OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.05.2007 - 13 A 3388/03
Fundstelle
openJur 2011, 47747
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 23. Mai 2003 geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 13. September 2001 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 14. Januar 2002 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird - unter dem Vorbehalt der Prüfung der subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen nach § 13 Abs. 1 PBefG - verpflichtet, dem Kläger eine Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit einer Taxe zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Genehmigung für den Betrieb einer Taxe in C. I. . Einem entsprechenden Antrag des Klägers von März 1999 gab der Beklagte im Juni 1999 nicht statt, weil der Bedarf in C. I. mit 14 zugelassenen Taxen gedeckt sei und bei Zulassung weiterer Taxen die Funktionsfähigkeit und damit die Existenz des gesamten örtlichen Taxengewerbes beeinträchtigt werde. Der Kläger wurde in die Vormerkliste für Neubewerber für C. I. unter der laufenden Nummer 2 eingetragen; diese Rangstelle hat der Kläger, der im Besitz von 8 Mietwagenkonzessionen ist, auch derzeit inne.

Im September 1999 beauftragte der Beklagte die Fa. Linne + Krause, Wedel, mit der Erstellung eines Gutachtens zur Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes in seinem Kreisgebiet gemäß § 13 Abs. 4 Personenbeförderungsgesetz - PBefG -. Die Gutachter bewerteten unter Aufteilung des Kreisgebiets in vier Regionen (u. a. Region 3 südlicher Kreis, C. I. , I1. , L. ) die Angebots- und Nachfragesituation, die Entwicklung der Erlös-, Betriebskosten- und Gewinnsituation im Taxigewerbe, die Anzahl und Ursachen für Geschäftsaufgaben sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des S. -T. -Kreises und kamen in ihrem Gutachten von Juli 2000, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zu der abschließenden Empfehlung, zur Wiederherstellung bzw. Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes sei der Abbau von 18 Konzessionen (bei einem Ist-Stand von 214 Konzessionen) im gesamten Kreisgebiet und von 12 Konzessionen im südlichen Kreisgebiet erforderlich.

Unter Hinweis auf das Gutachten lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers von 1999 auf Erteilung einer Taxikonzession mit Bescheid vom 13. September 2001, bestätigt durch Widerspruchsbescheid der C1. L1. vom 14. Januar 2002, ab.

Wegen des weiteren Sachverhalts nimmt der Senat zunächst gem. § 130b Satz 1 VwGO, der auch bei Beschlüssen nach § 130a VwGO anwendbar ist,

vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 1999 - 8 C 12.98 -, NVwZ 2000, 73 f; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: April 2006, § 130a Rdn. 13; Sodan/ Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 130a Rdn. 47; OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Februar 2007 13 A 1714/04 , 8. Januar 2007 13 A 1741/04 , und vom 11. Dezember 2006 13 A 2771/03 ,

Bezug auf den Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 23. Mai 2003 und macht sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu Eigen.

Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Gründe ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage auf Erteilung einer Taxe-Genehmigung abgewiesen. Die Feststellungen des Gutachtens Linne + Krause ließen die Schlussfolgerung zu, dass bei einer weiteren Zulassung von Taxen die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes bedroht sei.

