VG Köln, Urteil vom 11.08.2006 - 14 K 1718/03
Fundstelle
openJur 2011, 42982
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheides vom10. März 2003 verpflichtet, den von der Klägerin eingereichtenPlanfeststellungsantrag zur Herstellung eines Gewässers zum Zwecke derGewinnung von Kies und Sand auf den Grundstücken Stadt C. , GemarkungT. , Flur 0, Flurstück 00 und Flur 0, Flurstück 00, vom 15. November 2000 in derFassung der Antragsänderung vom 3. Dezember 2002 unter Berücksichtigung derRechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme deraußergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110%des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die Klägerin ist Eigentümerin der auf dem Gebiet der Beigeladenen zu 1. gelegenen Grundstücke Gemarkung T. , Flur 0, Flurstück 00 und Flur 0, Flurstück 00, auf denen derzeit Ackerbau (Anbau von Weizen, Kartoffeln usw. im üblichen Fruchtwechsel) betrieben wird. Beide Grundstücke liegen nicht in den im Regionalplan (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, in der Fassung der 4. Planänderung vom 15. Juni 2004 zeichnerisch dargestellten "Bereichen für die Sicherung und den Abbau nichtenergetischer oberflächennaher Bodenschätze (BSAB)", sondern in einem dort ebenfalls zeichnerisch dargestellten "Agrarbereich mit spezialisierter Intensivnutzung (A)". Zudem ist der größere Teil der gesamten Grundstücksfläche zeichnerisch als "Regionaler Grünzug" und der kleinere Teil als "Bereich für den Schutz der Landschaft und landschaftsorientierte Erholung (BSLE)" ausgewiesen.

Mit Schreiben vom 15. November 2000 nebst Anlagen beantragte die Klägerin beim Beklagten den Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses zur Herstellung zweier Gewässer durch Abgrabung auf den beiden vorgenannten Grundstücken. Laut Antragsunterlagen sollte der Abbau im Jahr 2002 beginnen und sich einschließlich Renaturierung über 29,5 Jahre erstrecken; aus den beiden entstehenden Abgrabungsgewässern sei eine Menge von ca. 7,3 Mio. cbm Sand und Kies zu erwarten. Die Aufbereitung des gewonnenen Materials sollte außerhalb der Antragsfläche auf dem Betriebsgelände der von der Klägerin durchgeführten gemeinnützigen Abgrabung " C1. " (Stadt C. , Gemarkung T. , Flur 0, Flurstück 00) erfolgen. Innerhalb und außerhalb der Antragsfläche sollte das gewonnene Material mittels Förderbändern zu diesem Betriebsgelände transportiert werden, wobei der Gleiskörper der dazwischen liegenden Eisenbahnstrecke vorher durchpresst werden sollte. Nach der Aufbereitung sollten die Kiese und Sande auf dem Betriebsgelände auf Lkw zum Abtransport über die BAB 553 verladen werden.

In der Folgezeit legte die Beigeladene zu 1. die Antragsunterlagen der Klägerin zur Einsicht aus. Außerdem führte der Beklagte das Anhörungsverfahren durch. Im Rahmen dieses Verfahrens wandte die Beigeladene zu 1. gegen das Vorhaben der Klägerin ein, dass mit der 2. Änderung des Flächennutzungsplans und dem Kiesabgrabungskonzentrationszonenkonzept im Jahr 1998 eine Konzentrationszone auf C. Stadtgebiet und damit einhergehend der Ausschluss weitergehender Auskiesungen im C. Raum festgelegt worden sei, das klägerische Vorhaben aber nicht in diese Konzentrationszone falle. Ferner wandten die Beigeladenen zu 2. und 3., die Eigentümer der in einer Entfernung von ca. 800 m zur Antragsfläche gelegenen Burg T. sind, ein, dass das Vorhaben der Klägerin das Grundwasser im Burgbrunnen verunreinigen könne. Darüber hinaus seien Absenkungen des Grundwasserspiegels zu erwarten, die zu einer ernsthaften Gefährdung des Burggebäudes, das auf einer von einem Wassergraben umzogenen Motte errichtet sei, führten. Überdies bringe die Auskiesung Staub- und Geräuschimmissionen sowie ein erhebliches Verkehrsaufkommen mit sich. Schließlich verändere und verletze das klägerische Vorhaben das Landschaftsbild nachhaltig und habe erhebliche Einwirkungen auf Flora und Fauna. Am 4. Juli 2002 fand der Erörte- rungstermin statt. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2002 nebst Anlagen ergänzte die Klägerin ihren Antrag.

Mit Bescheid vom 10. März 2003 lehnte der Beklagte - nach vorheriger Anhörung der Klägerin - den Antrag auf Planfeststellung einer Nassabgrabung auf den oben genannten Grundstücken ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass das klägerische Vorhaben mangels überörtlicher Bedeutung nicht nach § 38 BauGB zu beurteilen sei. Diesem Vorhaben stünden öffentliche Belange in Form der von der Beigeladenen zu 1. bereits eingewandten Darstellungen in ihrem Flächennutzungsplan gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 3 BauGB entgegen. Eine Ausnahme von der nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB regelmäßig eintretenden Ausschlusswirkung könne vorliegend im Wege einer "nachvollziehenden Abwägung" nicht angenommen werden, da die Beigeladene zu 1. durch die Abgrabung unwiederbringlich in ihrer Planungshoheit verletzt würde. Demgegenüber beabsichtige die Klägerin erstmals, an dem in Rede stehenden Standort Sand und Kies abzubauen; in diesem Bereich hätten bisher noch keine Abgrabungen stattgefunden. Die Klägerin könne sich darum bemühen, in anderen Bereichen, in denen Abgrabungen noch zulässig seien, eine Genehmigung zu erhalten und so ihr wirtschaftliches Interesse zu realisieren. Ferner stelle der Gebietsentwicklungsplan an anderer Stelle als dem beabsichtigten Abgrabungsstandort BSAB dar. Damit habe aber nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein- Westfalen in seinem Urteil vom 13. Juni 2002 - 8 A 480/01 - die Bezirksregierung Köln von der ihr gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eingeräumten Befugnis wirksam Gebrauch gemacht, Abgrabungsflächen im Gebietsentwicklungsplan mit dem raumordnerischen Ziel darzustellen, den Abbau von abgrabungswürdigen Bodenschätzen zu konzentrieren und in den übrigen Gebieten möglichst zu verhindern. Eine Ausnahme von der nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB regelmäßig eintretenden Ausschlusswirkung könne auch hier im Wege einer "nachvollziehenden Abwägung" nicht angenommen werden, weil maßgebliche Gesichtspunkte, die neben dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin für die Realisierung der geplanten Abgrabung sprächen, nicht erkennbar seien. Inbesondere sei die Abgrabung von erheblicher Größe, vollständig neu und würde über einen Zeitraum von knapp 30 Jahren in einen von Abgrabungen bislang unberührten Landschaftsteil eingreifen. Hinzu komme, dass der Gebietsentwicklungsplan für den Bereich der geplanten Abgrabung einen "Agrarbereich mit spezialisierter Intensivnutzung" darstelle, in dem nach der textlichen Darstellung aufgrund besonders intensiver landwirtschaftlicher Nutzung die Inanspruchnahme für andere Zwecke ausgeschlossen werden solle. Demzufolge stehe die Ausweisung als "Agrarbereich mit spezialisierter Intensivnutzung" als öffentlicher Belang der geplanten Abgrabung ebenfalls entgegen. Falls die Frage der Überörtlichkeit in § 38 BauGB anders beurteilt werden würde, könnte keine andere Entscheidung in der Sache getroffen werden. Denn bei einer "umfassenden Abwägung der berührten öffentlichen und privaten Belange" werde dem Interesse der Beigeladenen zu 1. an der Realisierung ihrer bereits konkret bestehenden Planungen der Vorrang gegen-über dem klägerischen Interesse wirtschaftlicher Natur an der Abgrabung eingeräumt. Insbesondere grenze das geplante Abgrabungsvorhaben nicht an eine bereits beste- hende Abgrabung an und greife in einen bisher von Abgrabungen völlig unberührten Bereich ein. Die Klägerin könne sich darum bemühen, in anderen Bereichen, in denen Abgrabungen noch zulässig seien, eine Genehmigung zu erhalten und so ihr wirtschaftliches Interesse zu realisieren. Die Beigeladene zu 1. hingegen wäre durch die Abgrabung unwiederbringlich in ihrer Planungshoheit verletzt. Zudem sei das geplante Vorhaben auch nicht mit den Zielen der Raumordnung - nämlich den im Gebietsentwicklungsplan dargestellten BSAB - vereinbar, welche auch von privaten Vorhabensträgern unmittelbar über § 4 ROG zu beachten seien. Die unter dem Aspekt der "nachvollziehenden Abwägung" dargestellten Argumente gälten hier ebenfalls. Aus alledem folge, dass das beantragte Vorhaben auch bei Anwendung des § 38 BauGB wegen des im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigenden entgegenstehenden Flächennutzungsplans der Beigeladenen zu 1. und des ebenfalls zu berücksichtigenden entgegenstehenden Gebietsentwicklungsplans nicht genehmigt werden könne.

