OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.04.2006 - 9 B 186/06
Fundstelle
openJur 2011, 45883
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.759,55 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur hinsichtlich der gegen die Richtigkeit des angegriffenen Beschlusses dargelegten Gründe zu prüfen ist, hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen zeigt nicht auf, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts fehlerhaft ist, bei summarischer Prüfung bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vorauszahlungsbescheide über Wasserentnahmeentgelt für die Veranlagungsjahre 2004 und 2005.

Das Verwaltungsgericht hat die Frage, ob für die von der Antragstellerin vorgenommene Entnahme von Wasser und anschließende Wiedereinleitung des zur Kieswäsche benutzten Wassers des Straberger Sees gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 WasEG i.V.m. § 24 WHG kein Entgelt erhoben werden darf, als offen angesehen. Diese Bewertung wird durch die Einwände der Antragstellerin nicht erschüttert. Insgesamt lassen sich die mit der Beschwerdebegründung angesprochenen Gesichtspunkte durch die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung jedenfalls nicht überwiegend in dem von der Antragstellerin vertretenen Sinne klären.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen dürfte sich zunächst aus der Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis für die Kieswäsche nicht bereits die Entgeltfreiheit herleiten lassen. Es sprechen gewichtige Argumente gegen den rechtlichen Ansatz der Antragstellerin, wonach eine Beeinträchtigung der in § 24 Abs. 1 Satz 1 WHG genannten Belange tatsächlich immer und „ohne weiteres" eine Beeinträchtigung der vom Wohl der Allgemeinheit umfassten Belange bedeute und damit zwingend zu einer Versagung der wasserrechtlichen Erlaubnis führen müsse. Vielmehr liegt es nahe, eine „nachteilige Veränderung der Eigenschaft des Wassers" im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 WHG auch dann annehmen zu können, wenn mangels Beeinträchtigung des „Wohls der Allgemeinheit" nach § 6 Abs. 1 WHG eine wasserrechtliche Erlaubnis erteilt worden ist. Namentlich erfordert die Würdigung des Allgemeinwohls unter allen Einzelfallgesichtspunkten, dass auf die Gesamtinteressen der Allgemeinheit abzustellen ist, mithin eine Abwägung der konkret betroffenen Belange untereinander zu erfolgen hat. Nur die im Einzelfall überwiegenden Gründe des Wohls der Allgemeinheit vermögen überhaupt zur Versagung der Erlaubnis zu führen.

Vgl. Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp (S/Z/D/K), WHG und AbwAG, Loseblattkommentar, Band 1, Stand 1. Juli 2005, § 6 Rdnr. 9 b, m.w.N..

Gemessen daran muss eine durch die Wasserentnahme und -nutzung entstehende nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaft der Erteilung einer Erlaubnis im Einzelfall nicht entgegenstehen, etwa wenn die Veränderung wegen anderer Gemeinwohlbelange hinzunehmen ist. Hinzu kommt, dass unter Beeinträchtigung im Sinne des § 6 Abs. 1 WHG nur eine nachhaltige Störung der Gemeinwohlbelange von nicht nur geringer Tragweite verstanden wird. Dagegen fallen unter nachteilige Veränderungen der Eigenschaft des Wassers auch solche nur geringsten Ausmaßes.

Vgl. S/Z/D/K, a.a.O., § 6 Rdnr. 11 bzw. § 24 Rdnr. 10.

Vor diesem Hintergrund dürfte es ohne ausschlaggebende Bedeutung sein, dass - wie die Antragstellerin hervorhebt - die ihr erteilte wasserrechtliche Erlaubnis für die Kieswäsche im Planfeststellungsbeschluss des Landrats des Kreises O. vom 15. August 2001 ohne beachtliche Auflagen erteilt worden ist. Die vorstehend dargestellten Unterschiede bezüglich der Voraussetzungen für den erlaubnisfreien Eigentümergebrauch und der Gründe für die Versagung der Erlaubnis sprechen ebenfalls gegen die Ansicht der Antragstellerin, die Antragsgegnerin sei durch die wasserrechtliche Erlaubnis bei der Prüfung der Entgeltpflichtigkeit gemäß § 1 WasEG rechtlich gebunden.