Mit der - zugelassenen - Berufung macht der Kläger geltend, die Voraussetzungen für die Versagung der Genehmigung nach § 13 Abs. 4 PBefG lägen nicht vor. Das Gutachten Linne + Krause sei zur Beurteilung der Frage, ob die Erteilung der beantragten Taxengenehmigung eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbers zur Folge habe, ungeeignet, weil es mit der Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen Situation der Unternehmen auf einem fehlerhaften Ausgangspunkt beruhe und die von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zur Funktionsfähigkeit des Taxengewerbers nicht beachte. Es müsse die Situation im gesamten S. -T. -Kreis betrachtet werden, eine weitere räumliche Unterteilung sei nicht gerechtfertigt. In C. I. spreche gerade die in den letzten Jahren erfolgte Zunahme von Mietwagenkonzessionen für einen erheblichen Bedarf an zusätzlichen Angeboten im öffentlichen Personennahverkehr und dementsprechend für die weitere Zulassung von Taxen. In C. I. hätten sich nach dem Gutachten Linne + Krause erhebliche Veränderungen durch Ansiedlung und Ausbau von Institutionen und Einrichtungen ergeben, die einen Bedarf an zusätzlichen Taxen begründeten. Das Gutachten selbst habe eine erneute Untersuchung der Entwicklung des Taximarktes spätestens für das Jahr 2003 vorgeschlagen, eine solche erneute Untersuchung sei aber bis zum heutigen Tage nicht erfolgt. Da es in der Vergangenheit nur in den anderen Teilen des südlichen Kreisgebiets, nicht aber in C. I. , zu einem Abbau von Taxikonzessionen gekommen sei, sei für C. I. wegen seiner örtlichen Entwicklung eine Sonderbetrachtung angezeigt. Der Beklagte habe dort auch die Übertragung vorhandener Taxikonzessionen genehmigt, was angesichts der Aussagen im Gutachten Linne + Krause, dass Taxikonzessionen abgebaut werden müssten, nicht nachvollziehbar sei. Dass ein anderer Bewerber vor ihm auf der Vormerkliste stehe, stehe der Erteilung einer Taxenkonzession an ihn, den Kläger, nicht entgegen, zumal jener Bewerber offenbar den Listenplatz nur für seinen Arbeitgeber belege und selbst kein ernsthaftes Interesse an einer Taxikonzession habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, 1999 seien in C. I. 15 Taxen und 13 Mietwagen konzessioniert gewesen, derzeit seien es 15 Taxen und 16 Mietwagen. Taxikonzessionen würden im Verhältnis 2 : 1 zwischen Neubewerbern und Altunternehmern erteilt, so dass drei weitere Taxikonzessionen erteilt werden müssten, damit der Kläger eine Konzession erhalte. Wegen der Möglichkeit für Mietwagenbetreiber, zu günstigeren Tarifen fahren zu können, sei die Entwicklung der Mietwagenzulassungen kein Indiz für einen Bedarf für weitere Taxen. Es gebe auch keine Beschwerden von Bürgern wegen zu geringer Taxikapazität. Auch angesichts der nach dem Gutachten Linne + Krause erfolgten Veränderungen in C. I. sei nicht erkennbar, dass das Gutachten mit seinen Grundaussagen der Erforderlichkeit des Abbaus von Taxikonzessionen in Bezug auf C. I. nicht mehr verwertbar wäre. Die Vorgaben des Gutachtens seien insbesondere im südlichen Kreisgebiet noch nicht umgesetzt worden. In jüngster Zeit erfolgte Übertragungen von Taxi-Konzessionen (z. B. die Konzession des Herrn O. ) seien rechtmäßig. Es sei beabsichtigt, spätestens im Mai 2007 ein neues Gutachten zur Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes in Auftrag zu geben, mit dessen Erstellung Ende 2007 gerechnet werden könne.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt ihrer Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung durch Beschluss nach § 130a VwGO, weil er sie einstimmig für begründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält und die Rechtssache außergewöhnliche Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht, die einer Entscheidung durch Beschluss entgegenstehen könnten,

vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 6 C 28.03 , BVerwGE 121, 211,

nicht aufweist. Die Beteiligten sind vorher zu dieser Entscheidungsform unter Mitteilung des voraussichtlichen Entscheidungsergebnisses gehört worden.

Eine Anordnung des Ruhens des Verfahrens im Hinblick auf die vom Beklagten beabsichtigte Einholung eines weiteren Gutachtens zur Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes in seinem Bereich kommt nicht in Betracht, weil dies nur bei entsprechenden Erklärungen beider Beteiligter möglich ist (§§ 173 VwGO, 251 ZPO) und die Voraussetzungen des § 94 VwGO nicht gegeben sind; sie ist angesichts der zu erwartenden Zeitdauer für das neue Gutachten und des für den Kläger positiven Entscheidungsergebnisses in diesem Verfahren auch nicht angezeigt.

