LG Bielefeld, Urteil vom 14.03.2006 - 6 O 610/04
Fundstelle
openJur 2011, 45447
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner

an die Klägerin zu Händen eines von der Klägerin zu beauftragenden Notars 82.103,25 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 09.06.1998 seit 24.02.2005 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notariell beurkundeter Erklärungen der Klägerin und ihres Ehemanns, Herrn E. M., xxx, vor dem beauftragten Notar:

„Wir sind eingetragene Eigentümer eines im Wohnungsgrundbuch des Amtsgericht T., Blatt xxx eingetragenen 51/10.000stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück im Rechtssinn, Gemarkung T., Flur xxx, Flurstücke xxx, xxx und xxx, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Gebäude Y-Straße xx, im Erdgeschoß, Nr. xxx des Aufteilungsplanes.

Wir verpflichten uns hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentum auf die K. & Co. KG zu übertragen, frei von der in Abteilung III des Grundbuches eingetragenen Grundschuld der B. Bausparkasse AG, K., in Höhe von 150.000,00 DM (76.693,78 EUR).

Wir erteilen hiermit der K. & Co. KG die unwiderrufliche Vollmacht, in unserem Namen und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären.

Wir erklären unser Einverständnis mit einer Weisung der Firma K. & Co. KG an den unterzeichneten Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung III des Grundbuches eingetragenen Grundschuld der B. Bausparkasse AG, K., in Höhe von 150.000,00 DM (76.693,78 EUR) zu verwenden.

Wir bewilligen die Eintragung der Firma K. & Co. KG als Eigentümerin.

Der Notar darf von dieser Erklärung nur Gebrauch machen, wenn die Verurtei-lungssumme in voller Höhe auf seinem Notaranderkonto eingegangen ist.

Ein etwaig überschießender Betrag ist an uns auszuzahlen.“

Es wird festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin auch jeden weiteren ab 28.01.2000 entstandenen und noch entstehenden Schaden, der im Zusammenhang mit dem Erwerb des zuvor bezeichneten Grundbesitzes steht, als Gesamtschuldner zu ersetzen haben.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klägerin verlangt Schadensersatz aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes wegen einer schuldhaften Falschberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung.

Die Beklagte zu 1) kauft Altwohnbestände an, teilt sie in Wohnungseigentum auf und vertreibt ihre dadurch entstandenen Eigentumswohnungen über Handelsvertreter. Der Beklagte zu 2) ist persönlich haftender Gesellschafter der Beklagten zu 1).

Mitte 1999 nahm die Beklagte zu 1) durch den für sie tätigen Berater N. Kontakt mit der Klägerin und ihrem Ehemann auf und bot ihnen eine Eigentumswohnung in einem Objekt in T. an. Dieses Objekt hatte die Beklagte zu 1) durch Teilungserklärung vom 04.11.1999 in Wohnungseigentum aufteilen lassen. Auf ein entsprechendes Angebot (Anlage K 7) entschlossen sich die Eheleute M. zum Kauf einer 62 qm großen Eigentumswohnung. Nachdem sie am 26. und 28.01.2000 (Blatt 15,16 GA) sogenannte Besuchsaufträge unterzeichnet hatten, kauften sie mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 28.01.2000 die Eigentumswohnung Nr. xxx des Aufteilungsplans zum Kaufpreis von 160.580,00 DM (Anlage K 1). Der Kaufpreis wurde in Höhe von 150.000 DM durch ein Vorausdarlehen mit der B. Bausparkasse AG finanziert (Anlage K 4). Die Tilgung des Vorausdarlehens sollte mit den zugeteilten Bausparsummen aus zwei ebenfalls bei der B. Bausparkasse AG abgeschlossenen Bausparverträgen erfolgen. Die monatliche Sparrate betrug für das erste bis dritte Jahr 112, 50 DM, für das vierte bis sechste Jahr 157,50 DM, für das siebte bis neunte Jahr 217,50 DM und ab dem zehnten Jahr 277,50 DM.

