AG Siegburg, Urteil vom 13.06.2007 - 116 C 24/07
Fundstelle
openJur 2011, 47335
  • Rkr:
Tenor

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.324,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 14.01.2007 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht einen Schadensersatzanspruch aus einem Verkehrsunfall vom 14.11.2006 geltend. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Bei dem Unfall wurde ein entweder Herrn u oder dessen Mutter Frau E gehörender Pkw Opel Corsa (Mietwagengruppe 2) mit einer Laufleistung von 106.000 km und einem Wiederbeschaffungswert von 300,00 EUR beschädigt. Ausweislich des Schadensgutachtens vom 24.11.2006 beträgt die Wiederbeschaffungsdauer zur Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges 14 Kalendertage.

Mit Mietvertrag vom 14.11.2006 mietete Herr u im eigenen Namen und als Vertreter seiner Mutter bei der Klägerin ein Ersatzfahrzeug der Mietwagengruppe 1 bis zum 01.12.2006 an. Mit Rechnung vom 04.12.2006 berechnete die Klägerin dafür einschließlich Kosten für 2. Fahrer, Vollkaskoversicherung und Zustellung insgesamt 1.492,44 EUR. Die Rechnung wurde der Beklagten am 04.12.2006 übersandt, die keinerlei Zahlungen leistete.

Herr u erwarb am 08.01.2007 ein Ersatzfahrzeug.

Mit Abtretungserklärungen vom 14.11.2006 und 07.03.2007 haben sowohl Herr u als auch Frau E ihre Schadensersatzansprüche an die Klägerin abgetreten.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Bezahlung der Rechnung vom 04.12.2006. Sie behauptet, das beschädigte Unfallfahrzeug habe im Eigentum von Herrn u u gestanden und sei lediglich auf dessen Mutter angemeldet worden. Die Anmietung sei erforderlich gewesen, damit Herr u seinem Wohnort F zur Arbeit nach T habe fahren können. Die aufgewendeten Kosten seien unter Berücksichtigung der Zusatzleistungen und eines 20-%igen Zuschlages wegen der betriebswirtschaftlichen Sonderheiten der Anmietung im Unfallersatztarif angemessen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.492,44 EUR nebst Zinsen in Höhe

von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 14.01.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet eine wirksame Abtretung, da Herr u nicht Eigentümer des Fahrzeuges gewesen sei und die Eigentümerin E kein Ersatzfahrzeug angeschafft habe. Darüber hinaus seien die aufgewendeten Kosten insbesondere unter Berücksichtigung des Wiederbeschaffungswertes des geschädigten Fahrzeuges nicht angemessen; auch habe die Geschädigte keine Vergleichsangebote eingeholt. Desweiteren habe das geschädigte Fahrzeug keine Vollkaskoversicherung gehabt, so dass entsprechende Kosten nicht ersatzfähig seien. Darüber hinaus sei ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen vorzunehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen begründet. Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe des ausgeurteilten Betrages zu.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert, da ihr von dem oder von der Geschädigten aus dem Unfall vom 14.11.2006 der Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte abgetreten worden ist. Dabei kann hier offen bleiben, wer Eigentümer des geschädigten Fahrzeuges war, da beide infrage kommenden Personen die ihnen eventuell zustehenden Ersatzansprüche an die Klägerin abgetreten haben.

Der Abtretung lag auch ein entsprechender Schadensersatzanspruch zugrunde. Der oder die Geschädigte aus dem Unfall vom 14.11.2006 hat bei der Klägerin ein Ersatzfahrzeug angemietet; dabei ist der Mietvertrag sowohl von dem möglicherweise geschädigten u geschlossen worden als auch von seiner möglicherweise geschädigten Mutter E, vertreten durch ihren Sohn. Selbst wenn dieser – was die Beklagte nicht behauptet – nicht zur Vertretung seiner Mutter berechtigt gewesen sein sollte, hat diese jedenfalls das Handeln ihres Sohnes genehmigt, wie die Abtretung vom 07.03.2007 dokumentiert.

Die durch die Anmietung des Ersatzfahrzeuges entstandenen Kosten sind im Wesentlichen auch erstattungsfähig. Dabei scheidet ein Ersatzanspruch nicht schon deshalb aus, weil das geschädigte Fahrzeug lediglich einen Wiederbeschaffungswert von 300,00 EUR hatte. Die Anmietung des Ersatzfahrzeuges dient der Wiederherstellung der vor dem Unfall vorhandenen Nutzungsmöglichkeit und der daraus resultierenden Mobilität. Diese ist auch bei der Nutzung eines älteren Fahrzeuges vorhanden. Ein möglicherweise herabgesetzter Gebrauchswert kann daher allenfalls insoweit Berücksichtigung finden, als nur die Kosten eines Fahrzeuges aus einer tieferen Mietwagengruppe verlangt werden können. Ebenso wenig setzt der geltend gemachte Schadensersatzanspruch grundsätzlich eine zeitnahe Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges voraus (vgl. KGDaR 2004, 352 m. w. N.). Im übrigen ist hier eine Ersatzbeschaffung zum 08.01.2007 durch Herrn u vorgenommen worden, welcher entweder selbst Eigentümer und damit Geschädigter oder durch Überlassung des Fahrzeuges seitens seiner Mutter Nutzungsberechtigter war.

