OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.11.2005 - 12 A 4219/02
Fundstelle
openJur 2011, 37663
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 11 K 4990/01
Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das angefochtene Urteil geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 15. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2001 wird auch insoweit aufgehoben, als darin für die Monate Februar und Juni 1999 ein monatlicher Elternbeitrag von mehr als 140,00 DM festgesetzt worden ist.

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens erster Instanz und die Kosten des gerichtskostenpflichtigen Berufungsverfahrens.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 204,52 EUR (= 400,-- DM) festgesetzt.

Gründe

I.

Über die Berufungen kann gemäß § 130a VwGO durch Beschluss entschieden werden, weil der Senat die Berufung der Kläger einstimmig für begründet, die Berufung des Beklagten einstimmig für unbegründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 130a Satz 1 VwGO). Die Beteiligten sind hierzu nach § 130a Satz 2 VwGO i. V. m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO durch Schreiben des Gerichts vom 20. September 2005 angehört worden, in dem der beschließende Senat zudem seine vorläufige Rechtsauffassung den Beteiligten - in einer der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung entsprechenden Art und Weise - im Einzelnen erläutert hat. Die seitens des Beklagten verweigerte Zustimmung zu einer Entscheidung nach § 130a VwGO hindert insoweit nicht, da die Ermessensentscheidung des Senats, in diesem Verfahren § 130a VwGO anzuwenden, nicht von einer Zustimmung der Beteiligten abhängt und im Übrigen der Beklagte nichts dafür vorgetragen hat, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die - hier gewährte - Gelegenheit zu einer umfassenden schriftlichen Stellungnahme hinaus erforderlich ist.

Die Kläger wenden sich gegen den Bescheid des Beklagten vom 15. Juni 2001, mit dem der Beklagte den Elternbeitrag für die Betreuung des Kindes der Kläger in der Tageseinrichtung O. nachträglich für den Zeitraum vom 1. Februar 1999 bis zum 30. Juni 1999 von 140,00 DM pro Monat auf 220,00 DM pro Monat heraufgesetzt und den sich hieraus ergebenden Differenzbetrag von 400,00 DM nachgefordert hat. Sie sind der Auffassung, dass die der Festsetzung zugrundeliegende Berechnung der steuerfreien Einkünfte der Klägerin zu 1. (das Zwölffache des im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Mai 1999 erzielten monatlichen Durchschnittseinkommens) und die hieraus folgende Einordnung in die höhere Einkommensgruppe von 96.001,00 DM bis 120.000,00 zu Unrecht erfolgt seien.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen und des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage in Bezug auf die Festsetzung für die Monate März bis Mai 1999 stattgegeben, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das beschließende Gericht hat die Berufungen der Kläger und des Beklagten zugelassen. Zur Begründung ihrer Berufung wiederholen und vertiefen die Kläger ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und dem erstinstanzlichen Klageverfahren.

Die Kläger beantragen - sinngemäß - ,

1. das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 15. Juni 2001 in der

Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2001 auch insoweit aufzuheben, als darin für die Monate Februar und Juni 1999 ein monatlicher Elternbeitrag von mehr als 140,00 DM festgesetzt worden ist,

2. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

1. das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen,

2. die Berufung der Kläger zurückzuweisen

Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und dem erstinstanzlichen Klageverfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges des Beklagten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger ist begründet, die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 15. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2001 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), als darin für die Monate Februar bis Mai 1999 monatliche Elternbeiträge von mehr als jeweils 140,00 DM und der sich hieraus ergebende Nachforderungsbetrag (400,00 DM) festgesetzt worden sind.

Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Kläger zum Elternbeitrag ist § 90 SGB VIII in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3546) i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 GTK i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1998 (GV NRW S. 704).

Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 GTK haben die Eltern entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit monatlich öffentlichrechtliche Beiträge zu den Jahresbetriebskosten der von ihrem Kind besuchten Tageseinrichtung zu entrichten. Maßstab für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist nach § 17 Abs. 4 Satz 1 GTK grundsätzlich das Einkommen als Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Einkommenssteuergesetzes (EStG). Maßgebend für die Höhe des Beitrags ist nach der Anlage zu § 17 Abs. 3 GTK die Höhe des jeweiligen Jahreseinkommens. Die damit vorgesehene Beitragserhebung nach der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dient zugleich der nach Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen Gleichbehandlung der Beitragspflichtigen und der Beitragsgerechtigkeit.