Nach dem Erwerb der Wohnung durch die Klägerin und ihren Ehemann kam es ab dem Jahr 2000 zu Unterdeckungen des Mietpools. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 9 zum Schriftsatz vom 18.10.2004 Bezug genommen. Für die Jahre 2002 und 2003 hatten die Klägerin und ihr Ehemann Nachzahlungen in den Mietpool in Höhe von 186,00 EUR sowie 1.612,00 EUR zu leisten.

Die Klägerin behauptet, der Zeuge N. habe ihnen zugesagt, dass der von ihnen als maximal zu bringende Betrag von 300,00 DM pro Monat ausreichend sei, um eine Eigentumswohnung zu erwerben, da der Rest des Kaufpreises durch Steuerersparnis und Mieteinnahmen sowie durch vermögenswirksame Leistungen abgedeckt sei. Auch in weiteren Gesprächen sei ihnen versichert worden, dass definitiv 300,00 DM monatlich ausreichen würden, um die Wohnung abzuzahlen. Darüber hinaus habe der ebenfalls für die Beklagte handelnde Zeuge I. erklärt, dass sich die Eigentumswohnung spätestens nach sieben Jahren durch Mieterhöhungen von selbst tragen würde. Diese Äußerungen hätten sie dahingehen verstehen müssen, dass sodann gar keine Eigenleistung mehr nötig sein würde. Die Musterrentabilitätsberechnung sei deshalb unrichtig, weil hierin nicht die steigenden Belastungen aufgeführt seien, die sich aus steigenden Bausparbeiträgen ergäben. Die längerfristige Belastung hätten sie frühestens aus dem Darlehensvertrag mit der B. Bausparkasse ersehen können, der ihnen aber erst nach dem Abschluss des notariellen Kaufvertrags zugänglich gemacht worden sei. - Die vorgelegte Berechnung ist auch deshalb unrichtig, weil diese bei einer Wohnfläche von 62 qm von der Mieteinnahme von 403,00 DM ausgehe. Bereits für das Jahr 2000 habe sich dem gegenüber eine Unterdeckung ergeben. Die Beklagte zu 1) habe sie weder auf die bereits schon zum Abschluss des Kaufvertrags bestehend schlechte Vermietsituation, noch auf die Möglichkeit einer Nachzahlungsverpfllichtung im Mietpool aufmerksam gemacht.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin zu Händen eines von der Klägerin zu beauftragenden Notars 82.103,25 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 09.06.1998 seit 24.02.2005 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notariell beurkundeter Erklärungen der Klägerin und ihres Ehemanns, Herrn E. M., xxx, vor dem beauftragten Notar:

"Wir sind eingetragene Eigentümer eines im Wohnungsgrundbuch des Amtsgericht T., Blatt xxx eingetragenen 51/10.000stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück im Rechtssinn, Gemarkung T., Flur xxx, Flurstücke xxx, xxx und xxx, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Gebäude Y-Straße xx, im Erdgeschoß, Nr. xxx des Aufteilungsplanes.

Wir verpflichten uns hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentum auf die K. & Co. KG zu übertragen, frei von der in Abteilung III des Grundbuches eingetragenen Grundschuld der Badendia Bausparkasse AG, K., in Höhe von 150.000,00 DM (76.693,78 EUR).

Wir erteilen hiermit der K. & Co. KG die unwiderrufliche Vollmacht, in unserem Namen und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären.

Wir erklären unser Einverständnis mit einer Weisung der Firma K. & Co. KG an den unterzeichneten Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung III des Grundbuches eingetragenen Grundschuld der B. Bausparkasse AG, K., in Höhe von 150.000,00 DM (76.693,78 EUR) zu verwenden.

Wir bewilligen die Eintragung der Firma K. & Co. KG als Eigentümerin.

Der Notar darf von dieser Erklärung nur Gebrauch machen, wenn die Verurteilungssumme in voller Höhe auf seinem Notaranderkonto eingegangen ist.

Ein etwaig überschießender Betrag ist an uns auszuzahlen."

festzustellen, dass die Beklagten der Klägerin auch jeden weiteren ab 28.01.2000 entstandenen und noch entstehenden Schaden, der im Zusammenhang mit dem Erwerb des im Antrag zu 1. bezeichneten Grundbesitzes steht, als Gesamtschuldner zu ersetzen haben.

Die Beklagten beantragten, die Klage abzuweisen.

