § 39 DRiG. Dieses dürfe nicht abstrakt, sondern müsse einzelfallabhängig betrachtet werden. Dabei sei wiederum die Nähe der Nebentätigkeit zur erlaubten Wahrnehmung des Ratsmandats ausschlaggebend.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach den Anträgen I. Instanz zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend an, die Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender sei nicht von der Nebentätigkeitsgenehmigung vom 30. November 2004 gedeckt, was im Übrigen zur Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage führen würde. Einfache Mitgliedschaft und Vorsitz im Aufsichtsrat seien sehr wohl zu unterscheiden, denn der Aufsichtsratsvorsitzende wirke an den Verwaltungsaufgaben der Gesellschaft mit. Bedürfe der Kläger einer Genehmigung, so stehe deren Erteilung das Verbot der gleichzeitigen Wahrnehmung von vollziehender Gewalt aus § 4 DRiG entgegen. Der Kläger räume ein, dass die T. Aufgaben der vollziehenden Gewalt erfülle und beschreibe zutreffend den Aufsichtsrat als das verantwortliche Kontrollorgan der Gesellschaft. Dann aber lasse sich der Anspruch auf Genehmigung auch nicht daraus herleiten, dass das beklagte Land gegen die Ratsmitgliedschaft des Klägers keine dienstrechtlichen Bedenken erhebe. Diese in der Praxis entwickelte - wenn auch höchstrichterlich bisher nicht bestätigte - Ausnahme sei keiner Erweiterung auf sonstige Exekutivaufgaben zugänglich. Deshalb müsse auch nicht entschieden werden, ob die einfache Mitgliedschaft im Aufsichtsrat unter Berücksichtigung der kommunalverfassungsrechtlichen Bindungen als bloße Annextätigkeit zu einer Ratsmitgliedschaft anzusehen sei; denn jedenfalls überschreite die Übernahme des Vorsitzes im Aufsichtsrat wegen der damit verbundenen Repräsentationsfunktionen den Rahmen zulässiger kommunalpolitischer Betätigung. Für diese Wertung spreche auch das Mäßigungsgebot des § 39 DRiG, das in der Öffentlichkeit den Eindruck einer zu großen Nähe des Richters zur Exekutive verhindern solle. Ein solcher Eindruck müsse auch dann vermieden werden, wenn es sich um einen Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit handele. Unter diesem Gesichtspunkt sei dem Verwaltungsgericht schließlich darin zuzustimmen, dass § 68 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW als Versagungsgrund eingreife.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (1 Heft) verwiesen.

Gründe

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Klage ist mit Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Die Erteilung der begehrten Nebentätigkeitsgenehmigung ist dem Kläger zu Recht versagt worden; daher kann er auch nicht beanspruchen, dass der Beklagte verpflichtet wird, ihn diesbezüglich erneut zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).

Der Kläger benötigt eine Nebentätigkeitsgenehmigung vor Aufnahme (bzw. Fortführung) der Tätigkeit als Vorsitzender des Aufsichtsrates eines kommunalen Versorgungsunternehmens wie der T. . Dies folgt aus § 68 Abs. 1 Nr. 4 Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen (LBG NRW), der für Richter entsprechend gilt, § 4 Abs. 1 Satz 1 des Richtergesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen (LRiG). Der Genehmigungsvorbehalt des § 68 Abs. 1 Nr. 4 LBG NRW umfasst unter anderem den "Eintritt [eines Richters] in den Vorstand, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder in ein sonstiges Organ einer Gesellschaft oder eines in einer anderen Rechtsform betriebenen Unternehmens, soweit diese einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen".

Bei der T. handelt es sich um eine Gesellschaft, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgt. Die T. ist eine Aktiengesellschaft, also eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Aktiengesetz - AktG) und Kaufmannseigenschaft (§ 3 Abs. 1 AktG, § 6 Abs. 1 Handelsgesetzbuch). Allein damit ist die wirtschaftliche Ausrichtung der Zweckverfolgung jedoch nicht hinreichend festgestellt. § 68 Abs. 1 Nr. 4 LBG NRW verlangt mit der Einleitung des Relativsatzes "soweit diese" (nicht: "dieses") für alle im vorangehenden Hauptsatz aufgeführten Unternehmen das Vorliegen eines wirtschaftlichen Zwecks, der im Einzelnen bestimmt werden muss. Dies gilt auch bei Handelsgesellschaften und Formkaufleuten, obwohl sie sich regelmäßig eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetriebes bedienen. Jedoch ist gerade die Aktiengesellschaft, obwohl sie regelmäßig für Tätigkeiten mit Gewinnerzielungsabsicht errichtet wird, gesellschaftsrechtlich nicht auf wirtschaftliche Betätigungen festgelegt (vgl. auch § 52 AO 1977). Einer Gemeinde steht sie deshalb grundsätzlich sowohl im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen wie ihre nichtwirtschaftlichen Unternehmungen offen.

