OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.05.2006 - 1 A 3706/04
Fundstelle
openJur 2011, 43693
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 10 K 8057/02
Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Postbeamtenkrankenkasse vom 8. März 2002 und des Widerspruchsbescheides der Deutschen Post AG vom 18. Oktober 2002 verpflichtet, dem Kläger zu den Aufwendungen gemäß Rechnung Dr. N. vom 21. Februar 2002 betreffend die implantologischen Leistungen für seine Ehefrau in Höhe von 1.005,28 EUR eine Beihilfe entsprechend der in den Beihilfevorschriften des Bundes grundsätzlich vorgesehenen Höhe zu gewähren.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Ruhestandsbeamter der Beklagten und als solcher nach den Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) beihilfeberechtigt.

Unter dem 27. Februar 2002 (Eingang: 1. März 2002) beantragte der Kläger für seine als Angehörige beihilferechtlich berücksichtigungsfähige Ehefrau unter anderem Beihilfe betreffend eine Rechnung des Zahnarztes Dr. N. vom 21. Februar 2002 über implantologische Leistungen; die Höhe der Aufwendungen betrug insoweit 1.005,28 EUR (einschließlich Sachkosten und Laborleistungen). Die zugrunde liegende Behandlung betraf im Kern Folgendes: Der Zahnarzt hatte als Ersatz für den Zahn 33 (dritter Zahn im Unterkiefer links) ein Implantat eingesetzt, um auf diesem Unterbau und dem noch vorhandenen Zahn 37 (siebter Zahn im Unterkiefer links) - Zahn 38 fehlt - einen schon vorhandenen Zahnersatz (betreffend die dazwischen liegenden - fehlenden - Zähne 34, 35 und 36) in Gestalt einer Teleskopbrücke neu befestigen zu können.

Durch Bescheid vom 8. März 2002 lehnte die Postbeamtenkrankenkasse die Gewährung einer Beihilfe zu der betreffenden Implantatversorgung ab, weil implantologische Leistungen nach den BhV nur beim Vorliegen bestimmter Indikationen beihilfefähig seien, von denen hier keine erfüllt sei. Der Kläger reichte daraufhin eine medizinische Begründung des behandelnden Zahnarztes seiner Ehefrau vom 14. März 2002 nach. In dieser führte Dr. N. Folgendes aus:

Die Implantation dient der Wiederherstellung der symmetrischen Vernakerung (offensichtlich gemeint: Verankerung) des vorhandenen Zahnersatzes. Die noch vorhandenen Frontzähne sind für die Verankerung eines so ausgedehnten Zahnersatzes nicht geeignet.

Der Zahn 37, der z. Zt. noch auf der linken Seite den Zahnersatz hält, ist langfristig nicht zu erhalten. Die Indikation für den Zahnersatz bei 033 stellt somit eine vorweggenommene Indikation gemäß Punkt 2) der Beihilferichtlinien dar (Freiendlücke, wenn mindestens die Zähne acht und sieben fehlen).

Mit Schreiben vom 20. März 2002 bekräftigte die Postbeamtenkrankenkasse auch unter Einbeziehung der Begründung des Zahnarztes ihre Auffassung, dass eine der in dem Schreiben näher erläuterten Indikationen nach der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV nicht angenommen werden könne.

Den daraufhin eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Deutsche Post AG durch Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2002 zurück. Zur Begründung war dort im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei den Indikationen nach der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV um eine abschließende Aufzählung handele. Es lägen hier insbesondere - was in dem Bescheid näher erläutert wurde - weder die Voraussetzungen einer Freiendlücke vor noch handele es sich um ein Einzelzahnimplantat zwischen zwei intakten, nicht überkronungsbedürftigen Zähnen.

Am 15. November 2002 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat sich im Kern darauf berufen, dass die in Rede stehende Behandlung sowohl medizinisch indiziert als auch von den Kosten her angemessen gewesen sei. Eine etwaige Alternativversorgung des Unterkiefers seiner Frau, bei welcher die vorhandene Prothese nicht hätte verwendet werden können, wäre wesentlich teurer gekommen. Darüber hinaus wäre sie mit einem Verlustrisiko für die Unterkiefer-Frontzähne behaftet gewesen. Die Beihilfegewährung habe sich als entscheidendem Maßstab an den Merkmalen der Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen zu orientieren. Die in der in Rede stehenden Anlage zu den BhV bestimmten engen Indikationen für die Erstattungsfähigkeit implantologischer Leistungen schlössen es nicht aus, eine ggf. davon abweichende Entscheidung zu treffen, wenn dies - wie hier - die besonderen Umstände des Einzelfalles und das Zumutbarkeitskriterium geböten. Bei der Anwendung der Indikationen müssten im Übrigen auch bereits zukünftige Entwicklungen - hier den Zahn 37 betreffend - berücksichtigt werden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Postbeamtenkrankenkasse vom 8. März 2002 und des Widerspruchsbescheides der Deutschen Post AG vom 18. Oktober 2002 zu verpflichten, ihm zu den Aufwendungen gemäß Rechnung Dr. N. vom 20. (richtig: 21.) Februar 2002 eine weitere Beihilfe zu der Implantatversorgung seiner Ehefrau in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