Die Berufung des Klägers ist begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung einer Taxe-Genehmigung.

Nach § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG in der Fassung der Bekanntmachung von August 1990 (BGBl. I S. 1690), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407, 2445), ist eine beantragte Taxengenehmigung zu versagen, "wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird". Nach der Rechtsprechung,

vgl. BVerwG, Urteile vom 15. April 1988 7 C 94.86 , NJW 1988, 3221, vom 7. September 1989 7 C 44, 45.88 , NJW 1990, 1376, und vom 6. November 1989 7 C 46.88 , NJW 1990,

1378; VG Münster, Urteil vom 7. März 1989 - 7 K 1868/87 -, NWVBl. 1990, 25; vgl. auch Fielitz/Grätz, PBefG, Stand: November 2006, § 13 RdNrn. 20 ff., Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Stand: Dezember 2006, B § 13 Anm. 86 ff,

sind dabei folgende Erwägungen von Bedeutung:

Die objektive Zulassungsschranke des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG für den Zugang zum Beruf des Taxiunternehmers ist verfassungsrechtlich zulässig, denn sie dient vor dem Hintergrund, dass der Taxenverkehr ein wichtiger Träger individueller Verkehrsbedienung ist und in einer von keinem anderen Verkehrsträger übernehmbaren Weise den öffentlichen Linien- und Straßenbahnverkehr ergänzt, dem wichtigen Gemeinschaftsgut des Funktionierens des Gelegenheitsverkehrs ... Das Merkmal der Bedrohung des örtlichen Taxengewerbes in seiner "Funktionsfähigkeit", die begrifflich die Existenzfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes einschließt, dient somit allein öffentlichen Verkehrsinteressen, nicht aber dem Konkurrentenschutz und bezweckt nicht, die bereits in dem Beruf Tätigen vor wirtschaftlich spürbarer - auch harter - Konkurrenz und vor den wirtschaftlichen - bis zum möglichen finanziellen Ruin reichenden - Risiken dieses Berufs zu schützen.

... Die Konzessionierung des örtlichen Taxengewerbes ist nach dem Willen des Gesetzgebers ein Instrument bestmöglicher Befriedigung des öffentlichen Bedürfnisses nach individueller Verkehrsbedienung in Ergänzung zum öffentlichen Linienverkehr und von Verfassungs wegen (Art. 12 Abs. 1 GG) nur mit dieser Zielsetzung als Beschränkung des Zugangs zum Beruf des Taxenunternehmers gerechtfertigt. Die Behörde hat deshalb die Aufgabe, die Entwicklung in diesem Bereich des öffentlichen Verkehrs sorgfältig zu beobachten und die ihr nach dem Gesetz zu Gebote stehenden Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere über die Erteilung beantragter neuer Genehmigungen unter Berücksichtigung einerseits des hohen Rangs der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Berufsfreiheit und andererseits des öffentlichen Verkehrsinteresses zu entscheiden. ... Bei einer Mehrzahl von Bewerbungen erfordert dies, abstellend auf den maßgebenden Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz, eine - (allein) der Verwaltungsbehörde obliegende - prognostische Einschätzung dazu, welche Zahl neuer Taxen das örtliche Taxengewerbe "verträgt" ohne in seiner vom öffentlichen Verkehrsinteresse her zu bestimmenden Funktionsfähigkeit bedroht zu sein. ...Die erforderliche Prognose-Entscheidung verbietet es der Behörde, jeweils nur über die einzelne beantragte Taxi-Genehmigung und mit Blick auf die Auswirkungen nur dieser einen Genehmigung auf die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes zu entscheiden. Im Interesse der Vollzugsfähigkeit des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG ist vielmehr bei der Beurteilung der Frage der Wirkungen einer Taxi-Genehmigung auf das örtliche Taxengewerbe eine einheitliche Betrachtung der dortigen Verhältnisse und - bei Vorliegen mehrerer Bewerbungen - der durch Erteilung weiterer Genehmigungen zu erwartenden Auswirkungen geboten. Eine solche prognostische Einschätzung ist dementsprechend rechtlich - und damit auch gerichtlich - nur dahin überprüfbar, ob die Behörde den maßgebenden Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte erkannt und den möglichen Verlauf der Entwicklung nicht offensichtlich fehlerhaft eingeschätzt hat. Für die gerichtliche Entscheidung bedeutet dies, dass die Versagung der Taxengenehmigung als Behördenentscheidung mit prognostischem Einschätzungsspielraum aufzuheben und die Behörde zu erneuter Entscheidung zu verpflichten ist, wenn das Gericht feststellt, dass die Behörde nicht alle für die Beurteilung maßgeblichen Gegebenheiten berücksichtigt hat, seien diese Gegebenheiten schon im Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorhanden gewesen oder erst danach bis zum Zeitpunkt der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz eingetreten. Das Gericht darf die Sache nicht in der Weise "entscheidungsreif" machen, dass es die der Behörde obliegende Einschätzung, welche Zahl von noch zu erteilenden Genehmigungen vertretbar ist, selbst trifft. Dies ist nur bei einer Sachlage möglich, die keinen Raum für die der Behördenentscheidung zu Grunde liegende Einschätzung lässt. Stellt das Gericht fest, dass die von der Behörde bei der Versagung einer Taxengenehmigung zu Grunde gelegte Prognose auf eine offensichtlich zu niedrige Zahl hinausläuft und besteht deshalb kein Raum für die der Behördenentscheidung zu Grunde liegende Einschätzung, darf das Gericht die Behörde zu einer Erteilung der beantragten Genehmigung verpflichten.