Der Höhe nach sind die Mietwagenkosten ersatzfähig, soweit sie objektiv erforderlich waren (vgl. BGH Versicherungsrecht 2005, 241). Dabei kann im Wege der Schadensschätzung nach § 287 ZPO zunächst von den Kosten ausgegangen werden, wie sie im Schwacke Mietpreisspiegel als Tarif für Selbstzahler (Normaltarif) im gewichteten Mittel ausgewiesen sind (vgl. BGH Versicherungsrecht 2006, 986). Unter Berücksichtigung des Alters des geschädigten Fahrzeuges kann dabei geboten sein, ein klassentieferes Fahrzeug anzumieten. Dies hat der/die Geschädigte hier jedoch beachtet, da das beschädigte Fahrzeug zur Mietwagengruppe 2 gehört und stattdessen ein Mietfahrzeug der Gruppe 1 angemietet worden ist. Für die Dauer der Anmietung ist ausweislich des vorgelegten Sachverständigengutachtens von einer Wiederbeschaffungsdauer von 14 Kalendertagen auszugehen. Unter Berücksichtigung einer weiteren Überlegungsfrist von 3 Tagen ist bereits die Anmietung bis zum 01.12.2006 gerechtfertigt, so dass hier nicht entschieden zu werden braucht, ob die erforderliche Mietdauer über die reine Zeit der Ersatzbeschaffung um die Zeit bis zum Vorliegen des Schadensgutachtens zu verlängern ist.

Ausgehend von dem Normaltarif des Schwacke-Mietpreisspiegels ergibt sich für den Mietzeitraum mit 2-Wochen-Tarifen und einem 3-Tages-Tarif ein Mietzins von insgesamt 845,00 EUR. Darüber hinausgehende Kosten sind ersatzfähig, soweit sie ihre betriebswirtschaftliche Rechtfertigung in den Besonderheiten der Vermietung im Rahmen des Unfallersatzgeschäftes finden (vgl. u. a. BGH Versicherungsrecht 2005, 241). Unfallbedingte Mehrleistungen ergeben sich hier daraus, dass die Anmietung ohne Vorauszahlung erfolgt ist und auch der Einsatz einer Kreditkarte nicht möglich war. Die Klägerin hat insoweit der sie treffenden sekundären Darlegungslast genügt und ausgeführt, dass weder eine Vorauszahlung noch der Einsatz einer Kreditkarte möglich war. Diesen Vortrag hat die Beklagte, die insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. BGH NJW 2007, 1676) nicht widerlegt, so dass ein dahingehender Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nicht feststeht. Den betriebswirtschaftlich begründeten Mietaufwand durch Vorfinanzierung schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 20 % (vgl. insoweit auch OLG Köln vom 02.03.2007 19 U 181/06), so dass sich ein ersatzfähiger Betrag von 1.014,00 EUR errechnet. Mit Teil- und Vollkaskoversicherung vgl. zur Ersatzfähigkeit Palandt-Heinrichs § 249 BGB Randnr. 34 m. w. N.) und Zustellkosten im gewichteten Mittel ergeben sich erforderliche Aufwendungen von 1.360,00 EUR. Hiervon ist ein Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen zu machen; dieser Abzug entfällt hier nicht durch die Anmietung eines gruppentieferen Fahrzeuges, da diese Einstufung bereits auf dem Alter und dem geringen Wert des beschädigten Fahrzeuges beruht. Das Gericht schätzt die ersparten Eigenaufwendungen im Anschluss an die Ausführungen von Meining (vgl. DAR 93, 281) auf 3,5 % der reinen Mietwagenkosten (ohne Haftungsfreistellung). Daraus resultiert eine Eigenersparnis von 35,49 EUR, so dass ein ersatzfähiger Betrag von 1.324,51 EUR verbleibt. Eine weitere Erhöhung des erforderlichen Tarifs wegen der Abrechnung eines zweiten Fahrers ist hingegen nicht geboten, da der Mietvertrag nur einen zweiten Mieter ausweist (vgl. OLG Köln a. a. O.).

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Streitwert: 1.492,44 EUR.

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