Am 21. März 2003 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

Zur Begründung ihrer Klage trägt sie im Wesentlichen vor, dass ihrem Nassabgrabungsvorhaben überörtliche Bedeutung zukomme, so dass die Anwendung des § 35 BauGB wegen § 38 BauGB ausgeschlossen und § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ROG anwendbar sei. Außerdem finde sich keine spezielle landesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Ausweisung der BSAB im Gebietsentwicklungsplan als Vorranggebiete für den Abbau nichtenergetischer oberflächennaher Bodenschätze mit gebietsexterner Ausschlusswirkung. Darüber hinaus erfüllten die vom Beklagten angeführten Ziele im Gebietsentwicklungsplan weder die speziellen Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 ROG noch die allgemeinen Voraussetzungen des § 3 Nr. 2 ROG, so dass sie dem klägerischen Vorhaben nicht als zwingende Versagungsgründe entgegenstünden. Insbesondere habe der Gebietsentwicklungsplangeber im Hinblick auf die gebietsexterne Aus- schlusswirkung der BSAB die Belange der betroffenen Grundstückseigentümer und der potentiellen Abgrabungsunternehmen nicht (hinreichend) ermittelt und berücksichtigt sowie fehlerhafte Überlegungen zur Bedarfsmenge an Kiesen und Sanden für eine langfristige Versorgung im gesamten Regierungsbezirk Köln angestellt, so dass es schon an einem vollständigen und ordnungsgemäß abgewogenen gesamträumlichen Planungskonzept fehle. Überdies werde im Gebietsentwicklungsplan innerhalb der BSAB der Rohstoffgewinnung kein absoluter Vorrang gegenüber Bio- und Geotopen sowie nicht in die Denkmalliste eingetragenen Bodendenkmälern eingeräumt; vielmehr sei die Entscheidung, ob im konkreten Fall Bio- oder Geotope oder nicht in die Denkmalliste eingetragene Bodendenkmäler vorhanden seien und eine Inanspruchnahme für die Rohstoffgewinnung "unvermeidbar" sei, vom Plangeber bewusst auf die nachgeordnete Planungs- und Entscheidungsebene verlagert worden. Schließlich leide die "umfassende planerische Abwägung" des Beklagten in seinem Ablehnungsbescheid auch an mehreren Fehlern. Insbesondere sei die "nachvollziehende Abwägung" im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ein Akt der Rechtsanwendung und gerade keine planerische Ermessensausübung. Im Übrigen seien alle für das Vorhaben sprechenden sonstigen Aspekte - wie etwa die auf der benachbarten Abgrabungsfläche der Klägerin bereits vorhandene Infrastruktur sowie die schon getätigten Investitionen der Klägerin zum Erwerb der streitgegenständlichen Abgrabungsfläche - nicht in die Abwägung eingestellt wor- den.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheides vom 10. März 2003 zu verpflichten, den von der Klägerin eingereichten Planfeststellungsantrag zur Herstellung eines Gewässers zum Zwecke der Gewinnung von Kies und Sand auf den Grundstücken Stadt C. , Gemarkung T. , Flur 0, Flurstück 00 und Flur 0, Flurstück 00, vom 15. November 2000 in der Fassung der Antragsänderung vom 3. Dezember 2002 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt ergänzend zu den Gründen des Ablehnungsbescheides im Wesentlichen vor, dass die im Landesentwicklungsplan NRW enthaltene Zielsetzung der 25- jährigen Versorgung mit Kies und Sand im Gebietsentwicklungsplan sachgerecht umgesetzt worden sei. Außerdem werde bestritten, dass es auf der Ebene der Regionalplanung erforderlich sei, alle potentiell in berechtigten Interessen betroffenen Grundeigentümer unmittelbar zu beteiligen; vielmehr treffe der Gebietsentwicklungsplan grundsätzlich keine grundstücks- oder parzellenscharfen Festlegungen. Schließlich sei bei den in BSAB möglicherweise vorkommenden schützenswerten Bio- oder Geotopen in der Regel von nicht relevanten Größenordnungen auszugehen; daraus resultierende Einschränkungen des Abgrabungsvorganges seien im Übrigen mit Kompensationsmöglichkeiten an den BSAB-Randbereichen in Zusammenhang zu sehen.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch, den von ihr eingereichten Planfeststellungsantrag zur Herstellung eines Gewässers zum Zwecke der Gewinnung von Kies und Sand auf den Grundstücken Stadt C. , Gemarkung T. , Flur 0, Flurstück 00 und Flur 0, Flurstück 00, vom 15. November 2000 in der Fassung der Antrags-änderung vom 3. Dezember 2002 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 10. März 2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neubescheidung ihres Planfeststellungsantrages ist § 31 Abs. 2 WHG i.V.m. §§ 100, 104 u. 152 Abs. 1 Nr. 1 LWG NRW i.V.m. §§ 72 ff. VwVfG NRW. Im Rahmen des danach durchzuführenden Planfeststellungsverfahrens ist zunächst auf einer ersten Stufe zu prüfen, ob sich aus den materiellen Rechtsnormen, die die aufgrund der Konzentrati- onswirkung der Planfeststellung gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. VwVfG NRW ersetzten, sonst erforderlichen anderen behördlichen Entscheidungen regeln, zwingende Versagungsgründe für das Nassabgrabungsvorhaben ergeben, oder ob sonstiges zwingendes materielles Recht dem Vorhaben entgegensteht. Erst wenn dies nicht der Fall ist, wird die zweite Stufe des Planfeststellungsverfahrens in Form der umfassenden planerischen Abwägung erreicht.

Vgl. hierzu: Kopp / Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, 9. Aufl., 2005, § 75 Rdnr. 7 ff. m.w.N..

Dem Vorhaben der Klägerin stehen zwingende Versagungsgründe nicht entgegen. Die mit dem Ablehnungsbescheid des Beklagten vorgenommene planerische Abwägung ist fehlerhaft.

