OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.12.2005 - 10 D 25/03.NE
Fundstelle
openJur 2011, 37218
  • Rkr:
Tenor

Das Verfahren wird hinsichtlich der Antragstellerin zu 2.) und des Antragstellers zu 3.) eingestellt.

Der Antrag des Antragstellers zu 1.) wird abgelehnt.

Die Antragsteller zu 2.) und 3.) tragen jeweils 1/3 der bis zur Antragsrücknahme entstandenen Kosten des Verfahrens. Im Óbrigen trägt der Antragsteller zu 1.) die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller zu 1.) wendet sich gegen die Klarstellungs- und Ergänzungssatzung für den Bereich I. Weg / X. Straße der Antragsgegnerin, von der eine Reihe bebauter Grundstücke nördlich der X. Straße sowie ein einzelnes Außenbereichsgrundstück südlich der X. Straße im Ortsteil X1. erfasst werden. Die Antragsteller zu 2.) und 3.) hatten Normenkontrollanträge mit demselben Ziel gestellt, haben diese Anträge jedoch nach Durchführung eines gerichtlichen Ortstermins zurückgenommen.

Das Plangebiet der Satzung erstreckt sich über zwei Bereiche: Die Klarstellungssatzung (§ 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB in der Fassung vom 27. August 1997) umfasst elf mit Wohnhäusern bebaute Grundstücke, die zwischen der X. Straße und dem I. Weg liegen. Diese Grundstücke bilden kein zusammenhängendes Plangebiet; zehn Grundstücke werden vom I. Weg erschlossen, während das Grundstück des Antragstellers zu 1.) ohne räumliche Verbindung zum übrigen Plangebiet an der X. Straße liegt. Die Ergänzungssatzung (§ 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB in der Fassung vom 27. August 1997) erfasst eine südlich der X. Straße und gegenüber dem Grundstück des Antragstellers zu 1.) gelegene Teilfläche des Flurstücks 536. Die Klarstellungssatzung enthält keine textlichen Festsetzungen. In der Ergänzungssatzung ist ein Bereich des Plangebiets zeichnerisch als private Grünfläche und Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft ausgewiesen. Textlich ist in § 2 der Satzung festgesetzt, dass Vorhaben in offener Bauweise als Einzelhäuser mit einem Vollgeschoss zu errichten sind.

Der Antragsteller zu 1.) ist Eigentümer des Grundstücks X. Straße Nr. 74 (Flur 33, Flurstück 112), das nördlich der Straße liegt und straßenseitig mit einer Garage und einem Wohnhaus bebaut ist. Es schließt an die östlich gelegene Bebauung des Ortsteils X1. (X. Straße Nr. 66 bis 72) an und ist das letzte bebaute Grundstück dieses Ortsteils; westlich folgt die freie Feldflur. Das Grundstück weist zur Straße hin ein leichtes bis mittleres Gefälle auf. Das Wohnhaus des Antragstellers zu 1.) reicht bis in eine Bautiefe von etwa 20m. Die hintere Grundstücksgrenze in einer Entfernung von etwa 52m zur Straße bildet zugleich eine Grenze des Plangebiets der Klarstellungssatzung. Nördlich folgen drei unbebaute Flurstücke - 311, 312, 291 -, die zunächst in diese Satzung einbezogen werden sollten, im Verlauf des Planaufstellungsverfahrens aber aus dem Geltungsbereich herausgenommen wurden. Weiter nördlich liegen in einer Entfernung von etwa 90m zur X. Straße die bebauten Grundstücke I. Weg Nr. 57, 59 und 61, die in ihrer Gesamtbreite in etwa derjenigen des Grundstücks des Antragstellers zu 1.) entsprechen. Diese Grundstücke sind Bestandteil der Klarstellungssatzung; nach Osten hin folgen weitere sieben bebaute Grundstücke, die ebenfalls im Plangebiet der Satzung liegen. Sie reichen von dem I. Weg in eine Bautiefe von bis zu 90m zu diesem; ihre hintere Grundstücksgrenze und die hintere Grenze des Grundstücks des Antragstellers zu 1.) befinden sich ungefähr auf gleicher Höhe; die Grundstücke haben jedoch keine unmittelbare räumliche Verbindung.

Südlich der X. Straße ist das Gelände abschüssig; der Blick öffnet sich in das südlich gelegene Tal der Wupper. Die Bebauung des Ortsteils X1. mit Wohnhäusern reicht bis zum Gebäude X. Straße Nr. 65. Es steht auf der Höhe des auf der gegenüber liegenden Straßenseite errichteten Hauses Nr. 68, so dass die Bebauung des Ortsteils an der X. Straße derzeit treppenartig abgestuft endet. Westlich des Hauses Nr. 65 folgt das Flurstück 536. Es erstreckt sich etwa 70m entlang der X. Straße, so dass seine westliche Grundstücksgrenze der westlichen Grenze des Grundstück des Antragstellers zu 1.) gegenüber liegt. Von der X. Straße aus reicht dieses Flurstück in eine Tiefe von bis zu etwa 90m; in das Plangebiet einbezogen ist es bis in eine Tiefe von 58m (östliche Grundstücksgrenze) bzw. 38m (westliche Grundstücksgrenze). Die in das Plangebiet einbezogene Teilfläche ist in einem L-förmigen Bereich als private Grünfläche festgesetzt. Dieser Bereich umfasst einen Streifen von 20m Tiefe entlang der hinteren (südlichen) Plangebietsgrenze sowie das Gelände von der X. Straße entlang der westlichen Grundstücksgrenze in einer Breite von ebenfalls etwa 20m.