...Die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes ist nur um des öffentlichen Verkehrsinteresses willen geschützt, nicht hingegen zum Schutz des bestehenden Gewerbes vor Konkurrenz. Die Funktionsfähigkeit, die die Existenzfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes einschließt, ist allerdings nicht erst dann bedroht, wenn die Gefahr seines Zusammenbruchs insgesamt besteht, und nicht bereits durch eine Übersetzung des Gewerbes, d. h. durch Zulassung von mehr Taxen als zur Befriedigung des Verkehrsbedarfs erforderlich sind, gefährdet; dies würde auf einen unzulässigen Konkurrenzschutz hinauslaufen. Die Zulassungsschranke darf nicht bereits in dem Grenzbereich einsetzen, innerhalb dessen trotz an sich zureichender Verkehrsbedienung noch neue Unternehmen ohne Gefahr für den Bestand des Taxengewerbes im ganzen zugelassen werden können. Die Gefahr einer Übersetzung des Gewerbes mit der Folge ruinösen, das Taxengewerbe in seiner Existenz bedrohenden Wettbewerbs muss "konkret beweisbar eingetreten oder nach dem sorgfältig begründeten Urteil der Verwaltungsbehörde in drohende Nähe gerückt sein". Da der Gesetzgeber die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes mit dem Ziel einer möglichst guten Bedienung des individuellen öffentlichen Verkehrs in Ergänzung vor allem zu dem öffentlichen Linienverkehr schützt, genügt zur Annahme einer Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes deshalb eine von der Behörde konkret zu belegende Gefahr, dass die Erteilung weiterer Genehmigungen zu schwerwiegenden Mängeln in der Verkehrsbedienung durch Taxen führen kann, etwa der Art, dass die Existenzfähigkeit von Betrieben allgemein nur unter übermäßiger, die Verkehrssicherheit gefährdender Einsatzzeit der Fahrer oder nur unter Einsatz unterbezahlter Gelegenheitsfahrer mit ähnlichen Gefahren für die Verkehrssicherheit oder die ansonsten zuverlässige Verkehrsbedienung gesichert werden kann. In § 13 Abs. 4 Satz 2 PBefG sind dazu beispielhaft und nicht abschließend einige Merkmale aufgeführt, die indizielle Bedeutung für die Bewertung der Frage der Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes haben.