Vorliegend stehen die Darstellungen im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1. der von der Klägerin geplanten Nassabgrabung bereits deshalb nicht über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 3 BauGB als zwingender Versagungsgrund entgegen, weil die Anwendung dieser Normen durch § 38 Satz 1 1. Hs. BauGB ausgeschlossen ist. Nach dieser Vorschrift sind die §§ 29 bis 37 BauGB unter anderem nicht auf Planfeststellungverfahren für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung anzuwenden, wenn die Gemeinde beteiligt wird. Hier ist die Beigeladene zu 1. im Planfeststellungsverfahren zum Nassabgrabungsverfahren der Klägerin beteiligt worden. Darüber hinaus handelt es sich bei dem klägerischen Vorhaben auch um eines von "überörtlicher Bedeutung". Dies folgt zum einen daraus, dass mit dem Beklagten ein Träger überörtlicher Planung für die Planfeststellung zuständig ist (§ 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des technischen Umweltschutzes (ZustVOtU) i.V.m. III. Lfd. Nr. 20.1.19 der Anlage zur ZustVOtU i.V.m. § 8 Abs. 1 AbgrG NRW i.V.m. § 3 Abs. 1 OBG NRW). Zum anderen ergibt sich die "überörtliche Bedeutung" des Nassabgrabungsvorhabens der Klägerin auch daraus, dass eine Nassabgrabung dieser Größe (40,83 ha) an diesem Standort (Gemeindegrenze zu Wesseling) wegen der Vielzahl vergleichbarer Vorhaben dieser Art im Regierungsbezirk Köln, die zum Teil bereits durchgeführt worden sind oder seitens der Abgrabungsindustrie noch beabsichtigt sind, einen die Gemeindegrenzen überschreitenden planerischen Koordinationsbedarf hervorruft. Dieser Koordinationsbedarf ist von der Bezirksregierung Köln in ihrem Regionalplan mit der Ausweisung von "Bereichen für die Sicherung und den Abbau nichtenergetischer oberflächennaher Bodenschätze (BSAB)" auch schon aufgegriffen worden, wobei das klägerische Vorhaben die Darstellungsgrenze von 10 ha im Regionalplan deutlich überschreitet. Dass lediglich der Anschluss des Nassabgrabungsvorhabens an das überörtliche Straßennetz (Auffahrt auf die Autobahn) auf dem Gebiet der Stadt Wesseling erfolgen soll, spielt insoweit keine Rolle mehr, da der Überschreitung von Gemeindegrenzen durch ein Vorhaben nur Indizwirkung zur Beurteilung der "überörtlichen Bedeutung" i.S.d. § 38 Satz 1 1. Hs. BauGB zukommt, die Annahme einer "überörtlichen Bedeutung" eine solche Überschreitung aber nicht zwingend voraussetzt.

Vgl. hierzu: BVerwG, Beschl. v. 30.6.2004 - 7 B 92.03 -, NVwZ 2004, S. 1240 (1241); BVerwG, Beschl. v. 31.10.2000 - 11 VR 12.00 -, NVwZ 2001, S. 90 (91); OVG NRW, Urt. v. 10.7.2003 - 20 A 4257/99 -, S. 19 ff. UA.

Weiterhin stehen der von der Klägerin geplanten Nassabgrabung keine Ziele der Raumordnung aus dem Regionalplan (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, als zwingende Versagungsgründe entgegen.

Zwar sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 u. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 des - am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen - Raumordnungsgesetzes vom 18. August 1997, zuletzt geändert durch Art. 2b des Gesetzes zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG (SUPG) vom 25. Juni 2005 (ROG n.F.), Ziele der Raumordnung i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG n.F. von öffentlichen Stellen i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG n.F. bei Planfeststellungen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Maßnahmen i.S.d. § 3 Nr. 6 ROG n.F. von Personen des Privatrechts zu beachten.

Dabei gelangen vorliegend zunächst §§ 3, 4 ROG n.F. gemäß § 23 Abs. 1 ROG n.F. auch zur Anwendung. Nach dieser Bestimmung sind die Vorschriften des Raumordnungsgesetzes in der vor dem 18. August 1997 geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn mit der Einleitung, Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme vor dem 1. Januar 1998 begonnen worden ist. Hier handelt es sich bei dem klägerischen Vorhaben um eine raumbedeutsame Maßnahme i.S.d. § 3 Nr. 6 ROG n.F., weil durch sie Raum in Anspruch genommen und die räumliche Entwicklung des Gebiets beeinflusst wird. Insoweit nimmt die Kammer Bezug auf ihre vorherigen Ausführungen zur "über- örtlichen Bedeutung" i.S.d. § 38 Satz 1 1. Hs. BauGB. Überdies hat die Klägerin diese Maßnahme erst nach dem 31. Dezember 1997, nämlich mit der Stellung des Nassabgrabungsantrags vom 15. November 2000 beim Beklagten, eingeleitet. § 23 Abs. 1 ROG n.F. wollte allerdings nur bereits vor dem 1. Januar 1998 eingeleiteten Planfeststellungen einen gewissen Vertrauensschutz gegen eine ab diesem Zeitpunkt über § 4 Abs. 1 Satz 1 u. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 ROG n.F. eingetretene stärkere Bindung an die Ziele der Raumordnung gewähren.

Vgl. hierzu: BVerwG, Beschl. v. 30.6.2004 - 7 B 92.03 -, NVwZ 2004, S. 1240 (1241 f.); BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, S. 54 (57); so jetzt auch: OVG NRW, Urt. v. 24.05. 2006 - 20 A 1612/04 -, S. 31 f. UA.

Außerdem handelt es sich bei dem beklagten Landrat auch um eine öffentliche Stelle i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG n.F..

Jedoch enthält der Regionalplan (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, keine Ziele der Raumordnung i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG n.F., die dem Nassabgrabungsvorhaben der Klägerin als zwingende Versagungsgründe entgegenstehen.

Zunächst stellt "Ziel 1" in Kapitel D.2.5 des Regionalplans in der Fassung der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblichen 4. Planänderung vom 15. Juni 2004 keinen solchen zwingenden Versagungsgrund dar. Dieses "Ziel" lautet: "In den zeichnerisch dargestellten Bereichen für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher nichtenergetischer Bodenschätze (BSAB) ist deren Abbau zu gewährleisten; die Inanspruchnahme der Bereiche für andere Zwecke ist auszuschließen. Beim Abbau dürfen die innerhalb dieser Bereiche vorhandenen Nutzungen nur insoweit beeinträchtigt werden, wie dies für einen geordneten Abbau erforderlich ist. Schutzwürdige Lebensräume für Pflanzen und Tiere (Biotope), geowissenschaftlich bedeutsame Objekte (Geotope) und Bodendenkmäler sind soweit wie möglich zu erhalten. Bei nachweislich unvermeidbarer Inanspruchnahme sind Ersatzmaßnahmen an anderer Stelle vorzunehmen und dauernd zu sichern. Außerhalb der zeichnerisch dargestellten BSAB sind neue Abgrabungen und Abgrabungserweiterungen auszuschließen. Ausnahmen hiervon können für Abgra- bungsvorhaben, die im Zusammenhang mit standortgebundenen Maßnahmen (z.B. Straßenbau) erfolgen sollen, im Einzelfall zugelassen werden, wenn das Abgrabungsvorhaben unterhalb der Darstellungsgrenze von 10 ha bleibt. Für Er- weiterungen von zulässigerweise in Betrieb befindlichen Abgrabungs- und Steinbruchbetrieben, die wegen geringer Größe (< 10 ha) im GEP nicht dargestellt sind, gilt die Ausschlussregelung nicht, wenn die geplante Erweiterung offensichtlich dazu dient, den bisherigen Betrieb an Ort und Stelle oder in näherer Nachbarschaft ohne wesentliche Größenänderung weiterzuführen.".

