LG Wuppertal, Urteil vom 06.12.2005 - 22 KLs 85 Js 37/03 - 1/05 II
Fundstelle
openJur 2011, 38964
  • Rkr:
Tenor

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des An-geklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

Die von der Kammer zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage vom 20.12.2004 macht dem Angeklagten den Vorwurf der Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB).

Laut Anklage soll er im Jahr 1999 im Vorfeld der in Nordrhein-Westfalen zum 12. September 1999 anstehenden Kommunalwahlen als Vorsitzender des XXX-Kreisverbands X eine nach den Vorschriften des Parteiengesetzes rechtswidrige Parteispende des X2 Bauunternehmers D in Höhe von insgesamt 125.000,00 DM angenommen und deren nach dem Parteiengesetz gebotene Weiterleitung an den Präsidenten des Deutschen Bundestags unterlassen haben. Bei der Spende habe es sich um eine unzulässige sogenannte Einflußspende im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 PartG (i.d.F. vom 31.01.1994) gehandelt. D habe die Spende an die XXX erkennbar in der Erwartung geleistet, daß der Angeklagte im Falle seiner Wahl zum X Oberbürgermeister sein - D` - geplantes Projekt der Errichtung eines sogenannten Factory Outlet Centers (FOC) politisch befürworten werde.

Der Angeklagte habe Anfang des Jahres 1999 erfahren, daß der Unternehmer D der T-STRAßE X am 10.11.1998 eine großzügige finanzielle Wahlkampfunterstützung zugesagt habe. Um den D auch zur finanziellen V des Kommunalwahlkampfes der XXX zu gewinnen, habe der Angeklagte das XXX-Mitglied F beauftragt, bei D mit einer entsprechenden Bitte vorstellig zu werden. Daraufhin habe D dem F eine der Höhe nach nicht näher spezifizierte Spendenzahlung in Aussicht gestellt, wovon F sodann den Angeklagten unterrichtet habe.

Vermutlich am 19.02.1999 sei es im Restaurant T in X zu einem Treffen zwischen D und dem Angeklagten gekommen. Dabei habe D mit diesem das Projekt FOC diskutiert. Bei diesem Projekt habe D beabsichtigt, auf einer Freifläche und einem ehemaligen Deponiegelände am ...#eine Gewerbefläche zu entwickeln, auf der großflächiger Einzelhandel habe angesiedelt werden sollen. Dort hätten vor allem auf dem freien Markt schlecht absetzbare Markenartikel zu deutlich reduzierten Preisen verkauft werden sollen. Ein solches Projekt sei innerhalb des Rates der Stadt X umstritten gewesen, da eine Schwächung des hiesigen Einzelhandels befürchtet worden sei. Der Angeklagte habe sich zuvor in der Öffentlichkeit gegen ein solches Projekt ausgesprochen. Er habe erkannt, daß D die erst wenige Tage zuvor übermittelte Bitte um Parteispenden zur Einflußnahme auf seine politische Entscheidungsfindung im Sinne des Baus eines FOC habe nutzen wollen. Um D zur Bereitstellung erheblicher finanzieller Mittel für die XXX zu bewegen, habe er ihm mitgeteilt, daß er das Thema "FOC" vor der Wahl nicht "anpacken" könne, nach der Wahl sei er jedoch "sein Mann". D habe diese Absichtserklärung, wie dies von dem Angeklagten angestrebt worden sei, als Zusage der Gegenleistung für die von ihm zu leistende Wahlkampfunterstützung gedeutet.

Am 12.05.1999 habe D einen Scheck über eine Summe von 100.000,00 DM zugunsten der XXX X ausgestellt. Diesen habe er dem F gegeben, der ihn zur Einlösung an die hierfür zuständigen Parteimitglieder weitergegeben habe, die Einlösung sei dann zeitnah veranlaßt worden.

Nach der am 12.09.1999 durchgeführten Kommunalwahl sei deutlich geworden, daß es zu einer Stichwahl zwischen dem Amtsinhaber Dr. L2 und dem Angeklagten kommen werde, welche am 26.09.1999 angestanden habe. Aus den Reihen der XXX sei dem D die Bitte um eine weitere finanzielle Wahlkampfunterstützung angetragen worden. Dieser habe daraufhin zugunsten der XXX X einen Scheck über 25.000,00 DM ausgestellt, zu zahlen über die von ihm betriebene L3 GbR aus X2. Den Scheck habe er der XXX zugeleitet, die ihn zum 15.09.1999 zur Wertstellung gebracht habe.

Obwohl dem Angeklagten klargewesen sei, daß der D diese Parteispenden in Erwartung eines Eintretens der XXX, insbesondere des Angeklagten selbst, für die Genehmigung des FOC geleistet habe, habe er hiervon weder die weiteren Mitglieder der XXX informiert noch für eine Weiterleitung der Gelder an den Präsidenten des Deutschen Bundestages gesorgt. Hierzu sei die Partei indes nach § 25 Abs. 3 der damals geltenden Fassung des Parteiengesetzes verpflichtet gewesen. Wegen der Verletzung dieser Pflicht drohe der XXX nunmehr die Gefahr, daß der Präsident des Deutschen Bundestags gemäß § 23 a Abs. 1 PartG den zweifachen Betrag der rechtswidrig vereinnahmten Spendengelder für verfallen erklärt.

II.

Der Verdacht einer durch den Angeklagten begangenen Untreue bzw. nach ursprünglicher rechtlicher Auffassung der Ermittlungsbehörden auch einer Vorteilsannahme hatte sich für die Staatsanwaltschaft X ergeben, nachdem der Zeuge D, der am 19.12.2002 durch die 6. Strafkammer des Landgerichts X wegen Vorteilsgewährung und Beihilfe zum Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden war - Gegenstand dieses Verfahrens waren dessen Spenden an die T-STRAßE X -, sich zu umfänglichen Aussagen entschlossen hatte und in der Folgezeit mehrfach polizeilich vernommen worden war. So sagte er in seiner polizeilichen Vernehmung vom 06.03.2003 unter anderem wie folgt aus:

"Ein paar Tage nach der Rotweinrunde rief mich der Oberbürgermeisterkandidat ...# von der XXX an. Ihm war bereits bekannt, daß ich der T-STRAßE, a lso `der Konkurrenz´, wie er sich ausdrückte, eine hohe Spende geben würde. Die genaue Höhe wußte er nicht, jedoch daß diese im 6-stelligen Bereich liegen würde.

Woher ...# das wußte, war mir damals nicht bekannt. Ich habe ...# dann sinngemäß gesagt, er solle sich keine Sorgen machen, ich würde auch `an die XXX denken´.

Die Höhe meiner Spende habe ich ...# damals nicht genannt. Für mich war aber hier klar, daß die Spende höher ausfallen sollte als die an die T-STRAßE, für die ich damals 100.000 DM angedacht hatte.