Vgl. Cronauge/Westermann, Kommunale Unternehmen, 5. Aufl. 2006, Rn. 129.

Im Falle der T. ergibt sich der wirtschaftliche Zweck aus ihrem Unternehmensgegenstand; Anhaltspunkte für das Betreiben nichtwirtschaftlicher, ideeller Zwecke bestehen nicht. Die T. bietet ihre Ver- und Entsorgungsleistungen planmäßig und dauerhaft gegen Entgelt am Markt an und erwirtschaftet dabei zielgerichtet Gewinne, welche aufgrund eines Gewinnabführungsvertrages über die F. als Holding-Gesellschaft zum überwiegenden Teil der Stadt B. zufließen. Damit erfüllt die T. auch die Legaldefinition der wirtschaftlichen Betätigung in § 107 Abs. 1 Satz 3 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW), welche als der Betrieb solcher Unternehmen zu verstehen ist, die als Hersteller, Anbieter oder Verteiler von Gütern oder Dienstleistungen am Markt tätig werden, sofern die Leistung ihrer Art nach auch von einem Privaten mit der Absicht der Gewinnerzielung erbracht werden könnte. Die Merkmale dieser Definition erfüllen zugleich den Begriff des wirtschaftlichen Zwecks im Sinne der hier entscheidenden beamtenrechtlichen Norm. Die Ausnahmen des § 107 Abs. 2 GO NRW greifen vorliegend nicht ein, sodass es keiner Entscheidung bedarf, inwiefern die dort vorgesehene gesetzliche Fiktion nichtwirtschaftlicher Betätigung, die ohnehin unmittelbar nur „im Sinne dieses Abschnitts" der Gemeindeordnung gilt, auf das beamtenrechtliche Nebentätigkeitsrecht durchschlägt.

Wegen der genannten Art der Betätigung stellt es die Erwerbswirtschaftlichkeit - und damit das Eingreifen des Genehmigungsvorbehalts - nicht infrage, dass die T. jedenfalls zum überwiegenden Teil typische, als Daseinsvorsorge zu qualifizierende Aufgaben einer kommunalen Gebietskörperschaft erfüllt.

Zu diesen Aufgaben vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88 -, NJW 1990, 1783; Urteil vom 10. Dezember 1974 - 2 BvK 1/73 -, BVerfGE 38, 258, 270 f.; BVerwG, Urteil vom 29. November 1972 - VI C 19.69 -, BVerwGE 41, 195 f.

Denn für die Wirtschaftlichkeit des Zwecks maßgebend ist nicht die Qualifizierung der Aufgaben, sondern die - ideelle oder wirtschaftliche - Art und Weise ihrer Erfüllung. Über diese besagt die Einordnung von Aufgaben als solche der kommunalen Daseinsvorsorge wegen der insofern bestehenden Wahlfreiheit hinsichtlich der Aufgabenerfüllung jedoch nichts.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1985 - 3 C 6.83 -, BVerwGE 71, 1; BGH, Urteil vom 5. April 1984 - III ZR 12/83 -, DVBl. 1984, 1118 f.

Entscheidend ist demnach, dass die T. die ihr zugeordneten Daseinsvorsorgeaufgaben insgesamt in erwerbswirtschaftlichen Formen erledigt, die ihr im Rahmen der durch die Rechtsordnung gezogenen Grenzen zur Verfügung stehen. Für diese Betrachtung spricht auch § 107 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GO NRW, in dem vorausgesetzt wird, dass sich eine Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben gerade im Bereich der Energie- und Wasserversorgung wirtschaftlich betätigen darf.