Bei diesem "Ziel" handelt es sich zunächst nicht um ein besonderes Ziel der Raumordnung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b) ROG n.F. im Sinne einer Festlegung von Vorranggebieten für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher nichtenergetischer Bodenschätze mit gebietsexterner Ausschlusswirkung, die das klägerische Vorhaben hier auch treffen würde, da es nicht in einem BSAB liegt und die Ausnahmen von dieser Ausschlusswirkung schon aufgrund der Größe des Vorhabens nicht eingreifen würden.

Denn es gab für die Bezirksregierung Köln als Regionalplangeber im Zeitpunkt der 4. Planänderung am 15. Juni 2004 (noch) keine hinreichende Rechtsgrundlage zur Festlegung eines solchen besonderen Ziels der Raumordnung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b) ROG n.F.

Dabei ist für eine derartige Festlegung zunächst eine Rechtsgrundlage in Form eines Gesetzes im formellen Sinne erforderlich, weil dem mit dieser Festlegung einhergehenden Ausschluss bestimmter Grundstücksnutzungen in den ausgewiesenen Vorranggebieten einerseits und im übrigen Planungsraum andererseits über § 4 Abs. 1 Satz 1 u. 2 Nr. 2 ROG n.F. Grundrechtsrelevanz zukommt. So stellt sich dieser Ausschluss nämlich sowohl als Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG für die betroffenen Grundstückseigentümer als auch als Berufsausübungsregelung i.S.d. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG für die betroffenen Abgrabungsunternehmen dar. Daneben folgt die Erforderlichkeit einer Rechtsgrundlage in Form eines Gesetzes im formellen Sinne auch daraus, dass die Ausweisung von Vorranggebieten mit gebietsexterner Aus- schlusswirkung i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 ROG n.F. in die Planungshoheit der Gemeinden als Bestandteil ihres Selbstverwaltungsrechts aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. Art. 78 Abs. 1 u. 2 LVerf NRW eingreift. Denn die Gemeinden haben solche Festlegungen als Ziele der Raumordnung i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG n.F. bei ihren Planungen gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 5 ROG n.F. zu beachten.

Vgl. hierzu: BVerwG, Urt. v. 13.3.2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, S. 33 (38 u. 42 ff.); OVG SA, Urt. v. 11.11.2004 - 2 K 144/01 -, juris Rechtsprechung, Nr. MWRE102870500, Rdnr. 48.

Als formellgesetzliche Grundlage zur Festlegung von Vorranggebieten für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher nichtenergetischer Bodenschätze mit gebietsexterner Ausschlusswirkung in "Ziel 1" des Kapitels D.2.5 des Regionalplans (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, in der Fassung der 4. Planänderung vom 15. Juni 2004 kommen zunächst nicht § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b) ROG n.F. selbst in Betracht. Denn bei diesen Normen handelt es sich um bloße Rahmenvorschriften i.S.d. Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GG, die keine unmittelbar gegenüber dem Bürger oder der Verwaltung geltenden punktuellen Vollregelungen i.S.d. Art. 75 Abs. 2 GG darstellen, sondern vielmehr erst gem. Art. 75 Abs. 3 GG i.V.m. §§ 6, 22 ROG n.F. (binnen vier Jahren nach dem Inkrafttreten des ROG n.F. am 1. Januar 1998) durch den Landesgesetzgeber umgesetzt werden müssen.

Vgl. hierzu: BT-Drs. 13/6392, S. 32 f. u. 83.

Weiterhin findet sich auch in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht die erforderliche Rechtsgrundlage, weil es sich hierbei lediglich um eine bodenrechtliche Vorschrift handelt, die die erforderliche raumordnungsrechtliche Ermächtigung nicht zu ersetzen vermag, sondern diese nach ihrem Wortlaut gerade voraussetzt.

Vgl. hierzu: BVerwG, Urt. v. 13.3.2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, S. 33 (38); a.A. noch OVG NRW, Urt. v. 13.6.2002 - 8 A 480/01 -, NuR 2003, S. 47 (49).

Außerdem ist die erforderliche Rechtsgrundlage auch nicht in § 13 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 des - am 7. Mai 2005 in Kraft getretenen - Gesetzes zur Neufassung des Landesplanungsgesetzes NRW vom 3. Mai 2005 (LPlG NRW n.F.) enthalten. Denn diese Vorschriften sind gemäß § 51 Satz 3 LPlG NRW n.F. nicht auf den Regionalplan (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, in der Fassung der 4. Planänderung vom 15. Juni 2004 anwendbar. Gemäß § 51 Satz 3 LPlG NRW n.F. finden nämlich auf Raumordnungsplä-ne, deren Aufstellung bis zum 20. Juli 2004 förmlich eingeleitet und bis zum 20. Juli 2006 abgeschlossen wird, die Vorschriften des Landesplanungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 2001, zuletzt geändert durch Art. I des Gesetzes zur Stärkung der regionalen und interkommunalen Zusammenarbeit der Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen vom 3. Februar 2004 (LPlG NRW a.F.), Anwendung. Sowohl die Aufstellung des früheren Gebietsentwicklungsplans (heute Regionalplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, der gemäß § 2 Abs. 3 i.V.m. § 19 LPlG NRW n.F. zu den Raumordnungsplänen zählt, als auch die Auf- stellung seiner 4. Änderung vom 15. Juni 2004 wurde allerdings bis zum 20. Juli 2004 förmlich eingeleitet und bis zum 20. Juli 2006 abgeschlossen.

Schließlich scheiden auch §§ 11, 14 Abs. 1 LPlG NRW a.F., wonach die Ziele der Raumordnung in Gebietsentwicklungsplänen dargestellt werden bzw. die Gebietsentwicklungspläne die regionalen Ziele der Raumordnung für die Entwicklung der Regierungsbezirke und für alle raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen im Planungsgebiet festlegen, mangels hinreichender Bestimmtheit als Rechtsgrundlage für die Festlegung des besonderen Ziels von Vorranggebieten mit gebietsexterner Ausschlusswirkung i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 ROG n.F. aus.

So auch für die vormalige Rechtslage in Sachsen-Anhalt im Hinblick auf die Festlegung von Eignungsgebieten i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ROG n.F.: OVG SA, Urt. v. 11.11.2004 - 2 K 144/01 -, juris Rechtsprechung, Nr. MWRE102870500, Rdnr. 46 ff.. So auch "länderübergreifend": Bielenberg / Runkel / Spannowsky: Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes- und der Länder, Loseblattkommentar - Stand X/2005, § 7 ROG, Rdnr. 101 m.w.N; Hoppe / Bönker / Grotefels: Öffentliches Baurecht, 3. Aufl. 2004, § 6 Rdnr. 35. A.A. für die vormalige Rechtslage in Rheinland- Pfalz: OVG RP, Urt. v. 28.2.2002 - 1 A 11625/01 -, NuR 2002, S. 415 (416). (Noch) Offengelassen für die vormalige Rechts- lage in Nordrhein-Westfalen: OVG NRW, Urt. v. 10.7.2003 - 20 A 4257/99 -, S. 31 ff. UA.

