OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.06.2006 - 10 A 80/04
Fundstelle
openJur 2011, 42171
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 9 K 3553/02
Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beigeladene und der Beklagte die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers je zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen der Beklagte und der Beigeladene selbst.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Beklagten für die Errichtung einer Grenzgarage.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks I.--------straße 93 in L. (Gemarkung W. , Flur , Flurstück ) , das mit einem Einfamilienhaus und im vorderen Grundstücksbereich mit einer Garage bebaut ist. Die Garage grenzt an das östlich gelegene Grundstück I.--------straße 95 (Gemarkung W. , Flur , Flurstück ), dessen Miteigentümer der Beigeladene ist. Dieses Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut. In den Kellerräumen befindet sich eine sprachtherapeutische Praxis der Ehefrau des Beigeladenen.

Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 241 I1.------ ---straße /I2.--------weg , 1. Änderung, der unter anderem die Festsetzungen Reines Wohngebiet und offene Bauweise enthält sowie Baugrenzen festsetzt.

Im August 2000 informierte der Kläger den Beklagten darüber, dass der Beigeladene im hinteren westlichen Grundstücksbereich in Höhe seiner Terrasse an der Grenze zum Grundstück des Klägers mit der Errichtung einer Stahlkonstruktion begonnen habe. Mit Ordnungsverfügung vom 5. Dezember 2000 gab der Beklagte dem Beigeladenen daraufhin auf, sämtliche Bauarbeiten zur Errichtung einer pergolaartigen Stahkonstruktion einzustellen und dauerhaft zu unterlassen, solange keine entsprechende Baugenehmigung erteilt worden sei.

Auf den Bauantrag vom 28. Februar 2001 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen unter dem 17. Juli 2001 für diesen Standort die Genehmigung zur Errichtung einer Garage mit einer Länge von 6,40 m und einer Breite von 3,77 m. Die Wandhöhe an der Nachbargrenze beträgt nach den genehmigten Bauvorlagen 2,43 m. In der Baubeschreibung wird ausgeführt, dass die Wand zum Grundstück des Klägers aus Vormauerziegel und die übrigen Wände aus einer Rahmenverglasung bestehen sollen. Die Zufahrt verläuft über den vorderen für einen Stellplatz mit Rasengittersteinen gepflasterten Bereich und danach über eine Rasenfläche entlang der nördlichen und westlichen Seite des Wohnhauses des Beigeladenen. Auf dem klägerischen Grundstück befinden sich in Höhe der Zufahrt das Wohnhaus und südlich die Terrasse.

Gegen die Baugenehmigung erhob der Kläger am 6. August 2001 Widerspruch, den er im Wesentlichen damit begründete, dass das Bauwerk nicht als Garage, sondern nach den Bekundungen des Beigeladenen ihm gegenüber als überdachte Terrasse genutzt werde solle. An der geplanten Stelle sei das Gebäude für ihn als Nachbarn zudem unzumutbar, weil die geplante Zufahrt unmittelbar neben der Terrasse seines Hauses vorbeiführe. Das Gebäude liege außerdem zu mehr als der Hälfte außerhalb der durch den Bebauungsplan festgesetzten überbaubaren Fläche. Es sei undenkbar, dass der Beigeladene eine Garage in der Weise baue, dass ein darin abgestelltes Fahrzeug von der Terrasse oder von dem Garten aus durch die Glastüren bzw. -fenster stets gesehen werde könne.

Die Bezirksregierung E. wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2002, zugestellt am 30. April 2002, zurück. Zur Begründung führte sie aus: Die Garage sei gemäß § 6 Abs. 11 BauO NRW an der Grenze zum Grundstück des Klägers zulässig. Auch ein Verstoß gegen § 51 Abs. 8 (jetzt: Abs. 7) BauO NRW liege nicht vor. Die Garage führe nur zu Belästigungen, die im Rahmen einer normalen Wohnnutzung billigerweise hinzunehmen seien. Hinzu komme, dass zum Grundstück des Klägers ein Zaun vorhanden sei, der einen zusätzlichen Schutz biete. Aus § 23 BauNVO könne der Kläger kein Abwehrrecht herleiten. Zudem sei die Garage nach § 23 Abs. 5 BauNVO zulässig. Falls das als Garage genehmigte Gebäude zu anderen Zwecken als zum Abstellen eines Kraftfahrzeugs genutzt werde, habe der Kläger die Möglichkeit, einen Antrag auf ordnungsbehördliches Einschreiten zu stellen.