Sie tragen vor, dass auf ihrer Seite kein Beratungsverschulden vorliege, da die Eheleute M. von den Zeugen N., L. und M. vollständig beraten worden sein. Gegenstand der Besprechungen sei auch das Wesen des Mietpools gewesen. Auch sei darauf hingewiesen worden, dass sich die monatlichen Sparraten für den Bausparvertrag erhöhten. Eine Unterdeckung des Mietpools sei für sie im Jahr 2000 nicht erkennbar gewesen. Ausgehend von einer Mieteinnahme von 7,90 DM pro qm Wohnfläche und einer Ausschüttung von 6,50 DM sowie abzüglich einer Instandhaltungsrücklage für das Gemeinschaftseigentum von 0,60 DM pro qm habe die Beklagte zu 1) mit einer Rücklage für das Sondereigentum sowie für ein Mietausfallwagnis von 0,80 DM kalkuliert. Zwar habe sich das Objekt nicht wie gewünscht entwickelt. Diese Entwicklung sei für sie aber nicht voraussehbar gewesen. Wegen der Einzelheiten ihres Vortrags wird insoweit auf die Schriftsätze vom 08.06.2005, 01.12.2005 und 09.02.2006 verwiesen.

Widerklagend beantragen die Beklagten,

festzustellen, dass auch dem Drittwiderbeklagten keine Ansprüche, insbesondere keine Schadenersatzansprüche, gegenüber den Beklagten aus Anlaß des notariellen Kaufvertrags vom 28.01.2000 vor dem Notar Wolfgang Kirchhoff (UR. Nr. 45/2000) und den in diesem Zusammenhang geführten Vertragsgesprächen zustehen.

Der Drittwiderbeklagte beantragte,

die Widerklage abzuweisen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen N., L. und M.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wir auf die Protokollniederschrift vom 27.09.2005 (150-154 der Akte) Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Auf das Verfahren findet gemäß Artikel 229, § 5, Satz 1 EGBGB das Schuldrecht in seiner vor dem in Kraft treten des Schuldrechtmodernisierungsgesetzes geltenden Fassung Anwendung.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadenersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung des zwischen den Parteien zustande gekommenen Beratungsvertrags zu.

Ein Beratungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann sowie der Beklagten zu 1) liegt vor. Nach der Rechtssprechung des BGH kann zwischen Verkäufer und Käufer ein Beratungsvertrag zustande kommen, wenn der Verkäufer im Zuge eingehender Vertragsverhandlungen dem Käufer, insbesondere auf Befragen, einen ausdrücklichen Rat erteilt. Gleiches gilt, wenn der Verkäufer dem Käufer als Ergebnis der Verhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, dass der Herbeiführung des Geschäftsabschlusses dienen soll (BGH, NJW 2004, 64 f). - beide Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da die Zeugen N. und L. die Klägerin und ihren Ehemann unstreitig mit dem Ziel des Erwerbs einer Eigentumswohnung beraten haben und dazu eine Rentabilitätsberechnung sowie einen Finanzierungsplan erstellt haben. Ferner sind nachträglich sogenannte "Besuchsaufträge" gefertigt worden, in denen nochmals die Berechnungen über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs dargestellt wurden.

Die Beklagte zu 1) wurde in der Beratung durch die Zeugen N. und L. vertreten, da diese als Repräsentanten der Beklagten auftraten, in deren Dienst sie den Vertrieb durchführten und die Interessenten berieten. Die Bevollmächtigung der Zeugen ergab sich dabei (stillschweigend) aus der Vertriebsstruktur.

Wesentlicher Inhalt der Beratung war die Ermittlung des monatlichen Eigenaufwandes der Klägerin und des Drittwiderbeklagten, der zur Finanzierung des Ankaufs erforderlich war. Bei der Ermittlung dieses Eigenaufwandes ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) bei der Beratung sich nicht auf das Jahr des Ankaufs beschränken durfte. Denn nach dem Geschäftsmodell der Beklagten, das sich nicht auf einen einmaligen Leistungsaustausch in Form des Ankaufs der Wohnung beschränkt, sondern, das die künftige wirtschaftliche Nutzung des Objekts einschließt (vergleiche BGH NJW 2004, 64 f), handelte es sich um die Entscheidung über Zusatzeinnahmen aus Eigentum für die Zukunft und Alterssicherung. Daher musste die Beklagte zu 1) bei der Beratung auch diejenige Entwicklung berücksichtigen, die sich ihr nach den Umständen des Einzelfalls zum Zeitpunkt der Beratung aufdrängen müssten und die für den Kaufentschluss der Klägerin und des Drittwiderbeklagten erkennbar von Bedeutung waren.