Für den nördlichen Teil des Ortsteils X1. der Antragsgegnerin ist am 24. Oktober 1975 der Bebauungsplan 9/311 öffentlich bekanntgemacht worden. Dieser Plan umfasste zunächst u.a. die unmittelbar an das Gebiet der streitgegenständlichen Satzung angrenzenden Flächen und setzte für sie überwiegend Reines Wohngebiet (WR), im Übrigen Allgemeines Wohngebiet (WA) fest. Durch den am 31. Mai 2000 in Kraft getretenen Bebauungsplan H 177 wurde ein Teilbereich des Bebauungsplans 9/311 aufgehoben, der in einer Entfernung von etwa 100m östlich des Satzungsgebiets der Klarstellungssatzung liegt. Dieser Teil stellt nunmehr das Plangebiet des Bebauungsplans H 177 dar. Durch Satzungsbeschluss vom 19. Dezember 2002, ortsüblich bekanntgemacht am 9. Januar 2003, hat der Rat der Antragsgegnerin einen weiteren Teilbereich des Bebauungsplans 9/311 aufgehoben, und zwar alle unmittelbar an das Gebiet der Klarstellungs- und Ergänzungssatzung östlich anschließenden Flächen. Zusätzlich existiert nach Angaben der Antragsgegnerin ein Ratsbeschluss vom 2. Juli 2002, wonach der Plan insgesamt nicht anwendbar sei; schließlich sei am 9. Januar 2005 die förmliche Aufhebung eines weiteren Teilbereichs nördlich und südlich der X. Straße bekanntgemacht worden.

Das Plangebiet der Ergänzungssatzung war im Flächennutzungsplan 1981 der Antragsgegnerin zunächst als Fläche für die Landwirtschaft, im Flächennutzungsplan von 2004 ist es dann als Wohnbaufläche dargestellt. Zusätzlich war es Teil eines Landschaftsschutzgebiets; nach Inkrafttreten der streitgegenständlichen Satzung wurden Ersatzflächen im Zuge der vierten Änderung des Landschaftsplanes als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Das Gebiet der Klarstellungssatzung ist im Flächennutzungsplan teilweise - dies betrifft die straßennahen Teile der Grundstücke im westlichen Bereich des Plangebiets sowie die Grundstücksflächen insgesamt im östlichen Bereich - als Wohnbaufläche, im Übrigen als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt.

Für das von der Ergänzungssatzung allein umfasste Flurstück 536 wurde am 30. Dezember 1999 eine Bauvoranfrage für ein größeres Einfamilienhaus gestellt. Der Fachdienst Ressort 3 der Antragsgegnerin erstellte daraufhin einen Vermerk, wonach das Grundstück im Außenbereich liege; die Abgrenzung zum Innenbereich sei eindeutig. Als Außenbereichsvorhaben könne es nicht genehmigt werden. Weiter heißt es: "Einem geordneten städtebaulichen Verfahren zur Schaffung des begehrten Baurechts (z.B. B-Plan) können keine Chancen eingeräumt werden." Der Antragsteller des Vorbescheidsantrages wurde zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrags angehört. Auf seine Bitte um Aufschub unterblieb eine Entscheidung zunächst; ein in den Akten befindlicher ablehnender Bescheid vom 5. Mai 2000 wurde nicht zugestellt. Am 5. Mai 2000 kam es zu einem Gespräch u.a. zwischen dem Bauantragsteller, dem Oberbürgermeister und Vertretern der Fachämter, in dem nach einem Gesprächsvermerk darauf hingewiesen wurde, dass das Bauvorhaben wegen seiner Lage im Außenbereich und im Landschaftsschutzgebiet sowie wegen der geltenden Darstellung im Flächennutzungsplan als Fläche für die Landwirtschaft auch nicht als Außenbereichsvorhaben genehmigungsfähig sei. Die Landschaftsschutzbehörde sei aber bereit, eine Teilfläche des Grundstücks aus dem Landschaftsschutzgebiet zu entlassen, wenn an anderer Stelle ein Ausgleich geschaffen werde. Es solle ein Bebauungsplan aufgestellt werden, um im Frühjahr 2001 den Stand nach § 33 BauGB zu erreichen. In einem Schreiben des städtischen Baudirektors an den Oberbürgermeister vom 25. Mai 2000 ist die Empfehlung enthalten, nach dem 10. Juni 2000 eine ablehnende Entscheidung zu erlassen und bei Änderung der planungsrechtlichen Grundlagen eine erneute Antragstellung anzuregen. Auf diesem Schreiben findet sich eine Verfügung mit dem Namenskürzel des Oberbürgermeisters, in der es heißt, der Antragsteller habe ausdrücklich das Ruhen beantragt, so dass eine Fristsetzung erst nach dem Jahreswechsel als sachgerecht anzusehen sei.

Am 9. Februar 2001 wurde erneut ein Vermerk des Fachdienstes Planung, Mobilität und Denkmalpflege erstellt, wonach im Bereich des Landschaftsschutzes entweder eine Befreiung oder eine Herausnahme der Fläche aus dem Landschaftsschutzgebiet in Frage komme. Der Flächennutzungsplan werde derzeit geändert; ein neuer Flächennutzungsplan sei noch nicht rechtskräftig, doch könne § 33 BauGB entsprechend angewandt werden. Das gemeindliche Einvernehmen mit dem Bauvorhaben werde schon jetzt hergestellt. Zu dem Gespräch vom 5. Mai 2000 heißt es in dem Vermerk abschließend:

"Im übrigen stellte der Oberbürgermeister in dem Gespräch am 05.05.00 bereits klar, daß er im Rahmen des rechtlich Vertretbaren eine verantwortliche Ausübung des Ermessens erwartet - und zwar in dem Sinne, daß gegenüber der zu beteiligenden Bezirksregierung eine eindeutig positive Stellungnahme von Seiten der Stadt Solingen unter den besprochenen Voraussetzungen abgegeben wird."

