LG Bielefeld, Urteil vom 21.09.2006 - 12 O 41/06
Fundstelle
openJur 2011, 42720
  • Rkr:
Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 24.05.2006 wird bestätigt.

Die Antragsgegner haben die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegner auf Unterlassung einer ehrkränkenden Äußerung in Anspruch. Die Antragsgegnerin zu 1. ist die persönlich haftende Gesellschaft der Firma K. O. GmbH & Co. KG; der Antragsgegner zu 2. ist Gesellschaftsgeschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1. Die Firma K. O. GmbH & Co. KG betreibt eine internationale Lebensmittelfachspedition und unterhält sowohl im In- wie auch im Ausland zahlreiche Niederlassungen.

Der am 01.09.2002 als stellvertretender Geschäftsführer Technik in das Unternehmen der Firma O. GmbH & Co. KG eingetretene Antragsteller wurde mit Wirkung vom 01.09.2004 zum Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1. bestellt. Auf den Inhalt des Geschäftsführervertrages vom 17.09.2004 wird Bezug genommen (Bl. 7 ff d.A.). Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin zu 1. vom 24.04.2006 wurde der Antragsteller als Geschäftsführer abberufen; ferner beschloss die Gesellschafterversammlung, den Geschäftsführervertrag außerordentlich fristlos, vorsorglich fristgerecht zum nächstzulässigen Termin zu kündigen. In Ausführung dieses Beschlusses kündigte die Antragsgegnerin zu 1. den Geschäftsführervertrag mit Schreiben vom 25.04.2006 fristlos. Darüber hinaus richtete sie ein Schreiben vom 25.04.2006 an alle Damen und Herren Regionalsprecher und Niederlassungsleiter im Hause, den Gesamtbetriebsrat sowie an die im Verteiler dieses Rundschreibens im einzelnen aufgeführten Niederlassungen im Ausland. In diesem von dem Antragsgegner zu 2. im Namen der Antragsgegnerin zu 1. verfaßten Schreiben heißt es u.a. wie folgt:

"Die Leitung informiert

Geschäftsführung Technik

Liebe Mitarbeiterinnen,

liebe Mitarbeiter,

auf Grund eines gravierenden Vertrauensbruches haben wir uns am heutigen Tage fristlos von unserem Geschäftsführer Technik, Herrn S. A., getrennt ..."

Der Antragsgegner widersprach der außerordentlichen Kündigung mit Anwaltsschreiben vom 02.05.2006; darüber hinaus wandte er sich mit Anwaltsschreiben vom 11.05.2006 gegen den Inhalt des vorgenannten Rundschreibens der Antragsgegner. Er begehrte mit näherer Begründung die Unterlassung der Behauptung eines "gravierenden Vertrauensbruches". Die Antragsgegner lehnte die von dem Antragsteller insoweit begehrte rechtsverbindliche Unterlassungserklärung ab.

Der Antragsteller ist der Auffassung, mit der in diesem Rundschreiben verbreiteten Behauptung eines gravierenden Vertrauensbruches sei er in unzulässiger Weise in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.

Auf Antrag des Antragstellers hat die Kammer durch Beschluss vom 24.05.2006 eine einstweilige Verfügung mit folgendem Inhalt erlassen:

1. Den Antragsgegnern -jeder für sich genommen- wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 (in Worten: zweihundertfünfzigtausend Euro) und für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt, außerhalb laufender oder einzuleitender behördlicher oder gerichtlicher Verfahren Dritten gegenüber zu behaupten und/oder zu verbreiten, die Antragsgegnerin zu 1) habe sich aufgrund eines gravierenden Vertrauensbruches von ihrem Geschäftsführer Technik, dem Antragsteller, getrennt.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegner.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegner Widerspruch eingelegt.

Der Antragsteller beantragt,

die durch Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 24.05.2006 ergangene einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Die Antragsgegner beantragen,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Bielefeld vom 24.05.2006 aufzuheben.

Sie sind der Auffassung, daß die von dem Antragsteller beanstandete Formulierung in dem Rundschreiben von ihrem Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt sei. Im übrigen habe der Antragsteller auch tatsächlich einen gravierenden Vertrauensbruch begangen. Der Antragsteller habe nämlich seine Pflichten als Geschäftsführer grob verletzt und das für die Fortsetzung eines Vertragsverhältnisses erforderliche Vertrauen missbraucht. Im einzelnen: Die österreichische Tochtergesellschaft der Firma O. GmbH & Co. KG, die Firma O. Austria GmbH, habe seit längerer Zeit die Errichtung eines neuen Logistikzentrums in Z. /Graz geplant. Der Antragsteller sei damit beauftragt worden, eine Angebotsliste der Bieter zu erstellen und diese ihrem geschäftsführenden Gesellschafter - K. O. - auszuhändigen. Weitergehende Kompetenzen habe der Antragsteller - soweit dieses Bauvorhaben betroffen sei - nicht gehabt. Die Verhandlungen mit den Bietern sowie die Erteilung eines etwaigen Auftrages habe sich ihr geschäftsführender Gesellschafter vorbehalten. Dies sei dem Antragsteller auch bekannt gewesen. Trotz dieser Kenntnis sowie der gemäß Geschäftsführervertrag eingeschränkten Vertretungsmacht als lediglich gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer habe der Antragsteller der Firma U. nach entsprechenden Verhandlungen am 04.04.2006 den Auftrag zur Errichtung des Logistikzentrums erteilt. Das habe er ihnen - den Antragsgegnerinnen - jedoch nicht mitgeteilt, woraufhin er - der Antragsgegner zu 2. - in das Gespräch mit Vertretern der Firma U. am 20.04.2006 in der irrigen Vorstellung gegangen sei, den Angebotspreis der vorgenannten Firma noch verhandeln zu können. Erst am 21.04.2006 hätten sie von der Firma U. erfahren, daß der Antragsteller den Auftrag bereits am 04.04.2006 erteilt habe.

Der Antragsteller bestreitet diese Darstellung. Als für den Organisationsbereich "Technik" sei er neben der Beschaffung von Fahrzeugflotten auch zuständig gewesen für die Akquisition von Grundstücken in verschiedenen Ländern und der Begleitung von z.T. großen Bauvorhaben. Das Projekt "Neubau Logistikzentrum Z./Graz" sei in seinen Zuständigkeitsbereich gefallen. Ende 2005 hätten verschiedene Angebot vorgelegen, die er nachverhandelt habe. Nachdem er den Entwurf des Baubeauftragungsvertrages der Südleasing - unstreitig sollte das Bauvorhaben durch Leasing finanziert werden - erhalten habe, habe er den Antragsgegner zu 2. in der Zeit zwischen dem 27. und 31.03.2006 auf die Vergabe der Bauarbeiten für das Logistikzentrum sowie auf das von den Bietern günstigste Angebot der Firma U. angesprochen. Der Antragsgegner zu 2. habe sich in diesem Gespräch damit einverstanden erklärt, daß er die Endverhandlungen mit der Firma U. am 04.04.2006 führe. Dies sei am 04.04.2006 in Memmingen auch geschehen. Dabei habe mit der Firma U. Einigkeit darüber bestanden, daß der Auftrag noch schriftlich bestätigt werden solle. Am 05.04.2006 habe er den Antragsgegner zu 2. über das Verhandlungsergebnis unterrichtet; dieser sei mit dem endverhandelten Preis jedoch nicht zufrieden gewesen.

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