Vgl. zur verfassungsrechtlich gebotenen Gleichheit im Belastungserfolg und zur Bedeutung eines strukturellen Vollzugsdefizits: BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 - 2 BvL 17/02 -, BVerfGE 110, 94-141.

Das in § 17 Abs. 5 GTK geregelte - allerdings nicht jede Fallgestaltung ausdrücklich erfassende - Verfahren zur Erhebung der Beiträge gewährleistet einen angemessenen und differenzierten Ausgleich zwischen diesen grundlegenden Strukturprinzipien einerseits sowie dem Erfordernis der Verwaltungspraktikabilität und der zeitnahen Beitragserhebung andererseits.

Vgl. zur zeitnahen Beitragserhebung: LT-Drucks. 11/5973, S. 17 a.E.

Etwaige Regelungslücken sind im Wege der praktischen Konkordanz zu schließen.

Bei der Beitragsfestsetzung im laufenden Jahr kann das aktuelle Jahreseinkommen für die Beitragsbemessung in der Regel nicht verlässlich festgestellt werden. Aus diesem Grunde ist gemäß § 17 Abs. 5 Satz 1 GTK (zunächst) auf das Jahreseinkommen abzustellen, das in dem der Angabe der Eltern zu ihrer Einkommensgruppe (§ 17 Abs. 3 Satz 3 GTK) vorangegangenen Kalenderjahr erzielt worden ist.

Wird bei der Beitragsfestsetzung im laufenden Jahr im Rahmen der Prüfung der regelmäßigen Elternangabe (oder der nach § 17 Abs. 5 Satz 5 GTK erfolgten gesonderten Angabe) festgestellt, dass das Monatseinkommen des letzten Monats vor dem Zugang der Elternangabe - multipliziert mit zwölf - einen Betrag ergibt, der höher oder niedriger ist als das Jahreseinkommen des der Angabe vorangegangenen Jahres, ist zunächst weiter zu prüfen, ob diese Abweichung voraussichtlich auf Dauer bestehen wird (§ 17 Abs. 5 Satz 2 1. Halbsatz GTK). Diese im Wege der Prognose zu treffende Wertung setzt in zeitlicher Hinsicht voraus, dass die Einkommensänderung für einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten andauern wird.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Februar 2003

- 16 A 1260/01 -.

Ist dies der Fall, wechselt bereits bei der Festsetzung des Elternbeitrags im laufenden Jahr die Bemessungsgrundlage vom Jahreseinkommen aus dem der Angabe vorangegangenen Kalenderjahr zu einem rechnerisch relativ grob ermittelten

(nach § 17 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz GTK ggf. um die dort genannten Zurechnungsbeträge ergänzten) Ersatzwert für das Jahreseinkommen im laufenden Jahr.

Soweit Monatsbeiträge nicht bestimmbar sind und die Regelung in § 17 Abs. 5 Satz 2 GTK deshalb nicht anwendbar ist, ist nach § 17 Abs. 5 Satz 4 GTK auf das im laufenden Jahr zu erwartende Jahreseinkommen abzustellen.

Die Änderung der Beitragsfestsetzung erfolgt nach § 17 Abs. 5 Satz 3 GTK, der der materiellen Richtigkeit der Beitragserhebung und damit dem Strukturelement der Beitragsgerechtigkeit dient,

vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 2003

- 16 B 896/03 -, Beschluss vom 27. Dezember 2004 - 16 B 1249/04 -,

als Spezialregelung den nachrangigen Bestimmungen des SGB X vorgeht (§ 28 GTK) und der Behörde keinen Ermessenspielraum belässt. Die insoweit maßgebende Tatbestandsvoraussetzung der „Änderung" ist mit Blick auf die Gewährleistung der Beitragserhebung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Sicherstellung der Beitragsgerechtigkeit nicht nur als eine Änderung in der der Einkommenserzielung zugrundeliegenden Tätigkeit zu verstehen. Vielmehr liegt eine Änderung in diesem Sinn dann vor, wenn das festgestellte oder offenbarte Jahreseinkommen zu einer Änderung der Beitragsfestsetzung zwingt. Damit werden sämtliche Faktoren erfasst, die Einfluss auf das der Beitragsbemessung zu Grunde zu legende Einkommen haben, wie etwa die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die Aufnahme zusätzlicher (Neben-)Beschäftigungen oder auch Scheidung und Trennung der beitragspflichtigen Eltern und Verbleiben der gemeinsamen Kinder bei einem Elternteil mit der Folge der Änderung des zu Grunde zu legenden Einkommens nach § 17 Abs. 1 Satz 2 GTK.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Oktober 2005

- 12 A 2844/04 -.

Ist das laufende Jahr beendet, gebieten es die Beitragsbemessung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und die Gewährleistung der Beitragsgerechtigkeit, etwa nachträglich festgestellte oder (ggf. nach dem insoweit fortwirkenden § 17 Abs. 5 Satz 5 GTK) offenbarte Änderungen in den Einkommensverhältnissen in diesem Jahr über § 17 Abs. 5 Satz 3 GTK zu Gunsten oder zu Lasten der Pflichtigen zu berücksichtigen.

Ansonsten liefe die Offenbarungspflicht nach § 17 Abs. 5 Satz 5 GTK leer. Eine gesonderte und § 17 Abs. 5 Satz 5 GTK entsprechende Regelung für die Geltendmachung eines geringeren Einkommens ist nicht aufgenommen worden, weil hinter dieser Regelung die Erwartung stand, dass Eltern von sich aus kommen und die Verminderung beantragen werden, wenn ihr Jahreseinkommen niedriger als angenommen ist. Man war aber der Meinung, dass sie von sich aus kaum freiwillig korrigierende Angaben machen werden, wenn das Jahreseinkommen höher ausfällt. Für diesen Fall wollte der Gesetzgeber vorsorgen, ohne jedoch eine Reduzierung des Beitrags zugunsten der Beitragspflichtigen auszuschließen.

Vgl. Moskal/Foerster, Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder in Nordrhein- Westfalen, 17. Auflage 1999, Nr. 2f.

Ob sich dabei im Hinblick auf § 169 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 AO eine zeitliche Grenze für die Änderung der Beitragsfestsetzung ergibt, mag dahinstehen, weil die Festsetzungsfrist von vier Jahren hier jedenfalls nicht abgelaufen ist.

Die Pflicht zur Berücksichtigung geänderter Einkommensverhältnisse bedeutet, dass etwa eine aufgrund der Prognose nach § 17 Abs. 5 Satz 2 GTK erfolgte Beitragsfestsetzung entsprechend der Regelung in § 17 Abs. 5 Satz 3 GTK zu ändern ist, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass das tatsächliche Jahreseinkommen im Jahr der Beitragspflicht über oder unter dem der bisherigen Festsetzung zugrundeliegenden Jahreseinkommen liegt und aufgrund dessen eine höhere oder niedrigere Einkommensgruppe maßgebend ist.

Die Regelung des § 17 Abs. 5 Satz 2 und Satz 4 GTK mit ihrer prognostischen

(ersatzweisen) Ermittlung des aktuellen Jahreseinkommens ist ersichtlich auf die Beitragsfestsetzung im laufenden Jahr ausgerichtet und in zeitlicher Hinsicht hierauf beschränkt. Für das Festhalten an der Prognose nach § 17 Abs. 5 Satz 2 oder Satz 4 GTK und einem auf diese Weise ermittelten Ersatzwert für das an sich zugrunde- zulegende tatsächliche Jahreseinkommen besteht in dem Zeitpunkt keine Recht- fertigung mehr, in dem die zugrundeliegenden Erwerbsvorgänge abgeschlossen sind und die tatsächlich erzielten Einkünfte dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe vorliegen oder ihm gegenüber in geeigneter Form offengelegt werden. In diesem Zeitpunkt findet die im Abgabenrecht bei der Abwicklung von Massenveranlagungen dem Gesetzgeber in weitem Umfang mögliche Typisierung und Pauschalierung auch unter Berücksichtigung der Verwaltungspraktikabilität ihre sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Grenze.