Sie ist dem Klagevorbringen entgegengetreten: Die vom Kläger angeführten Gründe rechtfertigten es nicht, im vorliegenden Falle von den ausdrücklich und abschließend bestimmten Indikationen abzuweichen. Einer etwaigen Ausnahmeregelung stehe schon der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller Beihilfeberechtigten entgegen. Aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergebe sich hier ebenfalls kein Anspruch auf die begehrten Leistungen.

Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides sowie auf den Beschluss des Senats vom 6. Mai 2004 - 1 A 1160/03 - bezogen.

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung, zu deren Begründung der Kläger unter Vertiefung und Ergänzung seines bisherigen Vorbringens im Wesentlichen geltend macht: Er habe aufgrund seiner Beamtenstellung und der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nach § 79 BBG dem Grunde nach Anspruch auf Beihilfeleistung. Dieser müsse für notwendige und angemessene Aufwendungen nach § 5 BhV, der gewissermaßen den „Programmsatz" des Beihilferechts bilde, auch erfüllt werden. Bleibe der Beamte in Anwendung der im Übrigen dem Gesetzesvorbehalt nicht genügenden beihilferechtlichen Regelungen mit erheblichen Aufwendungen belastet, komme auch die Fürsorgepflicht als unmittelbare Anspruchsgrundlage für Leistungen in Betracht. Die im vorliegenden Fall beanstandete Entscheidung der Beihilfefestsetzungsstelle habe sich zu Unrecht allein an den engen - etwa beim Merkmal des Einzelimplantats schon von der Auslegung durch die Beklagte her fragwürdigen - Indikationen der Anlage 2 ausgerichtet und die vorstehenden Gesichtspunkte sowie die besonderen Umstände des Einzelfalles ausgeblendet. Die Bestimmungen in jener Anlage seien zumal für die Gerichte nur eine - nicht bindende - Auslegungs- und Entscheidungshilfe. Über sie könnten dagegen nicht „Programmsätze" wie der § 5 BhV sowie der übergeordnete Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht „ad absurdum geführt" und die sich daraus dem Grunde nach ergebenden Ansprüche ausgeschlossen werden. Die im Streit stehende Behandlung sei sowohl medizinisch indiziert - dies namentlich zum Erhalt der Vorderzähne - als auch die deutlich kostengünstigste gewesen. Die Frontzähne (als allenfalls zur Verfügung stehende Alternative) seien für die Verankerung eines Brückenglieds ungeeignet gewesen. Nur bei der durchgeführten Lösung habe überdies die vorhandene Prothese erhalten und weiterverwendet werden können. Die denkbare Alternativbehandlung hätte wegen des drohenden Verlusts der Vorderzähne auch eine erhebliche psychische Belastung für seine Ehefrau bedeutet. Wie eine Berechnung des behandelnden Zahnarztes ergebe, wären für die medizinisch schlechtere Behandlungsalternative Kosten in Höhe von 6.491,87 EUR anstelle der für die durchgeführte Behandlung abgerechneten 1.005,28 EUR angefallen. Auch das Kostenargument sei im vorliegenden Zusammenhang berücksichtigungsfähig. Der Zweck der Begrenzungen und Ausschlüsse, eine sparsame Verwendung von Steuergeldern, werde im konkreten Fall ersichtlich nicht erfüllt. Ferner verstoße eine etwaige unterschiedliche Behandlung der Bundesbeamten und der Landesbeamten betreffend die in Rede stehenden Fragen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Indem das Verwaltungsgericht die Entscheidung der Beklagten schlicht wiederholt und ohne erkennbare Prüfung der von ihr angesprochenen Fragen einen Anspruch pauschal abgelehnt habe, habe es schließlich auch den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Des Weiteren beruft sich der Kläger in den von ihm angesprochenen Zusammenhängen auf eine Reihe von Gerichtsurteilen, welche seiner Auffassung nach seinen Rechtsstandpunkt stützen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Postbeamtenkrankenkasse vom 8. März 2002 und des Widerspruchsbescheides der Deutschen Post AG vom 18. Oktober 2002 zu verpflichten, ihm zu den Aufwendungen gemäß Rechnung Dr. N. vom 21. Februar 2002 betreffend die implantologischen Leistungen für seine Ehefrau in Höhe von 1.005,28 EUR eine Beihilfe entsprechend der in den Beihilfevorschriften des Bundes grundsätzlich vorgesehenen Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält einen Anspruch des Klägers auf (weitere) Beihilfe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien die BhV weiterhin anwendbar, bis der Gesetzgeber seiner Normierungspflicht nachkomme. Ohne Beihilfevorschrift hätte der Kläger im Übrigen keine Anspruchsgrundlage. Der Tatbestand der Nr. 4 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV sei unter keiner der dort geregelten Indikationen erfüllt. Aus § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV ergebe sich - mit Blick auf die vom Kläger vorgenommene allgemeine Beurteilung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Behandlung - kein zusätzlicher Beihilfetatbestand neben den im Einzelnen in §§ 6 ff. geregelten Beihilfetatbeständen. Es handele sich vielmehr um eine allgemeine, im Ergebnis einschränkende Vorschrift für sämtliche einzelnen Beihilfetatbestände. Folglich seien die für die Beihilfefähigkeit von Implantaten in der Nr. 4 der Anlage 2 bestimmten Voraussetzungen abschließend. Die Entscheidung über die Beihilfe sei ferner eine gebundene Entscheidung ohne Ermessensspielraum. Unter vergleichenden Kostengesichtspunkten könnten nicht beihilfefähige Behandlungen im Ergebnis nicht zu beihilfefähigen werden. Mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn seien die BhV auch, was die Implantatbehandlung und die dafür geltenden Einschränkungen betreffe, grundsätzlich vereinbar. Der Dienstherr könne nach ständiger Rechtsprechung Leistungen für krankheitsbedingte Aufwendungen begrenzen und Selbstbehalte festsetzen. Die Frage, ob (unterrangige) „Hinweise" zu Beihilfevorschriften das durch Letztere selbst vorgegebene „Grundprogramm" einschränken dürften, stelle sich hier nicht. Die Anlage zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV sei nämlich kein solcher Hinweis, sondern eine Regelung auf derselben Ebene wie die BhV. Davon zu trennen sei die Frage, ob aufgrund der Fürsorgepflicht im Einzelfall eine über die BhV hinausgehende Beihilfeleistung verlangt werden könne. Derartiges sei höchstens dann anzunehmen, wenn die denkbare Alternativbehandlung medizinisch und menschlich zu untragbaren Zuständen führen würde. Dafür sei hier jedoch weder etwas vorgetragen noch ersichtlich. Die vom Kläger angeführten Rechtsprechungsbeispiele beträfen keine vergleichbaren Fälle.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs (Beiakte Heft 1) ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht begründete Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg. Die von ihm erhobene Verpflichtungsklage ist begründet.