Die Ausübung des Aufsichtsratsvorsitzes ist nicht bereits von der Nebentätigkeitsgenehmigung für die Wahrnehmung der Aufgaben eines einfachen Aufsichtsratsmitglieds umfasst. Andernfalls wäre die begehrte Genehmigung entbehrlich und die formulierte Verpflichtungsklage - wie vom Beklagten hervorgehoben - unzulässig, jedoch in eine Feststellungsklage umzudeuten. Denn die erteilte Genehmigung deckt die Tätigkeit in einem Aufsichtsrat nicht schlechthin ab, also nicht ohne Rücksicht auf die jeweils innegehaltene Position. Vom Normzweck her ist § 68 Abs. 1 Nr. 4 LBG NRW vielmehr strikt funktions- bzw. konkret tätigkeitsbezogen zu verstehen. Der Genehmigungsvorbehalt soll dem Dienstherrn die Möglichkeit eröffnen, die Vereinbarkeit der Nebentätigkeit mit dienstlichen Interessen zu prüfen und erkannten Beeinträchtigungen jederzeit durch Versagung oder Widerruf der Genehmigung zu begegnen (arg. § 68 Abs. 4 LBG NRW). Auf ein konkretfunktionales Verständnis deutet auch § 68 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW hin, wonach die Genehmigung "für jede einzelne Nebentätigkeit zu erteilen" ist. Daher ist die Formulierung in § 68 Abs. 1 Nr. 4 LBG NRW, der Genehmigung bedürfe es "zum Eintritt" in den Aufsichtsrat, nicht im Sinne des Klägers allumfassend zu verstehen, sondern dem Normzweck gemäß auszulegen: Einer (erneuten) Genehmigung bedarf es deshalb bei jeder Veränderung einer - als solche genehmigten - Tätigkeit, welche die Frage möglicher Beeinträchtigung dienstlicher Interessen neu oder anders aufwirft. Dies ist bei Übernahme einer anders gearteten Funktion innerhalb eines der in § 68 Abs. 1 Nr. 4 LBG NRW genannten Organe stets der Fall, was sich gerade am Beispiel des Aufsichtsratsvorsitzenden in einem kommunalen Versorgungsunternehmen zeigt, dessen Bedeutung für die von ihm mit lebenswichtigen Gütern versorgten Einwohner der Gemeinde (und darüber hinaus alle Kunden) schwerlich überschätzt werden kann. Die herausgehobene Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden ist gesetzlich fixiert und kann keineswegs auf Randbereiche reduziert werden, wie es der Kläger darstellt. Denn dem Aufsichtsratsvorsitzenden steht es nicht nur zu, die Aktiengesellschaft nach "innen", d.h. gegenüber Vorstand und Hauptversammlung zu vertreten, sondern er hat die Gesellschaft überdies nach "außen", also der Öffentlichkeit gegenüber zu repräsentieren.

Zu den Funktionen im Einzelnen vgl. Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 6. Aufl. 2004, § 107 Rn. 5 f.; vom Stein/Weber, Vereinbarkeit von Richteramt und Mitwirkung in Gesellschaftsorganen kommunaler Unternehmen, DÖV 2003, 278, 286.

Die Nebentätigkeitsgenehmigung für den Aufsichtsratsvorsitz ist dem Kläger zu Recht versagt worden. Es greifen die Versagungsgründe aus § 4 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) und - nicht mehr entscheidungserheblich - aus § 68 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW ein.

Nach § 4 Abs. 1 DRiG darf ein Richter Aufgaben der rechtsprechenden Gewalt und Aufgaben der gesetzgebenden oder der vollziehenden Gewalt nicht zugleich wahrnehmen. Der Kläger nähme jedoch mit der Position des Aufsichtsratsvorsitzenden in der T. Aufgaben der vollziehenden Gewalt wahr, und zwar, da er weiterhin Richter des Landes bleiben will, zugleich (im Sinne einer zeitlichen Parallelität der Innehabung der Rechtsstellungen) mit Aufgaben der rechtsprechenden Gewalt.

