OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.11.2005 - 13 A 4246/03
Fundstelle
openJur 2011, 37856
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 06. August 2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrte die Verlängerung der Zulassung (sog. Nachzulassung) für das Arzneimittel "T. O. I. T1. ". Zwischenzeitlich hatte sie als Anwendungsgebiete "Bei Verdauungsbeschwerden wie Blähungen und Völlegefühl (dyspeptische Beschwerden), besonders bei funktionellen Störungen des ableitenden Gallensystems. Katarrhe der oberen Luftwege" vorgesehen, was mit den Angaben in einer Aufbereitungsmonographie für S. aus dem Jahr 1986 übereinstimmte.

In ihrer Sitzung vom 19. Mai 1999 sprach sich die nach § 25 Abs. 7 des Arzneimittelgesetzes (AMG) gebildete sog. Aufbereitungskommission E gegen eine Verlängerung der Zulassung des Arzneimittels der Klägerin aus, weil hinsichtlich der Teilindikation der dyspeptischen Beschwerden trotz Nennung in der erwähnten Aufbereitungsmonographie kein dokumentiertes wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Wirksamkeitsbeleg vorliege und hinsichtlich der Teilindikation der Katarrhe der oberen Luftwege eine Wirksamkeit deshalb nicht angenommen werden könne, weil das Arzneimittel den insoweit erforderlichen Wirkstoff Senfölglykosid nicht enthalte. Daraufhin machte die Klägerin mit Schreiben vom 30. Juli 1999 geltend, dass sie das sog. pauschalierte Nachzulassungsverfahren nach § 109a Abs. 3 AMG in Anspruch nehme, und bezeichnete das Anwendungsgebiet ihres Arzneimittels mit "Traditionell angewendet zur Unterstützung der Verdauungsfunktion. Diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung", was der Eintragung unter Nr. 284 der sog. Traditionsliste entspricht. Nach dem Zulassungsantrag sollte das Anwendungsgebiet neben der Packungsbeilage auch auf der äußeren Umhüllung und dem Behältnis des Arzneimittels angegeben werden.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erteilte der Klägerin mit Bescheid vom 28. März 2000 die Nachzulassung. Der nachfolgend mehrfach, zuletzt mit Schreiben vom 06. August 2003 geänderte Bescheid enthält - soweit hier von Interesse - folgende Festsetzungen: Die zugelassenen Anwendungsgebiete entsprechen der zuvor genannten Formulierung der Klägerin. Die Auflage A.4 ordnet an, dass in der Packungsbeilage in einem separaten Abschnitt unter dem Punkt "Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Warnhinweise" die Formulierung "Bei anhaltenden und wiederholten Verdauungsbeschwerden wie Völlegefühl, Übelkeit oder Blähungen sollte ein Arzt aufgesucht werden" aufzunehmen ist. Nach der Auflage A.3 ist die zuvor genannte Formulierung zudem auf der äußeren Umhüllung und dem Behältnis des Arzneimittels anzubringen. Schließlich sieht die Auflage A.5.4 vor, dass in der Packungsbeilage unter dem Punkt "Dosierungsanleitung, Dauer der Anwendung" die Formulierung "Die Anwendungsdauer ist prinzipiell nicht begrenzt, beachten Sie jedoch die Angaben unter Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Warnhinweise" aufzunehmen ist. Die zuvor genannten Auflagen begründete die Beklagte im Wesentlichen wie folgt: Wegen der Selbstmedikationsmöglichkeit sei der Patient auf Symptome gegebenenfalls zu Grunde liegender schwerwiegender Krankheiten hinzuweisen. Durch den Hinweis solle verhindert werden, dass ein an einer solchen Krankheit unerkannt leidender Patient versuche, diese mit einem hierfür nicht geeigneten Präparat selbst zu therapieren, und so eine gesundheitliche Gefährdung durch Verschleppung der Erkrankung herbeiführe. Die Abgrenzung von solchen Erkrankungen, die sich zwar durch gleiche oder ähnliche Symptome bemerkbar machten, aber verschiedene Ursachen unterschiedlicher Art und Schwere haben könnten, stelle nur mit einer entsprechend präzisen Formulierung eine für den Patienten sinnvolle Handlungsanweisung dar. Da der Verbraucher vor dem Erwerb des freiverkäuflichen Präparats weder Arzt noch Apotheker befragen und auch den Inhalt der Packungsbeilage in der Regel nicht zur Kenntnis nehmen könne, sei ein solcher Hinweis auf die Grenzen der Selbstmedikation auch auf der äußeren Umhüllung nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AMG erforderlich.