In einem nachfolgenden Gespräch (9. März 2001) mit Vertretern der Bezirksregierung stellten diese jedoch eine Zustimmung im Hinblick auf den entgegenstehenden Flächennutzungsplan nicht in Aussicht; eine entsprechende Anwendung des § 33 BauGB scheide aus. Nach einem Vermerk vom 17. Juli 2001 fanden in der Folge weitere Gespräche statt, zunächst mit der Bezirksregierung, von der die Empfehlung ausgesprochen wurde, angesichts der Eilbedürftigkeit des Vorhabens eine Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB aufzustellen und das Antragsgrundstück in den Satzungsbereich einzubeziehen. Die Bezirksregierung werde einer solchen Satzung selbst dann zustimmen, wenn der Flächennutzungsplan noch nicht beschlossen und veröffentlicht sein sollte. Die Vorarbeiten für eine solche Satzung wurden unverzüglich angeordnet. In einem Gespräch mit dem Bauantragsteller stimmte dieser dem geplanten Vorgehen zu und bot die Erstellung der erforderlichen Planunterlagen auf seine Kosten an. In einem Ortstermin im März 2002 führten Vertreter der Bezirksregierung allerdings aus, die Satzung sei nicht genehmigungsfähig, da die Voraussetzungen des § 34 Abs. 4 BauGB nicht gegeben seien. Daraufhin wurde die Bearbeitung der Bauvoranfrage durch Schreiben des Stadtdienstes Bauaufsicht unbefristet ausgesetzt; mehrfache Bitten von Sachbearbeitern, die Sache entscheiden zu dürfen, wurden amtsintern abgelehnt. Ein Vermerk über den Ortstermin der Bezirksregierung ist in der Akte der Bezirksregierung über die Genehmigung der Satzung nicht enthalten.

Am 5. Februar 2003 stellte der Antragsteller des Vorbescheidsverfahrens einen Bauantrag und nahm den Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids durch Schreiben vom 24. Februar 2003 zurück. Die Baugenehmigung wurde am 4. April 2003 erteilt.

Das Verfahren zur Aufstellung der Satzung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

Nach Erstellung eines ersten Satzungsentwurfs wurde dieser von der Bezirksvertretung C. /I1. der Antragsgegnerin gebilligt und in der Zeit vom 2. Januar bis zum 4. Februar 2002 öffentlich ausgelegt; hierauf war durch öffentliche Bekanntmachung am 20. Dezember 2001 hingewiesen worden. Die zur Offenlegung gelangte Entwurfsfassung sah noch die Einbeziehung einiger an das Grundstück des Antragstellers zu 1.) nördlich angrenzender Grundstücksflächen (Parzellen 311, 312 und 291 bzw. Teilflächen davon) vor, so dass das Satzungsgebiet die gesamte Fläche zwischen dem I. Weg und der X. Straße von der westlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers zu 1.) an nach Osten umfasst. Am 28. Januar 2002 ging ein von 13 Anliegern der X. Straße - darunter die Antragsteller - unterzeichnetes Schreiben bei der Antragsgegnerin ein, mit dem ein Verzicht auf die Ergänzungssatzung angeregt wurde; das einbezogene Grundstück zähle zum Außenbereich, und es seien keine Gründe für eine Einbeziehung in den Innenbereich erkennbar.

In der Planbegründung heißt es, im betroffenen Gebiet bestehe das Bedürfnis zu klären, welche Flächen Bauland und welche Außenbereich darstellten. Die Einbeziehung der südlich der X. Straße gelegenen Fläche diene der eindeutigen Abgrenzung des Ortsteils zum angrenzenden Landschaftsraum, so dass eine zufällige und ungeordnete Abgrenzung zwischen Siedlungs- und Landschaftsraum vermieden werde. Dies entspreche einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, weil die betroffene Fläche im Flächennutzungsplan als Wohnbauland dargestellt sei. Mit dem Inkrafttreten der Satzung trete die der Satzung widersprechende Darstellung im Landschaftsplan außer Kraft; der darin liegende Eingriff in Natur und Landschaft werde durch die Einbeziehung von Ersatzflächen in den Bereich des Landschaftsschutzgebiets an anderer Stelle ausgeglichen.

Der Satzungsentwurf wurde im Verlauf des Jahres 2002 dahingehend geändert, dass die vorerwähnten unbebauten Grundstücke bzw. Grundstücksteile nördlich der nördlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers zu 1.) aus dem Plangebiet herausgenommen wurden, so dass dieses auf der Höhe jener Flächen nunmehr an der westlichen Grundstücksgrenze der Parzelle 116 endete. Die Bezirksvertretung stimmte dem geänderten Entwurf ohne erneute Offenlage am 4. Dezember 2002 zu, der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Umwelt am 16. Dezember 2002. Der Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde lehnte den Entwurf mehrheitlich ab, weil die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich klar sei und ein Bedürfnis für die Abrundung nicht bestehe. Der Rat der Antragsgegnerin fasste am 19. Dezember 2002 den Satzungsbeschluss einschließlich Begründung und Stellungnahme zu der eingegangenen Sammeleinwendung. In dieser Stellungnahme heißt es, die Stadt setze der städtebaulichen Entwicklung an dieser Stelle einen ordnenden Rahmen; insbesondere solle die zufällige Weiterentwicklung des Ortsteils X1. in den Außenbereich hinein verhindert werden. Auf dem durch die Ergänzungssatzung einbezogenen Grundstück werde mit Hilfe der Festsetzung einer Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft der Ortsrand deutlich markiert. Die Klarstellungssatzung grenze mit nur deklaratorischer Wirkung Innen- und Außenbereich gegeneinander ab und verletze die Einwender nicht in ihren Rechten.

Die Bezirksregierung erteilte die Genehmigung am 24. Februar 2003. Die Satzung und die Genehmigung wurden am 10. März 2003 in ortsüblicher Weise öffentlich bekanntgemacht. Nach ihrem § 3 ist die Satzung am 11. März 2003 in Kraft getreten.