Vollziehende Gewalt im Sinne des § 4 DRiG ist nach hergebrachter, am Organisationsschema der Dreiteilung der Staatsgewalt (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) ausgerichteter Auffassung jede staatliche Tätigkeit, die weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung ist, insbesondere also die Verwaltung.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. April 2002 - 6 C 22.01 -, NJW 2002, 2263 f., vom 29. November 1972, a.a.O. S. 195, vom 27. Oktober 1966 - II C 103.63 -, BVerwGE 25, 210, 215; Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 5. Aufl. 1995, § 4 Rn. 7; Silberkuhl, in: GKÖD, Band IV T, § 4 DRiG Rn. 16; Staats, Mit dem Richteramt unvereinbare Mitwirkung an der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt, DRiZ 2001, 103, 105 f. m.w.N.

Die Tätigkeit der Gemeinden und sonstigen Gebietskörperschaften gehört nach einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung und im juristischen Schrifttum zur Verwaltung, und zwar ohne Unterschied, ob sie sich normsetzend oder verwaltend vollzieht und ob sie öffentlichrechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet ist. Das Grundgesetz hat sich mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG für einen innerhalb der Verwaltungen der Länder dezentral, nach Verwaltungsebenen gegliederten, auf Selbstverwaltungskörperschaften ruhenden Staatsaufbau entschieden. Auf dieser Grundlage bestimmt § 2 GO NRW die Gemeinden zu den ausschließlichen und eigenverantwortlichen Trägern der öffentlichen Verwaltung auf ihrem Gebiet.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 148 f., und vom 22. November 1983 - 2 BvL 25/81 -, BVerfGE 65, 283, 289; BVerwG, Beschluss vom 7. September 1992 -, 7 NB 2.92 -, BVerwGE 90, 359, 362; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28. April 1999 - 2 L 206/98 -, DÖV 1999, 1003; Silberkuhl, in: GKÖD, a.a.O. Rn. 14, 16 m.w.N.; Stern, Staatsrecht I, 2. Aufl. 1984, § 12 I 1; vom Stein/Weber, a.a.O. S. 279; Staats, a.a.O. S. 106.

Der Kläger nimmt im Aufsichtsrat der T. eine kommunale Selbstverwaltungsaufgabe der Stadt B. wahr. Diese Bewertung ist nicht davon abhängig, dass man die unternehmerische Betätigung der T. als solche dem gemeindlichen Aufgabenvollzug in privatrechtlichen Formen zurechnet. Für diese, vom Verwaltungsgericht bevorzugte Betrachtungsweise spricht freilich deutlich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts,

vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88 -, NJW 1990, 1783; Beschluss vom 7. Juni 1977 - 1 BvR 108/73 u.a. -, NJW 1977, 1960, 1961 (zu II.1); ebenso schon BVerwG, Urteil vom 29. November 1972, a.a.O. S. 196,

wonach es für die Zuordnung einer daseinsfürsorgenden Leistung nicht auf die privatrechtliche oder öffentlichrechtliche Form der Aufgabenwahrnehmung ankommt, sondern allein darauf, dass die Leistung "ihrer Rechtsnatur nach in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe erbracht wird", was mit Blick auf die Leistungen der T. jedenfalls zum allergrößten Teil fraglos der Fall ist. Entscheidend ist aber, dass der Kläger nicht als Privatperson (von der Hauptversammlung, vgl. § 101 Abs. 1 Satz 1 AktG) in den Aufsichtsrat der T. gewählt, sondern vom Rat der Stadt B. dorthin entsandt worden ist. Damit unterliegt der Kläger der Verpflichtung aus § 113 Abs. 1 Satz 1 GO NRW, die Interessen der Stadt im Aufsichtsrat zu verfolgen. Kraft dieser Aufgabenstellung jedenfalls ist seine Tätigkeit ausschließlich dem gemeindlichen Selbstverwaltungsbereich und also der vollziehenden Gewalt zuzuordnen.