Dieser Verpflichtung ist die Beklagte zu 1) nicht nachgekommen. Ihre Kalkulation, nämlich Mieteinnahmen von 6,50 DM pro qm zu Grunde zu legen, war für sie erkennbar unzureichend.

Aus dem unstreitigen Sachvortrag ergibt sich eine Mietpoolunterdeckung von 32,80 DM pro qm für das Jahr 2000, von 24,87 DM pro qm für 2001, von 1,69 EUR pro qm 2002 und von 9,xx EUR pro qm für 2003. Die Klägerin und ihr Ehemann sind daraufhin zu Nachzahlungen in den Mietpool von 186,00 EUR für 2002 und von 1.6xx,00 EUR für 2003 herangezogen worden. Bereits insofern hat sich ihr monatlicher Aufwand gegenüber dem von der Beklagten zu 1) prognostizierten Aufwand von 504,00 DM deutlich erhöht. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Ausschüttungen aus dem Mietpool vom 01.05.2004 auf 3,00 € pro qm reduziert worden sind, so dass sich hieraus eine weitere Erhöhung des monatlichen Aufwands für die Klägerin und den Drittwiderbeklagten ergibt.

Dass dem gegenüber die Instandhaltungsrücklage durchgehend von 2000 bis 2004 (vergleiche Blatt 185 GA) nicht in die Verlustzone geraten ist, sondern sich im positiven Bereich entwickelt hat, vermag die Beklagte zu 1) nicht zu entlasten. Abgesehen davon, dass die Bildung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage den gesetzlichen Vorgaben (§ 21 V WEG) entspricht, die Beklagte mithin die Rücklage von 0,60 DM pro qm offenbar ausreichend kalkuliert hat, kommt es entscheidend darauf an, wie sich der Eigenaufwand vor Steuern für die Klägerin und den Drittwiderbeklagten entwickelt hat. Bei der Ermittlung dieses Aufwands stellt der Einbehalt für die Instandhaltungsrücklage nur eine Position der gesamten Bewirtschaftungskosten dar. Der Eigenaufwand vor Steuern hat sich für die Klägerin und den Drittwiderbeklagten unstreitig erhöht, weil sie für 2000 und 2003 zu Nachzahlungen in Höhe von 186,00 EUR und 1.612,00 EUR herangezogen worden sind und zudem die Ausschüttungen aus dem Mietpool ab dem 01.05.2004 auf 3,00 € pro qm reduziert worden sind. Damit hat sich die Kalkulation der Beklagten zu 1), die ausweislich der Musterrentabilitätsberechnung sowie der Besuchsaufträge Grundlage der Beratung und der Kaufentscheidung durch die Klägerin und den Drittwiderbeklagten war, als unzutreffend erwiesen.