Am 8. April 2003 haben die Antragsteller den Normenkontrollantrag gestellt. Sie rügen in formeller Hinsicht, dass die offengelegte Fassung nicht der beschlossenen entspreche, weil der Geltungsbereich der Satzung nachträglich verändert worden sei. Außerdem sei die Satzung abwägungsfehlerhaft. Es bestehe keinerlei Notwendigkeit, die Außenbereichsfläche (Parzelle 536) zu Bauland zu entwickeln; dies sei vielmehr nur geschehen, um dem Eigentümer des Grundstücks den Bau einer Villa in guter Lage zu ermöglichen. Zwischen ihm und Vertretern der Stadtverwaltung habe es enge Kontakte im Vorfeld gegeben, und einzelne Ratsmitglieder bzw. Mitglieder des Planungsausschusses hätten in der Beratung über die Satzung den Gremien eklatante Falschinformationen über die Bebaubarkeit der betroffenen Fläche vermittelt. Die Ergänzungssatzung sei im Übrigen auch deshalb unwirksam, weil nach § 29 LG NRW der Landschaftsplan nur förmlich geändert werden dürfe; dies sei vorliegend unterblieben.

Die Klarstellungssatzung werde lediglich als Vorwand benutzt, zugleich eine Ergänzungssatzung erlassen zu können, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Denn der Ortsteil X1. stelle keinen Ortsteil dar, sondern lediglich eine Splittersiedlung. In einer solchen Situation sei der Erlass einer Ergänzungssatzung unzulässig. Schließlich werde der Panoramablick der Antragsteller in das Tal der Wupper zerstört, wenn auf der gegenüber liegenden Straßenseite eine Bebauung wie die vom Eigentümer geplante verwirklicht werde. Auch dies sei ein Abwägungsbelang, der im vorliegenden Sonderfall eine Rolle spiele.

Die Antragsteller zu 2.) und 3.) haben ihre Normenkontrollanträge im Vorfeld der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Der Antragsteller zu 1.) beantragt,

die gemäß § 34 Abs. 4 BauGB beschlossene und am 10. März 2003 bekannt gemachte Satzung der Antragsgegnerin für den Bereich I. Weg / X. Straße für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hält den Normenkontrollantrag für unzulässig, weil der Antragsteller zu 1.) in der Nutzung seines Grundstücks nicht eingeschränkt werde. Auch das Abwägungsgebot begründe keine Antragsbefugnis. Die Belange von Natur und Landschaft seien keine privaten Interessen, die der Antragsteller zu 1.) geltend machen könne, und das Interesse an der Beibehaltung der freien Aussicht sei nicht abwägungsrelevant. Ein Sonderfall, in dem dies ausnahmsweise anders gesehen werden könne, liege hier nicht vor. Der weite Blick vom Grundstück des Antragstellers zu 1.) sei nicht derart einzigartig, dass sein Interesse daran, jegliche Veränderungen im Umfeld zu verhindern, als Abwägungsbelang hätte berücksichtigt werden müssen. Dies gelte auch deshalb, weil selbst mit einer Bebauung der freien Fläche die Möglichkeit des Fernblicks allenfalls eingeschränkt werde, ohne ganz zu entfallen.

Selbst wenn man den Antrag für zulässig halten wolle, so sei er jedenfalls nicht begründet. Formelle Mängel im Aufstellungsverfahren seien nicht gegeben. Die Veränderung des Satzungsgebiets betreffe lediglich die Klarstellungssatzung und sei für die Ergänzungssatzung ohne Bedeutung. Auch materielle Mängel lägen nicht vor. Der Vorwurf, der Oberbürgermeister habe in unzulässiger Weise Einfluss auf das Verfahren genommen, sei zurückzuweisen. Eine Vorabbindung der planenden Verwaltung in Form einer Zusage an den Bauherrn, sein Grundstück als Bauland auszuweisen, habe es nicht gegeben. Das Interesse des Antragstellers zu 1.) an einer freien Aussicht sei nicht abwägungsrelevant und im Übrigen auch nur unwesentlich berührt, weil von seinem Grundstück aus auch weiterhin ein freier Blick möglich sein werde. Schließlich habe der Rat auch im Hinblick auf die Belange von Natur und Umweltschutz keine Abwägungsfehler begangen, da für die Herausnahme der Fläche aus dem Landschaftsschutzgebiet ein Ausgleich vorgesehen sei.

Der Berichterstatter des Senats hat am 21. Oktober 2005 eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird verwiesen. Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Aufstellungsvorgänge und Verwaltungsakten Bezug genommen.

Gründe

Hinsichtlich der Normenkontrollanträge der Antragstellerin zu 2.) und des Antragstellers zu 3.) ist das Verfahren nach Antragsrücknahme einzustellen, § 92 Abs. 3 VwGO.

Der Normenkontrollantrag des Antragstellers zu 1.) - im folgenden Text: Antragsteller - ist unzulässig. Dem Antragsteller fehlt die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Befugnis, die Klarstellungs- und Ergänzungssatzung im Wege der Normenkontrolle anzugreifen.

Der Antragsteller wendet sich gegen die am 10. März 2003 in ortsüblicher Weise bekanntgemachte Satzung, in der eine Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB und eine Ergänzungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB zusammengefasst sind. Zur Begründung macht er im Kern geltend, der Erlass einer Klarstellungssatzung sei in der gegebenen Situation nicht erforderlich, während es an den gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass der Ergänzungssatzung gänzlich fehle. Die Einbeziehung einer Außenbereichsfläche in den bebaubaren Innenbereich stelle sich als sachwidrige Gefälligkeitsplanung für einen von der Verwaltung gesetzwidrig bevorzugten einzelnen Bürger dar und führe dazu, einer Mehrzahl von in X1. ansässigen Eigentümern den bisher freien Blick in das Tal der Wupper und in die Rheinische Tiefebene zu nehmen. Dies hätte bei der Abwägung berücksichtigt werden müssen.