Das Instrument der Entsendung (§ 101 AktG, § 113 GO NRW) sichert im Kommunalrecht der an einer Kapitalgesellschaft (und sei es über eine Holding) beteiligten Gemeinde einen Einfluss, um die - von der Gemeinde zu definierende - gemeinwohlorientierte Erfüllung der mit der Eigengesellschaft verfolgten öffentlichen Zwecke im gesellschaftsrechtlichen Zusammenhang durchzusetzen. Das Gesellschaftsrecht gewährt aus sich heraus keine vergleichbaren Einwirkungsmöglichkeiten der Gesellschafter auf die Entscheidungsgremien der Gesellschaft, lässt insbesondere nicht die unmittelbare Kontrolle durch Anteilseigner zu. Erst die (Mit-)Beherrschung des Aufsichtsrats, der seinerseits den Vorstand der Aktiengesellschaft bestellt (§ 84 Abs. 1 AktG) und überwacht (§ 111 AktG), gewährleistet, dass die Gemeinde die ihre wirtschaftliche Betätigung legitimierenden öffentlichen Interessen (§ 107 Abs. 1 GO NRW) angemessen zur Geltung zu bringen vermag. Dementsprechend ist jede Gemeinde kommunalverfassungsrechtlich verpflichtet, bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages einer Kapitalgesellschaft darauf hinzuwirken, dass ihr das Recht eingeräumt wird, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden (§ 113 Abs. 3 Satz 1 GO NRW).

Vgl. dazu Schwintowski, Gesellschaftsrechtliche Bindungen für entsandte Aufsichtsratsmitglieder in öffentlichen Unternehmen, NJW 1995, 1316 ff.; Cronauge/Westermann, a.a.O. Rn. 209 ff.; Hoppe/Uechtritz, Handbuch Kommunale Unternehmen, 2004, § 15 Rn. 44 m.w.N.

Auf der Grundlage einer entsprechenden Bestimmung in der Satzung der T. ist auch die Stadt B. aktienrechtlich zur Entsendung von Gemeindevertretern berechtigt (vgl. § 101 Abs. 2 AktG). Diese sind gemäß § 113 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GO NRW an die Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse gebunden und verpflichtet, der jeweiligen Beschlusslage entsprechend die Interessen der Gemeinde im Aufsichtsrat zu verfolgen.

Vgl. Cronauge/Westermann, a.a.O. Rn. 128.

Bereits aus diesen Zusammenhängen wird deutlich, dass die vom Rat entsandten Mitglieder des Aufsichtsrats eines kommunalen Versorgungsunternehmens an Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinde im Bereich der Daseinsvorsorge mitwirken. Auf die privatrechtliche Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds kommt es schon deswegen nicht an, weil - wie oben gesagt - die Rechtsform der Ausführung einer öffentlichen Aufgabe für ihre Zuordnung zum Bereich der vollziehenden Gewalt ohne Bedeutung ist. Hinzu kommt hier, dass die Entsendung eine öffentlichrechtliche Sonderrechtsbeziehung zwischen der Gemeinde und dem Entsandten entstehen lässt, die selbstständig neben die Rechtsstellung des Aufsichtsratsvorsitzenden tritt und eigenen, nämlich kommunalverfassungsrechtlichen Regeln unterliegt. Deswegen lässt sich gegen die vorstehenden Erwägungen nicht berechtigt einwenden, dass entsandte Aufsichtsratsmitglieder aktienrechtlich diejenige persönliche Unabhängigkeit für sich in Anspruch nehmen können, die Aufsichtsratsmitgliedern allgemein eingeräumt ist, dass sie also - ungeachtet ihrer Bindungen aus § 113 GO NRW - innerhalb des Aufsichtsrats weisungsfrei agieren dürfen.

Vgl. Schwintowski, a.a.O. S. 1318 m.w.N.;

Cronage/Westermann, a.a.O. Rn. 209; Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung für

Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Band II, 2. Aufl. (Stand: Oktober 2004), § 113 GO Erl. IV 1 ff.; vom Stein/Weber, a.a.O. S. 285.

Dieser Umstand begründet keine unabhängige Stellung entsandter Ratsmitglieder mit der Folge, dass diese aus der Beteiligung an der kommunalen Aufgabensteuerung herausgenommen wären. Die aktienrechtliche, bundesrechtlich (Art. 31 GG) vorrangige Weisungsfreiheit ist lediglich innerhalb der Aufsichtsratstätigkeit gewährleistet; die kommunalrechtliche Bindung des Entsandten an die Gemeindeinteressen innerhalb seiner öffentlichrechtlichen Sonderbeziehung zur Gemeinde und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen bleiben unberührt. Unbeschadet der Wirksamkeit interessenwidrigen Verhaltens im Aufsichtsrat kann ein Verstoß gegen Weisungen oder Rats- oder Ausschussbeschlüsse deshalb einen sachlichen und rechtlich beachtlichen Grund zur Abberufung eines entsandten Aufsichtsratsmitglieds (§ 113 Abs. 1 Satz 4 GO NRW) bilden.