Ich habe dann der XXX 125.00 DM gespendet.

(...)

Im Rahmen seiner Spendeneinwerbung bei mir hat ...# klar gesagt, daß die XXX bis dahin gegen das Projekt FOC sei.

Ich hatte ...# vor der Wahl auf mein FOC angesprochen. Zu diesem Zeitpunkt (also vor bzw. während des Wahlkampfes), so ...#, wolle er ein solches Thema nicht anpacken. Nach der Wahl `sei er dann jedoch mein Mann´. Es war somit klar, daß er sich nach der Kommunalwahl politisch für mein FOC einsetzen würde.

Tatsächlich hat dann die XXX nach der Wahl ja auch ihre zuvor geäußerte Meinung geändert und sich für das FOC ausgesprochen.

Der Grund für die Spende an die XXX in der erfolgten Höhe (wie ja auch der für die Spende an die T-STRAßE) war aus meiner Sicht natürlich das Projekt FOC, für das ich die Fürsprache der großen Parteien brauchte."

Der Angeklagte hat bereits im Ermittlungsverfahren bestritten, daß ein solches Gespräch, auf das die Anklage ihren Vorwurf stützt, überhaupt stattgefunden habe.

III.

Der Angeklagte war aus rechtlichen Gründen freizusprechen, weil sich die ihm vorgeworfene Tat nach dem Ergebnis der durchgeführten Hauptverhandlung als nicht strafbar erwiesen hat.

IV.

Die Kammer hat aufgrund der durchgeführten Hauptverhandlung zunächst folgende Feststellungen getroffen:

1.

Der heute 61 Jahre alte Angeklagte wurde 1944 in O in Westfalen als eines von insgesamt drei Kindern seiner Eltern geboren. Nach Abschluß der Volksschule absolvierte er eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. In der Folgezeit arbeitete er, wie sein Vater auch, eine Weile als Versicherungskaufmann bei der XXX, bevor er wieder in den Einzelhandel zurückkehrte. Seit dem Jahr 1966 ist er bei dem Schuhhandelsgeschäft L in X, einem Unternehmen mit heute ca. 1.000 Mitarbeitern und bundesweit rund 60 Verkaufsfilialen, beschäftigt, anfangs als Buchhalter, seit 1975 als Prokurist. Er ist dort für die Bereiche Finanzen, Controlling, Organisation, EDV und Personalwesen zuständig.

Der strafrechtlich nicht vorbelastete Angeklagte ist verheiratet und hat mit seiner Frau zwei erwachsene Kinder.

2.

Der Angeklagte war seit langen Jahren Mitglied der XXX, dort des Kreisverbands X, und engagierte sich intensiv in der X Kommunalpolitik. Sowohl in der Partei wie auch bei der Stadt X nahm er verschiedene herausgehobene Ehrenämter wahr. In den Jahren 1975 bis 1999 war er für die XXX Mitglied des Rates der Stadt X, ab 1979 zudem Vorsitzender der XXX-Fraktion im Stadtrat. Seit 1990 bekleidete er das Amt des Parteivorsitzenden der X XXX. Schließlich war er von 1994 bis 1999 ehrenamtlicher Bürgermeister der Stadt X.

Eines der kommunalpolitischen Ziele des Angeklagten wie auch seiner Partei war seit jeher die Stärkung des Einzelhandels und eine damit einhergehende Belebung der beiden X Stadtzentren gewesen. So hatte er in Verfolgung dieses Ziels ein für X bedeutendes privates Investitionsprojekt nicht nur politisch unterstützt, sondern auch den persönlichen Kontakt zu dem Investor vermittelt und damit maßgeblich zur Verwirklichung des Vorhabens beigetragen. Es handelt sich bei diesem Projekt um die Errichtung der "City Arkaden", eines großflächigen Einzelhandelszentrums mit vielen Ladenlokalen in der X Innenstadt mit einem Investitionsvolumen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Betrieben wurde das Projekt - dessen Planungen im Jahr 1998 bereits in der Endphase standen - von dem Q GmbH, hinter dem die Hamburger Unternehmerfamilie Xxx steht.

Anfang des Jahres 1998 kamen in X zugleich erste Diskussionen über ein anderes großes Investitionsprojekt, nämlich die mögliche Ansiedlung eines sogenannten Factory Outlet Centers (FOC) auf. Bei einem FOC handelt es sich um ein großflächiges Einzelhandelszentrum außerhalb der Innenstadt, in welchem Markenartikel, die auf dem freien Markt schlecht absetzbar sind, ähnlich wie bei einem Fabrikverkauf zu deutlich reduzierten Preisen verkauft werden. Die britische Firma xx N mit Sitz in London, die weltweit diverse FOC betreibt, verfolgte Anfang 1998 den Plan, ein solches - für die Verbraucher günstiges - Fabrikverkaufszentrum im Raum X anzusiedeln. Hiervon erfuhr der Zeuge D, ein erfolgreicher Bauunternehmer aus X2, dem es in den 90er Jahren gelungen war, sich zu einem der größten Investoren von Großbauprojekten in X zu entwickeln. Er nahm im Laufe des Jahres 1998 Kontakt zu N auf. Der Kontakt war durch den Zeugen T2 vermittelt worden, welcher Stadtrat und planungspolitischer Sprecher der T-STRAßE in X war und als Berater des Oberbürgermeisters Dr. L2 in allen wichtigen Baufragen galt. D strebte eine Kooperation mit N bei hälftiger Beteiligung an dem Projekt an. Zudem erwarb er bereits 1998 ein Grundstück am ...#in X, dem in Aussicht genommenen Standort des FOC. Letzteres wurde schnell zu einem seiner Lieblingsprojekte, dessen Verwirklichung ihm besonders am Herzen lag.

Ein solches Projekt der Errichtung eines FOC war in X allerdings kommunalpolitisch umstritten. Der Hauptausschuß des Deutschen Städtetages hatte sich bereits 1997 generell gegen die Errichtung von FOC in Innenstädten ausgesprochen. Nachdem die FOC-Pläne des Investors N durch Medienberichte Anfang April 1998 in X publik geworden waren, wandte sich der Angeklagte in seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Stadt X in einem Schreiben vom 22. April 1998 an die Präsidentin des Deutschen Städtetags, in welchem er seine Verwunderung über in der Presse zitierte Äußerungen von Dr. L2 zum Ausdruck brachte und um eine öffentliche Stellungnahme des Städtetags bat. Darin führte er aus:

"Sehr geehrte Frau Präsidentin,

am 6. November 1997 hat der Hauptausschuß des Deutschen Städtetages einstimmig den Beschluß gefaßt, Factory Outlet-Center wegen der Gefährdung der Innenstädte überall abzulehnen. Als Vertreter der Stadt X hat deren Oberbürgermeister, Dr. L2, diesen Beschluß mitgetragen.