Der Kläger hat - was sinngemäß hier allein im Streit ist - dem Grunde nach einen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe für die Implantatversorgung am Zahn (regio) 33 im Unterkiefer seiner Ehefrau lt. Rechnung des Zahnarztes Dr. N. vom 21. Februar 2002. Die diesbezüglichen Aufwendungen sind hier ausnahmsweise nicht mit Blick auf Nr. 4 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV von einer beihilferechtlichen Erstattung ausgeschlossen.

1. Der Kläger kann indes seinen Anspruch nicht mit Erfolg unmittelbar auf die von der Beklagten angewendete Allgemeine Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts - und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV), hier anwendbar in der Fassung vom 1. November 2001 (GMBl. S. 918), stützen. Allein auf der Grundlage der dort enthaltenen Bestimmungen in den Grenzen ihres Wortlauts ergibt sich für die im Streit stehende Fallkonstellation noch kein Anspruch auf die hier begehrten Beihilfeleistungen.

Dem steht allerdings nicht entgegen, dass die betreffenden Beihilfevorschriften des Bundes, die in der Gestalt einer Verwaltungsvorschrift erlassen worden sind, nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts genügen, wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 17. Juni 2004

- 2 C 50.02 -, BVerwGE 121, 103 = DVBl. 2004, 1420 = DÖV 2005, 24 = ZBR 2005, 42 (Juris Rn. 16 ff.)

ausgeführt hat. Für Aufwendungen, die - wie hier - in der Zeit vor dem Ergehen des genannten Urteils entstanden sind, kann dies nicht zum Nachteil der Beihilfeberechtigten berücksichtigt werden; um dem Gesetzgeber Gelegenheit zu geben, seiner Normierungspflicht nachzukommen, sind die Beihilfevorschriften sogar für die Zeit nach dem Erlass des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts noch für einen Übergangszeitraum anzuwenden (BVerwG, a.a.O. und Juris Rn. 20). Da die Beihilfevorschriften grundsätzlich ein einheitliches, geschlossenes Handlungsprogramm darstellen, kann sich diese vorübergehende Fortgeltung auch nicht etwa nur auf die „begünstigenden" Regelungen beziehen, sodass Ausschluss- und Begrenzungsregelungen von ihr nicht ausgenommen sind.