Mit diesem Vorbringen ist indes nicht dargetan, dass die angegriffene Satzung den Antragsteller in eigenen Rechten verletzen oder seine individuellen privaten Belange in abwägungsfehlerhafter Weise ignoriert oder fehlgewichtet haben könnte.

Nach § 47 Abs. 2 Satz VwGO kann den Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend machen kann, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder ihre Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Dabei ist eine eher großzügige Handhabung geboten; insbesondere ist die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht nur dann gegeben, wenn der Antragsteller die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen subjektiven Rechten geltend machen kann, sondern schon dann, wenn möglicherweise - bloße - private Interessen unberücksichtigt geblieben sind, die im Satzungsverfahren, insbesondere in der Abwägung, hätten berücksichtigt werden müssen. Dies gilt jedoch nur innerhalb gewisser Grenzen; die privaten Interessen müssen ein Gewicht aufweisen, das eine Reaktion des Satzungsgebers erfordert. Denn im Satzungsverfahren müssen insbesondere solche privaten Interessen nicht berücksichtigt werden, die objektiv geringwertig, makelbehaftet oder aus anderen Gründen nicht schutzwürdig oder die für den Satzungsgeber als solche nicht erkennbar sind. Die Belegenheit des im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstücks im Geltungsbereich der Satzung begründet zwar im Regelfall, nicht jedoch ausnahmslos und für sich genommen das Vorliegen einer Antragsbefugnis.

BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979 - 4 N 1.78 und 4 N 2. bis 4.79 -, BVerwGE 59, 87; Beschluss vom 22. August 2000 - 4 BN 38.00 -, BRS 63 Nr. 45; Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 -, BRS 60 Nr. 46.

Die vom Antragsteller geltend gemachten Belange begründen seine Antragsbefugnis nicht, da sie im oben genannten Sinne nicht schützenswert sind; der Satzungsgeber war nicht gehalten, sie als Interessen des Antragstellers in die Abwägung einzustellen. Dies trifft zunächst auf seine Rüge zu, ihm werde durch die Ergänzungssatzung die freie Aussicht in das Tal der Wupper und weiter in die Rheinische Tiefebene genommen. Dasselbe gilt auch für sein Interesse daran, die bisherige Ortsrandlage ungeschmälert erhalten zu wollen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, ist grundsätzlich weder das Interesse eines Grundstückseigentümers an der Erhaltung einer von seinem Grundstück aus gegebenen freien Aussicht abwägungsrelevant noch sein Interesse daran, eine Ortsrandlage zu bewahren. Denn die Situationsbezogenheit des Grundeigentums trägt die Möglichkeit einer Veränderung der Umgebungsnutzungen jederzeit in sich, und zwar gerade dann, wenn die betroffenen Grundstücke an unbebaute Flächen angrenzen. Nur in Sonderfällen kann dies anders sein, etwa dann, wenn der Plangeber Aussichtsmöglichkeit oder Ortsrandlage zum Bestandteil eines planerischen Konzepts gemacht und damit zu erkennen gegeben hat, dass er eine gegebene Situation schützen und erhalten will. Vergleichbares ist auch im bebauten, aber unbeplanten Innenbereich denkbar, etwa dann, wenn sich eine konsequente Bebauung "auf Lücke" entwickelt hat mit dem erkennbaren Zweck, jedem Grundstückseigentümer einen Ausblick zwischen benachbarten Gebäuden hindurch zu ermöglichen. Schließlich ist es vorstellbar, dass in außergewöhnlichen Sonderfällen einzelne Grundstücke einen so einzigartigen Ausblick gewähren, dass dessen Erhaltung zumindest vom Plangeber in der Abwägung bedacht werden muss, auch wenn die Aussichtsmöglichkeit wegen ihrer Besonderheit noch nicht als öffentliches Interesse einzustufen ist. Ob allerdings in einem konkreten Fall die Ortsrandlage oder die Aussichtsmöglichkeit als Abwägungsbelang und ihr Wegfall als Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO anzusehen sind, ist letztlich eine Frage des Einzelfalls und entzieht sich einer abstrakten Bewertung.

BVerwG, Beschluss vom 22. August 2000 - 4 BN 38.00 -, BRS 63 Nr. 45; Beschluss vom 22. August 1993 - 4 NB 25.93 -, juris; Beschluss vom 3. Januar 1983 - 4 B 224.82 -, BRS 40 Nr. 192.

Nach diesen Grundsätzen führt weder die Ortsrandlage des Grundstücks des Antragstellers noch die von seinem Grundstück aus gegebene Aussichtsmöglichkeit zur Annahme der Antragsbefugnis im vorliegenden Fall. Die Ortsrandlage bleibt auch nach einer Bebauung des Plangebiets der Ergänzungssatzung - soweit dieses bebaubar ist - im Wesentlichen erhalten. Denn nach Westen hin ändert sich für den Antragsteller auch in einem solchen Falle nichts, während sein Grundstück im Süden schon jetzt nicht unmittelbar an den Außenbereich, sondern an die X. Straße angrenzt, die in diesem Abschnitt der Erschließung seines Grundstücks als Teil der bebauten Ortslage dient. Dasselbe gilt für sein Interesse an der Bewahrung der vorhandenen Aussichtsmöglichkeit. Sie wird nach Westen hin in keiner Weise eingeschränkt und bleibt auch in Richtung Südwesten in vollem Umfang erhalten, weil die an das Flurstück 536 westlich angrenzenden Flächen auch weiterhin unbebaut bleiben. Nach Süden wird sie nur teilweise eingeschränkt. Die Einschränkung ist allerdings dadurch relativiert, dass das Flurstück 536 in seinem westlichen Bereich unbebaubar bleibt und dass die vorhandene Hanglage sowie die Beschränkung der Baumöglichkeiten auf Einzelhäuser mit einem Vollgeschoss sicherstellen, dass der Blick vom Grundstück des Antragstellers nicht gewissermaßen "verstellt" werden wird. Der Umstand allein, dass ein Baukörper im Blickbereich vom Grundstück des Antragstellers steht, schränkt die Aussichtsmöglichkeiten also lediglich ein. Diese Einschränkung bewertet der Senat als eher geringfügig.