Zur Begründung ihrer gegen die zuvor genannten Auflagen gerichteten Klage hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht: Es fehle an einer Ermächtigungsgrundlage für die Auflagen. Im Übrigen stehe der Hinweis, einen Arzt aufzusuchen, im Widerspruch dazu, dass das Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz der Selbstmedikation zugewiesen sei und in dieser Weise bereits jahrzehntelang durch den Verbraucher angewendet werde. Der Hinweis sei zudem missverständlich, weil er auch so verstanden werde könne, dass bei der Anwendung des Arzneimittels Beschwerden auftreten könnten. Im Hinblick auf § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG fehle es an sachgerechten Ermessenserwägungen. Im Übrigen handele es sich bei dem Arzneimittel nicht um ein Vorbeugemittel im Sinne von § 44 Abs. 1 AMG, sondern um ein Heilmittel und sei entsprechend der Monographie zu S. auch beim Auftreten von dyspeptischen Beschwerden anwendbar.

Die Klägerin hat beantragt,

die im Bescheid der Beklagten vom 28. März 2000 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 24. Juli 2003 und 06. August 2003 enthaltenen Auflagen A.3, A.4 und A 5.4 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrags hat sie im Wesentlichen die zu den Auflagen gegebene Begründung ergänzt und vertieft und darüber hinaus geltend gemacht: Die Wirksamkeit des Arzneimittels zur Vorbeugung oder Behandlung krankhafter Beschwerden sei nicht belegt. Beschrieben werde lediglich die traditionelle Anwendung zur Unterstützung der Verdauungsfunktion beim Gesunden. Es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher wisse, dass das Arzneimittel zur Heilung oder Linderung krankhafter Beschwerden nicht geeignet sei. Die Auflagen könnten auch auf § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG gestützt werden. Sie seien aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erforderlich und entsprächen den Zulassungsunterlagen, die eine Wirksamkeit bei krankhaften Beschwerden nicht belegten.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die Auflagen aufgehoben.

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend: § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AMG ermächtige auch zu (Warn-) Hinweisen, die nicht unmittelbar mit der Präparatanwendung zusammenhingen, was der Hinweis des Gesetzgebers auf mittelbare Gefahren belege. Hierunter fielen auch Fehlvorstellungen des Patienten über die Therapiemöglichkeiten des eingesetzten Arzneimittels bzw. über die eigentlich zu Grunde liegende Erkrankung, die dazu führen könnten, dass eine ärztliche Abklärung unterbleibe und die Erkrankung gegebenenfalls mit schwerwiegenden Folgen verschleppt werde. Diese Gefährdung beruhe auf der Anwendung des Präparats, das dem Patienten durch das zugelassene Anwendungsgebiet den Eindruck vermittele, sich selbst effektiv ohne weitere Hilfe gegebenenfalls auch im Fall andauernder Beschwerden therapieren zu können. Nach bisheriger Verwaltungspraxis erfahre der Hinweis seine besondere Rechtfertigung, wenn das Anwendungsgebiet, anders als im zu Grunde liegenden Fall, Symptome beschreibe, die der Patient bei der Anwendung des Präparats im Wege der Selbstmedikation schwerlich von den Symptomen schwerwiegender, ärztlich abklärungsbedürftiger Erkrankungen unterscheiden könne. Aber auch im vorliegenden Fall, in dem das Anwendungsgebiet sehr unspezifisch sei und nicht auf eine krankheitswerte Indikation hinweise, sei der Hinweis erforderlich, weil sich hinter der unspezifischen Indikation alle möglichen Erkrankungen verbergen könnten bzw. die Indikation oft harmlos erscheinende Frühstadien schwerwiegender Krankheitszustände nicht ausschließe. Im Übrigen werde das Präparat üblicherweise nicht von Gesunden ohne Beschwerden eingenommen, so dass die Möglichkeit nahe liege, dass es auch zur Selbstbehandlung vermeintlich harmloser Beschwerden eingesetzt werde. Hierfür spreche, dass es mit der Aussage "bewährtes Heilmittel zur Behandlung von Verdauungsbeschwerden" beworben und in der Verkehr gebracht werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 06. August 2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrags macht sie im Wesentlichen geltend: Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass eine kausale Verknüpfung zwischen der Indikationsstellung "zur Unterstützung der Verdauungsfunktion" und der Gefahr einer unvernünftigen, nicht mehr vertretbaren Anwendung des Arzneimittels bei der Selbstmedikation bestehe. Dies sei jedoch zur Rechtfertigung eines mit Gesundheitsgefahren begründeten Warnhinweises erforderlich, zumal der Verbraucher auf Grund jahrzehntelanger Selbstmedikation in dem in Anspruch genommenen Indikationsbereich eine entsprechende Anwendungserfahrung gewonnen habe und Gefahrensituationen nicht bekannt geworden seien. Der Vertrieb des Präparats über Reformhäuser in Verbindung mit dem Zusatz zum Anwendungsgebiet "Diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung" signalisiere dem Verbraucher, dass die Einnahme des Präparats einer gesunden Lebensführung und weniger zur Behandlung von akuten Beschwerden oder gar Erkrankungen diene.

Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen die Auflagen A.3, A.4 und A 5.4 in dem Bescheid vom 28. März 2000 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 24. Juli 2003 und 06. August 2003 zu Recht stattgegeben.

Der Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf die Auflage A.3 steht nicht entgegen, dass diese ursprünglich nicht angefochten wurde, weil mit der Änderung dieser Auflage durch die Beklagte während des Klageverfahrens eine neue Klagemöglichkeit eröffnet und damit auch die Klagefrist neu in Gang gesetzt wurde. Ein Vorverfahren ist generell nach § 105 Abs. 5b Satz 1 AMG entbehrlich.

Die Klage ist auch begründet, weil die angefochtenen Auflagen rechtswidrig sind und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Die Auflagen sind nicht durch eine Ermächtigungsgrundlage gedeckt.

Vorauszuschicken ist, dass das von der Klägerin beantragte und von der Beklagten zugelassene Anwendungsgebiet "Zur Unterstützung der Verdauungsfunktion", das nach § 109a Abs. 3 Satz 2 AMG grundsätzlich zulässig ist und der Eintragung unter Nr. 284 der sog. Traditionsliste entspricht, nicht dahingehend verstanden oder ausgelegt werden kann, dass darunter auch die Heilung oder Linderung von Verdauungsbeschwerden fällt.

Wie die in der zuvor genannten Vorschrift beschriebenen Anwendungsgebiete zu verstehen sind, ergibt sich aus der Begründung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (vom 09. August 1994, BGBl. I S. 2071), mit dem § 109a AMG in das Arzneimittelgesetz eingeführt wurde, nicht. Bei der Regelung in § 109a Abs. 3 Satz 2 AMG wurden vielmehr die Formulierungen aus Art. 3 § 11 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts (heute § 109 Abs. 3 Satz 1 AMG) übernommen, der durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (vom 11. April 1999, BGBl. I S. 717) in dieses eingefügt worden war. Zielsetzung des zuletzt genannten Änderungsgesetzes war nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung unter anderem, der besonderen Situation der Vorbeugungsmittel und ähnlicher nicht Heilzwecken dienender freiverkäuflicher Arzneimittel, insbesondere von Naturheilmitteln, Rechnung zu tragen. Dieser Zweck sollte durch die Kennzeichnung der zuvor genannten Arzneimittel mit einem Hinweis auf die traditionelle Verwendung als Hausmittel erreicht werden.

Vgl. Bundestags-Drucksache 11/5373, S. 1.

Konkret sah der Gesetzentwurf vor, dass von den Arzneimitteln, die bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts am 01. Januar 1978 im Verkehr waren, die sog. Vorbeugungs- oder Nicht-Heilmittel nach § 44 Abs. 1 AMG mit folgendem Hinweis versehen werden sollten: "Als Hausmittel traditionell angewendet: a) zur Stärkung oder Kräftigung, b) zur Besserung des Befindens, c) zur Unterstützung der Organfunktion oder d) zur Vorbeugung."

Vgl. Bundestags-Drucksache 11/5373, S. 10 (zu Art. 3 § 11 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 24. August 1976, heute § 109 AMG).

Diesbezüglich heißt es zur Begründung auf S. 20 der zuvor genannten Drucksache:

"Bei der Forderung des Nachweises einer positiven Beeinflußung des Gesundheitszustandes durch Arzneimittel, die zur Stärkung oder Kräftigung, zur Besserung des Befindens im Sinne einer Ausgleichs der üblichen Schwankungen des Wohlbefindens, der Unterstützung der Organfunktion oder zur Vorbeugung bestimmt sind, ist zu berücksichtigen, daß es sowohl an nach wissenschaftlichen Methoden aufbereitetem medizinischen Erfahrungsmaterial wie an erprobten Methoden zur Sammlung und Auswertung positiver Anwendungserfahrungen fehlt. Andererseits ist durch die Rechtsverordnung nach § 46 des Arzneimittelgesetzes sichergestellt, daß Arzneimittel mit den dargestellten Anwendungsgebieten im Einzelhandel außerhalb der Apotheken nicht abgegeben werden dürfen, wenn bei bestimmungsgemäßem oder gewohnheitsgemäßem Gebrauch eine unmittelbare oder mittelbare Gefährdung der Gesundheit von Mensch oder Tier zu befürchten ist. Es handelt sich also insgesamt im Bereich des § 44 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes um schwach wirksame, aus pharmakologischtoxikologischer Sicht unauffällige Arzneimittel, für die jedoch eine längere Anwendung in der Selbstmedikation geltend gemacht werden kann, bei der Risiken nicht beobachtet worden sind. Die Verbraucher besitzen Erfahrung in der Anwendung dieser Arzneimittel.