Der Kläger hat am 29. Mai 2002 unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen Klage erhoben

Der Kläger hat beantragt,

die Baugenehmigung des Beklagten vom 17. Juli 2001 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung E. vom 26. April 2002 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf die Ausführungen im angegriffenen Widerspruchsbescheid verwiesen.

Der Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das Bauvorhaben des Beigeladenen verstoße gegen Bestimmungen des Abstandflächenrechts, die auch dem Schutz des Klägers als Nachbarn zu dienen bestimmt seien. Die Erforderlichkeit einer Abstandfläche entfalle nicht nach § 6 Abs. 11 BauO NRW, weil es sich bei dem Gebäude nicht um eine Garage handele. Es sei nicht im Sinne von § 2 Abs. 8 Satz 2 BauO NRW zum Abstellen eines Kraftfahrzeuges bestimmt. Für die Zweckbestimmung als Garage reiche es insbesondere nicht aus, dass das Gebäude nach den Angaben des Beigeladenen als solche genutzt werden solle. Entscheidend sei, dass es sich objektiv aus der Sicht eines Durchschnittsbetrachters nicht als Garage darstelle. Dies ergebe sich schon aus seiner Ausgestaltung. Es fehle an den für eine Garage typischen Gestaltungsmerkmalen und Elementen. Dass das Gebäude nicht nur bzw. vorwiegend zur Unterbringung eines Kraftfahrzeuges bestimmt sei, werde auch durch die Lage unmittelbar an der Westseite der Terrasse indiziert. Insbesondere in den Sommermonaten sei das Gebäude als Aufenthaltsraum geeignet. Durch Öffnen der Schiebetür lasse es sich als überdachte Terrasse nutzen. Ein weiteres Indiz sei die Ausgestaltung der Zufahrt, die im Wesentlichen über ein unbefestigtes Rasenstück führe.

Gegen das ihm am 8. November 2003 zugestellte Urteil hat der Beigeladene am 1. Dezember 2003 die Zulassung der Berufung beantragt. Der Senat hat mit Beschluss vom 30. März 2004 die Berufung zugelassen. Dieser Beschluss ist dem Beigeladenen am 1. April 2004 zugestellt worden. Mit am 27. April 2004 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Beigeladene einen Berufungsantrag gestellt und ausgeführt: Das Gesetz schreibe nicht die Verwendung eines bestimmten Baustoffes vor. Entscheidend sei allein, dass das Gebäude unabhängig von der Architektur und Materialbeschaffenheit dem Abstellen eines Kraftfahrzeuges diene. Die Garage diene mindestens 6 Monate im Jahr zum Abstellen eines Cabriolets. Auf eine potentiell anderweitige Nutzungsmöglichkeit in den Sommermonaten könne es nicht ankommen, da jede leerstehende Garage potentiell als Aufenthaltsraum genutzt werde könne. Die Entscheidung, ob eine Garage an eine bereits vorhandene Grenzbebauung auf dem Nachbargrundstück im vorderen Grundstücksbereich oder aber im hinteren Grundstücksbereich gebaut werde, liege grundsätzlich beim Bauherrn. Darüber hinaus gebe es nachvollziehbare Gründe für die Errichtung einer Garage an dieser Stelle, nämlich das Vorhandensein von alten Pfeilern, die er habe nutzen können. Der Einwand, dass der Bauantrag erst gestellt worden sei, nachdem er bereits mit der Errichtung des Gebäudes begonnen habe, sei ohne Relevanz. Eine nachträgliche Legalisierung eines Bauwerkes sei möglich und im vorliegenden Verfahren durch die angefochtene Baugenehmigung erfolgt.

Der Beigeladene beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen,

und schließt sich den Ausführungen des Beigeladenen an.

