LG Düsseldorf, Urteil vom 15.09.2006 - 20 S 24/06
Fundstelle
openJur 2011, 43956
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsge-richts Düsseldorf vom 12. Januar 2006 - 56 C 9055/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens - sowie die Kosten des Streithelfers trägt der Beklagte.

Gründe

I.

Die Klägerin macht mit der Klage die Rückzahlung eines für ihre Versicherungsnehmerin an den Beklagten überwiesenen Betrages in Höhe von 626,40 € sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 5,11 € aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB geltend. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er seinen Klageabweisungsantrag in vollem Umfang weiterverfolgt.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 626,40 € aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB bejaht.

Der Beklagte hat die 626,40 € im Verhältnis zur Klägerin ohne Rechtsgrund erlangt.

Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Klägerin direkt bei dem Beklagten kondizieren kann, mithin zur Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs aktivlegitimiert ist.

In Anweisungsfällen findet zwar grundsätzlich der Bereicherungsausgleich zwischen den am mangelhaften Verhältnis beteiligten Personen, nicht dagegen zwischen der die Zuwendung vornehmenden Person (hier der Klägerin) und dem Zuwendungsempfänger (hier dem Beklagten) statt, wenn in einem der beiden Rechtsverhältnisse - Deckungsverhältnis oder Valutaverhältnis - der die Zuwendung rechtfertigende Grund fehlt (vgl. Palandt-Sprau, 64. Auflage, § 812 Rz. 50 mit Verweis auf die BGH-Rechtsprechung). Stellt sich die Zuwendung ausnahmsweise aber nicht als Leistung dar, steht dem Zuwendenden ein Bereicherungsanspruch unmittelbar gegen den Zuwendungsempfänger in Form der Nichtleistungskondiktion zu. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn keine wirksame Anweisung vorlag und dem Anweisenden die Zuwendung damit nicht zugerechnet werden kann (Palandt-Sprau, 64. Auflage, § 812 Rz. 51).

So liegt der Fall hier.

Die an die Klägerin gerichtete Honorarrechnung des die Versicherungsnehmerin vertretenden Streithelfers enthielt die Anweisung, das Honorar in Höhe von 626,40 € auf das in der Rechnung angegebene Konto des Streithelfers zu zahlen. Tatsächlich hat die Klägerin den Betrag jedoch auf das Konto des Beklagten überwiesen. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat sich die Klägerin dadurch nicht etwa "selbst angewiesen", sondern es liegt schlicht keine Anweisung vor. Die Zahlung der Klägerin kann daher der durch den Streithelfer vertretenen Versicherungsnehmerin nicht zugerechnet werden. Diese hat mangels Vorliegens einer Anweisung auch keine Ursache für den Anschein gesetzt, die Zahlung sei ihre Leistung, so dass die Zahlung in einem etwaigen Valutaverhältnis zwischen Versicherungsnehmerin und Beklagtem auch keine Tilgungswirkung im Sinne des § 362 BGB zu erzeugen vermochte. Die Klägerin kann die erfolgte Überweisung daher direkt von dem Beklagten kondizieren (vgl. BGH NJW 2001, 1855).

Im Verhältnis zur Klägerin hat der Beklagte die Gutschrift auf seinem Konto in Höhe von 626,40 € auch ohne Rechtsgrund erlangt. Auf die Frage, ob eine der Überweisung entsprechende Schuld der Versicherungsnehmerin gegenüber dem Beklagten aus einem Anwaltsvertrag gem. §§ 611, 675 BGB bestand, kommt es im Rahmen des hier allein vorzunehmenden bereicherungsrechtlichen Ausgleichs zwischen der Klägerin und dem Beklagten nicht an (vgl. BGH NJW 2001, 1855). Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und des Beklagten kann damit dahinstehen, ob diesem ein Honoraranspruch aus Anwaltsvertrag gem. §§ 611, 675 BGB gegen die Versicherungsnehmerin der Klägerin zusteht. Der vorliegend geltend gemachte Bereicherungsanspruch wäre selbst dann gegeben, wenn die Versicherungsnehmerin dem Beklagten tatsächlich ein Honorar in der umstrittenen Höhe schuldete (BGH a.a.O.).

Die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 21. August 2006 rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Da die Klägerin allein auf Anweisung ihrer Versicherungsnehmerin handeln durfte, kommt es nicht darauf an, ob sie deren Honorarschuld ausgleichen wollte oder nicht. Wie dargelegt ist eine Tilgungswirkung mangels entsprechender Anweisung jedenfalls nicht eingetreten.

Das Rückzahlungsbegehren der Klägerin verstößt auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Ein widersprüchliches Verhalten der Klägerin liegt schon deshalb nicht vor, da ihr nicht bekannt war, welcher Sozietät der Honoraranspruch gegen die Versicherungsnehmerin nach Auflösung der Bürogemeinschaft zustand.

Ebenso wenig kann sich der Beklagte darauf berufen, die Klageforderung sei deshalb unbegründet, weil die weisungswidrige Auftragserledigung durch die Klägerin das Interesse des Auftraggebers (der Versicherungsnehmerin) nicht verletzt habe (BGH NJW 1991, 3208). Abgesehen davon, dass dieser Grundsatz nur das unmittelbare Rechtsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer betrifft, also nicht zugunsten eines Dritten gilt, hat der Bundesgerichtshof gerade für die fehlgeschlagene Anweisung im Bereicherungsverhältnis darauf verwiesen, dass eine tatsächlich bestehende Schuld im Valutaverhältnis der Rückabwicklung einer Zuwendung ohne Anweisung nicht entgegensteht. Im Übrigen wäre es völlig verfehlt, die Klägerin mit der Frage zu belasten, wem der anwaltliche Honoraranspruch gegen ihre Versicherungsnehmerin letztlich zusteht, und ihr dafür auch noch das Prozesskostenrisiko aufzuerlegen. Aus dem gleichen Grund kommt es schließlich auch nicht darauf an, ob die Klägerin (weiterhin) mit schuldbefreiender Wirkung auf das ihr bekannte "Sozietätskonto" Überweisungen vornehmen konnte oder nicht. Hierbei handelt es sich um eine allein zwischen der Klägerin und ihrer Versicherungsnehmerin zu beantwortende Fragestellung, die auf die Rechtstellung des Beklagten keinen Einfluss hat.

Da der Beklagte sich mit dem Rückzahlungsanspruch seit dem 19. September 2003 in Verzug befindet, sind der Klägerin auch die geltend gemachten Mahnkosten in Höhe von 5,11 € aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 ZPO zuzusprechen.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert. Die maßgeblichen Fragen sind höchstrichterlich bereits geklärt.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 626,40 €