Ferner ist der Kläger auch grundsätzlich beihilfeberechtigt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 BhV) und geht es um Aufwendungen einer berücksichtigungsfähigen Angehörigen, nämlich seiner Ehefrau (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BhV).

Jedoch ist die Beihilfefähigkeit der konkret in Rede stehenden Aufwendungen nach Maßgabe der BhV vom Vorliegen bestimmter Indikationen abhängig, die hier bei einer Auslegung unter Beachtung der insoweit durch den Wortlaut gesetzten Grenzen nicht gegeben sind.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 BhV sind Aufwendungen aus Anlass einer Krankheit u.a. auch zahnärztliche Leistungen prinzipiell beihilfefähig. (U.a.) für zahnärztliche und kieferorthopädische Leistungen enthält der Satz 2 der Vorschrift indes eine wesentliche Ergänzung und zugleich Begrenzung. Danach bestimmen sich „Voraussetzungen" und „Umfang" der Beihilfefähigkeit der diesbezüglichen Aufwendungen nach (der) Anlage 2 (zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV). Diese Anlage 2 enthält in seiner Nr. 4 spezielle Maßgaben für „Implantologische Leistungen". Zum einen werden die diesbezüglichen (einschließlich aller damit verbundenen weiteren) zahnärztlichen Leistungen vom Vorliegen einer der nachfolgend unter a) bis c) bestimmten Indikationen abhängig gemacht (Satz 1). Zum anderen wird zusätzlich bestimmt, dass Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, nur bei Einzelzahnlücken oder mit besonderer Begründung zur Fixierung von Totalprothesen beihilfefähig sind; Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, sind von der Beihilfefähigkeit (ganz) ausgeschlossen (Satz 2). Vorliegend kommt dabei allein dem Satz 1 Bedeutung zu; die zahlenmäßige Begrenzung der Implantate ist im Fall der Ehefrau des Klägers unstreitig nicht überschritten.

Die Indikation der „Fixierung einer Totalprothese" (Alternative c) liegt ersichtlich nicht vor, weil das Implantat der Verankerung lediglich einer - einen bestimmten Bereich des Gebisses - abdeckenden Teilprothese (Teleskopbrücke) dienen sollte. Darauf, ob die betreffende Indikation voraussetzt, dass überhaupt kein (natürlicher) Zahn im gesamten Gebiss mehr vorhanden ist, oder ob nach Sinn und Zweck der Regelung auch das Vorhandensein (nur) eines einzigen Zahnes eine Zuordnung des Falles zu dieser Indikation nicht hindert,

vgl. dazu VG Braunschweig, Urteil vom 1. Juli 2005 - 7 A 151/03 -, Juris,

kommt es vorliegend nicht an, da eine hinreichende Vergleichbarkeit mit der letztgenannten Konstellation nicht besteht.

Ferner lag bei der Ehefrau des Klägers auch eine „Freiendlücke, wenn mindestens die Zähne acht und sieben fehlen" (Alternative b) nicht vor. Eine solche Freiendlücke ist eine Zahnlücke am freien Ende der jeweiligen Zahnreihe einer Kieferhälfte, wobei mindestens die beiden letzten Zähne (8 und 7), ggf. aber auch weitere daran anschließende fehlen (also 6, 5 etc.).

Vgl. zum Begriff etwa VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 26. Oktober 1999 - 4 S 1700/98 - und vom 11. Dezember 2000 - 4 S 2017/00 -, jeweils Juris; ferner Mildenberger, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Loseblatt- Kommentar (Stand: Februar 2004), § 6 BhV Anmerkung 5 Ziffer 11.

Da bei der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der in Rede stehenden Behandlungsmaßnahme der Zahn 37 unten links noch vorhanden war, scheidet diese Indikation aus. Darauf, ob dieser Zahn - wie vom Zahnarzt Dr. N. in seiner Begründung vom 14. März 2002 angegeben - „langfristig nicht gehalten werden kann", kommt es nicht an. Zum einen ist diese Prognose inhaltlich wie auch in zeitlicher Hinsicht sehr vage. Zum anderen - und das ist entscheidend - haben die Beihilfefestsetzungsstellen bei der Subsumtion eines Falles unter die beihilferechtlichen Vorschriften grundsätzlich von den tatsächlichen Gegebenheiten auszugehen, welche im Zeitpunkt der Behandlung bestanden. Das gilt namentlich auch für die Beurteilung, ob einer Behandlung bestimmte beihilferechtlich geforderte medizinische Indikationen zugrunde gelegen haben. In die Zukunft gerichtete Prognosen (etwa in Bezug auf die Weiterentwicklung von Zuständen oder eines Krankheitsbildes) können beihilferechtlich allenfalls dort Bedeutung erlangen, wo in bestimmten Vorschriften ausdrücklich an sie angeknüpft wird. Letzteres ist hier indes nicht der Fall.