Denn aufgrund der Intensität und des Umfangs der - zuvor aufgezeigten - Grundrechtsrelevanz einer Festlegung von Vorranggebieten mit gebietsexterner Ausschlusswirkung im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 2 u. 12 Abs. 1 Satz 2 GG - Ausschluss bestimmter Grundstücksnutzungen in den ausgewiesenen Vorranggebieten einerseits und im übrigen Planungsraum andererseits - sowie wegen der Vorhersehbarkeit solcher besonderer Zielfestlegungen für die dadurch über § 4 Abs. 1 Satz 1 u. 2 Nr. 2 ROG n.F. unmittelbar Betroffenen ist hierfür eine spezielle, über die bloße allgemeine Ermächtigung zur Festlegung von Zielen in Gebietsentwicklungsplänen hinausgehende Rechtsgrundlage erforderlich. Dies sieht (nunmehr) auch der nordrheinwestfälische Landesgesetzgeber so, weil er mit der Einführung des § 13 Abs. 5 LPlG NRW n.F. nach eigener Begründung eine Anpassung (i.S.d. Art. 75 Abs. 3 GG i.V.m. § 22 ROG n.F.) an § 7 Abs. 4 ROG n.F. vorgenommen hat.

Vgl. hierzu: LT-Drs. 13/6101, S. 81 u. 85.

Im Übrigen zeigt schon die Existenz der speziellen Vorschrift des § 7 Abs. 4 ROG n.F., dass auch der bundesrechtliche Rahmengesetzgeber eine - durch den jeweiligen Landesgesetzgeber gemäß § 6 ROG n.F. umzusetzende - besondere Ermächtigung zur Festlegung von Vorranggebieten mit gebietsexterner Ausschlusswirkung für erforderlich hält.

Schließlich steht die zuvor dargestellte Auffassung der Kammer auch nicht zu den in den oben zitierten Urteilen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Rheinland-Pfalz und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts,

BVerwG, Beschl. v. 7.11.1996 - 4 B 170/96 -, NuR 1997, S. 397; Beschl. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -, NVwZ 1991, S. 875 (876 f.); Urt. v. 22.5.1987 - 4 C 57.84 -, BVerwGE 77, S. 300 (304 f.).

in Widerspruch. Denn der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. No- vember 1996 - 4 B 170/96 - erschöpft sich insoweit in der offenen Aussage, dass auch im Rahmen der Raumordnung eine positive Standortausweisung mit gleichzeitiger Ausschlusswirkung für andere Flächen im Plangebiet "unter gewissen Voraussetzungen" ein zulässiges planerisches Mittel sein kann, und verweist hierzu bloß auf die beiden anderen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Diese beiden Entscheidungen befassen sich jedoch mit der Zulässigkeit von "Negativplanungen" im Rahmen der Bauleitplanung der Gemeinden. Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 57.84 - ausgeführt, die Befugnis zur Darstellung einer Abgrabungsfläche in einem Flächennutzungsplan mit negativer Aussage für Abgrabungen auf anderen als den dafür dargestellten Flächen ergebe sich aus der Steuerungsfunktion des Flächennutzungsplans, nach Maßgabe des § 1 Abs. 1, 6 u. 7 BBauG (in der damals geltenden Fassung) ein gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet darzustellen, das insbesondere für die verbindliche Bauleitplanung und für Planungen anderer öffentlicher Aufgabenträger Bindungen erzeugen solle. Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings betont, dass der Flächennutzungsplan keine rechtssatzmäßige Regelung zulässiger Bodennutzungen darstelle und die Darstellung einer Abgrabungsfläche damit keine unmittelbare, die Zulässigkeit privilegierter Nutzungen ausschließende Wirkung haben könne. Es gehe nur um die Frage, ob eine solche Darstellung mit ihrer negativen Zielaussage in Bezug auf andere Flächen als "Unterstützung und einleuchtende Fortschreibung tatsächlicher Gegebenheiten" den Rang öffentlicher Belange i.S.d. § 35 Abs. 1 u. 3 BBauG (in der damals geltenden Fassung) haben könne. Ob sie sich dann im Einzelfall gegenüber einem Abgrabungsvorhaben auf einer nicht für diese Nutzung dargestellten Fläche durchsetze, sei eine Frage der Anwendung des § 35 Abs. 1 BBauG (in der damals geltenden Fassung) und nicht einer diese Vorschrift aushebelnden anderweitigen Regelung. Demgegenüber geht die rechtssatzmäßige Festlegung von Vorranggebieten mit gebietsexterner Ausschlusswirkung i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 ROG n.F. in einem Regionalplan (früher Gebietsentwicklungsplan) aufgrund der zuvor beschriebenen Bindungswirkung des § 4 Abs. 1 Satz 1 u. 2 Nr. 2 ROG n.F. jedoch darüber hinaus, weil die Entscheidung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Nassabgrabungen mit überörtlicher Bedeutung i.S.d. § 38 Satz 1 1. Hs. BauGB an bestimmten Standorten im Außenbereich mit der Darstellung derartiger Vorranggebiete mit gebietsexterner Ausschlusswirkung abschließend gefallen ist. Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 18. Dezember 1990 - 4 NB 8.90 - lediglich entschieden, eine auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 18 lit. a) BauGB vorgenommene Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft in einem Bebauungsplan stelle keine unzulässige "Negativplanung" dar.

Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen hat die Kammer aber auch erhebliche Zweifel, ob "Ziel 1" in Kapitel D.2.5 des Regionalplans (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, in der Fassung der 4. Planänderung vom 15. Juni 2004 die Merkmale des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 ROG n.F. erfüllt.

Dies gilt zunächst für die Sätze 1 - 4 dieses "Ziels" im Hinblick auf die Legaldefinition von "Vorranggebieten" in § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG n.F.. Nach dieser Vorschrift sind "Vorranggebiete" solche Gebiete, die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen, Nutzungen oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind. Aus diesem Wortlaut der Norm folgt aber für die Kammer, dass in den Vorranggebieten die vorrangigen Nutzungen den anderen Nutzungen in Fällen der Unvereinbarkeit uneingeschränkt und ausnahmslos vorzugehen haben. Letzteres ist jedoch in den Sätzen 1 - 4 des "Ziels 1" in Kapitel D.2.5 des Regionalplans (früher Gebietsentwicklungsplan) nicht festgelegt. Vielmehr darf nach den Sätzen 3 u. 4 eine Inanspruchnahme von Biotopen, Geotopen und Bodendenkmälern für den nach Satz 1 in den BSAB vorrangigen Abbau nichtenergetischer oberflächennaher Bodenschätze nur insoweit erfolgen, als diese Inanspruchnahme "nachweislich unvermeidbar" ist. Demnach besteht aber in den übrigen Unvereinbarkeitsfällen nicht "nachweislich unvermeidbarer" Inanspruchnahmen von Biotopen, Geotopen und Bodendenkmälern gerade kein Vorrang für die Nutzung zum Abbau nichtenergetischer oberflächennaher Bodenschätze.