Soweit der Beklagte demgegenüber geltend macht, es sei lediglich der Zeitraum von Januar bis Mai 1999, in dem die Klägerin zu 1. erwerbstätig gewesen sei, zu berücksichtigen, mag dies für die Beitragserhebung im laufenden Jahr, nicht aber für die expost-Betrachtung zutreffen. Die für die gegenteilige Auffassung angeführte Begründung, nur so könnten Ungleichbehandlungen vermieden werden, trifft nicht zu. Gerade die fiktive Annahme eines Jahreseinkommens führt gegenüber denjenigen, die tatsächlich über das ganze Jahr eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt haben, zu einer gravierenden Ungleichbehandlung und weicht von dem eigentlichen Maßstab für die Beitragsbemessung, nämlich der auf das Kalenderjahr bezogenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, in einem durch Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität nicht mehr zu rechtfertigendem Umfang ab.

Ob die Beitragspflichtigen ihrer Erklärungspflicht nach § 17 Abs. 5 Satz 5 GTK überhaupt oder ggf. zu welchem - zufälligen - Zeitpunkt nachgekommen sind oder zu welchem Zeitpunkt die Änderung in den Einkommensverhältnissen eingetreten ist, mag für die laufende Erhebung der Beiträge von Bedeutung sein; für die hier in Rede stehende nachträgliche Überprüfung, ob die Beitragsfestsetzung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entspricht, sind diese Umstände unbeachtlich. Für die expost- Betrachtung kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob bereits zu Beginn des Jahres Einkommen erzielt wird oder erst im Laufe des Jahres. Maßgebend ist das für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit allein aussagekräftige tatsächliche Jahreseinkommen, unabhängig davon, ob es in der ersten oder der zweiten Hälfte des Jahres oder - ggf. mit monatlichen Unterbrechungen - über das ganze Jahr erzielt worden ist.

Dabei sind Fallgestaltungen sicherlich üblich, in denen zu einem bestimmten Zeitpunkt durch die Aufnahme einer (weiteren) Beschäftigung ein höheres Einkommen erzielt und dies auch gegenüber dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe angegeben wird. Findet aber die zugrundeliegende Tätigkeit entgegen der - gerechtfertigten - Prognose nach § 17 Abs. 5 Satz 2 oder Satz 4 GTK z.B. bereits nach Ablauf von drei Monaten ihr Ende, kann eine Beitragsbemessung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht an dem Umstand vorbeigehen, dass im abgelaufenen Jahr tatsächlich nur drei Monatsgehälter (zusätzlich) erwirtschaftet worden sind, unabhängig davon, ob diese Änderung in den Einkommensverhältnissen noch im laufenden Jahr angegeben worden ist oder nicht. Bleibt das Jahreseinkommen auch unter Berücksichtigung der (zusätzlich) erwirtschafteten Monatseinkommen tatsächlich insgesamt unterhalb der Beitragserhebungs-/erhöhungsgrenze, ist die an der Prognose ausgerichtete Beitragserhebung nachträglich zu modifizieren. Eine - auch bei der expost- Betrachtung - lediglich auf den Zeitpunkt des Wegfalls des (zusätzlichen) Einkommens beschränkte Änderung der Beitragsbemessung unter Aufrechterhaltung der prognosegestützten Beitragsbemessung bis zu diesem Zeitpunkt würde dazu führen, dass für den Zeitraum der Monate, in denen die erhöhte Beitragspflicht aufrechterhalten wird, eine Gleichbehandlung von Einkommen und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit erfolgt, obwohl sich herausgestellt hat, dass sich bezogen auf den maßgeblichen Zeitraum des Kalenderjahres insofern nicht unerhebliche Unterschiede ergeben haben.