Vgl. Cronauge/Westermann, a.a.O. Rn. 211; Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung für Nordrhein-Westfalen, a.a.O. § 113 GO Erl. III. 3.

Die Einordnung der Aufsichtsratstätigkeit als vollziehende Gewalt hängt auch nicht davon ab, mit welchem Umfang die Gemeinde an einer Aktiengesellschaft beteiligt ist und ob die Beteiligung unmittelbar oder - wie im vorliegenden Fall - über eine Holding besteht. § 113 Abs. 2 Satz 1 GO NRW unterscheidet weder nach dem Beteiligungsumfang noch nach der Art der rechtlichen Konstruktion, sondern setzt lediglich voraus, dass die Gemeinde überhaupt an einer der genannten Gesellschaften beteiligt ist. Dies erklärt sich daraus, dass die Zwecke der Entsendung von Art und Umfang der Beteiligung unabhängig sind: In jedem Falle soll die Gemeinde über ihre Vertrauensperson im Aufsichtsrat ihre Interessen zur Geltung bringen können.

Schließlich kann die Tätigkeit des entsendeten Ratsmitglieds nicht deshalb für zulässig erachtet werden, weil es sich lediglich um eine Annextätigkeit zum Ratsmandat des Klägers handelte, dessen Wahrnehmung vom Beklagten allgemein und seit langem gebilligt wird.

In diesem Sinne aber vom Stein/Weber, a.a.O. S. 285.

Der Senat kann insofern dahingestellt sein lassen, ob der Ausgangspunkt der Argumentation zutrifft, dass die Wahrnehmung eines Kommunalmandates durch einen Richter zulässig ist. Diese - höchstrichterlich nicht geklärte, im Schrifttum äußerst umstrittene - Prämisse ließe sich angesichts der umfassenden Geltung des Verbotes aus § 4 Abs. 1 DRiG nur auf dem zweifelhaften Weg der Ableitung einer ungeschriebenen Ausnahme begründen.

Zum Streitstand vgl. Silberkuhl, in: GKÖD, a.a.O. Rn. 19; Schmidt-Räntsch, a.a.O. Rn. 11; Kissel/ Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, Kommentar, 4. Aufl. 2005, § 1 Rn. 32, jeweils m.w.N.

Jedenfalls aber dürfte eine derartige Ausnahme auf Verwaltungstätigkeiten eines Richters außerhalb des Rates nicht ausgedehnt werden.

So schon OVG NRW, Urteil vom 21. Juli 1989 - 15 A 48/86 -, DRiZ 1990, 181, 182; bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 1989 - 7 B 138.89 -, DVBl 1990, 158 = NWVBl 1990, 119.

Dafür sind zwei Erwägungen maßgeblich: Zum einen kann die Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender nicht als bloßer Annex der Ratstätigkeit betrachtet werden. Zum anderen bedürfte die vom Kläger begehrte Anerkennung einer Ausnahme vom Verbot des § 4 Abs. 1 DRiG einer gesetzlichen Grundlage; denn insofern greift der Gesetzesvorbehalt ein.

Die Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender in einem kommunalen Versorgungsunternehmen ist im Rechtssinne nicht mit der Ratsmitgliedschaft gleichzusetzen; sie ist weder deren Teil noch ihre Fortsetzung. Richtig ist lediglich, dass der Rat über die Entsendung zu befinden hat (§ 113 Abs. 3 Satz 2 GO NRW) und sich dabei in aller Regel für Rats- oder Ausschussmitglieder entscheidet. Indes ist der Rat keineswegs auf diese festgelegt. Vielmehr dürfen ebenso Bedienstete der Gemeinde und sogar außenstehende Dritte als Vertreter der Gemeinde entsandt werden.

Vgl. Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung für Nordrhein-Westfalen, a.a.O. § 113 GO Erl. 2; Held/Becker/Decker/Kirchhoff/Krämer/Wansleben, Kommunalverfassungsrecht Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Band 1, (Stand: Dezember 2004), § 113 GO Anm. 6.1.