Daneben hat die Kammer auch erhebliche Zweifel, ob die Sätze 5 - 7 des "Ziels 1" in Kapitel D.2.5 des Regionalplans (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, in der Fassung der 4. Plan- änderung vom 15. Juni 2004 den Anforderungen aus § 7 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 ROG n.F. genügen. Nach diesen Vorschriften kann im Regionalplan festgelegt werden, dass die in den Vorranggebieten vorrangigen raumbedeutsamen Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen werden. Aus diesem Wortlaut der Normen folgt aber für die Kammer, dass eine derartige gebietsexterne Ausschlusswirkung uneingeschränkt und ausnahmslos zu gelten hat. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall, da der Ausschluss neuer Abgrabungen und Abgrabungserweiterungen außerhalb der zeichnerisch dargestellten BSAB in Satz 5 des "Ziels" Ausnahmen und Einschränkungen durch die Sätze 6 u. 7 unterliegt. Dabei sieht die Kammer ihre Wortlautinterpretation des § 7 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 ROG n.F. durch die Gesetzgebungsgeschichte dieser Bestimmungen bestätigt. Denn in der ursprünglichen Entwurfsfassung des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ROG n.F. hieß es noch "... und an anderer Stelle im Planungsraum in der Regel ausgeschlossen sein sollen ..." (Hervorhebungen durch das Gericht), was nach Ansicht der Kammer auf eine nur regelmäßige Ausschlusswirkung mit zulässigen Ausnahmen hiervon hindeutet. Diese Formulierung wurde allerdings durch den Ausschuss für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (18. Ausschuss) des 13. Deutschen Bundestages in die jetzige Wendung "... und an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen werden ..." (Hervorhebung durch das Gericht) ab- geändert.

Vgl. hierzu: BT-Drs. 13/7588, S. 62 f..

In der Begründung zu dieser Änderung hat der Ausschuss zwar ausgeführt: "Hinsichtlich der Gebietskategorie "Eignungsgebiete" hat sich der Ausschuss mit Mehrheit einem Antrag der Koalitionsfraktionen angeschlossen, der klarstellt, dass es sich bei diesen Gebieten wie bei Vorranggebieten und im Unterschied zu Vorbehaltsgebieten um Ziele der Raumordnung im Sinne von § 3 handelt. Ausnahmen von diesem Ziel können im Raumordnungsplan ausdrücklich vorgesehen werden.".

Vgl. hierzu: BT-Drs. 13/7589, S. 23 f..

Der letzte Satz der Begründung hat aber im Gesetzeswortlaut keinerlei Niederschlag bzw. Anklang gefunden, weshalb sich nach Meinung der Kammer insoweit eine erweiternde Auslegung verbieten dürfte.

Selbst wenn man jedoch Ausnahmen von der (dann nur noch regelmäßigen) Vorrangwirkung i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG n.F. sowie von der (dann ebenfalls nur noch regelmäßigen) gebietsexternen Ausschlusswirkung i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 ROG n.F. über den - nach Auffassung der Kammer insoweit eindeutigen - Wortlaut der Normen hinaus für rechtlich zulässig erachten sollte, erfüllen vorliegend die in "Ziel 1" in Kapitel D.2.5 des Regionalplans (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, in der Fassung der 4. Planänderung vom 15. Juni 2004 festgelegten Einschränkungen bzw. Ausnahmen nicht die - auch für sie geltenden - allgemeinen Zielvoraussetzungen des § 3 Nr. 2 ROG n.F.. Nach dieser Vorschrift sind Ziele der Raumordnung i.S.d. ROG n.F. verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Fest- legungen in Raumordnungsplänen - wozu nach § 3 Nr. 7 ROG n.F. auch Regionalpläne i.S.d. § 9 ROG n.F. zählen - zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Bei den in "Ziel 1" enthaltenen Einschränkungen bzw. Ausnahmen (von) der Vorrang- und der gebietsexternen Ausschlusswirkung handelt es sich aber nicht um räumlich und sachlich bestimmte oder bestimmbare, vom Träger der Regionalplanung abschließend abgewogene textliche Festlegungen i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG n.F.. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass im - auch vorliegend eröffneten - Anwendungsbereich des § 38 Satz 1 1. Hs. BauGB i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 u. 2 Nr. 2 ROG n.F. die Zwischenebene der gemeindlichen Planung entfällt und damit die regionalplanerischen Ziele ohne konkretisierenden Zwischenschritt in den Tatbestand der Zulassungsregelung inkorporiert werden, so dass sie unmittelbar auf die Vorhabenszulassung im Einzelfall durchschlagen. Dies erfordert allerdings eine besondere inhaltliche Qualität und hinreichende Konkretheit der Zielaussagen dergestalt, dass sie inhaltlich so konkret und bestimmt sein müssen, dass sie der unmittelbaren Rechtsanwendung im Einzelfall zugänglich sind; vor allem die Ausnahmetatbestände sind vom überörtlichen Plangeber so hinreichend zu determinieren, dass sie der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind.

Vgl. hierzu: BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, S. 54 (59 f.); Urt. v. 19.7.2001 - 4 C 4.00 -, BVerwGE 115, S. 17 (20 f.).

Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Denn den nachgeordneten Planungs- trägern verbleiben noch eine Vielzahl an Spielräumen zur eigenständigen Ausfüllung der in den Einschränkungen bzw. Ausnahmen in "Ziel 1" enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe ("soweit wie möglich" / "bei nachweislich unvermeidbarer Inanspruchnahme" / "standortgebundene Maßnahmen" / "offensichtlich dazu dient" / "in näherer Nachbarschaft" / "ohne wesentliche Größenänderung") sowie zur eigenständigen Ausübung des darin eingeräumten Ermessens ("können ... im Einzelfall zugelassen werden"). Zudem sind auch keine von dem überörtlichen Plangeber verbindlich vorgegebenen Kriterien zur Ausfüllung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe bzw. zur Ausübung des Ermessens durch die nachgeordneten Planungsträger ersichtlich.

An dem vorstehenden Ergebnis ändert auch die Überschrift "Ziel 1" in Kapitel D.2.5 nichts, weil sie als bloßes Indiz dafür zu werten ist, dass der Plangeber davon ausging, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder lediglich eines Grundsatzes i.S.d. § 3 Nr. 3 i.V.m. § 2 ROG n.F. hat, hängt nämlich nicht von der Bezeichnung i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 3 ROG n.F. ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst.

Vgl. hierzu: BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, S. 54 (59).

Ferner handelt es sich bei dem "Ziel 1" in Kapitel D.2.5 des Regionalplans (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, in der Fassung der 4. Planänderung vom 15. Juni 2004 auch nicht um ein sonstiges Ziel i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG n.F.. Dabei geht die Kammer wegen des Wortlauts des § 7 Abs. 4 Satz 1 ROG n.F. ("können auch Gebiete bezeichnen" (Hervorhebung durch das Gericht)) davon aus, dass neben den dort genannten besonderen Gebietstypen auch andere Gebietsausweisungen als Ziele der Raumordnung im Regionalplan erfolgen können, wenn sie den Voraussetzungen des § 3 Nr. 2 ROG n.F. genügen. Solche Gebietsausweisungen können auch in Plansätzen vorgenommen werden, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlegt.

Vgl. hierzu: BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, S. 54 (60).

Letzteres ist in "Ziel 1" in Kapitel D.2.5 - wie zuvor bereits gezeigt - allerdings nicht geschehen.

Damit stellt dieses "Ziel" weder ein besonderes Ziel der Raumordnung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b) ROG n.F. im Sinne einer Festlegung von Vorranggebieten für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher nichtenergetischer Bodenschätze mit gebietsexterner Ausschlusswirkung noch ein sonstiges Ziel i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG n.F. mit Regel- Ausnahme-Struktur dar.

Den vorstehenden Ausführungen steht auch nicht entgegen, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 13. Juni 2002 - 8 A 480/01 -, auf das sich der Beklagte in seinem Ablehnungsbescheid vom 10. März 2003 maßgeblich beruft, Bedenken gegen die Wirksamkeit der im Gebietsentwicklungsplan (jetzt Regionalplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, als Ziele der Raumordnung ausgewiesenen BSAB mit grundsätzlich gebietsexterner Ausschlusswirkung nicht erhoben hat.