Wird etwa dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe im laufenden Jahr angezeigt, dass nunmehr ein monatliches Einkommen von 1.500 EUR erzielt wird und ist die Prognose der Dauerhaftigkeit gerechtfertigt, ist von einem - hypothetischen - Jahreseinkommen von 18.000 EUR auszugehen. Ab dem Kalendermonat nach Eintritt der Änderung müßte gemäß § 17 Abs. 5 Satz 3 GTK der Elternbeitrag in Höhe von

26,08 EUR festgesetzt werden. Würde nun nach Ablauf von drei Monaten die Beschäftigung ihr Ende finden, wäre nach § 17 Abs. 5 Satz 3 GTK ab dem Monat nach Eintritt dieser Änderung der Beitrag auf 0 zu setzen; an der Festsetzung der Beiträge für die vergangenen drei Monate würde sich hingegen nichts mehr ändern. Damit würde ein Beitragspflichtiger in diesen Monaten trotz eines tatsächlichen Jahreseinkommens von lediglich 4.500 EUR einem Beitragspflichtigen gleichgestellt werden, der tatsächlich ein Jahreseinkommen von 18.000 EUR erzielt hat. Für diese Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich widersprechende Gleichbehandlung völlig ungleicher Sachverhalte gibt es jedenfalls im Rahmen der expost-Bewertung der für die Beitragsbemessung maßgebenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit keinen sachlichen Grund.

Ein solcher resultiert insbesondere nicht aus der mit § 17 Abs. 5 GTK seitens des Gesetzgebers verbundenen Absicht, aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit sicherzustellen, dass Verbesserungen der Einkommensverhältnisse zeitnäher als bisher zu einem höheren Elternbeitrag führen.

Vgl. LT-Drucks. 11/5973, a.a.O.

Im laufenden Jahr mag zur zeitnahen Abschöpfung der mit der Einkommenserhöhung verbundenen Stärkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eine prognosegestützte Einkommensermittlung noch gerechtfertigt sein, bei der hier in Rede stehenden expost-Betrachtung muss der Gesichtspunkt der zeitnahen Beitragserhebung und -bemessung jedoch hinter den Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit und der Bemessung der Elternbeiträge nach der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zurücktreten.

Für das Festhalten an der Beitragspflicht in dem vorstehenden Beispiel kann auch nicht eingewandt werden, dass der Beitragspflichtige mit einem Jahreseinkommen von lediglich 4.500 EUR auch nur für drei Monate Beiträge leisten muss, während der Beitragspflichtige mit einem Jahreseinkommen von 18.000 EUR über den gesamten Zeitraum beitragspflichtig bleibt. Dabei wird verkannt, dass das Kindergartenbeitragsrecht nach der gesetzlichen Konzeption vom Jährlichkeitsprinzip geprägt ist. Maßgebend für die Höhe des Beitrags ist ausweislich der Anlage zu § 17 Abs. 3 GTK das Jahreseinkommen, der Elternbeitrag ist ein Jahresbeitrag, der in monatlichen Teilbeträgen zu entrichten ist.

Vgl. LT-Drucks. 11/5973, S. 15.

Diese auf das gesamte Jahr bezogene Festlegung der maßgebenden Kenngrößen schließt - jedenfalls bei der expost-Betrachtung - eine auf bestimmte Zeitabschnitte des Jahres beschränkte Einkommensbewertung aus, zumal dadurch die auf dem Jahreseinkommen aufbauende Bildung von Einkommensgruppen und damit zugleich von Einkommensgrenzen unterlaufen würde. Denn wenn nach der gesetzlichen Regelung bis zu einem Jahreseinkommen von 12.271 EUR (einschl.) keinerlei Elternbeiträge erhoben werden können, kann bei einem tatsächlichen Jahreseinkommen von lediglich 4.500 EUR eine Beitragserhebung nicht gerechtfertigt sein. Danach wird die vom Verwaltungsgericht praktizierte monatsweise Berechnung des Jahreseinkommens dem oben dargelegten System nicht gerecht.

Dass die expost-Bewertung des Jahreseinkommens und die ggf. damit verbundene Änderung der Beitragsfestsetzung zur Herstellung der Gleichheit im Belastungserfolg zu einem nicht mehr zu leistenden oder mit Blick auf den geringen Deckungsgrad nicht mehr zu vertretenden Verwaltungsaufwand führt, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

Nach den dargelegten Grundsätzen ist die Festsetzung des Elternbeitrags in Höhe von monatlich 220,00 DM für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 30. Juni 1999 und die sich hieraus ergebende Nacherhebung von 400,00 DM nicht gerechtfertigt.