Bedeutung kommt dabei den am Prioritätsprinzip orientierten und in ihrer materiellen Aussage auch vom Gericht zu beachtenden Vormerklisten zu, die bei einem Bewerberüberhang im Regelfall die Gleichbehandlung der verschiedenen Bewerber gewährleisten. Die Aufteilung zu erteilender Taxikonzessionen im Verhältnis 2 : 1 zwischen Neubewerbern und Altunternehmern begegnet dabei, auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, keinen Bedenken.

OVG NRW, Urteil vom 9. Mai 1989 13 A 949/88 DÖV 1989, 1045; BVerwG, Beschluss vom 19. September 1989 7 CB 32.89 .

Damit ein Verpflichtungsbegehren auf Erteilung einer Taxikonzession Erfolg hat, muss der klagende Bewerber zudem eine Rangstelle auf der Vormerkliste erreicht haben oder innerhalb einer "Grauzone" liegen, bei der für das Gericht nicht offenkundig ist, dass eine Erteilung von Genehmigungen bis zu (einschließlich) dieser Rangstelle die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes bedrohen würde und eine (weitere) Aufstockung des Taxikontingents ohne offensichtliche Bedrohung des örtlichen Taxengewerbes möglich ist.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist, abgestellt auf den maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung im Berufungsverfahren, die Versagung der vom Kläger beantragten Taxikonzession nicht gerechtfertigt. Unabhängig davon, ob angesichts des mittlerweile fast 7 Jahre alten Gutachtens Linne + Krause, in dem schon seinerzeit eine - allerdings nicht erfolgte - Überarbeitung etwa im Jahre 2003 vorgeschlagen wurde, die Prognoseentscheidung des Beklagten als offensichtlich fehlerhaft eingeschätzt werden muss, erscheint jedenfalls die vom Beklagten zu Grunde gelegte Zahl von Taxengenehmigungen für C. I. als zu niedrig. Der Beklagte hat zudem insbesondere nicht dargetan und es ist auch unter Berücksichtigung der Kriterien des § 13 Abs. 4 Satz 2 PBefG nicht erkennbar, dass die Erteilung weiterer Taxengenehmigungen in C. I. zu schwerwiegenden Mängeln in der Verkehrsbedienung durch Taxen führt und/oder dass bei Zulassung weiterer Taxen eine Übersetzung des Gewerbes mit der möglicherweise damit einhergehenden Folge eines ruinösen existenzbedrohenden Wettbewerbs eintritt oder unmittelbar droht.

Für die im Rahmen des § 13 Abs. 4 PBefG erhebliche Frage, ob das örtliche Taxengewerbe in C. I. in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird, kommt dem vorliegenden Gutachten Linne + Krause von Juli 2000, dem zum Teil - möglicherweise schon seinerzeit nicht mehr aktuelles - Zahlenmaterial von 1998/99 zu Grunde liegt. nur ein begrenzter Aussagewert zu, auch wenn dieses sich an den in § 13 Abs. 4 Satz 2 PBefG genannten Kriterien orientiert hat. Das Gutachten analysiert auftragsgemäß mit anschließenden Empfehlungen die Verhältnisse im gesamten, in vier Regionen aufgeteilten Kreisgebiet des Beklagten, enthält aber weitestgehend keine detaillierten Aussagen speziell zu den Verhältnissen im Taxengewerbe in C. I. und beleuchtet die dortigen Verhältnisse nur punktuell. Die (be-)wertenden Aussagen und abschließenden Empfehlungen in dem Gutachten, im S. -T. -Kreis sollten insgesamt 18 Taxi- und Mietwagenkonzessionen und im südlichen Kreisgebiet (dem die Stadt C. I. zugerechnet wurde) 12 Taxikonzessionen abgebaut werden, sind dementsprechend zwangsläufig auf einen jeweils größeren räumlichen Bereich als C. I. bzw. auf das gesamte Kreisgebiet bezogen und demgemäss speziell in Bezug auf C. I. zu pauschal, um als Grundlage und Maßstab für eine Beurteilung der konkreten Verhältnisse dort dienen zu können. Auch innerhalb der vom Gutachten beschriebenen südlichen Kreisregion scheinen die strukturellen Gegebenheiten und die für das örtliche Taxengewerbe maßgebenden Umstände derart unterschiedlich zu sein, dass eine eigenständige Beurteilung für C. I. am Maßstab des § 13 Abs. 4 PBefG geboten erscheint, zumal nicht erkennbar ist, dass die maßgeblichen Zahlenwerte im Gutachten Linne + Krause für die südliche Kreisregion entscheidend und vorrangig durch C. I. veranlasst sind bzw. bewirkt werden.

