OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.02.2006 - 18 B 1707/05
Fundstelle
openJur 2011, 38425
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 7 L 1032/05

1. Die für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständige Ausländerbehörde kann einem geduldeten Ausländer, dessen Aufenthalt nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auf das Gebiet eines anderen Bundeslandes beschränkt ist, einen länderübergreifenden Wohnsitzwechsel durch Erteilung einer Duldung ermöglichen.

2. Ist der länderübergreifende Wohnsitzwechsel zur Herstellung oder Wahrung der Familieneinheit erforderlich, verbietet es Art. 6 Abs. 1 und 2 GG prinzipiell der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde, den Ausländer auf die Herstellung der Familieneinheit in einem anderen Bundesland zu verweisen.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.250,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Eine Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Entscheidung kommt nach der ständigen Senatsrechtsprechung

- vgl. nur den Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2002 - 18 B 2274/02 - mit weiteren Nachweisen sowie aktuell den Beschluss vom 13. September 2005 18 B 1567/05 -

dann nicht in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Ergebnis zu Recht versagt hat. So ist es hier. Die Antragstellerin hat bereits einen Duldungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Ihr droht keine Abschiebung. Dies hat der Antragsgegner für seinen Zuständigkeitsbereich ausdrücklich noch einmal im Beschwerdeverfahren erklärt. Vom Landkreis F. , in dessen Zuständigkeitsbereich sich die Antragstellerin zusammen mit ihrem asylrechtlich dorthin zugewiesenen Ehemann tatsächlich aufhält, hat sie eine Duldung erhalten. Darüber hinaus ist auch nichts dafür vorgetragen worden, dass der Antragstellerin bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der Aufenthalt gerade im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners ermöglicht werden müsste, etwa weil die Führung einer Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann in dessen Zuweisungsbereich unmöglich ist oder unzumutbar erscheint. Insoweit ist daran zu erinnern, dass für geduldete Ausländer aus Art. 6 GG grundsätzlich kein Wahlrecht des Ortes der gemeinsamen Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft folgt.

Unbeschadet dessen bleibt das Begehren der Antragstellerin auch deshalb erfolglos, weil sie weiterhin auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Einen solchen hat das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Gründen, die durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet werden, verneint. Insoweit sei lediglich ergänzend auf Folgendes hingewiesen:

Zur der vom Verwaltungsgericht offen gelassenen Frage nach der Zulässigkeit eines länderübergreifenden Wohnsitzwechsels eines sich geduldet in Deutschland aufhaltenden Ausländers hat der ebenfalls mit Ausländerangelegenheiten befasste 19. Senat des erkennenden Gerichts,

Vg. OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2005 - 19 B 2364/03 -, InfAuslR 2006, 64.

dem sich der 18. Senat anschließt, entschieden, dass die für den vorgesehenen Aufenthaltsort gemäß § 4 Abs. 1 OBG NRW örtlich zuständige Ausländerbehörde

- vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. März 2005 - 18 B 263/05 - und vom 10. Juli 1997 - 18 B 1853/96 -, NVwZ-RR 1998, 201 -

einem geduldeten Ausländer, dessen Aufenthalt nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auf das Gebiet eines anderen Bundeslandes beschränkt ist, einen länderübergreifenden Wohnsitzwechsel durch Erteilung einer Duldung ermöglichen kann. Ein darauf gerichteter Anspruch kann gegeben sein, wenn der Wohnsitzwechsel zur Herstellung und Wahrung der Familieneinheit erforderlich ist. In einer derartigen Situation verbietet es Art. 6 Abs. 1 und 2 GG der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde, den Ausländer auf die Herstellung der Familieneinheit in einem anderen Bundesland zu verweisen, es sei denn eine Ausländerbehörde dieses Bundeslandes hat verbindlich ihre Bereitschaft zur Aufnahme der gesamten Familie erklärt oder deren dahin gehende Verpflichtung ist verbindlich durch ein Verwaltungsgericht festgestellt worden.

Dass die aufgezeigten Voraussetzungen hier nicht gegeben sind, folgt bereits aus den obigen Ausführungen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.