Der Hinweis bei diesen Arzneimitteln "Als Hausmittel traditionell angewendet" soll den Verbrauchern die Besonderheiten dieser Arzneimittel und die ihrer Anwendung zugrundeliegenden Erfahrungen sowie ihre Einsatzgrenzen verdeutlichen."

Die beschlossene Fassung des Vierten Änderungsgesetzes, der der heutige § 109 Abs. 3 Satz 1 AMG entspricht, geht auf Änderungen des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit im Gesetzgebungsverfahren zurück, der den von der Bundesregierung vorgesehenen Hinweis in "Traditionell angewendet:" abänderte und die im Gesetzesentwurf lediglich für Arzneimittel nach § 44 Abs. 1 AMG vorgesehene Kennzeichnungspflicht ohne diesbezügliche nähere Begründung auf Arzneimittel nach den §§ 44 Abs. 2 Nr. 1 bis 3, 45 AMG ausdehnte und in diesem Zusammenhang nachfolgend als weitere Kennzeichnungsmöglichkeit unter e) "als mild wirkendes Arzneimittel" einführte.

Vgl. Bundestags-Drucksache 11/6283, S. 26.

Aus diesem Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens ergibt sich, dass die Kennzeichnungsvorgaben unter lit. a) bis d) des heutigen § 109 Abs. 3 Satz 1 AMG vom Grundsatz her für die sog. Vorbeugungs- oder Nicht-Heilmittel im Sinne des § 44 Abs. 1 AMG gedacht waren, während die Vorgabe nach lit. e) für die übrigen, auf Grund der Ausschussberatungen der Kennzeichnungspflicht unterworfenen Arzneimittel in Betracht kommen sollte. Diese Unterscheidung spiegelt sich in den Begrifflichkeiten wieder, weil die Formulierung "mild wirkendes Arzneimittel" (noch) auf eine Beseitigung oder Linderung von Krankheiten etc. gemäß §§ 44 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG hindeutet und dementsprechend in dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung, der sich nur auf Arzneimittel nach § 44 Abs. 1 AMG bezog, nicht auftaucht, während die Formulierungen "zur Stärkung oder Kräftigung, zur Besserung des Befindens, zur Unterstützung der Organfunktion, zur Vorbeugung" mit Blick auf § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG dem Bereich der Nicht-Heilung und Vorbeugung zuzuordnen sind.

Diese im Rahmen des § 109 Abs. 3 Satz 1 AMG vorgesehene Differenzierung ist auch im Rahmen des § 109a Abs. 3 Satz 2 AMG zu berücksichtigen, da - wie bereits ausgeführt - diese Vorschrift lediglich die Formulierungen des § 109 Abs. 3 Satz 1 AMG übernommen hat, auch wenn es sich nach der zuletzt genannten Vorschrift lediglich um Kennzeichnungsvorgaben handelt, während sie im Rahmen des § 109a Abs. 3 Satz 2 AMG jedenfalls nach dem Wortlaut dieser Vorschrift Anwendungsgebiete darstellen. Für die Auslegung der Position 284 der sog. Traditionsliste "S. , Presssaft aus T2. " bedeutet dies, dass der genannte Stoff angesichts des eingetragenen Anwendungsgebiets "Zur Unterstützung der Verdauungsfunktion" lediglich als Vorbeugungs- oder Nicht- Heilmittel anzusehen ist. Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass Presssäfte aus frischen Pflanzen und Pflanzenteilen nach § 44 Abs. 2 Nr. 3 lit. d) AMG generell für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind. Daraus, dass ein Arzneimittel in den Anwendungsbereich des § 44 Abs. 2 AMG fällt, ergibt sich für die Entscheidung, welches der in § 109a Abs. 3 Satz 2 AMG genannten Anwendungsgebiete gegebenenfalls in die sog. Traditionsliste einzutragen ist, keine Vorgabe, weil im Rahmen des § 44 Abs. 2 AMG - anders als bei den von § 45 AMG erfassten Arzneimitteln - keine Aussage dazu getroffen wird, ob es sich um ein Heil- oder um Nicht-Heil-/Vorbeugungsmittel handelt.