Der Berichterstatter des Senats hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 31. Mai 2006 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der überreichten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beigeladenen ist unbegründet.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 17. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung E. vom 26. April 2002 verstößt gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts und verletzt den Kläger damit in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Baugenehmigung verstößt allerdings nicht gegen die Abstandflächenvorschrift des § 6 BauO NRW. Nach § 6 Abs. 11 Nr. 1 BauO NRW sind in den Abstandflächen eines Gebäudes sowie ohne eigene Abstandfläche u.a. zulässig an der Nachbargrenze gebaute Garagen bis zu einer Länge von 9,0 m. Die mittlere Wandhöhe darf nicht mehr als 3,0 m über der Geländeoberfläche an der Grenze betragen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Bei dem streitigen Gebäude handelt es sich um eine Garage im Sinne des § 6 Abs. 11 BauO NRW, weil es zum Abstellen eines Kraftfahrzeuges bestimmt und objektiv geeignet ist. Maßgebend ist insoweit eine funktionale Betrachtungsweise. Die Abstandfläche dient der ausreichenden Belichtung und Belüftung, dem Feuerschutz und der Brandbekämpfung, aber auch dem störungsfreien Wohnen. Sie darf nach der Entscheidung des Gesetzgebers ausnahmsweise für Nutzungen mit mindestens gleichrangiger Funktion in Anspruch genommen werden, vornehmlich, um zur Entlastung des öffentlichen Verkehrsraums Kraftfahrzeuge unterzubringen. Dieser gleichrangigen Funktion wegen muss der Nachbar ein Bauen in der Abstandfläche als ihm zumutbar grundsätzlich hinnehmen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 1996 - 10 A 3662/92 -, BRS 58 Nr. 113.

Jede darüber hinaus gehende Nutzung eines Gebäudes lässt jedenfalls die Eigenschaft als privilegierte Grenzgarage entfallen, selbst wenn ein derartiges Gebäude alltagssprachlich als Garage bezeichnet werden mag.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. April 2004 - 10 B 828/04 -; m.w.N.; Boeddinghaus/Hahn/ Schulte; BauO NRW, § 6 Rn. 280 ff..

Hiervon ausgehend bestehen nach dem Bauantrag und den zur Genehmigung gestellten Bauvorlagen keine Zweifel daran, dass das als Garage genehmigte Gebäude eine Garage im Sinne des § 6 Abs. 11 Nr. 1 BauO NRW ist.

Soweit in der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts für die Ausfüllung des gesetzlichen Garagenbegriffs zudem verlangt wird, dass das Gebäude in seinem optischen und technischen Erscheinungsbild bei natürlicher Betrachtung durch seine Funktion, ein Kraftfahrzeug aufzunehmen, bestimmt ist,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Oktober 2000 - 7 B 1265/00 -, BRS 63, Nr. 156,

führt dies zu keiner anderen Bewertung. Das Gericht hat in dieser, vom Verwaltungsgericht herangezogenen Entscheidung das Vorliegen einer Garage verneint, weil das konkrete technische und optische Erscheinungsbild des Gebäudes - namentlich Maßstäbe, Proportionen, Linienverläufe und Sockelhöhe - jeglichen Bezug zu einer Garage im allgemeinen Wortverständnis erkennen ließ, sondern der vorgeblichen Funktion des Bauwerks diametral entgegen stand.

Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Nach dem konkreten Erscheinungsbild des Gebäudes - insbesondere hinsichtlich der Maßstäbe und Proportionen - kann, wie es sich aus den vorliegenden Lichtbildern und Bau- zeichnungen ergibt, die Garagenfunktion nicht zweifelhaft sein. Soweit das Verwaltungsgericht darauf abstellt, dass eine Garage regelmäßig ein geschlossenes Gebäude aus Mauerwerk oder Stahl ohne oder allenfalls mit kleinen Fenstern sei, ist festzuhalten, dass es weder nach dem Gesetz noch nach der zitierten Rechtsprechung darauf ankommt, aus welchen Bauprodukten das Gebäude hergestellt ist. Die Glas- und Stahlkonstruktion einschließlich der vom Verwaltungsgericht hervorgehobenen Schiebetür an der seitlichen, zur Terrasse ausgerichteten Wand sind für die ohne Weiteres gegebene - und nach außen erkennbare - mögliche Nutzung zum Abstellen eines Kraftfahrzeuges in dem Gebäude ohne Belang. Nicht anderes gilt für die Lage der Garage unmittelbar neben der Terrasse. Diese Lage ist ebenfalls für die mögliche Funktion des Gebäudes nicht relevant und im Übrigen auch nicht - etwa bei kleineren Grundstücken - unüblich.