Schließlich kann hier auch nicht die Indikation einer „Einzelzahnlücke" (Alternative a) bejaht werden, bei der hinzu kommen muss, dass „beide benachbarten Zähne intakt und nicht überkronungsbedürftig sind". Die durch einen fehlenden Zahn verursachte Lücke zwischen zwei Nachbarzähnen darf bei dieser Indikation dementsprechend nicht mehr als eine Zahnregion ausmachen, also namentlich nicht zwei oder mehr nebeneinander liegende fehlende Zähne umfassen.

Vgl. auch Beschluss des Senats vom 6. Mai 2004 - 1 A 1160/03 -, Juris.

Hier fehlt es ersichtlich an einer solchen Einzellücke zwischen intakten Nachbarzähnen. An die in Rede stehende Region des fehlenden Zahnes 33 grenzt auf der einen Seite zwar der intakte Schneidezahn 32 an; auf der anderen Seite (regio 34) fehlt es indes bei der Ehefrau des Klägers an noch vorhandenem natürlichen Zahnbestand. Eine bloße, fehlenden Zahnbestand ersetzende Zahnprothese (Brückenglied) ist insoweit nicht als intakter Nachbarzahn berücksichtigungsfähig. Dies gilt unabhängig davon, ob ggf. ein schon überkronter Zahn diese Voraussetzung sowie zugleich diejenige fehlender Überkronungsbedürftigkeit erfüllen kann, wenn er etwa als langfristig nicht versorgungsbedürftig eingestuft wird.

Vgl. zu Letzterem etwa OVG Lüneburg, Beschluss vom 16. Juni 2004 - 2 LA 84/03 -, Juris; Mildenberger, a.a.O., § 6 BhV Anmerkung 5 Ziffer 10.

Ist keine der Indikationen der Nr. 4 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV erfüllt, so scheidet die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für implantologische Leistungen grundsätzlich und in aller Regel aus. Es besteht insbesondere anders, als der Kläger meint, nicht der Weg, gewissermaßen auf einer zweiten Stufe der Prüfung den Fall zusätzlich an den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV zu messen und einen Anspruch zuzuerkennen, wenn nur dessen generelle Voraussetzungen - die Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen - erfüllt sind. § 5 Abs. 1Satz 1 BhV enthält eine (gewissermaßen vor die Klammer gezogene) „Generalklausel" für die spezielleren nachfolgenden Vorschriften der BhV betreffend die einzelnen Leistungsarten. Die Konkretisierung dessen, was der Dienstherr mit Blick auf die verschiedenen Leistungsarten jeweils für notwendig und insbesondere für angemessen erachtet, wird i.d.R. abschließend in den §§ 6 ff. BhV bestimmt. Soweit der Gesichtspunkt der Notwendigkeit dort keine nähere Konkretisierung erfahren hat, ist er zwar zusätzlich zu prüfen, aber nicht in dem Sinne, dass er einer nach den §§ 6 ff. BhV von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossenen Maßnahme unmittelbar und allein am Ende doch zur Anerkennung der Beihilfefähigkeit verhelfen könnte. Das „Programm" der Beihilfeleistungen wird dementsprechend nicht allein durch die in § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV niedergelegten allgemeinen Grundsätze - mag diesen auch eine hervorgehobene Bedeutung zukommen -, sondern letztlich durch die jeweils anwendbaren Beihilfevorschriften in ihrer Gesamtheit bestimmt. Es widerspricht diesem „Programm" insbesondere nicht von vornherein, wenn von bestimmten Leistungsausschlüssen und -begrenzungen auch solche Aufwendungen erfasst werden, die medizinisch erforderliche Behandlungen betreffen. Dies gilt jedenfalls solange, wie derartige Ausschlüsse und Begrenzungen nicht insgesamt gesehen einen solchen Umfang und ein solches Gewicht erreichen, dass auch bei typisierender Betrachtung die Beihilfegewährung den Vorgaben des höherrangigen Rechts wie insbesondere der Fürsorgepflicht des Dienstherrn als solche nicht mehr gerecht würde. Diese Frage bedarf indes aus Anlass der Würdigung des sehr begrenzten Bereichs der Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen für implantologische Leistungen, um den es hier allein geht, keiner grundsätzlichen und abschließenden Klärung.