Zwar erscheint es angesichts des in der Aufbereitungsmonographie für S. aus dem Jahr 1986 unter anderem genannten Anwendungsgebiets der dyspeptischen Beschwerden auch vorstellbar oder sogar naheliegend, das Anwendungsgebiet "Als mild wirkendes Arzneimittel bei Verdauungsbeschwerden" in die sog. Traditionsliste einzutragen. Dem dürfte nicht entgegen gehalten werden können, dass diesbezüglich ein klinischer Wirksamkeitsnachweis fehle, weil es im sog. pauschalierten Nachzulassungsverfahren nach § 109a Abs. 3 Satz 2 AMG wesentlich auf (Anwendungs-)Erfahrungsberichte ankommt und diese angesichts der in der Monographie für S. genannten dyspeptischen Beschwerden vorliegen dürften. Da eine solche Eintragung jedoch nicht erfolgt ist, stellen die vorstehenden Ausführungen keinen Ansatzpunkt dar, um entgegen der zuvor aufgezeigten Differenzierung Verdauungsbeschwerden als von dem eingetragenen Anwendungsgebiet "Zur Unterstützung der Verdauungsfunktion" mit umfasst anzusehen. Dies gilt zugleich für das Arzneimittel der Klägerin, da dessen Zulassung nach § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG gerade auf der Übernahme des in der sog. Traditionsliste eingetragenen Anwendungsgebiets beruht. Eine Erweiterung des Anwendungsgebiets auf Verdauungsbeschwerden ist nicht dadurch eingetreten, dass die Klägerin in der Packungsbeilage unter "Sonstige Informationen" unter anderem darauf hinweist, dass es sich bei dem Präparat um ein bewährtes Heilmittel zur Behandlung von Verdauungsbeschwerden handele, und dies mit der Anlage 2 zum Zulassungsbescheid vom 28. März 2000 anscheinend genehmigt wurde. Maßgeblich für die Bestimmung des zugelassenen Anwendungsgebiets ist der Eintrag in der sog. Traditionsliste "Zur Unterstützung der Verdauungsfunktion" sowie die damit übereinstimmende Festsetzung auf S. 3 des Bescheids. Diesbezüglich kann unabhängig von einem dahin gehenden Willen der Zulassungsbehörde eine Erweiterung nicht in der Weise vorgenommen werden, dass sonstige Angaben in der Packungsbeilage genehmigt werden, die mit dem zugelassenen Anwendungsgebiet nicht in Einklang stehen.

Ausgehend hiervon kann offen bleiben, ob die Aufnahme des streitigen Hinweises auf die äußere Umhüllung und das Behältnis (Auflage A.3) sowie in die Packungsbeilage (Auflage A.4) auf § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a), Nr. 2 lit. a) AMG, anwendbar über § 105 Abs. 5a Satz 1, Satz 2 1. Alternative AMG, gestützt werden kann.

Zweifel ergeben sich insoweit daraus, dass die Gesundheitsgefahren, denen nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AMG durch Hinweise oder Warnhinweise begegnet werden kann, gegebenenfalls bei der bestimmungsgemäßen Anwendung des Arzneimittels auftreten müssen.

Vgl. in diesem Sinne Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin, Beschluss vom 09. Juni 2000 - 5 N 32.99 -, zu einem Kinder betreffenden Warnhinweis bei einem nicht für Kinder zugelassen Präparat; Sander, § 28 AMG Anm. 4.

Sinn und Zweck der Kennzeichnungsvorschriften und der Packungsbeilage ist es, die Verbraucher über das zugelassene Arzneimittel zu informieren und auf diese Weise eine sachgerechte Anwendung zu gewährleisten.

Vgl. die Begründung zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts, Bundestags-Drucksache 7/3060, S. 46 f. (Zu § 11).

Dementsprechend spricht Einiges für die Annahme, dass die Auflagenermächtigungen in § 28 AMG, soweit dort von Anwendung die Rede ist und sie sich auf die Kennzeichnung, die Packungsbeilage und die Fachinformation beziehen, jeweils eine sachgerechte Anwendung voraussetzen. Es könnte systemwidrig sein, einerseits die Kennzeichnungsvorschriften und die Packungsbeilage als Garanten einer sachgerechten Anwendung anzusehen, andererseits aber die darauf bezogenen Auflagenermächtigungen dahingehend auszulegen, dass sie auch aus einer sachwidrigen Anwendung resultierende Gesundheitsgefahren erfassen. Abgesehen davon könnte es die Kapazität der Zulassungsbehörde sprengen, wenn man durch nicht sachgerechte Anwendung verursachte Gesundheitsgefahren als in den Anwendungsbereich des § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AMG fallend ansähe, weil unzählige solcher Fälle denkbar sind, die die Behörde gegebenenfalls zumindest im Rahmen des eingeräumten Ermessens mit in den Blick nehmen müsste.