Auch die bislang unbefestigte Zufahrt über die Rasenfläche spricht hier nicht gegen die Annahme, dass es sich bei dem Gebäude um eine Garage handelt. Es mag grundsätzlich ein gewichtiges Indiz für eine anderweitige Nutzungsabsicht sein, wenn die vorgesehene Zufahrt - wie im vorliegenden Verfahren - über eine Rasenfläche führen soll. Im vorliegenden Verfahren sind jedoch die Angaben des Beigeladenen, dass er bislang nur wegen des vorliegenden Streits über die Genehmigung der Garage von einer Pflasterung abgesehen habe, nicht zu widerlegen.

Einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Garage steht schließlich nicht - wie der Kläger meint - entgegen, dass der Beigeladene nach den sich aus den Verwaltungsvorgängen ergebenden Umständen offenbar zunächst eine andere Nutzung an dem jetzigen Standort beabsichtigt und ohne Genehmigung mit der Bauausführung begonnen hatte. Die streitige Baugenehmigung lässt als Nutzung des Gebäudes lediglich das Abstellen eines Kraftfahrzeuges zu. Die Nutzung eines als Garage genehmigten Gebäudes zu anderen Zwecken stellt nicht die Rechtmäßigkeit der Genehmigung in Frage, sondern rechtfertigt nach den oben dargelegten Grundsätzen ein ordnungsbehördliches Einschreiten.

Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verstößt jedoch gegen § 51 Abs. 7 BauO NRW. Nach dieser Vorschrift müssen Stellplätze und Garagen so angeordnet werden, dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und Lärm oder Gerüche das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung nicht über das zumutbare Maß hinaus stören. Dabei ist das Kriterium der Unzumutbarkeit nicht im enteignungsrechtlichen Sinne zu verstehen, sondern meint unterhalb dieser Schwelle liegende Belästigungen durch Lärm oder Gerüche, die der Umgebung, insbesondere der Nachbarschaft billigerweise nicht zugemutet werden können. Die Frage, wann die Benutzung von Garagen oder Stellplätzen die Umgebung unzumutbar stört, lässt sich nicht abstrakt und generell nach festen Merkmalen beurteilen. Vielmehr kommt es entscheidend auf die konkrete Situation an, in der sich die Belästigungen auswirken. Dem entsprechend ist von Bedeutung, an welchem Standort die Garagen oder Stellplätze angeordnet werden sollen und in welcher Lage sich dieser Standort zu dem Grundstück, dem Wohnhaus und ggf. gegenüber den Wohnräumen des betroffenen Nachbarn befindet. Entscheidend ist weiter der Umstand, wie der Bereich, in dem die Stellplätze oder Garagen errichtet werden sollen bzw. in dem sie sich auswirken werden, zu qualifizieren ist und welche Einwirkungen die Bewohner dort bereits hinzunehmen haben. Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass die durch die Nutzung von Stellplätzen oder Garagen verursachten Belästigungen nur selten zu unzumutbaren Beeinträchtigungen der Umgebung führen, wenn die Stellplätze oder Garagen wie üblich und in der Regel durch die Konzeption der Bebauung vorgegeben, nahe der Straße untergebracht werden. Andererseits werden Lärm- und Geruchsbelästigungen von Stellplätzen oder Garagen in rückwärtigen Grundstücksbereichen eher die Grenze des Zumutbaren überschreiten. Die Grenze ist umso niedriger anzusetzen, je empfindlicher und schutzwürdiger der Bereich, in dem die Stellplätze errichtet werden sollen, hinsichtlich der in § 51 Abs. 7 BauO NRW genannten Schutzgüter ist. Technisch- rechnerisch ermittelte Emissionswerte - seien es Einzelwerte, Wirk- oder Beurteilungspegel - sind dabei für die Beurteilung nicht ausschlaggebend.

Nach der gesetzgeberischen Entscheidung des § 6 Abs. 11 Nr. 1 BauO NRW sind Garagen nebst deren erforderlichen Zuwegung an der Nachbargrenze grundsätzlich hinzunehmen, und zwar gemäß § 12 Abs. 1 BauNVO in allen Baugebieten. Dies bedeutet zugleich, dass auch die mit der Benutzung der Garage notwendigerweise verbundenen Geräusche (Öffnen und Schließen des Garagentores, Motorengeräusch des ein- und ausfahrenden PKW, Türenschlagen, Gespräche vor der Garage etc.) und die von dem PKW bei der Zu- und Abfahrt zur Garage verursachten Abgase nach der gesetzgeberischen Wertung auch und gerade an der Nachbargrenze grundsätzlich als zumutbar anzusehen sind.