Bis heute war ich der Überzeugung, daß diese Haltung für die Stadt X und ihren Oberbürgermeister verbindlich sei. Vor wenigen Tagen ist ein amerikanischer Investor mit seinen Plänen in die Öffentlichkeit getreten, in X ein Factory Outlet-Center zu errichten. Zu Ihrer Information lege ich einige Presseartikel bei. Die XXX lehnt ein solches Vorhaben ab und sieht sich dabei auf einer Linie mit der Politik des Deutschen Städtetages sowie zahlreicher Verbände und Institutionen vor Ort.

Mit großer Verwunderung habe ich nun heute Äußerungen von Oberbürgermeister L2 in der Bergischen Morgenpost (`Teufelszeug oder nicht?´, Bergische Morgenpost, 22. April 1998, siehe beiliegende Kopie) zur Kenntnis nehmen müssen, in der Herr U positiven Aspekten von Factory Outlet-Centers für X spricht. Darüber hinaus erklärte Oberbürgermeister L2, daß der Deutsche Städtetag zwar offiziell die Factory Outlet-Centers als `Teufelszeug´ bezeichne, hinter vorgehaltener Hand jeder Bürgermeister aber sage, daß, wenn solche Centren kommen, diese bei ihm errichtet werden sollten.

Ich finde eine solche Haltung völlig inakzeptabel und bitte Sie ganz herzlich, öffentlich Stellung zu nehmen, was die Politik des Deutschen Städtetages ist. Es darf nicht sein, daß wir einen Keil zwischen die Städte treiben lassen, der am Ende den Einzelhandel und damit letzten Endes unsere Innenstädte zerstört."

Auch die Geschäftsführung der Q GmbH erfuhr über die Presse von den FOC-Plänen in xx. Sie sah in der Ansiedlung eines solchen FOC-Projekts in X eine gravierende Änderung der Rahmenbedingungen für ihr eigenes Projekt "City Arkaden" und forderte den Angeklagten und den Oberbürgermeister L2 in gleichlautenden Schreiben vom 24. April 1998 ultimativ auf, bis zum 29. April 1998 eine klare Zusage der Stadt X abzugeben, daß ein FOC nicht genehmigt werde. Andernfalls werde man das Projekt "City Arkaden" aufgeben und sich vom Standort X zurückziehen.

Daraufhin sicherten Oberbürgermeister Dr. L2 und der Angeklagte als Bürgermeister der Q GmbH in einem offenen Brief vom 28. April 1998 zu, daß ein FOC zumindest für einen Zeitraum von zehn Jahren nicht genehmigt werde, und sie gestanden der Q GmbH eine pauschale Entschädigung in Höhe des hälftigen Kaufpreises der im Rahmen der Realisierung des Objekts erworbenen städtischen Grundstücke zu, sofern binnen drei Jahren nach Eröffnung der "City Arkaden" ein FOC genehmigt werden sollte. Zugleich gab die Stadtverwaltung über das Presseamt eine Presseerklärung heraus, aus der sich ergab, daß die Stadtspitze einschließlich des Angeklagten sich einig darüber sei, daß das Q-Projekt wegen seiner überragenden Bedeutung für den Einzelhandel und wegen seines wichtigen Beitrags für die Stadtentwicklung Priorität genieße und daß deshalb die Überlegungen für ein FOC nicht weiter verfolgt würden.

Der Angeklagte betrachtete das Thema FOC für X damit als erledigt. Zugleich war er froh, daß das Thema FOC aus dem bevorstehenden Wahlkampf für die im Herbst 1999 anstehenden Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen herausgehalten werden konnte, denn aus seiner Sicht war es der Bevölkerung schwer zu vermitteln, daß die XXX gegen ein FOC war, weil in der Öffentlichkeit eher der Eindruck hätte entstehen können, die XXX sei "gegen billiges Einkaufen".

Hingegen sah der Zeuge D, dessen Wesensart es nicht entsprach, bei seinen Projekten klein beizugeben, auch nach der gemeinsamen Erklärung des Angeklagten und des Oberbürgermeisters gegenüber der Q GmbH das Thema FOC noch lange nicht als gescheitert an. Zusammen mit dem Zeugen T2 verfolgte er das Projekt für sich weiter. Dabei war ihm - D - eines klar: Mit einem Oberbürgermeister Dr. L2 war - wenngleich auch die T-STRAßE-Fraktion zum damaligen Zeitpunkt nicht geschlossen hinter einem FOC stand - ein solches Projekt längerfristig eher zu verwirklichen als unter einem Oberbürgermeister ...#, bei dem neben der erfolgten politischen Absage und dem Umstand, daß gerade er sich erfolgreich um die Ansiedlung der "City Arkaden" in X bemüht hatte und sich daher gegenüber Q besonders im Wort fühlte, noch seine berufliche Herkunft als Prokurist einer überregionalen Einzelhandelskette und damit seine starke Bindung an den innerstädtischen Einzelhandel gegen eine solche Entscheidung stehen würde.

Bei den bevorstehenden Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen sollten erstmals die Oberbürgermeister direkt gewählt werden. Von seiten der X XXX war schon frühzeitig der Angeklagte als Spitzenkandidat für das Amt des X Oberbürgermeisters und damit Herausforderer des amtierenden Oberbürgermeisters Dr. U der T-STRAßE, der seit 1996 in diesem Amt war, auserkoren worden.

Nachdem die nordrheinwestfälische wie auch die X XXX schon im Jahr 1998 einen recht aufwendigen Vorwahlkampf geführt hatte, gewann die X T-STRAßE den Eindruck, daß man der zu erwartenden Wahlkampagne der XXX nur durch den Einsatz erheblicher Mittel werde entgegentreten können und es daher notwendig sei, Großspender für den Wahlkampf zu finden. Als ein solcher Großspender kam der Zeuge D in Betracht. Daher wurde er von dem Zeugen T2 darauf angesprochen, ob er bereit sei, eine Wahlkampfspende an die T-STRAßE X zu leisten, was er bejahte.

Daraufhin kam es am 10.11.1998 auf Initiative von T-STRAßE-Mitgliedern im Hause D zu einem - später in den Medien als "Rotweinrunde" bezeichneten - Treffen zwischen D, seinem Mitarbeiter ... sowie den T-STRAßE-Mitgliedern T2, ... und ..., an dem für eine kurze Zeit auch der Oberbürgermeister Dr. L2 teilnahm. Als Ergebnis dieses Treffens ergab sich, daß D den Wahlkampf der X T-STRAßE mit einem namhaften Betrag in sechsstelliger Höhe unterstützen wollte, und zwar in Form von Großspenden, die allerdings in die persönliche Präsentation von Dr. L2 gesteckt werden sollten. D beabsichtigte, von der Summe nur einen Teilbetrag selbst aufzubringen, mit den übrigen Beträgen in Vorleistung zu treten und sich diese Gelder nachträglich, z.B. bei seinen Auftragnehmern, zurückzuholen. Zudem ging er davon aus, daß sich auch andere Teilnehmer der "Rotweinrunde" mit hohen Beträgen beteiligen würden. Insgesamt leistete D aus seinem Vermögen in der Folgezeit 500.000 DM an die T-STRAßE.