Vgl. hierzu: OVG NRW, Urt. v. 13.6.2002 - 8 A 480/01 -, NuR 2003, S. 47 (49 ff.).

Denn das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat seinerzeit die Zulässigkeit eines Trockenabgrabungsvorhabens unter Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beurteilt und diese Norm als Rechtsgrundlage für die Ausweisung der BSAB mit grundsätzlich gebietsexterner Ausschlusswirkung angese- hen. Vorliegend ist allerdings die Zulässigkeit eines Nassabgrabungsvorhabens zu beurteilen, auf das § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB wegen § 38 Satz 1 1. Hs. BauGB nicht anwendbar ist; vielmehr gelangen insoweit § 4 Abs. 1 Satz 1 u. 2 Nr. 2 ROG n.F. zur Anwendung, die die Regel-Ausnahme-Struktur des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gerade nicht aufweisen. Außerdem sind erst nach diesem Urteil des Oberverwal- tungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen die beiden zuvor bereits mehrfach zitierten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 - und vom 18. September 2003 - 4 CN 20.02 - ergangen. Schließlich war auch im damaligen Entscheidungszeitpunkt des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen die 4. Planänderung des Regionalplans (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, vom 15. Juni 2004 noch nicht erfolgt.

Weiterhin steht auch "Ziel 2" in Kapitel D.1.2 des Regionalplans (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, dem Nassabgrabungsvorhaben der Klägerin nicht als zwingender Versagungsgrund entgegen. Dieses "Ziel" lautet: "In den Agrarbereichen mit spezialisierter Intensivnutzung ist die Inanspruchnahme der entsprechend genutzten Flächen für andere Nutzungen auszuschließen.". Zwar liegt die klägerische Vorhabensfläche nach den zeichnerischen Festlegungen im Regionalplan in einen "Agrarbereich mit spezialisierter Intensivnutzung (A)". Jedoch handelt es sich bei der Vorhabensfläche nicht um eine "entsprechend genutzte Fläche" i.S.d. "Ziels", weil sie keiner spezialisierten landwirtschaftlichen Intensivnutzung unterliegt, die nach Erläuterung (3) durch hohe Investitionen des Landbewirtschaftenden für Gewächshäuser, Frühbeete, Beregnungs- und Beheizungsanlagen, mehrjährige Obstkulturen usw. gekennzeichnet ist, welche eine besonders hohe Produktivität ermöglichen. Insbesondere sind auf der Vorhabensfläche auch keine landwirtschaftlichen Betriebe mit umfangreichen Beregnungsanlagen i.S.d. Erläuterung (3), Lage C. -T. , vorhanden. Vielmehr wird auf der Vorhabensfläche derzeit lediglich "normaler" Ackerbau (Anbau von Weizen, Kartoffeln usw. im üblichen Fruchtwechsel) betrieben. Im Übrigen findet sich in Kapitel D.1.2 nach den Zielen unter anderem der "Hinweis", dass zur Interpretation der Überlagerung mit Bereichen für die Sicherung und den Abbau von Bodenschätzen auf Kapitel D.2.5 verwiesen wird. Dieser Verweis erfasst aber auch die Ausnahmen in "Ziel 1" in Kapitel D.2.5, welche nach den vorherigen Ausführungen gerade nicht die allgemeinen Zielvoraussetzungen des § 3 Nr. 2 ROG n.F. erfüllen.

Darüber hinaus steht dem Nassabgrabungsvorhaben der Klägerin auch nicht "Ziel 2" in Kapitel D.1.1 des Regionalplans (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, als zwingender Versagungsgrund entgegen. Dieses "Ziel" lautet: "Die Regionalen Grünzüge sollen insbesondere die siedlungsräumliche Gliederung, den klimaökologischen Ausgleich, die Biotoperhaltung und -vernetzung sowie die freiraumgebundene Erholung sichern. Sie sind ihrer Zweckbestimmung entsprechend zu erhalten und zu entwickeln. Neue Planungen und Maßnahmen, die diese Aufgaben und Funktionen beeinträchtigen, sind auszuschließen. In begründeten Ausnahmefällen können Einrichtungen der Infrastruktur und Nutzungen, die von der Sache her ihren Standort im Freiraum haben und nicht außerhalb des Regionalen Grünzuges verwirklicht werden können, auch in Regionalen Grünzügen unter Beachtung der entsprechenden Ziele vorgesehen werden.". Zwar ist der größere Teil der klägerischen Vorhabensfläche im Regionalplan zeichnerisch als "Regionaler Grünzug" ausgewiesen. Jedoch inkorporiert der letzte Satz des "Ziels 2" in Kapitel D.1.1 mit der Wendung "unter Beachtung der entsprechenden Ziele" auch die Ausnahmen in "Ziel 1" in Kapitel D.2.5, die nach den vorherigen Ausführungen gerade nicht den allgemeinen Zielmerkmalen des § 3 Nr. 2 ROG n.F. genügen. Gleiches muss insoweit wegen der Inkorporation aber auch für das "Ziel 2" in Kapitel D.1.1. gelten.

Schließlich steht auch nicht "Ziel 5" in Kapitel D.3.3 des Regionalplans (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, dem Nassabgrabungsvorhaben der Klägerin als zwingender Versagungsgrund entgegen. Dieses "Ziel" lautet: "In den BSLE sind - außerhalb der dargestellten Abgrabungsbereiche - neue Abgrabungen auszuschließen. Arrondierungen vorhandener Abgrabungen, Erstaufforstungen, Waldumwandlungen und andere Einzelmaßnahmen sind möglich, wenn sie bzw. die Folgenutzung nicht zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes im Sinne der Ziele 1 und 2 sowie zu einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, der Erholungsfunktion oder ökologisch wertvoller Biotope führen - z.B. durch Aufforstung in landschaftlich reizvollen Wiesentälern. Bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen ist durch Ausgleich bzw. Ersatz im Sinne von §§ 4 und 5 Landschaftsgesetz NRW die Beeinträchtigung bzw. das Funktionsdefizit nach Art, Umfang, Ort und Zeitrahmen zu kompensieren.". Zwar ist der kleinere Teil der klägerischen Vorhabensfläche im Regionalplan zeichnerisch als "Bereich für den Schutz der Landschaft und landschaftsorientierte Erholung (BSLE)" ausgewiesen. Allerdings inkorporiert der erste Satz des "Ziels 5" in Kapitel D.3.3 mit der Parenthese "außerhalb der dargestellten Abgrabungsbereiche" auch die - textlich dargestellten - Ausnahmen in "Ziel 1" in Kapitel D.2.5, die nach den vorherigen Ausführungen gerade nicht die allgemeinen Zielvoraussetzungen des § 3 Nr. 2 ROG n.F. erfüllen. Gleiches muss insoweit wegen der Inkorporation aber auch für den Satz 1 des "Ziels 5" in Kapitel D.3.3 gelten. Im Übrigen findet sich die Ausnahme für Arrondierungen vorhandener Abgrabungen in den Sätzen 2 u. 3 des "Ziels 5" in Kapitel D.3.3 so nicht in den Sätzen 6 u. 7 des "Ziels 1" in Kapitel D.2.5 wieder und steht somit dazu zumindest teilweise in Widerspruch. Davon abgesehen erscheint auch zweifelhaft, ob die Ausnahmen in den Sätzen 2 u. 3 des "Ziels 5" in Kapitel D.3.3 im Hinblick auf die dort verwandten unbestimmten Rechtsbegriffe - insbesondere desjenigen der "unvermeidbaren Beeinträchtigungen" - den Bestimmtheits- bzw. Bestimmbarkeitsanforderungen des § 3 Nr. 2 ROG n.F. genügen.