Eine sachgerechte oder bestimmungsgemäße Anwendung liegt dann vor, wenn sie sich im Rahmen der zugelassenen Anwendungsgebiete - Pflichtangabe in der Packungsbeilage nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AMG - hält. Hiervon geht der mit den streitigen Auflagen A.3 und A.4 verfügte Hinweis jedoch nicht aus. Denn die Gefahren, denen die Beklagte mit dem Hinweis begegnen will, ergeben sich nicht, wenn das Arzneimittel entsprechend dem beantragten und zugelassenen Anwendungsgebiet "Zur Unterstützung der Verdauungsfunktion" eingenommen wird - was auch immer konkret darunter fallen mag -, sondern dann, wenn es zur Heilung oder Linderung von (anhaltenden oder wiederholten) Verdauungsbeschwerden eingesetzt wird. Diesbezüglich liegt aber, was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt, nach den vorstehenden Ausführungen keine Zulassung vor.

Folgt man dem nicht, etwa mit der Erwägung, dass angesichts des von der Beklagten als unspezifisch bezeichneten zugelassenen Anwendungsgebiets und angesichts der langjährigen Anwendungserfahrung mit dem Präparat der Klägerin im Rahmen des § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AMG ausnahmsweise auch eine nach der Zulassung nicht sachgerechte und nicht bestimmungsgemäße Anwendung, nämlich bei Verdauungsbeschwerden, mit in Betracht gezogen werden muss, deckt die genannte Vorschrift die Auflagen A.3 und A.4 gleichwohl nicht ab. Dabei kann offen bleiben, ob, wenn sich in der Anwendungspraxis Verdauungsbeschwerden nicht von dem zugelassenen Anwendungsgebiet "Zur Unterstützung der Verdauungsfunktion" abgrenzen ließen und es eines Ausschlusses der Anwendung des Arzneimittels bei Verdauungsbeschwerden bedürfte, statt eines in die Informationstexte aufzunehmenden (Warn-)Hinweises bereits auf der Zulassungsebene eine entsprechende Beschränkung, gekoppelt mit einer vorherigen (klarstellenden) Beschränkung der Eintragung Nr. 284 der sog. Traditionsliste, hätte festgesetzt werden müssen. Daran anknüpfend bedarf es ferner keiner Klärung, ob statt einer möglichen Fehleinschätzung der Anwender eher eine solche bei Festsetzung des Anwendungsgebiets des unter Nr. 284 der sog. Traditionsliste eingetragenen Stoffs vorgelegen hat, weil die Eintragung des bereits oben genannten Anwendungsgebiets "Als mild wirkendes Arzneimittel bei Verdauungsbeschwerden" näher gelegen haben dürfte. Schließlich braucht nicht entschieden zu werden, ob dem Verwaltungsgericht dahingehend zu folgen ist, dass die in § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AMG genannten mittelbaren Gefahren nicht die Fälle erfassen, in denen sich Gesundheitsgefahren aus einer Fehleinschätzung des Anwenders ergeben.

Auch wenn man die Zulässigkeit eines (Warn-)Hinweises auf der Grundlage der genannten Vorschrift bejaht, von einer möglichen Fehleinschätzung des Anwenders ausgeht und die dadurch hervorgerufenen Gesundheitsgefahren als mittelbar anwendungsbezogen im Sinne der Vorschrift begreift, erweist sich der Hinweis der Beklagten als ungeeignet, diesen Gesundheitsgefahren entgegen zu wirken, was zugleich die Auflagen ungeeignet macht. Dies gilt sowohl dann, wenn der Anwender das Präparat bewusst außerhalb des zugelassenen Anwendungsgebiets einsetzt, weil er auf Grund langjähriger Anwendungserfahrung im Hinblick auf Verdauungsbeschwerden sich über das zugelassene Anwendungsgebiet hinwegsetzt oder aber auch Verdauungsbeschwerden von dem zugelassenen Anwendungsgebiet als mit umfasst ansieht, als auch dann, wenn er das Präparat darüber hinaus im Hinblick auf Symptome einnimmt, die nur vermeintlich zu dem von ihm angenommenen Anwendungsgebiet Verdauungsbeschwerden passen, tatsächlich aber auf eine Erkrankung zurückzuführen sind, die außerhalb dieses angenommenen Anwendungsgebiets liegt. In allen Fallkonstellationen ist der Hinweis der Beklagten nicht geeignet, die jeweils zu Grunde liegende (unterstellte) Fehleinschätzung des Anwenders zu beseitigen und damit die daraus möglicherweise resultierenden Gesundheitsgefahren abzuwenden.