Aber auch die X XXX wurde von D, der im übrigen XXX-Mitglied war, mit einer hohen Spende bedacht: Am 12. Mai 1999 stellte er einen Scheck über eine Summe von 100.000,00 DM aus, die an die XXX X auszuzahlen war. Eine ausdrückliche Zweckbestimmung verband er mit der Spendenhingabe nicht. Die Schecksumme wurde in der Folgezeit von der XXX zur Finanzierung des Wahlkampfs verwandt.

Am 12. September 1999 fanden sodann die Kommunalwahlen statt. Dabei gelang es keinem der beiden Kandidaten der großen Parteien T-STRAßE und XXX für das Amt des X Oberbürgermeisters, Dr. L2 und dem Angeklagten, die in diesem Wahlgang erforderliche absolute Mehrheit der Wählerstimmen bei der Direktwahl auf sich zu vereinigen, wobei der bisherige Amtsinhaber Dr. L2 die absolute Mehrheit nur knapp verpaßte. Es wurde daher eine Stichwahl auf den 26.09.1999 angesetzt.

Aus den Reihen der XXX wurde, unmittelbar nachdem das Erfordernis einer Stichwahl bekannt geworden war, an D die Bitte nach einer weiteren finanziellen Wahlkampfunterstützung herangetragen. Dieser stellte der Bitte entsprechend einen weiteren Scheck als Vertreter der L3 GbR zugunsten der XXX X i.H.v. 25.000,00 DM aus. Diesen Scheck leitete er per Post der XXX zu, die ihn am 15. September 1999 zur Wertstellung brachte.

Beide Spendenbeträge, sowohl die im Mai 1999 geleisteten 100.000 DM als auch die 25.000 DM aus September 1999 wurden später von der Bundes-XXX ordnungsgemäß entsprechend den Vorschriften des Parteiengesetzes für sogenannte Großspenden von mindestens 20.000 DM (§ 25 Abs. 2 PartG a.F.) im Rechenschaftsbericht für das Jahr 1999 verzeichnet, der später vom Präsidenten des Deutschen Bundestags durch die Bundestagsdrucksache 14/5050 vom 15.12.2000 veröffentlicht wurde.

Die am 26. September 1999 stattfindende Stichwahl des X Oberbürgermeisters entschied der T-STRAßE-Kandidat und bisherige Amtsinhaber Dr. L2 mit deutlicher absoluter Mehrheit für sich. Der unterlegene Angeklagte nahm daraufhin das erworbene Ratsmandat nicht an, trat von allen seinen politischen Ämtern zurück und konzentrierte sich nurmehr ausschließlich auf seine berufliche Stellung als Prokurist der Firma L.

Neuer Vorsitzender des X Kreisverbands der XXX wurde der bisherige stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, der Zeuge Udo I. Innerhalb der XXX X wurde nunmehr das Thema FOC bzw. die Errichtung eines - mit einem FOC vergleichbaren - sogenannten DOC (Designer Outlet Center) erneut diskutiert. Anlaß hierfür war das Bekanntwerden von Plänen des Regierungspräsidenten in Düsseldorf, ein solches FOC/DOC in der weiteren Nachbarschaft xx zu genehmigen. Innerhalb der XXX und der XXX-Fraktion im Rat wurde nunmehr die Meinung vertreten, daß es möglicherweise besser für die Stadt sei, ein solches Vorhaben nach X zu holen als es einer anderen Kommune zu überlassen. Der sich andeutende Stimmungsumschwung innerhalb der Partei wurde auch der Öffentlichkeit bekannt. Daraufhin schrieb der Angeklagte in seiner Eigenschaft als Prokurist der L GmbH am 21. Januar 2000 einen offenen Brief an den Oberbürgermeister Dr. L2, in dem er u.a. ausführte:

"Sehr geehrter Herr Dr. L2,

mit großer Verwunderung haben wir heute morgen zur Kenntnis nehmen müssen, daß eine Fraktion des Rates sich für ein Factory Outlet-Center in X ausspricht.

Wir glaubten, daß mit den Erklärungen der Stadt X, im Zusammenhang mit der Ansiedlung der Q City Arkaden, die Dinge endgültig vom Tisch wären.

(...)

Wir werden auch mit zwei großen Schuhhäusern in die City Arkaden gehen und messen damit der X Innenstadt eine hohe Bedeutung bei.

Die Ansiedlung eines Factory Outlet-Centers würde alle die von Ihnen eingeleiteten Maßnahmen konterkarieren. Von daher begrüßen und unterstützen wir ausdrücklich Ihre heutige Erklärung unter Hinweis auf die Vereinbarung mit der Q.

Wir unterstützen ebenfalls Ihre Auffassung, eine solche Maßnahme nur im absoluten Konsens insbesondere mit dem X Einzelhandel zu diskutieren. Dieses war bei der Ansiedlung der City Arkaden, im Gegensatz zu anderen Großstädten, in X in hervorragender Weise gelungen.

An dieser Stelle sollte besonders betont werden. daß wir als in X mit der Hauptverwaltung ansässiges Schuh-Einzelhandelsunternehmen, das zu den acht größten Unternehmen der Branche Deutschlands zählt, großen Wert auf eine zukunftsfähige Entwicklung gerade der X Innenstadt legen.

Unser Engagement in X ist bisher ungebrochen, Wir möchten, daß dies auch in Zukunft so bleibt.

Die Ansiedlung eines Factory Outlet-Centers würde dies erschweren."

Unter dem 27. Juni 2000 erklärte der Angeklagte schließlich durch Schreiben an den Landesverband der XXX in Nordrhein-Westfalen seinen Austritt aus der XXX X. Zur Begründung gab er - neben anderen Erwägungen - auch die mittlerweile geänderte Auffassung der XXX X zur Errichtung eines FOC an. Insoweit führte er in dem Schreiben aus:

"die heutige Berichterstattung zu den Gesprächen über die mögliche Ansiedlung eines Factory Outlet-Centers in X, bestärken mich einmal mehr in meinen seit längerer Zeit gehegten Überlegungen, nach fast 40 Jahren Mitgliedschaft die XXX X zu verlassen.

(...)

In Sachen Factory Outlet-Center hatte sich die XXX nach intensiver Diskussion im Rahmen der gemeinsamen Erklärung des Oberbürgermeisters und der damaligen drei Bürgermeister nicht nur gegenüber dem derzeit größten Investor dieser Stadt, der Q-Gruppe in I2, sondern auch gegenüber der X Öffentlichkeit festgelegt, die Ansiedlung eines FOC`s nicht weiter zu verfolgen. Unmittelbar nach der Kommunalwahl war es die XXX, die sich als erste für ein Factory Outlet-Center aussprach, wie aus der WZ zu entnehmen war.