2. Auch nach neuerlicher Überprüfung hält der Senat im Übrigen an der mit Beschluss vom 6. Mai 2004 - 1 A 1160/03 - geäußerten Rechtsauffassung fest, dass die im Rahmen der Indikationen nach Nr. 4 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV erfolgte Begrenzung der Beihilfefähigkeit ggf. auch medizinisch notwendiger Aufwendungen prinzipiell mit höherrangigem Recht vereinbar ist und insbesondere weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn verstößt. Mit Blick auf die nachfolgend dargestellten - im Ergebnis durchgreifenden - Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens, bedarf dies hier keiner vertiefenden Begründung.

Vgl. zu der Problematik allgemein auch Urteil des Senats vom heutigen Tage in dem Verfahren 1 A 3633/04.

3. Wenn sich somit auch aus den Bestimmungen der BhV nicht unmittelbar eine Grundlage für den geltend gemachten Anspruch des Klägers ergibt, steht ihm dieser Anspruch letztlich gleichwohl zu. Entscheidend hierfür sind Besonderheiten gerade dieses Einzelfalles, welche es ausnahmsweise gerechtfertigt erscheinen lassen, mit Blick auf ein ansonsten der Fürsorgepflicht grob widersprechendes Ergebnis den Anspruch unmittelbar aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nach § 79 BBG herzuleiten.

Zwar enthalten Beihilfevorschriften des Dienstherrn eines Beamten im Grundsatz eine abschließende Konkretisierung dessen, was der Dienstherr für diesen Rechtsbereich aufgrund seiner Fürsorgepflicht an - den diesbezüglichen Anteil in der Besoldung ergänzenden - Leistungen u.a. in Krankheitsfällen für geboten und angemessen ansieht. Auch verlangt die Fürsorgepflicht keine „lückenlose" Erstattung sämtlicher krankheitsbedingter Aufwendungen des Beamten und seiner berücksichtigungsfähigen Angehörigen. Unbeschadet dessen kann es jedoch in gewissen Einzelfällen geboten sein, einen „Beihilfeanspruch" unmittelbar auf der Grundlage der Fürsorgepflicht zu gewähren, wenn nämlich diese ansonsten in ihrem Wesenskern verletzt würde.

Vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, z.B. Urteile vom 10. Juni 1999 - 2 C 29.98 -, ZBR 2000, 46 = DÖD 2000, 39 (Juris Rn. 21, 22), und vom 31. Januar 2002 - 2 C 1.01 -, ZBR 2002, 401 = DÖD 2002, 172 (Juris Rn. 17); zu implantologischen Leistungen etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. September 2003 - 4 S 1869/02 -, IÖD 2004, 22 (Juris Rn. 13, 14); OVG Rheinland-Pflalz, Urteil vom 30. Oktober 1998 - 10 A 10692/98 -, IÖD 1999, 128 (Juris, Rn. 34 ff.).

Einen solchen Fall hält der Senat hier für gegeben. Dabei verkennt er nicht, dass schon aus Gründen grundsätzlich gebotener Gleichbehandlung aller einem bestimmten Dienstherrn zugehörigen Beihilfeberechtigten die Abweichung von im Rahmen der Beihilfevorschriften typisierend vorgenommenen Leistungsausschlüssen bzw. -begrenzungen zugunsten einzelner Beihilfeberechtigter unter unmittelbarer Anknüpfung an den Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht höchstens in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen kann, in denen sich - atypischerweise - die Verweigerung der Beihilfeleistung aufgrund ganz besonderer Fallumstände schlechterdings als grob fürsorgepflichtwidrig darstellen würde.

Dass die letztgenannten Voraussetzungen hier vorliegen, leitet der Senat in einer Gesamtschau insbesondere aus folgenden Umständen ab:

In die Betrachtung einzustellen ist zunächst, dass eine Implantatversorgung hier nicht nur wegen deren etwaigen allgemeinen Vorteilen im Verhältnis zu einer konservativen zahnärztlichen Versorgung einen medizinischen Nutzen bot, sondern dass hier besondere Umstände vorgelegen haben, die schon aus medizinischen Gründen gegen die behandlungsmäßig allein denkbare Alternative einer konservativen Versorgung mittels einer großen Brücke sprachen. Da es neben dem an der hinteren Seite des Kiefers für die Verankerung einer Brücke in Betracht gekommenen Zahn 37 im linken Unterkiefer der Ehefrau an anderen Zähnen außer den beiden Vorderzähnen 32 und 31 gefehlt hat, hätte die nötige Verankerung an der vorderen Kieferseite notwendig an diesen Zähnen vorgenommen werden müssen. Wie Zahnarzt Dr. N. für den Senat nachvollziehbar in seiner medizinischen Begründung vom 14. März 2002 - bestätigt in einer weiteren Stellungnahme vom 28. November 2002 - ausgeführt hat, waren diese Zähne für einen so ausgedehnten Zahnersatz indes denkbar ungeeignet. Wie es in dem Schreiben des Zahnarztes vom 28. November 2002 heißt, hätten die erhöhten unter der Mastikation auftretenden Kaukräfte „sicherlich" einen frühzeitigeren Zahnverlust zur Folge als bei der durchgeführten Versorgungsform. Die Versorgungsform einer vier fehlende Zähne überspannenden Brücke ist hier somit nicht lediglich weniger vorteilhaft als diejenige des Implantats; sie hätte vielmehr die konkrete Gefahr des Verlusts für bestimmte weitere, bisher noch intakte Zähne der Ehefrau des Klägers bedeutet. Gerade wegen der Betroffenheit des Bereichs der Vorderzähne ist dies für die Betroffene ein Umstand von Gewicht, der sich nicht ausschließlich auf ästhetische Gesichtspunkte