Die Ortsrandlage und Aussichtsmöglichkeit vom Grundstück des Antragstellers sind vom Plangeber bisher in keiner Weise planerisch abgesichert. Sein Grundstück liegt - und lag - nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder einer anderen Satzung. Eine bewusste Bebauung "auf Lücke" ist ebenfalls nicht gegeben. Schließlich ist nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung durch den Berichterstatter des Senats die Situation des betroffenen Grundstücks auch nicht derart außergewöhnlich, dass allein dies die Antragsbefugnis des Antragstellers begründen könnte. Die Aussichtsmöglichkeiten von seinem Grundstück sind von fast jeder Stelle des Hangs nördlich der X. Straße - die parallel zum Tal der Wupper verläuft - gegeben. Der Antragsteller selbst kann sie von seinem Grundstück aus auch weiterhin wahrnehmen, wenn auch nicht von jeder beliebigen Stelle dieses Grundstücks. Dritte schließlich - unabhängig davon, dass dieser Gesichtspunkt eine Abwägungsrelevanz privater Interessen des Antragstellers nicht begründet - können den Blick in das Tal der Wupper und weiter nach Süden auch weiterhin in vollem Umfang genießen, wenn sie nur wenige Schritte über den Punkt hinaus weitergehen, an dem bisher dieser Blick erstmalig möglich war. Für den Satzungsgeber der Ergänzungssatzung folgt daraus, dass eine Berücksichtigung der Ortsrandlage und Aussichtsmöglichkeit als privates Interesse des Antragstellers in der Abwägung nicht erforderlich war.

Klarstellend merkt der Senat an, dass diese Überlegungen - abgesehen von der insofern nicht gegebenen Ortsrandlage - im Wesentlichen auch für diejenigen Antragsteller gelten, die das Verfahren durch Rücknahme beendet haben. Denn auch ihre Grundstücke liegen leicht oberhalb der X. Straße, so dass nach einer Bebauung des Flurstücks 536 die Aussichtsmöglichkeiten von ihren Grundstücken aus möglicherweise eingeschränkt, aber bei weitem nicht beseitigt sein werden.

Soweit die Rechtsprechung in Fällen, in denen betroffene Eigentümer die Situation ihres Grundeigentums in Ortsrandlage und als Ausblick gewährend geltend gemacht haben, die Antragsbefugnis bejaht hat, handelt es sich regelmäßig um Sachverhalte, die mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar sind, weil neben den genannten Umständen weitere Faktoren relevant waren. Das gilt insbesondere für die Entscheidungen des Bayerischen VGH vom 28. Mai 1993 und 29. Juli 1992

- Bayerischer VGH, Urteil vom 28. Mai 1993 - 1 N 92.537 -, BRS 55 Nr. 76; Urteil vom 29. Juli 1992 - 20 N 91.2692 u.a. -, BRS 54 Nr. 42 -,

in denen das Gericht die Antragsbefugnis der Antragsteller bejaht hat. In dem erstgenannten Fall handelte es sich um ein Grundstück, das bis zu dem Eingriff des Plangebers weder durch Straßenlärm noch durch andere Nachteile betroffen war, die typischerweise mit der Bebauung und Nutzung von Nachbargrundstücken verbunden sind (Schattenwurf, Lärm, Geruch), weil das Grundstück unmittelbar an den Außenbereich angrenzte; erst durch die angegriffene Planung kam es zu derartigen Nachteilen. Demgegenüber befindet sich das Satzungsgebiet der Ergänzungssatzung im Falle des Antragstellers jenseits einer Straße; sein Grundstück ist schon bisher durch den Verkehr und das Vorhandensein von Nutzungen auf der öffentlichen Verkehrsfläche betroffen. Im zweitgenannten Fall hat der Bayerische VGH zwar die Einzigartigkeit einer Grundstückssituation im Hinblick auf die Aussichtsmöglichkeiten angenommen, der Sache nach allerdings öffentliche Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes, des Orts- und Landschaftsbildes und der Freizeit und Erholung als maßgeblich betrachtet. Soweit der VGH das Vorliegen in beiden Fällen einer Antragsbefugnis selbstständig tragend zusätzlich darauf gestützt haben sollte, dass er die betroffenen Grundstücke als "situationsberechtigt" im Hinblick auf Lage und Aussicht eingestuft und dies als privaten Belang angesehen hat, folgt der Senat einer derartigen Betrachtungsweise aus den oben angeführten Gründen nicht.

Diesem Ergebnis steht auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. August 1992 - 4 NB 3.92 - nicht entgegen, wonach das Interesse der von einem Bebauungsplan Betroffenen an der Beibehaltung des bisherigen Zustands grundsätzlich abwägungserheblich ist und deshalb eine Antragsbefugnis begründen kann.

BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992 - 4 NB 3.92 -, BRS 54 Nr. 21.