Dieser eindeutige Wortbruch der X XXX, gegenüber einer gesunden Innenstadt-Entwicklung, gegenüber den Wählerinnen und Wählern dieser Stadt und gegenüber dem X Einzelhandel, wurde zunächst abgeschwächt und scheint jetzt doch in ein entscheidendes Stadium zu treten.

Aus der heutigen Berichterstattung in der WZ ist weiter zu entnehmen, dass der Hauptwahlkampfspender der beiden großen X Parteien, der mehrere Hunterttausendmark der T-STRAßE und 150.000,- DM der XXX zur Verfügung gestellt hat, zu den Mitinvestoren zählt.

Dies mag jeder für sich beurteilen, so wie ich mir auch mein eigenes Urteil bilde!

Mein Vertrauen in die Führung der X DCU ist erschüttert. Eine weitere Mitgliedschaft in dieser Partei würde meine stillschweigende V bedeuten."

Der Angeklagte setzte seine XXX-Mitgliedschaft für eine Weile in einem anderen Kreisverband fort und ist mittlerweile wieder in den X Kreisverband zurückgekehrt. Das Projekt FOC bzw. DOC wurde letztendlich nicht verwirklicht, nachdem absehbar geworden war, daß es die erforderlichen öffentlichrechtlichen Genehmigungen nicht bekommen würde.

V.

Zum eigentlichen strafrechtlich relevanten Geschehen, wie es der Anklage zugrunde gelegt worden ist und entsprechend der Konkretisierung der Anklage oben unter I. wiedergegeben worden ist, haben sich in der Hauptverhandlung zwei unterschiedliche Sachverhaltsvarianten ergeben, nämlich zum einen die des bestreitenden Angeklagten sowie zum anderen die Darstellung des Zeugen D. Indes brauchte sich die Kammer mit der Glaubwürdigkeit des Zeugen D und der Glaubhaftigkeit seiner Aussage nach durchgeführter Beweisaufnahme nicht auseinanderzusetzen, da beide Sachverhaltsvarianten eine Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue nach Entgegennahme einer Einflußspende nicht tragen.

1.

a) Der Zeuge D hat - soweit hier relevant - in der Hauptverhandlung folgendes bekundet:

Der Angeklagte habe ihn nur wenige Tage nach der Rotweinrunde angerufen und auf die Spende an die T-STRAßE angesprochen. Er - D - sei zu diesem Zeitpunkt entschlossen gewesen, wie auch große Firmen es täten, die großen Parteien zu bedenken, weil er für sich im Hinblick auf seine Investitionsvorhaben habe "Marken" bzw. "Highlights setzen" wollen. Er habe den Angeklagten, um ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen, gleich geantwortet, daß er auch an die XXX denken werde. Über Einzelheiten und die Höhe der Spende sei bei diesem Telefonat nicht gesprochen worden. Auf Vorhalt der Aussage des Zeugen F - dieser hatte zuvor bekundet, er sei es gewesen, der D im Auftrag des Angeklagten angerufen habe - hat er erklärt, möglicherweise habe auch F ihn - zusätzlich, also neben dem Angeklagten - angerufen. Nach diesem Telefonat mit dem Angeklagten, habe es ein weiteres Gespräch mit diesem gegeben, in dem dieser ihm erklärt habe, daß er das Thema FOC vor der Wahl nicht mehr anpacken könne, nach der Wahl jedoch sei er sein Mann.

Die Kammer hat sich bemüht, die konkreten Einzelheiten dieses Gesprächs zu erfragen, was sich als äußerst schwierig darstellte. So konnte sich der Zeuge an die konkreten Umstände zunächst nicht erinnern, lediglich der zitierte Satz des Angeklagten sei ihm im Gedächtnis geblieben, diesen habe er sich damals auch auf einem Zettel notiert, den er aber später weggeworfen habe.

Im Verlauf seiner Vernehmung, bei der die Treffen mit dem Angeklagten im Restaurant T am 19. Februar 1999 und mit ... ... und dem Angeklagten am 13. April 1999 eingehend mit dem Zeugen erörtert worden sind, meinte dieser zu erinnern, daß es ein weiteres Gespräch mit dem Angeklagten nach dem Anruf und vor der Spendenzahlung gegeben habe, das er zeitlich nicht näher eingrenzen könne, und zwar im Bürgermeisterbüro des Angeklagten im Rathaus. Er habe um dieses Treffen nachgesucht, weil er mit dem Angeklagten über sein FOC habe sprechen wollen. Auch bezüglich dieses Gesprächs vermochte der Zeuge abgreifbare Einzelheiten nicht zu erinnern. Erst in seiner Nachvernehmung hat der Zeuge dann Einzelheiten um den inkriminierten Satz im Kontext geschildert. Hintergrund bei ihm sei die Überzeugung gewesen, daß sein FOC richtig sei und Vorteile für die Stadt bringe. Der Angeklagte habe ihm darauf gesagt "Du machst mir damit den ganzen Einzelhandel kaputt" sowie "Ich lasse mich doch nicht durchs Tal treiben vom Einzelhandel. Vor der Wahl ist mit mir nichts zu besprechen in dieser Richtung; nach der Wahl bin ich Ihr Mann". Der Angeklagte habe hinsichtlich des FOC nichts zusagen wollen. Da sei mit ihm nichts zu machen gewesen. Nach seiner - D` - Meinung habe dies aber nur für diesen Zeitpunkt gegolten. Er habe den Eindruck gehabt, daß er nach der Wahl mit dem Angeklagten reden könne, und er gehe davon aus, daß damit kein Nein gemeint gewesen sei. Mit solchen Äußerungen müsse er leben, es handele sich halt um Politiker, nicht um Kaufleute. Mehr habe er nicht erreichen können; der Angeklagte lege sich doch nicht sogleich für sein FOC fest. Er habe aber den Eindruck gehabt, das sei eine "gute Message" für ihn. Ihm habe das gereicht. Er halte den Angeklagten allerdings nicht für käuflich. Nach seiner Einschätzung habe der sich von Dingen wie Spenden bei seinen Entscheidungen nicht beeinflussen lassen. Ihm - D - sei die ablehnende Haltung des Angeklagten zum FOC bekannt gewesen. Eine Erklärung für den Meinungsumschwung des Angeklagten könne er nicht abgeben. Über Spenden oder Spendenhöhen sei in diesem Gespräch nicht gesprochen worden. Schon gar nicht habe er in dem Gespräch etwa gesagt "Ich spende 100.000 DM, wenn du mein FOC unterstützt". Das wären dann aus seiner Sicht ja "mehrere Jahre Freiheitsstrafe" gewesen.

b) Der Angeklagte hat sich demgegenüber in der Hauptverhandlung wie folgt eingelassen:

Es habe nie ein Telefonat mit D, in dem er um eine Spende nachgesucht hätte, gegeben. Von der Großspende an die T-STRAßE habe er erst im Frühjahr 1999 durch den Zeugen F erfahren, der sich maßgeblich für seine Partei, die XXX, um die Spendenakquisition bemüht habe. F habe ihn gefragt, ob er D auch auf eine Spende ansprechen solle, was er bejaht habe. Einige Zeit danach habe F dann den Scheck über 100.000 DM erhalten und ihn darüber informiert. Er habe sich in einem kurzen Telefonat bei D bedankt.