Stehen demnach dem klägerischen Nassabgrabungsvorhaben keine zwingenden Versagungsgründe entgegen, hatte der Beklagte auf der zweiten Prüfungsstufe des Planfeststellungsverfahrens eine umfassende planerische Abwägung vorzunehmen. Hierfür verlangt das für alle Planfeststellungen geltende Abwägungsgebot, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet (sonst Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge zu berücksichtigen ist (sonst Abwägungsdefizit oder -fehleinstellung), die objektive Bedeutung der planungserheblichen Belange nicht verkannt wird (sonst Abwägungsfehleinschätzung) und diese Belange gegeneinander und untereinander unter Beachtung der einschlägigen gesetzlichen Bewertungsgrundsätze gerecht abgewogen werden (sonst Abwägungsdisproportionalität).

Vgl. hierzu: Kopp / Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, 9. Aufl., 2005, § 74 Rdnr. 55 f. m.w.N..

Hier ist die vom Beklagten in seinem Ablehnungsbescheid vom 10. März 2003 insoweit vorgenommene Abwägung bereits deshalb fehlerhaft, weil in der "umfassenden planerischen Abwägung" auf S. 11 - 13 des Bescheides lediglich auf die "nachvollziehenden Abwägungen" im Rahmen der Regel-Ausnahme-Struktur des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auf S. 8 f. u. 9 f. des Bescheides inhaltlich bzw. sogar ausdrücklich Bezug genommen wird. Dies stellt jedoch einen Abwägungsausfall dar, weil die sogenannte nachvollziehende Abwägung im Rahmen der Regel-Ausnahme- Struktur des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur ein Vergleich der Gewichtigkeit der sich im Einzelfall gegenüberstehenden Positionen ist, wobei die im Gesetz zum Ausdruck kommende allgemeine Wertung nachvollzogen und für den Einzelfall konkretisiert wird. Diese sogenannte nachvollziehende Abwägung ist aber streng von der gestaltenden oder planerischen Abwägung i.S.d. Abwägungsgebots zu unter- scheiden. Letztere erlaubt es nämlich, Vor- und Nachteile in einer kompensatorischen Weise gegeneinander abzuwägen, die als Ermessensausübung gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist, während Erstere es nicht gestattet, über einen gegebenen Verstoß gegen öffentliche Belange wegen irgendwelcher Vorzüge des Vorhabens im Wege der Kompensation "abwägend" hinwegzugehen, und damit einen gerichtlich uneingeschränkt überprüfbaren Vorgang der Rechtsanwendung darstellt.

Vgl. hierzu: BVerwG, Urt. v. 19.7.2001 - 4 C 4.00 -, BVerwGE 115, S. 17 (24 f.); Hoppe / Bönker / Grotefels: Öf- fentliches Baurecht, 3. Aufl. 2004, § 7 Rdnr. 185 ff. m.w.N..

Darüber hinaus ist die Abwägung des Beklagten in seinem Ablehnungsbescheid vom 10. März 2003 auch wegen eines Abwägungsdefizits und einer Abwägungsfehleinstellung fehlerhaft. Denn der Beklagte hat in seine "umfassende planerische Abwägung" nicht eingestellt, dass die Klägerin bereits in der Nachbarschaft (Stadt C. , Gemarkung T. , Flur 0, Flurstück 00) eine genehmigte (gemeinnützige) Abgrabung durchführt und dort eine Infrastruktur zur Aufbereitung des gewonnenen Materials und zu dessen Abtransport vorhält, welche sie auch für das streitgegenständliche Nassabgrabungsvorhaben nutzen möchte. Zudem wird nicht in die Abwägung eingestellt, dass die Klägerin schon Investitionen zum Erwerb der streitgegenständlichen Abgrabungsfläche getätigt hat. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten spricht insoweit an mehreren Stellen zu pauschal bloß vom "wirtschaftlichen Interesse" der Klägerin, ohne dies im vorste- henden Sinne näher zu konkretisieren. Überdies geht der Bescheid fälschlicherweise davon aus, dass es sich um einen "bisher von Abgrabungen völlig unberührten Bereich bzw. Landschaftsteil" handelt; insoweit wird übersehen, dass die das streitgegenständliche Nassabgrabungsvorhaben umgebende Landschaft bereits durch die in der Nachbarschaft (Stadt C. , Gemarkung T. , Flur 0, Flurstück 00) laufende Abgrabung geprägt ist. Weiterhin ist der mehrfache Hinweis im Bescheid auf "alternative Abbaubereiche" ebenfalls zu pauschal, da die konkrete Möglichkeit der Verfügbarkeit solcher Abbaubereiche für die Klägerin nicht näher begründet wird. Schließlich waren dem Beklagten die zuvor im Einzelnen aufgeführten Belange der Klägerin im Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheides vom 10. März 2003 auch bekannt oder zumindest für ihn erkennbar; insbesondere hat die Klägerin diese Belange in ihrer vorprozessualen Stellungnahme vom 10. Dezember 2001 schon angesprochen.

Vgl. zum Vorstehenden insgesamt: BVerwG, Urt. v. 4.5.1988 - 4 C 22.87 -, BVerwGE 79, S. 318 (324); Urt. v. 22.5.1987 - 4 C 57.84 -, DVBl 1987, S. 1008 (1011); Urt. v. 10.2.1978 - 4 C 71.25 -, ZfW 1978, S. 371 (375).

Schließlich ist die Abwägung des Beklagten in seinem Ablehnungsbescheid vom 10. März 2003 auch aufgrund einer Abwägungsfehleinschätzung bzw.- disproportionalität fehlerhaft. Denn der Beklagte hat im Rahmen seiner "umfassenden planerischen Abwägung" nicht berücksichtigt, dass die Klägerin bei einer Ablehnung des streitgegenständlichen Nassabgrabungsvorhabens aus den zuvor genannten Gründen in ihrem - grundrechtlich geschützten - Recht aus Art 12. Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb betroffen ist. Außerdem wird in der Abwägung davon ausgegangen, dass es sich bei dem "Ziel 1" in Kapitel D.2.5 und dem "Ziel 2" in Kapitel D.1.2 des Regionalplans (früher Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Köln, um Ziele der Raumordnung i.S.d. § 3 Nr. 2 bzw. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b) ROG n.F. handelt. Dies ist jedoch nach den vorherigen Ausführungen gerade nicht der Fall.

War damit die von dem Beklagten vorgenommene "umfassende planerische Abwägung" ermessensfehlerhaft, ist der von der Klägerin eingereichte Planfeststellungsantrag zur Herstellung eines Gewässers zum Zwecke der Gewinnung von Kies und Sand auf den Grundstücken Stadt C. , Gemarkung T. , Flur 0, Flurstück 00 und Flur 0, Flurstück 00, vom 15. November 2000 in der Fassung der Antragsänderung vom 3. Dezember 2002 durch den Beklagten unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 u. 3 1. Hs. VwGO. Den Beigeladenen konnten keine Kosten auferlegt werden, da sie keine Anträge gestellt haben.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 u. 2 ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 u. 4 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf die Frage der Rechtsgrundlage für eine Festlegung von Vorranggebieten mit gebietsexterner Ausschlusswirkung in Regionalplänen (früher Gebietsentwicklungsplänen) nach dem LPlG NRW a.F. sowie im Hinblick auf die Auslegung des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 u. Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 ROG n.F. grundsätzliche Bedeutung hat und das vorliegende Urteil vom Urteil des OVG NRW vom 13.06.2002 - 8 A 480/01 - abweicht und auf dieser Abweichung beruht.