Denn im Unterschied zum vorliegenden Fall betrifft diese Entscheidung das Interesse eines Grundstückseigentümers, dessen Eigentum von einem geltenden Bebauungsplan bereits inhaltlich ausgestaltet worden ist und dessen so konkretisierte Rechtsposition durch einen Änderungsplan - durch Zulassung einer bisher nicht zulässigen Hinterlandbebauung - eingeschränkt worden ist. In einer solchen Situation muss sich der Plangeber, der von einem bereits verwirklichten planerischen Konzept zu Lasten einzelner Eigentümer abweicht und die Baurechte im Plangebiet gewissermaßen neu verteilt, selbstverständlich mit der Frage auseinandersetzen, welche Eigentümerinteressen gegen eine solche Veränderung geltend gemacht werden können und wie diese zu gewichten sind. Im Übrigen liegt dem angeführten Fall ein Interesse des betroffenen Eigentümers - Abwehr einer Hinterlandbebauung in einem bisher unberührten Bereich - zu Grunde, das wegen seiner Gewichtigkeit auch im Falle der erstmaligen Planaufstellung zu berücksichtigen gewesen wäre und das infolgedessen eine Antragsbefugnis gegen einen erstmalig erstellten Plan begründet hätte. Demgegenüber ist im hier streitgegenständlichen Fall das Interesse des Antragstellers - Beibehaltung der Ortsrandlage und der Möglichkeit einer freien Aussicht - für sich genommen weniger gewichtig und schon von daher nicht mit dem angeführten Fall vergleichbar.

Dem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gelegentlich geäußerten Gedanken, ein Grundstückseigentümer sei auch bei drohenden und von ihm als nachteilig empfundenen Veränderungen in seiner Nachbarschaft nicht antragsbefugt, wenn er in seiner Umgebung damit rechnen musste, "dass so etwas geschieht"

- vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 1993 - 4 NB 42/92 -, BRS 55 Nr. 29; ebenso schon Beschluss vom 9. November 1979 - 4 N 1.78 u.a. -, BRS 35 Nr. 24 -,

lässt sich nicht ohne weiteres im Umkehrschluss entnehmen, dass eine Antragsbefugnis stets dann anzunehmen wäre, wenn ein Grundstückseigentümer mit einer Veränderung nicht rechnen musste. So ist es dem Plangeber nicht verwehrt, von einer Plankonzeption, die sich beispielsweise in der Einbeziehung einer Fläche in ein Landschaftsschutzgebiet äußert, später zugunsten einer anderen Planung abzuweichen. Im vorliegenden Fall gingen zwar der Antragsteller und seine Nachbarn davon aus, dass eine Bebauung des Flurstücks 536 von der Antragsgegnerin dauerhaft nicht gewünscht sei. Entsprechende Festsetzungen eines Bebauungsplans gab es jedoch für das Flurstück gerade nicht, so dass alle betroffenen Nachbarn mit Veränderungen im Außenbereich auch weiterhin rechnen mussten.

Andere Belange, die eine Antragsbefugnis des Antragstellers begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Eine Verkehrswertminderung hat er nicht geltend gemacht; sie würde auch die Antragsbefugnis nicht begründen.

BVerwG, Beschluss vom 22. August 1993 - 4 NB 25.93 -, juris.

Die Belastung seines Grundstücks durch Verkehrsimmissionen wird sich nach einer Bebauung des Satzungsgebiets der Ergänzungssatzung nicht in relevanter Weise ändern, da auf dem beschränkten Bauland und infolge der Festsetzung "Einzelhäuser" nur wenige Wohneinheiten - geplant und genehmigt ist bisher für die gesamte Fläche ein einziges Wohngebäude - zulässigerweise errichtet werden können. Nennenswerter oder überhaupt bemerkbarer Verkehr wird dadurch nicht angezogen werden, zumal die X. Straße schon bisher der Erschließung des Ortsteils X1. ebenso wie seiner Verbindung mit westlich gelegenen anderen Ortsteilen von T. dient.

Soweit der Antragsteller schließlich hervorhebt, die freie Aussicht über das Plangebiet der Ergänzungssatzung liege auch im öffentlichen Interesse, weil zahlreiche Spaziergänger Erholung gerade in diesem Abschnitt der X. Straße suchten, so führt dies ebenfalls nicht dazu, eine Antragsbefugnis des Antragstellers anzunehmen. Denn weder kann er dieses öffentliche Interesse als privaten Belang geltend machen noch ist sein Einwand sachlich berechtigt. Erholungsuchende werden, wie bereits ausgeführt, auch künftig nicht gehindert sein, den freien Ausblick von der X. Straße aus zu genießen, weil diese Möglichkeit jenseits des Satzungsgebiets in vollem Umfang bestehen bleibt; lediglich im Bereich der festgesetzten Baufläche wird sie - wie schon im Straßenverlauf bis dorthin - eingeschränkt sein bzw. entfallen.

Eine Antragsbefugnis kann der Antragsteller schließlich auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass sein Grundstück im Geltungsbereich der Klarstellungssatzung gelegen ist und er diese für nicht erforderlich oder fehlerhaft hält. Denn durch die nur deklaratorische Klarstellungssatzung werden Inhalt und Schranken seines Eigentums nicht konstitutiv bestimmt bzw. konkretisiert. Bei Aufstellung dieser Satzung wird keine Abwägungsentscheidung getroffen; die Belange derjenigen Eigentümer, deren Grundstücke im vorgesehenen Satzungsgebiet gelegen sind, müssen deshalb nicht erfasst werden. Die Entscheidung über den Zuschnitt des Satzungsgebiets stellt keine planerische Entscheidung dar; für den Satzungsgeber allein maßgeblich ist die in der Örtlichkeit vorzufindende Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich. Von ihr darf er nicht abweichen; lediglich in Zweifelsfällen ist ein gewisser Spielraum denkbar. Eine Antragsbefugnis betroffener Grundstückseigentümer ist deshalb von vornherein nur möglich, wenn und insoweit die Satzung für ihn zu Nachteilen führen kann, also insbesondere dann, wenn sein Grundstück oder ein Teil desselben - fälschlicherweise - aus dem Satzungsgebiet ausgeklammert bleibt. In einer solchen Situation dürfte sich die fehlerhafte Klarstellungssatzung zwar letztlich nicht durchsetzen, wenn der Eigentümer einen Bauwunsch im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens durchsetzen wollte. Es wären jedoch erhebliche und kostenträchtige Erschwerungen für den Eigentümer zu befürchten, weil die Baugenehmigungsbehörde an die Satzung gebunden wäre, so dass in den meisten Fällen eine Durchsetzung seines Anspruchs im gerichtlichen Verfahren erforderlich wäre.