Der im Wege der Prognose nach § 17 Abs. 5 Satz 2 GTK zu ermittelnde Ersatzwert kann, wie bereits dargelegt, nur solange zugrundegelegt werden, solange es an ausreichenden Erkenntnissen über das aktuelle Jahreseinkommen fehlt und aus diesem Grund eine Änderung der Festsetzung entsprechend der Regelung in § 17 Abs. 5 Satz 3 GTK noch nicht endgültig vorgenommen werden kann. Dies ist hier indes nicht der Fall, da die endgültigen Einkommensverhältnisse im Jahr 1999 durch die Vorlage des Einkommenssteuerbescheides und der Verdienstnachweise für die steuerfreien Einkünfte hinreichend offengelegt worden sind.

Letztlich maßgebend ist danach gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 GTK das Jahreseinkommen der Kläger in dem Jahr, für das die Beiträge festgesetzt worden sind, hier das Jahr 1999. Liegt in Bezug auf die steuerpflichtigen Einkünfte ein - bestandskräftiger - Steuerbescheid vor, ist - ungeachtet der in Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlenden Bindungswirkung - in Bezug auf die insoweit erfassten Einkünfte grundsätzlich auf diesen abzustellen. Gemäß § 17 Abs. 4 Satz 3 GTK sind dem Einkommen steuerfreie Einkünfte hinzuzurechnen.

Zielrichtung des Gesetzes ist es u.a., die durch die Elternbeiträge ohnehin nur zu einem geringen Teil zu erzielende Deckung der Betriebskosten unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität mit einem möglichst geringen Verwaltungsaufwand zu erreichen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber den Einkommensbegriff zwar an das Einkommenssteuerrecht angelehnt, ihn jedoch durch die Beschränkung auf die Abzüge der Werbungskosten sowie einige spezielle Zurechnungs- und Abzugsregelungen stark vereinfacht und dadurch verselbständigt. Dieser Zielrichtung ist - unter Beachtung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 VwGO - auch bei der Rechtsanwendung Rechnung zu tragen. Das Elternbeitragsrecht nach dem GTK hat grundsätzlich nicht die Aufgabe, steuerrechtliche Fragen, die zwischen dem Finanzamt und dem Steuerpflichtigen durch (bestandskräftigen) Bescheid für den insoweit erfassten Zeitraum geregelt worden sind, einer erneuten Prüfung und einer - ggf. auch noch abweichenden - gesonderten Entscheidung zuzuführen. Eine Überprüfung der steuerrechtlichen Festsetzungen im Steuerbescheid kommt danach allenfalls dann in Betracht, wenn die im Steuerbescheid enthaltenen tatsächlichen Annahmen offenkundig unzutreffend sind oder die Festsetzungen in rechtlicher Hinsicht offenkundig unvertretbar sind. Dabei geht der Senat vor dem Hintergrund des Art. 20 Abs. 3 GG davon aus, dass die steuerrechtlichen Festsetzungen regelmäßig rechtmäßig sind; den Beitragspflichtigen obliegt es, im Einzelnen darzulegen und ggf. auch nachzuweisen, dass die vorstehend dargelegten Voraussetzungen für ein Abweichen von den steuerrechtlichen Festsetzungen vorliegen. Unterhalb dieser Schwelle bleibt es für die Bemessung des Elternbeitrags nach § 17 Abs. 4 GTK bei den Regelungen im Steuerbescheid, insbesondere dann, wenn dieser unanfechtbar geworden ist. Soweit der Steuerbescheid noch anfechtbar ist, mag die Klärung im steuerrechtlichen Einspruchs- bzw. finanzgerichtlichen Verfahren erfolgen. Die Rechtsposition des Beitragspflichtigen wird dadurch nicht unzumutbar verkürzt. Dem Gesichtspunkt der Beitragserhebung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Sicherstellung der Beitragsgerechtigkeit wird dadurch Genüge getan, dass etwaige, im Einspruchs- oder im finanzgerichtlichen Verfahren durchgesetzte Änderungen in den positiven Einkünften oder den abzuziehenden Werbungskosten entsprechend der Regelung in § 17 Abs. 5 Satz 3 GTK durch eine entsprechende nachträgliche Abänderung der Beitragsfestsetzung zu berücksichtigen sind.