vgl. dazu, dass derartige Gesichtspunkte für sich genommen eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht in aller Regel nicht begründen können, etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. September 2003 - 4 S 1869/02 -, IÖD 2004, 22 (Juris Rn. 16),

reduzieren lässt, sondern - neben der mit dem Zahnverlust drohenden physischen Beeinträchtigung - nachvollziehbar etwa auch zu psychischen Belastungen führen kann. Auf den Punkt gebracht, ging es hier deshalb nicht (allgemein) um eine „optimale" zahnärztliche Versorgung, sondern (konkret) um die medizinisch indizierte Vermeidung der mit gewichtigen Nachteilen - hier den Verlust wesentlicher Zähne betreffend - für den Patienten verbundenen (konservativen) Alternativversorgung, die allerdings zur Erhaltung der Kaufähigkeit erforderlich gewesen wäre. Der Ehefrau des Klägers war es namentlich nicht zuzumuten, ganz auf eine zahnärztliche Versorgung ihres linksseitigen Unterkiefers zu verzichten, d.h. dort nur noch mit einem einzigen Zahn (Zahn 37) auszukommen, wegen der fehlenden Zähne 33, 34, 35 und 36 aber im Übrigen nur mit dem (insoweit zahnlosen) Kiefer zu kauen.

Mit diesen schon gewichtigen Gründen hat es allerdings nicht sein Bewenden. Hinzu kommt, dass in dem konkreten Fall die Implantatversorgung auch unter Kostengesichtspunkten deutlich die „schonendste" Versorgungsvariante dargestellt hat. Unter Berücksichtigung dessen würde es geradezu eine „Verkehrung" der wesentlichen Ziele und Zwecke der durch die Indikationen der Nr. 4 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV geschaffenen Beihilfebegrenzungen „in ihr Gegenteil" bedeuten, wenn dem Kläger für die geltend gemachten Aufwendungen eine Erstattung verwehrt bleiben müsste.

Die Alternativversorgung wäre hier schon deshalb wesentlich „aufwändiger" gewesen, weil die vorhandene Teleskopbrücke zwischen den Zähnen 33 und 37 keine Verwendung mehr hätte finden können. Es hätte unter Überkronung eines oder mehrerer Vorderzähne als Ankerzähne eine neue, noch längere Brücke über vier fehlende Zähne angefertigt werden müssen. Auf der Grundlage der Alternativberechnung (Kostenschätzung) des Zahnarztes Dr. N. vom 27. November 2002 hätte die Versorgung ca. das Sechsfache der hier im Streit stehenden Kosten für die implantologischen Leistungen am Zahn 33 gekostet. Grundgedanke der mit den Indikationen in Nr. 4 der Anlage 2 geschaffenen Begrenzung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen ist es aber namentlich gewesen, auf diese Weise vor dem Hintergrund eines stetigen Anstiegs implantatversorgter Patienten eine allgemeine Begrenzung der Kosten bezogen auf die betreffende, grundsätzlich kostenintensive Art der Behandlung zu erzielen.

Vgl. etwa Beschluss des Senats vom 6. Mai 2004 - 1 A 1160/03 - (Juris Rn. 6); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Oktober 1999

- 4 S 1700/98 - (Juris Rn. 6)