Ein Gespräch über das FOC mit D habe es in dieser Zeit nicht gegeben. Für ihn sei das FOC seit dem offenen Brief vom 28.04.1998 überhaupt kein Thema mehr gewesen.

Gesprächsthema bei dem Mittagessen mit D am 19.02.1999 im Restaurant T sei das Bauvorhaben Katernberger Straße gewesen, dem er positiv gegenübergestanden habe. Ein weiteres Treffen mit D am 13.04.1999 habe dem Kennenlernen von ... ..., dem Hauptverantwortlichen der Firma N2, gedient.

Eine Äußerung gegenüber D, wonach er nach der Wahl "sein Mann" sei, habe es nie gegeben, weder bei diesen Treffen noch bei sonstiger Gelegenheit. Es sei immer seine ureigene persönliche wie auch politische Überzeugung gewesen, daß die Errichtung eines solchen FOC mehr Arbeitsplätze im Einzelhandel vernichte als es neue schaffe und daß es daher für den Einzelhandel, als dessen Vertreter er sich immer betrachtet habe, und für X insgesamt schädlich sei. Er sei niemals käuflich gewesen.

2.

a) Auf der Grundlage der Bekundungen des Zeugen D hat sich der Angeklagte nicht wegen Untreue strafbar gemacht. Es fehlt insoweit an einer pflichtwidrigen Untreuehandlung des Angeklagten i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB, weil der Tatbestand einer Einflußspende unter Zugrundelegung einer nach Auffassung der Kammer gebotenen restriktiven Auslegung des § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 PartG a.F. nicht gegeben ist.

Voraussetzung für eine entsprechende Verurteilung wäre unter anderem gewesen, daß es sich bei der gewährten Parteispende von insgesamt 125.000 DM an die XXX um eine sogenannte Einflußspende im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 PartG a.F. handelte. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 PartG a.F. sind Parteien berechtigt, Spenden anzunehmen. Ausgenommen hiervon sind unter anderem "Spenden, die erkennbar in Erwartung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden". Gemäß § 25 Abs. 3 PartG a.F. sind unzulässige Spenden im Sinne von Absatz 1 Satz 2 von der Partei unverzüglich an das Präsidium des Deutschen Bundestags weiterzuleiten. Geschieht dies nicht, gilt eine solche Spende gemäß § 23 a Abs. 2 PartG a.F. als rechtswidrig erlangt. Die Rechtsfolgen einer rechtswidrig erlangten Parteispende regelt § 23 a Abs. 1 PartG a.F., welcher lautet: "Hat eine Partei Spenden rechtswidrig erlangt oder nicht den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend im Rechenschaftsbericht veröffentlicht (§ 25 Abs. 2), so verliert sie den Anspruch auf staatliche Mittel in Höhe des Zweifachen des rechtswidrig erlangten oder nicht den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend veröffentlichten Betrags. Die rechtswidrig angenommenen Spenden sind an das Präsidium des Deutschen Bundestags abzuführen."

Aus diesen Vorschriften ergibt sich zunächst, daß die Annahme einer zulässigen Spende durch ein Parteimitglied niemals eine Untreuehandlung darstellen kann. Spenden einzunehmen ist einer Partei grundsätzlich erlaubt (§ 25 Abs. 1 Satz 1 PartG a.F.) und daher geeignet, ihr Vermögen zu erhöhen, nicht es zu verringern. Solange sich ein Parteimitglied im Bereich des nach dem Parteiengesetz Erlaubten bewegt, kann es nicht pflichtwidrig im Sinne von § 266 StGB handeln bzw. schon keine Vermögensbetreuungspflicht verletzen.

Die Kammer hat allerdings keine Bedenken, einen Verstoß gegen das Parteiengesetz mit vorhersehbaren finanziellen Sanktionen und entsprechenden nachteiligen Folgen für das betroffene Parteivermögen grundsätzlich unter dem Aspekt einer strafrechtlichen Untreue zu prüfen (vgl. die diesbezüglich geäußerten Bedenken des LG Bonn im Beschluß vom 28.02.2001; NJW 2001, 1736, 1739 - Helmut Kohl -). Zwar sieht das Parteiengesetz selbst keine strafrechtlichen Folgen im Falle eines Verstoßes vor. Auch dienen die Vorschriften des Parteiengesetzes anderen Zwecken als dem Schutz des Treugebers im Sinne von § 266 StGB. Das bedeutet jedoch nicht, daß die unzulässige Annahme einer Spende von vornherein aus dem Bereich einer strafbaren Untreue herausfiele. Wird allerdings eine strafbare Untreue überhaupt erst durch den Verstoß gegen ein anderes, selbst nicht mit Strafvorschriften versehenes Gesetz mit anderer Zielrichtung begründet, bedarf die Feststellung der Tatbestandsmerkmale der Untreue bzw. in diesem Rahmen die Feststellung der Tatbestandsmerkmale des verletzten anderen Gesetzes auch im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG) nach Meinung der Kammer besonderer Sorgfalt.

Das gilt im Besonderen für die Frage, ob eine sogenannte Einflußspende vorliegt. Nach dem Dafürhalten der Kammer ist es aus verschiedenen Gründen geboten, den Tatbestand des § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 PartG a.F. und dort insbesondere das Merkmal "erkennbar" einschränkend auszulegen:

Während Spenden an eine Partei zur allgemeinen Förderung von deren Tätigkeit und Politik erlaubt (§ 25 Abs. 1 Satz 1 PartG) und sogar verfassungsrechtlich erwünscht sind, ist es den Parteien ausdrücklich untersagt, Spenden anzunehmen, die ihnen erkennbar in Erwartung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden (§ 25 Abs. 2 Nr. 7 PartG n.F). Darin wird das Anliegen des Gesetzgebers deutlich, die allgemeine Förderung der Politik einzelner Personen oder Parteien zuzulassen, während eine Einflußnahme interessierter Dritter auf konkrete Sachentscheidungen durch finanzielle Zuwendungen abgewehrt werden soll (vgl. BGH, 3. Strafsenat, Urteil vom 28.10.2004, NJW 2004, 3569 -L2 -). Das Merkmal "erkennbar" ist freilich eher unscharf und bedarf daher der Auslegung, um überhaupt eine taugliche und vorhersehbare sowie interessengerechte Abgrenzung zwischen zulässigen und unzulässigen Spenden zu ermöglichen. Schon das gesetzliche Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der grundsätzlich erlaubten und einer ausnahmsweise unzulässigen Spendenannahme spricht - zumal unter Berücksichtigung der herausgehobenen verfassungsrechtlichen Stellung der politischen Parteien gemäß Art. 21 GG - für die Notwendigkeit einer eher restriktiven Auslegung des Ausnahmetatbestands. Würde man die Erkennbarkeit der Spendererwartung - wie es der reine Wortlaut erlaubt - weit fassen, wäre es für Parteien häufig schwierig, akquirierte Großspenden insbesondere von Unternehmen überhaupt noch anzunehmen. Insbesondere bei großen Unternehmen ist es häufig so, daß diese ständig staatliche Entscheidungen zu ihren Gunsten, wie Subventionen, Genehmigungen und Erlaubnisse begehren, für die sie die Fürsprache der Parteien benötigen, die auf der jeweiligen Ebene des Staatshandelns die Spitze der Exekutive bilden. Von daher ist grundsätzlich jede Großspende eines solchen Unternehmens, welches gerade die Bescheidung eines Antrags erwartet, auch ohne weitere Anhaltspunkte geeignet, den Geruch einer unzulässigen Einflußspende zu begründen. Dadurch könnten sich die Entscheidungsträger in einer Partei veranlaßt sehen, von der Spendenakquisition bei solchen Unternehmen wegen des Risikos des Vorliegens einer Einflußspende von vornherein abzusehen, um sich nicht in die Gefahr der - für die Partei möglicherweise ruinösen - Sanktionen nach dem Parteiengesetz zu begeben. Soweit wollte der Gesetzgeber des Parteiengesetzes vor dem erwähnten Hintergrund, daß Spenden an eine Partei zur Förderung von deren allgemeinen Zielen zulässig und sogar vefassungsrechtlich erwünscht sind, ersichtlich nicht gehen. Hinzu kommt - neben der Auslegung nach parteiengesetzlichen Aspekten - folgendes: Das einzelne Parteimitglied, das an verantwortlicher Stelle über die Behandlung einer solchermaßen eingegangenen Spende zu befinden hat, sieht sich zudem der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung wegen Untreue ausgesetzt, sobald es gewisse Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Einflußspende hat, sich insoweit aber nicht sicher ist. Es könnte sich daher umso mehr veranlaßt sehen, eine Spendenakquisition bei bestimmten Unternehmen von vornherein zu unterlassen. Um die Voraussehbarkeit staatlichen Strafens (Art. 103 Abs. 2 GG) zu gewährleisten, muß daher nach Auffassung der Kammer die Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 PartG a.F. in einschränkender Auslegung auf die Fälle beschränkt werden, in denen die unlautere Absicht des Spenders für den Empfänger zweifelsfrei und eindeutig erkennbar ist. Umgekehrt muß die Annahme einer Einflußspende ausscheiden, sofern der vom Spender hergestellte Zusammenhang zwischen Spendengewährung und dem erwarteten bestimmten Vorteil für den Empfänger nicht offenkundig ist und es geradezu auf der Hand liegt, daß eine erlaubte Förderung der allgemeinen Parteiziele nicht vorliegen kann.

Ausgehend hiervon war es für den Angeklagten im maßgeblichen Zeitpunkt der Gewährung, also des Eingangs der Spende(n) nicht "erkennbar", daß der Zeuge D diese gerade in Erwartung eines bestimmten politischen Vorteils, nämlich V seitens des Angeklagten und seiner Partei, der XXX, bei der Verwirklichung des FOC-Projekts, gewährte. Das von dem Zeugen D in der Hauptverhandlung in seinem gesamten Kontext wiedergegebene Gespräch trägt die Konkretisierung der Staatsanwaltschaft zur Einflußspende in der Anklageschrift nicht mehr.

Der Inhalt des Gesprächs belegt vielmehr die weiterhin ablehnende Haltung des Angeklagten in Bezug auf die Errichtung eines FOC in X. So hat der Angeklagte darin nach der Zeugenaussage D gesagt, daß dieser ihm mit dem FOC "den ganzen Einzelhandel kaputtmache" und daß er sich doch nicht vom Einzelhandel "durchs Tal treiben" lasse, ferner, daß mit ihm vor der Wahl "in dieser Hinsicht nichts zu besprechen" sei, "vor der Wahl könne er das "Thema FOC nicht anpacken". Gerade auf dem Hintergrund seiner kommunalpolitischen Grundeinstellung zum Einzelhandel einerseits und seiner beruflichen Position in einem Unternehmen des innerstädtischen Einzelhandels andererseits - beides war D bekannt - ergeben seine Äußerungen den Sinn, daß sich auch durch die von D vorgetragenen Argumente an seiner ablehnenden Grundhaltung zum FOC nichts geändert hatte. Indiziell bestätigt wird diese Deutung dadurch, daß der Angeklagte sich auch noch nach verlorener Wahl und nach Aufgabe seiner Parteiämter immer noch vehement gegen ein FOC aussprach, wie er dies auch schon zuvor immer getan hatte.

Der Zeuge D ging im übrigen nach dem Gespräch selbst nicht davon aus, daß er nunmehr den Angeklagten im Hinblick auf sein FOC bereits auf seine Seite gezogen hätte. Insoweit hat er ausdrücklich bekundet, der Angeklagte "wollte hinsichtlich des FOC nichts zusagen, da war nichts zu machen mit ihm", ferner: "...# wollte vor der Wahl über das FOC nicht mehr mit mir sprechen. Nach meiner Meinung galt dies nur für diesen Zeitpunkt. Ich hatte den Eindruck, daß ich nach der Wahl mit ihm weiter darüber reden kann, und ich gehe davon aus, daß damit kein Nein gemeint war. Mehr konnte ich doch nicht erreichen; das war eine gute Message für mich.". D selbst verstand mithin die Äußerungen des Angeklagten - anders als es die Anklage unterstellt - keinesfalls als Zusage der Gegenleistung für die von ihm zu leistende Wahlkampfunterstützung, sondern lediglich als die Erklärung einer späteren Gesprächsbereitschaft. Das erscheint angesichts der von ihm selbst zitierten Äußerungen des Angeklagten als eine durchaus realistische Einschätzung. Diese Einschätzung korrespondiert des weiteren mit dem schon anderweitig zum Ausdruck gekommenen Willen des Angeklagten, das Thema FOC wenn möglich aus dem Wahlkampf gänzlich herauszuhalten. Daß ein erfahrener Politiker wie der Angeklagte im übrigen einem Petenten, der zu den größten Investoren in X zählt, mit einem ernsthaft vorgetragenen, wenngleich von ihm nicht geteilten bzw. sogar abgelehnten, Anliegen nicht sogleich im übertragenen Sinne die Tür vor der Nase zuschlägt, sondern diesem gegenüber fortdauernde Gesprächsbereitschaft signalisiert, entspricht nicht nur gutem demokratischem Stil und der Höflichkeit, sondern lag auch durchaus im Interesse des Angeklagten, der bereits früher mit dem Zeugen D im Rahmen seiner politischen Ehrenämter zu tun gehabt hatte und der davon ausgehen konnte, daß dies auch später immer wieder einmal der Fall sein würde.