Im vorliegenden Fall ist aufgrund des eingereichten Einkommenssteuerbescheides vom 3. Juli 2000 und der in Bezug auf die steuerfreien Einkünfte der Klägerin zu 1. vorgelegten Verdienstnachweise von einem Jahreseinkommen der Kläger für das Jahr 1999 von 93.676,00 DM auszugehen:

Jahresbruttoeinkommen des Klägers zu 2: 93.156,00 DM

Abzüglich der Werbungskostenpauschale von 2.000,00 DM

Verbleiben: 91.156,00 DM

Steuerfreie Einkünfte der Klägerin zu 1:

Die vorgelegten Gehaltsabrechnungen weisen jeweils folgende Beträge (einschließlich der vermögenswirksamen Leistungen - VL -) aus:

Januar 1999: 810,00 DM

Februar 1999: 200,00 DM

März 1999: 44,00 + 78,00 (VL) +78,00 (VL) = 200,00 DM

April 1999: 44,00 + 78,00 (VL) +78,00 (VL) = 200,00 DM

Mai 1999: Nachzahlung März und April

630,00 DM

+ Auszahlung 324,00 DM

+ 78,00 (VL) + 78,00 (VL) = 1.110,00 DM

Summe: 2.520,00 DM

Für die Monate März und April 1999 liegt keine auf diese Monate datierte Gehaltsabrechnung vor. Eingereicht wurde unter der Bezeichnung „Gehaltsabrechnung" - insofern missverständlich - eine auf „Mai 1999" datierte Rückrechnung für den Zeitraum 1. März bis 30. April 1999. Diese weist für März 1999 einen Nachzahlungsbetrag von 350,00 DM und einen Auszahlungsbetrag von 394,00 DM aus; für April werden ein Nachzahlungsbetrag von 280,00 DM und ein Auszahlungsbetrag von 324,00 DM ausgewiesen. Die sich hieraus ergebenden Nachzahlungsbeträge von insgesamt 630,00 DM werden erst in der Gehaltsabrechnung für Mai 1999 als Auszahlungsbeträge ausgewiesen, so dass davon auszugehen ist, dass in den Monaten März und April 1999 zusätzlich zu den vermögenswirksamen Leistungen (jeweils 2 X 78,00 DM = 156,00 DM) lediglich die Differenz zwischen Nachzahlungsbetrag und Auszahlungsbetrag - jeweils 44,00 DM - zur Auszahlung gelangte. Dem entsprechen die von den Klägern vorgelegten Kontoauszüge, wonach sowohl für dem Monat März 1999 als auch für den Monat April 1999 jeweils ein Zahlungseingang in der genannten Höhe mit der Bezeichnung „GEHALT MAE 99" bzw. „GEHALT APR 99" verbucht worden ist. Der verbleibende Differenzbetrag von 630,00 DM ist demnach erst mit dem Gehalt für Mai 1999 ausgezahlt worden. Danach errechnen sich steuerfrei Einkünfte der Klägerin zu 1. in Höhe von 2.520,00 DM. Zu demselben Ergebnis gelangt man im Übrigen auch dann, wenn lediglich die unter der Rubrik „Bezüge" ausgewiesenen Beträge addiert werden. Seitens des Beklagten sind gegenüber dieser Bewertung im Rahmen der Anhörung keine Einwände geäußert worden.

Aus den Einzeleinkommen errechnet sich ein Gesamteinkommen der Kläger im Jahr 1999 von lediglich 93.676,00 DM, so dass die untere Grenze der vom Beklagten

zugrundegelegten Einkommensgruppe von 96.001,00 DM bis 120.000,00 DM nicht

überschritten wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 13 Abs. 2, 14 GKG a. F. Die Beteiligten sind mit gerichtlicher Verfügung vom 12. Dezember 2002 darauf hingewiesen worden, dass Streitigkeiten betreffend die Erhebung von Elternbeiträgen nach § 17 GTK in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nunmehr dem Abgabenrecht zuzurechnen sind und nicht mehr dem Sachgebiet der Jugendhilfe, für das § 188 Satz 2 VwGO Gerichtskostenfreiheit gewährt. Die Höhe des Streitwertes ergibt sich aus dem im Berufungsverfahren streitigen Differenzbetrag.