Auch bezogen auf diese Zielsetzung handelt es sich mithin vorliegend um einen völlig atypischen Fall, in dem es dem Kern der Fürsorgepflicht nicht mehr entspricht, Beihilfe für eine notwendige, schon medizinisch nicht durch eine sinnvolle Alternative ersetzbare Behandlungsart unter Rückgriff auf hier gerade nicht gegebene allgemeine Kostenersparnis- und Leistungsbegrenzungsgesichtspunkte im Ergebnis zu versagen. Darauf, ob der umstrittene Beihilfebetrag, der sich immerhin (unter Berücksichtigung der Selbstbehalte) auf mehr als 500 EUR bezieht, für sich genommen ggf. nicht ausreichen mag, um allein unter finanziellen Aspekten eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht zu rechtfertigen, kann es in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden nicht entscheidend ankommen. Im Vordergrund steht vielmehr, dass der Ehefrau des Klägers zum einen - wie dargelegt - nicht angesonnen werden konnte, auf die - auch wegen des Zusammenhangs mit den verbliebenen Zähnen bzw. vorhandenen Prothesen dringend benötigte - Versorgung der regio 33 für die (existenzielle) Kaufunktion des Unterkiefers ganz zu verzichten, und dass für sie zum anderen keine im Verhältnis zur Einbringung eines Implantats sinnvolle alternative (vom Dienstherrn beihilferechtlich unterstützte) Behandlungslösung zur Verfügung gestanden hat. In einer solchen Konstellation erweist es sich bereits als grob fürsorgepflichtwidrig, die Bezüge des (Ruhestands- )Beamten ergänzende Beihilfeleistungen dem Grunde nach zu verweigern.

Der Senat hat in diesem Zusammenhang schließlich noch berücksichtigt, dass es auch in Rechtsprechung und Literatur zumindest zum Teil für möglich gehalten wird, aus besonderen Gründen des Einzelfalles Beihilfeleistungen ausnahmsweise auch dann zu gewähren, wenn an sich infolge der fehlenden Erfüllung von grundsätzlich abschließend gemeinten Indikationen ein (Total-)Ausschluss der Beihilfefähigkeit die Folge sein müsste.

Vgl. etwa VG Minden, Urteil vom 2. Februar 2000 - 4 K 1056/98 -; OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2002 - 6 A 1436/00 -; ähnlich argumentierend Mildenberger, a.a.O., Anmerkung 5 Ziffer 16 (dort betreffend implantatgestützte prothetische Leistungen); ferner - dort die Frage der Beihilfefähigkeit eines Hilfsmittels betreffend - OVG des Saarlandes, Urteil vom 11. März 2002 - 1 R 11/00 -, DÖD 2002, 227.

Geeigneter rechtlicher Anknüpfungspunkt bleibt hierfür allein die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. In deren Rahmen bedarf es im gegebenen Fall aus sich aufdrängenden Gründen der Einzelfallgerechtigkeit einer (eng begrenzten) „Durchlässigkeit" des relativ starren, keine Ausnahmen kennenden Systems enumerativer Beihilfebegrenzungen durch bestimmte medizinische Indikationen, die selbst keinen genügenden Raum für die Beurteilung völlig atypischer Fälle lassen.

Das so begründete Ergebnis dieses Einzelfalles ist vor dem Hintergrund der Funktion der Beihilfe, die Bezüge des (Ruhestands-)Beamten zu ergänzen, auch allein interessengerecht. Denn im gegebenen Einzelfall hatte der betroffene Patient aus Gründen der Zumutbarkeit keine medizinisch vertretbare Alternative, um seine Behandlungsbedürftigkeit zu beheben. Insbesondere brauchte die Beklagte nicht zu befürchten, der Patient könnte nunmehr in Ansehung der Ablehnung von Beihilfeleistungen zu der sechsfach teureren Behandlung übergehen. Dies schon aus Gründen der Zumutbarkeit nicht, namentlich aber auch deswegen nicht, weil mit der strittigen Maßnahme die Behandlungsbedürftigkeit sechsfach billiger behoben worden ist, dem Übergang auf die konservative Lösung also beihilferechtlich der Einwand fehlender Notwendigkeit entgegengehalten werden könnte. Ein Ergebnis, das in Ansehung der dargestellten Besonderheiten nur grob unbillig wäre.

Die Höhe der (Beihilfe-)Leistungen hat sich dabei an den insoweit für vergleichbare Leistungen in den BhV - in allgemeiner Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn - grundsätzlich bestimmten Vorgaben (einschließlich dort geregelter Selbstbehalte) zu orientieren. Es geht vorliegend nicht um eine „allgemeine Besserstellung" des Betroffenen im Verhältnis zu den Regelungen der BhV. Vielmehr gelangt ausschließlich ein bestimmter, als Indikationenregelung ausgestalteter Leistungsbegrenzungstatbestand der BhV in einem Einzelfall (im Ergebnis) nicht zur Anwendung, weil der Senat hier ausnahmsweise das Bestehen eines Anspruchs unmittelbar unter Rückgriff auf die Fürsorgepflicht anerkannt hat. Auswirkungen auf die allgemeine Berechnung der Leistungshöhe hat dieser Umstand nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG nicht gegeben sind.