Vgl. zum Ganzen Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW § 51 Rdnr. 205 ff.; zu § 12 BauNVO: BVerwG, Beschluss vom 20. März 2003 - 4 B 59/02 -, NVwZ 2003, 1516.

In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die den Beigeladenen grenzständig zum Grundstück der Kläger genehmigte Garage aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles gegenüber dem Kläger als unzumutbar. Durch die mit der Benutzung der Garage verbundenen Geräusche und die von dem PKW bei der Zu- und Abfahrt zur Garage verursachten Abgase wird ein zusätzliches - bisher nicht vorhandenes - Störpotenzial in den rückwärtigen Grundstücksbereich des Klägers hineingetragen, mit dem der Kläger nicht rechnen musste. Unerheblich ist dabei, dass der Beigeladene nach seinen Angaben die Garage nur in den Wintermonaten zum Unterstellen seines Cabriolets nutzen will. Maßgebend ist eine typisierende Betrachtung. Nach ihren Abmessungen ermöglicht die Garage, deren Benutzung ausschließlich dem Wohnhaus des Beigeladenen zuzuordnen ist, im Normalfall das Unterstellen eines PKW, so dass im Durchschnitt mit etwa vier Fahrbewegungen täglich zu rechnen ist. Entscheidend in Rechnung zu stellen ist bei der erforderlichen Interessenabwägung allerdings, dass die Garage hier nicht - wie im Regelfall üblich - straßennah, sondern um etwa 37 Meter von der Straßenbegrenzungslinie zurückversetzt im rückwärtigen Grundstücksbereich des Grundstücks des Beigeladenen zugelassen worden ist und die Zufahrt entlang des Wohnhauses und der Terrasse des Klägers erfolgt. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der unmittelbare Garagenzugang in Höhe des Teils des Grundstücks des Klägers liegt, den dieser an der Rückseite seines Wohnhauses als Terrasse und damit als Ruhezone nutzt. Dem Schutz der Gebäuderückseiten kommt aufgrund des Ruhebedürfnisses der Bewohner grundsätzlich besondere Bedeutung zu.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8. August 1997 - 7 A 3730/96 -; vgl. auch Schl.-H. OVG, Urteil vom 9. Dezember 1991 - 1 L 28/91 - , BRS 54 Nr. 101 zu einer Garage mit einer etwa 40 m langen Auffahrt.

Der Senat hat zudem nach den sich aus den Verwaltungsvorgängen ergebenden Umständen die Überzeugung gewonnen, dass der Beigeladene die Genehmigung des Gebäudes als Garage an dem streitigen Standort vor allem deshalb beantragt hat, weil die von ihm zunächst vorgesehene und teilweise ins Werk gesetzte Pergola bzw. überdachte Terrasse - der Beigeladene hatte mit der

Bauausführung ohne Genehmigung begonnen - sich als nicht genehmigungsfähig herausgestellt und der Beklagte den Bau daraufhin stillgelegt hatte. Es drängt sich auf, dass der Beigeladene an dem zur Genehmigung gestellten Standort, der besonderen Fahraufwand bei der S-förmigen Ein- bzw. Ausfahrt erfordert, den Bau einer Garage nicht beabsichtigt hätte, wenn er sein ursprüngliches Vorhaben hätte realisieren können. Denn es bestehen auf dem Grundstück des Beigeladenen mehrere nahe liegende Möglichkeiten, die Garage im vorderen Grundstücksbereich - an der westlichen oder östlichen Grundstücksgrenze bzw. im Bereich der vorhandenen Stellplätze - zu errichten. Allein das Interesse des Beigeladenen, die vorhandene Bausubstanz nunmehr für eine Garage zu nutzen, rechtfertigt es bei der nach § 51 Abs. 7 BauO NRW vorzunehmenden Interessenabwägung billigerweise nicht, dem Kläger die von der Nutzung der Garage und der Zufahrt ausgehenden Belästigungen in seinem rückwärtigen Ruhebereich zuzumuten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2, § 159 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 und 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.