Konsequenter Weise müsste der Hinweis nach den vorstehenden Ausführungen bereits bei dem generellen bzw. auf der ersten Stufe liegenden Irrtum des Anwenders ansetzen, das Arzneimittel könne oder dürfe auch bei Verdauungsbeschwerden angewendet werden, weil damit die darauf aufbauende weitere mögliche Fehleinschätzung, das Präparat bei auf ernsthafte Erkrankungen hindeutenden Symptomen einzusetzen, von vornherein unterbunden würde. Dem wird der Hinweis jedoch nicht gerecht, weil die Formulierung "Bei anhaltenden und wiederholten Verdauungsbeschwerden ... sollte ein Arzt aufgesucht werden" nicht klarstellt, dass keine Anwendung bei Verdauungsbeschwerden erfolgen soll, sondern implizit sogar bestätigt oder suggeriert, dass das Präparat zumindest bei kurzzeitigen und einmaligen Verdauungsbeschwerden - und damit entgegen dem zugelassenen Anwendungsgebiet - eingesetzt werden kann.

Selbst wenn man dies unberücksichtigt lässt und davon ausgeht, dass die Beklagte auf welcher Grundlage auch immer in gewissem Umfang eine Anwendung bei Verdauungsbeschwerden doch zulassen oder tolerieren wollte, setzt der Hinweis auch deren weitere Intention, den Anwender bei bestimmten (schweren) Beschwerden, die auf das Vorliegen einer mit dem Präparat nicht behandelbaren Erkrankung hindeuten, zum Aufsuchen eines Arztes zu veranlassen, nicht um. Diese Intention wird dem Verbraucher mit dem Hinweis bereits nicht vermittelt, weil sich aus der Formulierung jedenfalls nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit ergibt, dass vor einer möglicherweise hinter den Beschwerden stehenden, mit dem Präparat nicht therapierbaren Erkrankung gewarnt werden soll. Weiterhin werden keine auf eine (ernsthafte) Erkrankung hindeutenden klaren und eindeutigen Symptome oder Beschwerdebilder im Sinne einer von der Beklagten selbst geforderten präzisen Handlungsanweisung beschrieben, an denen sich der Anwender bei der Entscheidung, ob er einen Arzt aufsuchen soll, orientieren könnte. Daran anknüpfend ist der Hinweis schließlich nicht geeignet, eine Anwendung bei andauernden Beschwerden zu verhindern, weil offen bleibt, welche Zeitdauer mit "langanhaltend" und welche Häufigkeit mit "wiederholt" gemeint ist.

Weiterhin erscheint die Erforderlichkeit des Hinweises und damit der Auflagen zweifelhaft. Bereits aus der oben zitierten Bundestags-Drucksache 11/5373 zum Vierten Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes ergibt sich, dass der Gesetzgeber den Hinweis auf die traditionelle Anwendung als ausreichend angesehen hat, den Verbrauchern die Besonderheiten dieser Arzneimittel und die ihrer Anwendung zugrundeliegenden Erfahrungen sowie ihre Einsatzgrenzen zu verdeutlichen. Der Ausschuss für Gesundheit hat im Gesetzgebungsverfahren betreffend das Fünfte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes nochmals betont, dass das pauschalierte Nachzulassungsverfahren nach § 109a AMG nur für per se risikoarme Arzneimittel in Betracht kommen solle, nämlich für solche, die nicht verschreibungspflichtig und nicht wegen besonderer Umstände apothekenpflichtig sind, dass dem Verbraucher die Besonderheit des Arzneimittels als traditionelles Arzneimittel sowie seine begrenzten Einsatzmöglichkeiten verdeutlicht würden und dass im Rahmen der Aufstellung der sog. Traditionsliste eine risikogestufte Bewertung vorzunehmen sei.

Vgl. Bundestages-Drucksache 12/7572, S. 8.

Daraus ergibt sich, dass es im Regelfall bei den sog. traditionellen Arzneimitteln eines darüber hinaus gehenden (Warn-)Hinweises auf den eingeschränkten Anwendungswendungsbereich und damit zugleich auf die Grenzen der Selbstmedikation nicht bedarf, weil dies durch den nach § 109a Abs. 3 Satz 2 AMG zwingend vorgeschriebenen Zusatz zum Anwendungsgebiet "Traditionell angewendet" sichergestellt wird. Dies gilt hier erst recht in Anbetracht der Tatsache, dass der eingeschränkte Anwendungsbereich über die gesetzlichen Vorgaben hinaus - soweit ersichtlich - durchgängig in der sog. Traditionsliste durch den weiteren Zusatz "Diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung" bei dem Anwendungsgebiet unterstrichen wird, der auch Gegenstand der der Klägerin erteilten Zulassung ist.