Die Tätigkeit entsendeter Personen kann mithin nicht als originäre Tätigkeit von Ratsmitgliedern gedeutet werden. Die praktisch fast durchweg erfolgende Auswahl von Ratsmitgliedern erklärt sich lediglich daraus, dass Ratsmitglieder wegen ihrer Einbindung in die Willensbildungsprozesse der Gemeinde dem Rat als Personen mit der zu fordernden Eignung bekannt sind und ihnen in tatsächlicher Hinsicht das Vertrauen in eine sachgerechte Interessenvertretung entgegengebracht wird. Die Verschiedenheit der Rechtsstellungen wird weiterhin darin deutlich, dass ein entsandtes Ratsmitglied in dieser Eigenschaft nicht die ihm gemäß § 43 Abs. 1 GO NRW sonst zukommende Unabhängigkeit genießt, sondern kraft Gesetzes darauf festgelegt ist, die Interessen der Gemeinde weisungsgebunden zu verfolgen (§ 113 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GO NRW).

Abgesehen von diesem Ergebnis der vorstehenden Analyse der kommunalverfassungsrechtlichen Verhältnisse steht der Erstreckung der für das Kommunalmandat entwickelten Grundsätze - deren rechtliche Bedenkenfreiheit hier unterstellt - auf den Aufsichtsratsvorsitz in einem kommunalen Versorgungsunternehmen entgegen, dass sie als Ausnahme vom Verbot des § 4 Abs. 1 DRiG einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedürfte. Dies ergibt sich hier schon - im Sinne eines Formvorbehalts - daraus, dass das Verbot selbst eine formalgesetzliche Form gefunden hat. Was aber durch Gesetz verboten ist, kann auch nur durch ein Gesetz (ganz oder teilweise) wieder erlaubt werden, wie es in § 4 Abs. 2 DRiG für genau umrissene Fälle geschehen ist. Darüber hinaus greift - im Sinne eines Sachvorbehalts - der allgemeine rechtsstaatliche Gesetzesvorbehalt ein. Insofern ist daran zu erinnern, dass § 4 Abs. 1 DRiG den Grundsatz der Gewaltenteilung für den Bereich der Rechtsprechung im einfachen Gesetzesrecht entfaltet. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verlangt, dass die Staatsgewalt durch "besondere" Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt wird. Zwar ist dieser Grundsatz vielfach durchbrochen, weil die Verfassung bestimmte Überschneidungen der Funktionsbereiche toleriert. Für den Funktionsbereich der Rechtsprechung ist die Gewaltenteilung und -trennung jedoch zur Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) verschärft und daher konsequent durchgeführt. Das erfordert eine klare Trennung von Richteramt und Amtsausübung in der Verwaltung, die organisatorisch wie personell strikt gewahrt sein muss. Eine persönliche Verbindung zwischen Ämtern der Rechtsprechung und der Verwaltung oder der Legislative ist damit grundsätzlich ausgeschlossen.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. Dezember 1969 - 2 BvR 271/68 -, BVerfGE 27, 312, 321, und vom 24. November 1964 - 2 BvL 19/63 -, BVerfGE 18, 241, 254; Stern, Staatsrecht I, a.a.O., § 11 III 6 (S. 359); Staatsrecht II, 1980, § 43 II 4 a (S. 909).

Eine Durchbrechung dieser Trennung in personeller Hinsicht, wie sie auch hier in Rede steht, ist demnach zwar nicht prinzipiell ausgeschlossen, bedarf aber als wesentliche organisatorische Regelung eines formellen Gesetzes, das die Verzahnung ausdrücklich zulässt und ihren Umfang im Einzelnen festlegt. Eine solche Vorschrift ist hier nicht ersichtlich, was auch der Kläger nicht bezweifelt.