An dieser Bewertung ändert sich auch durch den von D bekundeten Zusatz des Angeklagten, "vor der Wahl kann ich das Thema FOC nicht anpacken, nach der Wahl bin ich Ihr Mann" nichts. Ihr läßt sich eine Bereitschaft des Angeklagten, die eigene Einstellung im Sinne einer Befürwortung des FOC zu ändern, nicht entnehmen. Der erste Teil dieser Äußerung, er könne das Thema vor der Wahl nicht anpacken, läßt sich zwanglos in die oben getroffene und von D selbst angestellte Bewertung einfügen, der Angeklagte habe auch damit lediglich seine spätere Gesprächsbereitschaft, keinesfalls aber die Zusage einer Meinungsänderung zum Ausdruck gebracht. Ein Thema "anpacken" kann eben auch bedeuten, es später bei unveränderter Meinungslage erneut intensiv zu diskutieren. Was den zweiten Halbsatz der zitierten Äußerung anbelangt ("nach der Wahl bin ich Ihr Mann"), verkennt die Kammer nicht, daß dieser für sich genommen unter Umständen auch dahin interpretiert werden könnte, daß der Angeklagte sich später einmal vielleicht der Meinung des Zeugen D anschließen könne. Jedoch muß auch diese Teiläußerung im gesamten Kontext betrachtet werden und kann nicht einer isolierten Bewertung unterzogen werden. Nimmt man aber die anderen von D bekundeten und oben wiedergegebenen Gesprächspassagen hinzu, welche die weiterhin ablehnende Haltung des Angeklagten zum FOC belegen, läßt sich auch diese angebliche Äußerung des Angeklagten ohne weiteres dahin verstehen, daß damit wiederum nur eine fortbestehende Gesprächsbereitschaft zum Ausdruck gebracht werden sollte, mehr aber auch nicht. Wie erwähnt hat auch D dies nicht anders gesehen und aus der Passage insbesondere nicht hergeleitet, daß er sich damit der V des Angeklagten sicher sein konnte.

Zu berücksichtigen ist ferner, daß in dem von D behaupteten Gespräch nach dessen ausdrücklicher Bekundung über eine etwaige Spendengewährung an die XXX oder die Höhe der Spende mit keinem Wort gesprochen wurde. Vor diesem Hintergrund liegt es eher fern, anzunehmen, der Angeklagte hätte die später eingegangene Parteispende des D in Höhe von zunächst 100.000 DM zweifelsfrei als Einflußspende erkennen müssen. Der Zeitraum zwischen dem Gespräch und dem Eingang der Spende ist des weiteren unklar, weil sich der Zeuge D nicht an den Zeitpunkt des Gesprächs erinnern konnte. Nach seiner Aussage wäre es aber nicht ausgeschlossen, daß das Gespräch schon zu Beginn des Jahres 1999 stattgefunden haben könnte und daß demzufolge die erste Spende erst vier bis fünf Monate später bei der XXX einging. Je länger aber der Zeitraum wäre, umso weniger könnte man annehmen, daß der Angeklagte noch einen unmittelbaren erheblichen Bezug zwischen dem Gespräch und dem darin vorgetragenen Anliegen des D sowie dem späteren Spendeneingang herstellte bzw. erkannte. Dies gilt umso mehr, als D seine grundsätzliche Bereitschaft, auch an die XXX eine nennenswerte Spende zu leisten, bereits frühzeitig und jedenfalls vor dem Gespräch mit ...# über das FOC erklärt hatte, nämlich - nach seiner Darstellung in der Hauptverhandlung - bereits wenige Tage nach der "Rotweinrunde" vom 10.11.1998. Zu diesem Zeitpunkt jedenfalls gab es noch keinerlei konkrete für einen Außenstehenden erkennbare Anhaltspunkte für eine Verknüpfung zwischen der in Aussicht gestellten Spende und dem FOC-Projekt bzw. dem Wunsch des Zeugen D nach einer politischen Förderung dieses Projekts durch die XXX. D selbst hat damit zu keinem Zeitpunkt - weder bei Ankündigung der Spende noch bei dem Gespräch mit dem Angeklagten über das FOC noch bei Übergabe des Schecks noch zu einem sonstigen Zeitpunkt - sei es ausdrücklich, sei es konkludent, nach außen zum Ausdruck gebracht, daß er die Spende nur gebe, wenn er seitens der XXX und des Angeklagten V für sein FOC-Projekt erfahre. Im Gegenteil hat er ausgesagt, mit seinen hohen Spenden an beide große Parteien habe er "Marken setzen" und sich deren allgemeines Wohlwollen sichern wollen.

Die an die XXX geleistete Spende von insgesamt 125.000 DM mag zwar, zumal zur V eines Kommunalwahlkampfs einer Partei, ungewöhnlich hoch erscheinen. Die Höhe relativiert sich jedoch aufgrund der Tatsachen, daß die "Konkurrenzpartei" T-STRAßE noch mehr erhielt sowie daß D Mitglied der XXX und zudem sehr vermögend war, so daß sich hieraus für den Angeklagten nicht zwingend ergeben mußte, D habe die Spende lediglich in Erwartung eines bestimmten Vorteils, nämlich V für sein FOC geleistet.

Auch bei Vornahme einer Gesamtbetrachtung genügen die vorgenannten Umstände nicht zur Annahme einer Einflußspende. Daß der Zeuge D die Spende an die XXX in der Erwartung gab, daß er später dafür V bei seinem FOC-Projekt erhalten würde, war für den Angeklagten letztendlich nicht erkennbar, schon gar nicht bei der nach Meinung der Kammer gebotenen restriktiven Auslegung dieses Gesetzesmerkmals. Allenfalls konnte er aufgrund des im einzelnen erörterten Inhalts des mit D geführten Gesprächs über das FOC und vielleicht auch wegen der ungewöhnlichen Höhe der Spende die Vermutung hegen, daß D sich damit - auch - Vorteile für sein FOC zu verschaffen erhoffte. Das genügt jedoch nicht zur Begründung einer strafbaren Untreue.

b) Erst recht kommt die Annahme einer Einflußspende und damit auch einer Untreuehandlung nicht in Betracht, wenn man der strafrechtlichen Beurteilung isoliert die von der Zeugenaussage D abweichende Einlassung des Angeklagten zugrundelegt, wonach es ein solches Gespräch mit dem Zeugen über das FOC nicht gegeben habe.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.

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