In diesem Zusammenhang kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin,

Urteile vom 16. August 2001 - 5 B 3.00 -, - 5 B 4.00 - und - 5 B 5.00 -,

berufen. Soweit dort jeweils gleichlautend im Rahmen einer Hilfsüberlegung ein (Warn-)Hinweis auf die Grenzen der Selbstmedikation bzw. auf Symptome schwerwiegender Erkrankungen als von § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AMG gedeckt angesehen wurde, können diese Ausführungen abgesehen davon, dass der dort zu Grunde liegende Hinweis wesentlich konkreter gefasst war, für dieses Verfahren bereits deshalb keine Geltung beanspruchen, weil es in jenen Verfahren nicht um auf der Grundlage von § 109a AMG zugelassene sog. Traditionsarzneimittel ging.

Der Umstand schließlich, dass die Klägerin ihr Präparat als Heilmittel bei Verdauungsbeschwerden bewirbt, vermag ebenfalls keinen Warnhinweis zu rechtfertigen, sondern allenfalls ein Einschreiten dagegen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten nunmehr anscheinend missbilligte "Werbung" - wie oben bereits ausgeführt - Bestandteil der mit der Anlage 2 zum Zulassungsbescheid vom 28. März 2000 genehmigten Packungsbeilage ist.

Angesichts der vorstehenden Ausführungen liegt zumindest keine ermessensfehlerfreie Anordnung der Auflagen A.3 und A.4 gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AMG vor.

Die Ermächtigung in § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG greift ebenfalls nicht. Nach der Vorschrift können Auflagen erlassen werden, um sicherzustellen, dass die Angaben nach den §§ 10, 11 und 11 a AMG den für die Zulassung eingereichten Unterlagen entsprechen. Eine Anpassung der Angaben in den Informationstexten an die Zulassungsunterlagen wird hier im positiven Sinne jedoch nicht vorgenommen, weil sich letztere überhaupt nicht zu einer Anwendung des Arzneimittels bei Verdauungsbeschwerden verhalten. Ob die Vorschrift auch Anpassungen im negativen Sinne der Gestalt abdeckt, dass sich die Zulassungsunterlagen zu bestimmten Umständen nicht verhalten und hierauf, d.h. quasi auf ein Fehlen, in den Informationstexten hingewiesen wird, erscheint zweifelhaft, weil es für eine sachgerechte Anwendung des Arzneimittels, die mit den Informationstexten sichergestellt werden soll, in aller Regel nicht auf etwas ankommen dürfte, was in den Zulassungsunterlagen nicht erwähnt wird, zumal dem Anwender mit dem Hinweis auf etwas Fehlendes keine sachgerechten Anwendungsinformationen an die Hand gegeben würden. Letztlich kann auch diese Frage offen bleiben, weil selbst dann, wenn man sog. Negativhinweise als von § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG mit umfasst ansieht, hier allenfalls ein Hinweis hätte angeordnet werden können, dass eine Anwendung bei Verdauungsbeschwerden (nach den Zulassungsunterlagen) nicht vorgesehen und auch nicht zugelassen ist.

Schließlich können die Auflagen A.3 und A.4 nicht auf die allgemeine Ermächtigung in § 28 Abs. 1 Satz 1 AMG gestützt werden. Zwar dürfte diese als Auffangtatbestand zu qualifizierende Vorschrift dann zur Anwendung kommen können, wenn ausnahmsweise (Warn-)Hinweise bezüglich Gesundheitsgefahren erforderlich sein sollten, die sich bei einer Anwendung des Präparats außerhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs ergeben, und man diese als von § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AMG nicht erfasst ansähe. Gleichwohl verhilft dies dem Begehren der Beklagten nicht zum Erfolg, weil die Auflagen auch auf der Grundlage des Auffangtatbestandes rechtswidrig sind, weil sie ungeachtet aller weiteren (Rechtmäßigkeits-)Bedenken - wie bereits ausgeführt - jedenfalls zur Erreichung der von der Beklagten verfolgten Ziele ungeeignet sind.

Als Konsequenz aus den vorstehenden Ausführungen erweist sich auch die Auflage A 5.4 als rechtswidrig, weil die Aufforderung zur Beachtung der Angaben in der Rubrik Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Warnhinweise ins Leere geht, wenn der dort von der Beklagten vorgesehene Text rechtswidrig ist und damit nicht aufgenommen zu werden braucht.

Ein subjektives Recht der Klägerin, in das durch die rechtswidrige Auflage eingegriffen wird, ergibt sich aus ihrem Anspruch auf grundsätzlich uneingeschränkte Zulassungserteilung.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.