Die Kammer vertritt insoweit die Auffassung, dass maßgeblich auf den Eigenaufwand vor Steuern und nicht auf den monatlichen Netto-Eigenaufwand abzustellen ist. Das Erfordernis einer nachhaltig zutreffenden Beratung verlangt eine Kalkulation auf der Grundlage der der Beklagten zu 1) im Beratungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen. Nur bei einem Vergleich des prognostizierten mit dem tatsächlichen Eigenaufwand vor Steuern, lässt sich feststellen, ob die Kalkulation der Beklagten zu 1) ausreichend war oder nicht. Stellte man dem gegenüber auf den Nettoaufwand ab, würden zufällige, nicht planbare Ereignisse die Ergebnisse verfälschen. Die Entwicklung der Steuergesetzgebung, des persönlichen Steuersatzes der Kaufinteressenten, der vermögenswirksamen Leistungen sowie des Darlehenszinses, hängt von Ereignissen ab, die von der Beklagten zu 1) nicht vorauszusehen und nicht zu beeinflussen waren. Stellte man auf den Nettoaufwand ab, würden zufällige Zins- oder Steuerentwicklungen die Beklagte zu 1) be- oder entlasten, ohne dass damit eine Aussage getroffen wäre, ob die Rücklagen von der Beklagten zu 1) ausreichend kalkuliert worden wären. Zwar war der monatliche Nettoaufwand für den Käufer der im Kaufzeitpunkt maßgebliche Betrag, den er aus seinem Vermögen aufzubringen hatte. Die Frage, ob die Rücklagen von der Beklagten zu 1) nachhaltig ausreichend kalkuliert worden sind, kann jedoch nur unter Außerachtlassung der steuerlichen Belastungen und ohne Berücksichtigung sich verändernder Zinslasten beantwortet werden. Entscheidend ist, dass die Beklagte zu 1) mit einer bestimmten Mieteinnahme kalkuliert hat und diese Mieteinnahme wesentlicher Bestandteil der Gesamtkalkulation war. Stellt sich - wie vorliegend - heraus, dass diese Mieteinnahme nachhaltig zu hoch kalkuliert worden ist, war die Berechnung er Beklagten zu 1) fehlerhaft und damit pflichtwidrig.

Diese Pflichtwidrigkeit ist von der Beklagten zu 1) auch zu vertreten. Denn die Beklagte zu 1) hat nicht dargelegt, dass die eingetretene Entwicklung bei Abschluss des Kaufvertrags Anfang 2000 für sie noch nicht vorhersehbar war.

Der Mietpool hat sich seit dem Erwerbsjahr 2000 negativ entwickelt. Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte sind für 2002 und 2003 zu Nachzahlungen herangezogen worden. Die Ausschüttung aus dem Mietpool ist ab dem 01.05.2004 auf 3,00 EUR pro qm gesenkt worden. Bei dieser Entwicklung obliegt es nach Auffassung der Kammer, der Beklagten zu 1) darzulegen, dass sie dieses Abgleiten in die Verlustzone nicht voraussehen konnte und eine Mieteinnahme von 6,50 DM pro qm zu Grunde legen durfte. Diese Darlegung ist der Beklagten zu 1) nach Auffassung der Kammer nicht in ausreichendem Maße gelungen.

Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) im Jahr 2000 dem Mietpool einen Betrag von 150.000,00 DM und im Jahr 2002 einen weiteren Betrag von 46.016,27 EUR zugeführt hat. Dadurch ist die errechnete Unterdeckung abgemildert worden. Zwar hat die Beklagte zu 1) in § 11 des notariellen Kaufvertrags erklärt, dass sie bereits eine Instandhaltungsrücklage für das Sondereigentum in Höhe von insgesamt 150.000,00 DM gebildet habe, so dass die entsprechende Berücksichtigung in der Mietpoolabrechnung für 2000 einer vertraglichen Verpflichtung entspricht. Selbst wenn die Beklagte mit dieser Zahlung dem Umstand Rechnung getragen haben will, dass erwartete Probleme zu Beginn der Vermarktung beseitigt werden sollten, hätte zumindest die weitere Entwicklung in den zukünftigen Jahren ein ausgeglichenes Mietpoolkonto erwarten lassen müssen. Nicht erklärlich wird jedenfalls die weitere Zuführung von 46.016,72 EUR im Jahr 2002. Ohne diese Zahlung, deren Begründung unklar bleibt und die nicht auf Probleme in einer frühen Vermarktungssituation zurückgeführt werden kann, wäre die Mietpoolunterdeckung deutlich höher ausgefallen.

Die Beklagte zu 1) kann sich nicht darauf berufen, sie habe im Jahr 2000 einen Betrag in Höhe von 274.257,93 DM an den Vorverwalter abgeführt. Diese Verpflichtung war der Beklagten zu 1) aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Voreigentümer bei Abschluss des Kaufvertrags mit der Klägerin und dem Dittwiderbeklagten bekannt. Sie hätte bei der Kalkulation der Mieteinnahme von 6,50 DM pro qm entsprechend berücksichtigt werden müssen. Im Übrigen ist zu bedenken, dass der Banksaldo 1999 nicht 289.093,43 DM betragen hätte, wenn die Mieten für 1999 in Höhe von 274.257,93 DM bereits dem Bankkonto entnommen worden wären.

d) Die Beklagte zu 1) entlastet auch nicht der Hinweis darauf, dass das vom Miet- pool an die Wohnungseigentümergemeinschaft abgeführte Hausgeld zu hoch kalkuliert worden sei. Zwar wäre bei einer um 76.204,34 DM geringeren Abfüh- rung des Hausgeldes an die Wohnungseigentümergemeinschaft in 2000 die Un- terdeckung im Mietpool entsprechend geringer ausgefallen. Andererseits wäre es dann aber nicht zu einer Rückführung der Betriebskosten in dieser Höhe für die Mietpoolabrechnung für 2001 gekommen. Die negative Entwicklung des Miet- pools hätte sich lediglich innerhalb der Jahre 2000 bis 2004 verschoben.

Schließlich kann sich die Beklagte zu 1) auch nicht darauf berufen, sie habe ihre Kalkulation an Wirtschaftlichkeitsberechnungen und einer Aufstellung der Voreigentümerin orientiert. Sämtliche von den Beklagten vorgelegten Unterlagen ändern nichts an der tatsächlichen Entwicklung der Mieteinnahmen zwischen 2000 und 2004 und an dem durchweg steigenden Eigenaufwand vor Steuern der Klägerin in des Widerbeklagten. Die Beklagten weisen wiederholt daraufhin, das Objekt habe sich nicht wie gewünscht entwickelt. Die Beklagten haben aber nicht dargelegt, dass dieser Umstand für sie unvorhersehbar eingetreten ist. Es ist weder ersichtlich, dass ein völlig überraschender Mietleerstand eingetreten ist, noch dass das Zahlungsverhalten der Mieter unvorhersehbar gesunken sei. Es war gerade die Aufgabe der Beklagten zu 1), ein angemessenes Mietausfallwagnis einzuplanen. Dies hat die Beklagte zu 1) ausweislich der tatsächlichen Entwicklung in den Jahren 2000 bis 2004 nicht getan.

Bei diesem Ergebnis kam es nicht mehr darauf an, ob der Klägerin und dem Drittwiderbeklagten zugesichert sei, ihr Eigenaufwand würde monatlich nicht über 300,00 DM steigen. Eine Beweiswürdigung und gegebenenfalls weitere Beweis- aufnahme ist deshalb nicht erforderlich.

Aufgrund der von der Beklagten zu 1) begangenen Pflichtverletzung sind die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet, den der Klägerin und dem Drittwiderbeklagten entstandenen Schaden zu ersetzten. Dieser beläuft sich mindestens auf die geltend gemachten 82.103,25 EUR. Eine Berücksichtigung von Steuervorteilen hat nicht zu erfolgen. Zwar sind grundsätzlich etwaige bleibende Steuervorteile der Klägerin und des Drittwiderbeklagten bei Schadensersatzansprüchen im Wege des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen (vgl. BGH WM 2004, 1527). Allerdings geht die Kammer vorliegend davon aus, dass die der Klägerin und ihrem Ehemann zurück zu erstattenden Werbungskosten gemäß § 9 ESTG im Zuflussjahr der Besteuerung unterliegen (vgl. die vom BGH zitierten Entscheidungen BFH/NV 1995, 499; BFH E 170, 111; BFH E 171, 183). Wegen der bestehenden Steuerpflicht scheidet deshalb eine Vorteilsausgleichung aus.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 I BGB.

Der Feststellungsantrag ist zulässig und entsprechend den obigen Ausführungen begründet.

II.

Die Widerklage ist zulässig. - Eine Drittwiderklage ist insbesondere in den Fällen zulässig, in denen eine Partei nicht nur die eigenen, sondern auch die Ansprüche des Drittwiderbeklagten geltend macht, die ihr zuvor abgetreten worden sind (vergleiche OLG Hamm, 22 U 195/01).

Die Widerklagte ist aber nicht begründet. Entsprechend den obigen Ausführungen stehen dem Drittwiderbeklagten gerade Schadenersatzansprüche aus Anlass des notariellen Kaufvertrags vom 28.01.2000 zu.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 709 ZPO.