Ist dem Kläger mithin die angestrebte Position durch § 4 Abs. 1 DRiG verwehrt, so bedarf es keiner Entscheidung der Frage mehr, ob auch § 68 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW eingreift, wonach die Genehmigung zu versagen ist, wenn die Nebentätigkeit "dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann". Im Hinblick auf den Streitstoff des bisherigen Verfahrens sieht der Senat gleichwohl Veranlassung, auf diese Vorschrift klarstellend einzugehen. Denn sie zielt - in ihrer entsprechenden Anwendung auf Richter nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LRiG - gerade auf Fälle exponierter, potenziell öffentlichkeitswirksamer Positionen ab, wie sie der Aufsichtsratsvorsitzende in einem bedeutenden Unternehmen verkörpert, ohne dass es insofern darauf ankäme, ob die herausgehobene Position innerhalb oder außerhalb der öffentlichen Verwaltung eingenommen wird. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat in seiner Person nicht nur die gesellschaftsrechtlichen Funktionen des Aufsichtsrates nach innen und außen zu vermitteln, sondern prägt zu einem guten Teil auch die Außerdarstellung des Unternehmens selbst. Die einseitig unternehmerische Interessenwahrnehmung, auf die der Aufsichtsratsvorsitzende aktienrechtlich verpflichtet ist, verträgt sich prinzipiell nicht mit dem durch Neutralität und Zurückhaltung - auch außerhalb des Dienstes - geprägten Richterbild der Verfassung (Art. 97 Abs. 1 GG) und des einfachen Rechts (§ 39 DRiG). In der Öffentlichkeit, auf deren Blickwinkel der Versagungsgrund des § 68 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW mit dem Merkmal der Ansehensgefährdung abhebt, wird dadurch fast zwangsläufig der Eindruck begründet oder verstärkt, ein Richter stehe einem bestimmten Unternehmen persönlich nahe, was für sich gesehen das Vertrauen der Bevölkerung in eine prinzipiell unbefangene und unbeeinflusste Entscheidungsfindung beeinträchtigen kann. Mehr als eine ernstzunehmende derartige Möglichkeit setzt der Versagungsgrund aber nicht voraus. Deshalb ist eine Betrachtung der Verhältnisse des Einzelfalls nicht angezeigt. Denn die entsprechende Anwendung des § 68 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW auf Richter soll allgemein verhindern, dass Richter in gewichtigere Interessenzusammenhänge verstrickt werden können, die den Verdacht mangelnder Unbeteiligtheit im weitesten Sinne erwecken könnten. Somit ist es unerheblich, ob und in welchem Maße die Öffentlichkeit zwischen Richterämtern zu differenzieren weiß und inwieweit die Möglichkeit ausgeschlossen erscheint, dass der Richter gar in einem Prozess über Angelegenheiten zu Gericht sitzen muss, die Interessen des Unternehmens berühren.

Liegen somit Versagungsgründe vor, so kann der Kläger aus früheren Erteilungen der Genehmigung für den Aufsichtsratsvorsitz nichts herleiten. Diese Genehmigungen waren objektiv rechtswidrig, ihre weitere Erteilung kann der Kläger nicht verlangen. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Fortsetzung konnte der Kläger übrigens schon deswegen nicht entwickeln, weil die Nebentätigkeitsgenehmigungen - entsprechend der Vorgabe in § 68 Abs. 3 LBG NRW - stets befristet erteilt worden sind und kraft Gesetzes unter dem Vorbehalt einer entscheidungserheblichen Veränderung der Sach- und Rechtslage stehen (vgl. § 68 Abs. 4 LBG NRW), mag diese auch in besserer Rechtserkenntnis gründen.

Schließlich greift die Versagung auch nicht in Grundrechte des Klägers ein, denn diese werden in verfassungsmäßiger Weise durch die Regelung des § 4 DRiG begrenzt. Diese Vorschrift verwirklicht lediglich die verfassungsrechtlichen Prinzipien der Gewaltentrennung und der richterlichen Unabhängigkeit im einfachen Gesetzesrecht und ist schon deswegen Bedenken wegen Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht entzogen. Dass der Gesetzgeber für die in Rede stehende Fallgestaltung keine Ausnahme vorgesehen hat, überschreitet angesichts der vorstehenden Ausführungen nicht die durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip gezogenen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit, zumal es dem Kläger freisteht, sein Richteramt niederzulegen und sich sodann beliebigen anderen Tätigkeiten zuzuwenden.

Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1966 - II C 103.63 -, BVerwGE 25, 210, 220 f.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn die Genehmigungsfähigkeit der Nebentätigkeit eines Richters als Vorsitzender des Aufsichtsrats eines kommunalen Versorgungsunternehmens ist höchstrichterlich nicht geklärt und hat Bedeutung für eine erhebliche Zahl von Richtern mit kommunalem Mandat.