Die im Verlauf des - von der Zeitspanne her deutlich über den in § 13 Abs. 4 Satz 3,4 PBefG genannten einjährigen Beobachtungszeitraum nach erteilten Taxe-Genehmigungen hinausgehenden - Verfahrens dargelegten Umstände deuten darauf hin, dass das Taxengewerbe in C. I. als relativ "gesund" erscheint, auch wenn das Gutachten Linne + Krause (S. 16, 27, 60) angesichts der Zahl der Taxe- und Mietwagenkonzessionen "für C. I. eine harte Konkurrenzsituation annimmt". Jedenfalls sind keine verifizierbaren Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass bei Zulassung weiterer Taxen dort ein ruinöser existenzbedrohender Wettbewerb konkret zu erwarten ist oder bevorsteht.

Nach dem Vorbringen der Beteiligten waren/sind in C. I. seit 1999 durchgängig 15 Taxen zugelassen. Diese gleichbleibende Zahl rechtfertigt schon für sich die Annahme eines über Jahre vorhandenen entsprechenden Bedarfs an Taxen und ist ein Indiz dafür, dass die von den Beteiligten angeführten und unterschiedlich bewerteten Veränderungen in der städtischen Struktur und in der Niederlassung von Institutionen, Behörden, Firmen usw. in der Stadt seit der Erstellung des Gutachtens offenbar keinen gravierenden Einfluss auf das Taxengewerbe gehabt haben, zumal der Beklagte offenbar eine auf Reduzierung der Taxikonzessionen gerichtete Umsetzung der Vorgaben des Gutachtens Linne + Krause für C. I. nicht für notwendig erachtet bzw. nicht durchgeführt hat. Indizielle Bedeutung in diese Richtung kann, weil dies nach den Ausführungen der Gutachter ein wichtiger Gewichtungsfaktor für die Nachfrage auf dem Taximarkt ist, auch der Aussage des Gutachtens Linne + Krause (S. 12 ff.) beigemessen werden, dass der Kaufkraftindex in C. I. deutlich über dem Kreisdurchschnitt und dem Bundesdurchschnitt liegt. Dass es nach Aussage des Beklagten keine Beschwerden seitens der Bürger und Bürgerinnen über nicht ausreichend vorhandene Taxen gegeben habe, steht der Annahme eines über Jahre hinweg gleichbleibenden Bedarfs an Taxen nicht entscheidend entgegen und ist insbesondere kein Kriterium für die Frage, ob bei Zulassung weiterer Taxen ein ruinöser, existenzbedrohender Wettbewerb zu erwarten ist.

Auch weitere Umstände deuten darauf hin, dass für das Taxengewerbe in C. I. vertretbare wirtschaftliche Verhältnisse angenommen werden können und bei Zulassung weiterer Taxikonzessionen dessen Funktionsfähigkeit nicht in dem dargelegten Sinne bedroht ist. Aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte Rückgaben von Taxikonzessionen sind offenbar in den letzten mindestens zehn Jahren nicht erfolgt. Aus den vom Beklagten übersandten aktuellen Vormerklisten von März 2007 ist lediglich erkennbar, dass zwei Bewerber im Jahre 1990 auf die Erteilung einer Taxikonzession verzichtet haben; die Gründe dafür sind nicht ersichtlich. Auch der Umstand, dass noch in jüngerer Zeit eine Taxikonzession (des Herrn O. ) auf einen Dritten (Herrn Z. ) mit Genehmigung des Beklagten übertragen wurde, ist ein deutliches Indiz für ein funktionsfähiges und vertretbare Erträge erbringendes Taxengewerbe in C. I. .

Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1988 7 C 94.96 , a. a. O.

Schließlich haben auch die von der Beklagten geführten Vormerklisten und die in ihnen aufgeführten Bewerber für Taxikonzessionen entscheidende indizielle Bedeutung in dieser Richtung, weil von im Taxengewerbe erfahrenen Interessenten zu erwarten ist, dass sie ihre Bewerbung um eine Taxikonzession zurückziehen, wenn sich diese wirtschaftlich nicht mehr rechnen sollte. Eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes in C. I. ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil sich die Zahl der zugelassenen Taxen um 20 % erhöhen würde, wenn sich der Beklagte entschließen würde, konsequent nach den Vormerklisten vorzugehen und außer an den Kläger eine Taxikonzession auch an zwei vor ihm berechtigte Bewerber zu erteilen. Die Frage der Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes erfordert eine wertende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Gegebenheiten und kann nicht mit einem abstrakten absoluten Zahlenwert belegt werden.

Da somit ein Grund für die Versagung der vom Kläger beantragten Genehmigung nach § 13 Abs. 4 PBefG nicht gegeben ist, ist dem Kläger antragsgemäß eine Konzession zuzusprechen und der Beklagte zu einer entsprechenden Erteilung zu verpflichten.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. April 1988 7 C 94.86 , a. a. O., und vom 7. September 1989 7 C 44, 45.88 , a. a. O.

Eine Beschränkung der Verpflichtung des Beklagten auf eine erneute Bescheidung des Begehrens des Klägers ist nicht geboten. Zwar kann eine Genehmigung für den Betrieb einer Taxe nur erteilt werden bei Vorliegen sowohl der subjektiven Voraussetzungen nach § 13 Abs. 1 PBefG als auch der objektiven Voraussetzungen nach § 13 Abs. 4 PBefG und sind hier die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen im gerichtlichen Verfahren nicht geprüft worden. Während des gesamten Verfahrens haben sich aber keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es beim Kläger an den subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen fehlt; davon kann angesichts der ihm erteilten mehreren Mietwagenkonzessionen auch nicht ausgegangen werden. Im Übrigen gewährleistet der im Tenor enthaltene Vorbehalt hinsichtlich der subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen eine umfassende Prüfung vor Erteilung einer Taxikonzession. Der Kläger hat mit der Rangstelle 2 auf der aktuellen Vormerkliste für Neubewerber auch eine Position inne, die nicht von vornherein zu der Annahme zwingt, dass bei Erteilung von Genehmigungen bis zu einschließlich dieser Rangstelle die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes in C. I. bedroht wird. Bei konsequenter Umsetzung der vom Beklagten gewählten Reihenfolge für Genehmigungserteilungen müssten, weil dem Kläger ein Altbewerber und ein Neubewerber vorgehen, drei Taxigenehmigungen (einschließlich der an den Kläger) erteilt werden, wobei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkennbar ist, ob bei beiden dem Kläger vorgehenden Bewerbern ein ernsthaftes Interesse an einer Genehmigung besteht. Zudem ist zu berücksichtigen, dass § 13 Abs. 5 Satz 2 PBefG, wonach innerhalb der Gruppen der Neubewerber und der vorhandenen Unternehmer die Antragsteller nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs der Anträge berücksichtigt werden sollen, ein Auswahlkriterium bei einem Bewerberüberhang normiert, ein anderer Verteilungsmodus aber dadurch nicht ausgeschlossen wird und sich eine andere Reihenfolge dann ergeben kann, wenn jemand wie hier der Kläger seinen grundsätzlich bestehenden Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung erfolgreich einklagt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt in Wiederholung der Festsetzung im Erörterungstermin am 28. April 2006, beruht auf §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 GKG a. F., § 72 Nr. 1 GKG n. F. und erfolgt abweichend von den derzeitigen Wertfestsetzungen des Senats in vergleichbaren Verfahren unter Berücksichtigung der Empfehlungen in Nr. 46.4 im früheren Streitwertkatalog von 1996 (DVBl. S. 605).