Antragsbefugnis angenommen: OVG Sachsen, Urteil vom 4. Oktober 2000 - 1 D 683/99 -, NVwZ 2001, 1070; Urteil vom 23. Oktober 2000 - 1 D 33/00 -, NuR 2001, 468; Antragsbefugnis abgelehnt, weil keine Unklarheit der Abgrenzung erkennbar: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16. Dezember 1997 - 3 K 17/97 -, LKV 1999, 68.

Im umgekehrten Fall - ein Grundstück oder Grundstücksteil wird zu Unrecht dem Innenbereich zugeordnet - ist eine Antragsbefugnis mithin nur denkbar, wenn der Eigentümer gerade durch die Einbeziehung seines Eigentums in den Innenbereich benachteiligt würde, wenn er also beispielsweise auf die Nutzung der Fläche als Außenbereichsfläche angewiesen wäre. Auch in einem solchen Fall wäre die Baugenehmigungsbehörde an die Satzung gebunden, so dass die Durchsetzung eines auf die Nutzung der Außenbereichsfläche zielenden Rechtsanspruchs durch das Bestehen der Satzung erschwert würde.

So liegt der streitgegenständliche Fall indes nicht. Das Grundstück des Antragstellers ist zur Gänze in die Klarstellungssatzung einbezogen worden; der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben, die gesamte Fläche als Wohngrundstück mit Garten zu nutzen und keinerlei Nutzungsabsichten zu verfolgen, die eine Zuordnung der Fläche zum Außenbereich zur Voraussetzung hätten. Damit ist er nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts "negativ, d.h. verletzend, in einem Interesse betroffen".

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992 - 4 NB 3/92 -, BRS 54 Nr. 21; Beschluss vom 9. November 1992 - 4 N 1.78 u.a. -, BRS 35 Nr. 24.

Hiervon unabhängig würde dem Antragsteller, selbst wenn eine Antragsbefugnis abweichend von den vorstehend angeführten Gründen anzunehmen wäre, jedenfalls das Rechtsschutzinteresse dafür fehlen, seinen Antrag auch auf den Bereich der Ergänzungssatzung zu erstrecken.

Der Senat hat erwogen, ob in Fällen besonders krasser Rechtswidrigkeit einer Satzung eine Antragsbefugnis angenommen werden muss, um den Betroffenen den Weg zu einer gerichtlichen Überprüfung nicht zu verstellen:

Die Ergänzungssatzung ist offenkundig rechtswidrig, weil es ihr an jeglicher städtebaulicher Rechtfertigung mangelt. Der Inhalt der Akten, der Verlauf des Satzungsaufstellungsverfahrens sowie der Ablauf des Vorbescheidsverfahrens sprechen vielmehr mit Deutlichkeit dafür, dass eine reine Gefälligkeitsplanung vorliegt, die durch Bauwünsche eines einzelnen Bürgers veranlasst, zugleich durch sachliche Gründe in keiner Weise motiviert und auch mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar ist (vgl. § 34 Abs. 4 Satz 3, 1. Halbsatz BauGB 1997). Eine derartige Satzung, die ohne Planrechtfertigung allein den Wünschen eines bauwilligen Eigentümers folgt und gewissermaßen als "Lex K." bezeichnet werden könnte, ist unwirksam.

Vgl. zu dem vergleichbaren Fall einer "Lex A." OVG Lüneburg, Urteil vom 6. Dezember 1989 - 6 K 16 und 21/89 -, BRS 49 Nr. 2.

Dass hier ein solcher Fall gegeben ist, folgt aus zahlreichen Indizien in den Akten über die Aufstellung der Satzung sowie besonders über die Bescheidung der Bauvoranfrage des (späteren) Eigentümers des Flurstücks 536, auf die der Senat im Tatbestand hingewiesen hat, auf die er jedoch nicht im Einzelnen eingeht. Hervorzuheben ist allerdings, dass der Satzungsgeber nach der Begründung der Satzung das Ziel verfolgt hat, eine "eindeutige Abgrenzung des Siedlungsbereichs zum angrenzenden Landschaftsraum" zu erreichen und dadurch "eine zufällige und ungeordnete Weiterentwicklung des bestehenden Ortsteils" zu verhindern. Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung durch den Berichterstatter lässt sich demgegenüber jedoch feststellen, dass die Örtlichkeit im Bereich des Satzungsgebiets keinerlei Anlass für Unklarheiten und damit auch nicht für eine "zufällige und ungeordnete" Inanspruchnahme des Außenbereichs geboten hat. Im Gegenteil lässt sich die Abgrenzung des bebauten Ortsteils zum Außenbereich auf jedem einzelnen in Frage kommenden Grundstück ohne Schwierigkeiten eindeutig vornehmen, so dass jedenfalls das in der Satzungsbegründung geltend gemachte Motiv des Satzungsgebers nicht vorlag. Mit der der Abwägungsentscheidung zu Grunde gelegten Formulierung des Satzungsziels ist demnach eine städtebauliche Erforderlichkeit nicht ansatzweise dargetan. Zudem hat der Satzungsgeber die in Form eines Bebauungsplans immerhin vorliegende planungsrechtliche Grundlage nicht etwa - was nahe gelegen hätte - durch eine Überarbeitung der Plangrenzen der zwischenzeitlichen Entwicklung angepasst. