AG Köln, Urteil vom 22.03.2006 - 217 C 206/05
Fundstelle
openJur 2011, 43989
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist seit ca. 23 Jahren Mieter einer Wohnung im Hause O. Straße 44 in Köln. Die Beklagte ist auf Vermieterseite in das Mietverhältnis eingetreten.

Unter dem 22.08.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie eine Beschwerde dahin erhalten habe, dass der Kläger durch sein zu laut eingestelltes Fernsehgerät zu Tag- und Nachtzeit Mieter des Hauses Nr. 44 und der Nachbarhäuser störe, forderte ihn insoweit zur Einhaltung der Hausordnung auf und kündigte für den Fall erneuter Beschwerde die fristlose Kündigung an. Auf das Schreiben Bl. 5 d. A. sowie das ergänzende Schreiben vom 25.08.2005 (Bl. 6. d. A.) wird verwiesen. Der Abmahnung lagen die Beschwerdeschreiben vom 8., 12. und 15.8.2005 zugrunde, Bl. 15ff d. A..

Der Kläger begehrt mit der Klage Beseitigung der Abmahnung bzw. Feststellung deren Nichtberechtigung.

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Klage insbesondere, ob der Kläger an dem verfolgten Rechtsziel ein schutzwürdiges Interesse hat sowie über das Vorliegen der der Abmahnung zu Grunde liegenden Behauptungen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

die ihm mit Schreiben vom 21. August 2005 erteilte Abmahnung zu

beseitigen,

hilfsweise: die ihm mit Schreiben vom 21. August 205 erteilte

Abmahnung zu unterlassen,

hilfsweise: festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben

vom 21. August 2005 erteilte Abmahnung unberechtigt ist.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Gründe

Die Klage ist nicht zulässig.

Dem Kläger steht hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Beseitigung der erteilten Abmahnung kein Rechtsschutzbedürfnis zu. Die Abmahnung ist eine rechtsgeschäftsähnliche einseitige empfangsbedürftige Erklärung des Vermieters, die letztlich dem Schutz des Mieters dient. Sie hat Warnfunktion und soll den Mieter darüber informieren, welches tatsächliche Verhalten vom Vermieter missbilligt wird. Sie soll Gelegenheit zur Abhilfe geben. In seinen Rechten wird der Mieter durch eine erteilte Abmahnung nicht beeinträchtigt (Schmid-Futterer/Blank § 543 Rz 58, 61, § 541 Rz. 90f.) Dies gilt unabhängig davon , ob die Abmahnung zu Recht oder zu Unrecht ergangen ist. Eine Beeinträchtigung der Rechte des Mieters ergibt sich erst in dem Augenblick, in dem der Vermieter bei (tatsächlichen oder vermeintlichen) Fortsetzen der abgemahnten Verhaltensweisen von seinen Ansprüchen auf Unterlassung oder seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht. Eine Eigenständige Bedeutung kommt der Unterlassungserklärung hingegen nicht zu. Für die Mietakte fehlen entsprechende Regelungen wie für die Personalakte eines Arbeitnehmers, welche Unterlagen sich darin befinden dürfen, dass dies durch Akteneinsicht überprüft werden dürfte und ebenso ein Anspruch auf Entfernung aus der Akte. Ein Vergleich mit der Rechtslage im Arbeitsrecht kommt damit nicht in Betracht und lässt sich auch nicht allein aus dem Umstand herleiten, dass der gemieteten Wohnung eine existenzielle Bedeutung zukommt. Die Kündigungsregeln des Mietrechts, nach denen die Abmahnung unter anderen und neben weiteren Voraussetzungen eine Voraussetzung für die Beendigung des Mietverhältnisses sein kann, lassen sich mit dem Regelungssystem im Arbeitsrecht nicht vergleichen und einzelne Ansprüche nicht übertragen. Die Überprüfung der Wirksamkeit der Abmahnung bleibt dem Räumungsprozeß vorbehalten, in dem sie inzidenter als Kündigungsvoraussetzung dargetan und ggf. bewiesen werden muß.

Dasselbe gilt für den Antrag zu 2. Diesem Antrag kommt keine eigene Bedeutung zu. Die Anträge zu 1. und 2. verfolgen dasselbe Rechtsziel, nämlich die Beseitigung der bereits erteilten Abmahnungserklärung, da Erfolgtes nur beseitigt, und nur Künftiges unterlassen werden kann. Das Gerichts geht davon aus, dass in dem Antrag zu 2. kein neuer Streitgegenstand liegt.

Der Kläger hat auch kein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Feststellung der Nichtberechtigung der Abmahnung. Erforderlich wäre für die Feststellungsklage ein besonderes Feststellungsinteresse an Bestehen oder nicht bestehen eines Rechtsverhältnisses. Durch die Erteilung der Abmahnung wird zwischen den Parteien kein Rechtsverhältnis begründet bzw. das bestehende nicht verändert. Dies geschieht vielmehr erst durch die Abgabe der Willenserklärung, die durch die Abmahnung hätte vermieden werden sollen. Erst in diesem Verfahren, Unterlassungsklage/Räumungsverfahren/Feststellungsverfahren, dass eine verhaltensmäßige Kündigung nicht wirksam ist, ist die inzidente Feststellung der wirksamen Abmahnung als Anspruchsvoraussetzung relevant.

Nach alledem ist wie erkannt zu entscheiden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 N. 11, 711 ZPO.

Streitwert. Anträge 1. und 2.: 700,00 €

100,00 €

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