Das Vorbringen in der Beschwerdebegründung stellt auch die weiteren Bewertungen im angefochtenen Beschluss nicht durchgreifend in Frage. Der Senat teilt zunächst die Ansicht des Verwaltungsgerichts, wonach bei summarischer Prüfung nicht Überwiegendes für die Auffassung der Antragstellerin spricht, dass Entnahme und Wiedereinleitung des Oberflächenwassers (nach der Kieswäsche) tatsächlich und rechtlich als getrennte Vorgänge zu beurteilen seien. Der Umstand, dass Entnahme und Wiedereinleitung unterschiedliche Benutzungsarten nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 4 WHG darstellen, gibt hierfür nichts Entscheidendes her. Bei der Frage, ob eine Gewässerbenutzung etwa in Form einer Wasserentnahme gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 WHG erlaubnisfrei ist, dürfte regelmäßig eine Gesamtbetrachtung anzustellen sein. So ist beispielsweise das Vorliegen einer „wesentlichen Verminderung der Wasserführung" im Sinne der Vorschrift nicht isoliert zu beurteilen, sondern es kommt etwa darauf an, ob das entnommene Wasser verbraucht oder nach Gebrauch wieder eingeleitet wird.

Vgl. S/Z/D/K, a.a.O., § 24 Rdnr. 11.

Mit Blick darauf folgt der Senat auch den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass selbst bei der von der Antragstellerin geforderten getrennten Beurteilung nicht von vornherein ein erlaubnisfreier Eigentümergebrauch vorliegt. Es spricht einiges dafür, dass - isoliert betrachtet - die fortlaufende Entnahme von erheblichen Wassermengen auf Dauer eine „wesentliche Verminderung der Wasserführung" erwarten lassen kann. Jedenfalls genügt das darauf bezogene Beschwerdevorbringen, wonach „mangels gegenteiliger Anhaltspunkte" von einem Vorliegen der Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 WHG auszugehen sei, nicht den Anforderungen an die Darlegung durchgreifender Beschwerdegründe (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Nach dem Vorstehenden kommt es - eine getrennte Betrachtung der Benutzungsvorgänge unterstellt - auf die weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung zur Entgeltfreiheit nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 WasEG nicht mehr entscheidungserheblich an.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ebenfalls das Vorliegen der Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes gemäß § 1 Abs 2 Nr. 1 WasEG verneint. Die der Antragstellerin aufgegebene Herstellung eines Schwemmsandfächers ist keine behördlich angeordnete Benutzung im Sinne dieser Vorschrift. Sie stellt vielmehr eine Nebenbestimmung für die durch den Planfeststellungsbeschluss erlaubte Gewässerbenutzung dar, welche nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin die Herstellung und Rekultivierung des Ufergeländes betrifft.

Soweit die Antragstellerin Bedenken gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts äußert, es fehle bislang an den erforderlichen konkreten Einzelfeststellungen für die Prüfung der Voraussetzungen nach § 24 Abs. 1 Satz 1 WHG, kann dies der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Nach den vorstehend erläuterten Unterschieden in den Voraussetzungen der §§ 6 Abs. 1 und 24 Abs. 1 Satz 1 WHG lässt sich aus dem Vorliegen der wasserrechtlichen Erlaubnis jedenfalls nicht hinreichend ableiten, dass keine nachteiligen Veränderungen der Eigenschaft des Wassers oder keine anderen Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts belegt sind. Gleiches gilt für die von der Antragstellerin vorgelegten Untersuchungsergebnisse. Insofern reicht es nicht aus, lediglich auf die von der Antragstellerin hervorgehobene zusammenfassende Feststellung der Untersuchung abzustellen. Vielmehr dürfte ggf. eine konkret an den Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 WHG orientierte Prüfung erforderlich sein, die - wie das Verwaltungsgericht nachvollziehbar unter Bezugnahme auf die Einzelbefunde im Gutachten des Dipl.-Geol. I. N. erläutert hat - jedenfalls nicht hinreichend sicher im Sinne der Antragstellerin ausgehen wird.

Schließlich führt auch die Rüge der Antragstellerin gegen den ihr gegenüber unterlassenen Hinweis auf die Notwendigkeit weiteren Sachvortrags bzw. weiterer Sachverhaltsfeststellungen nicht weiter. Im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist eine vollständige Ausermittlung schwieriger Sachverhaltsfragen in der Regel - und so auch hier - nicht geboten. Eine darauf gerichtete Prüfung kann das einstweilige Rechtsschutzverfahren nicht leisten; es ist dafür auch nicht vorgesehen. Vor diesem Hintergrund muss der Ausgang des Hauptsacheverfahrens in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht zumindest als offen angesehen werden, was gemessen an § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht ausreicht. Eines von der Antragstellerin erbetenen Hinweises durch den Senat bedurfte es - zumal wegen der Begrenzung des Prüfungsumfanges im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO - nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2 , 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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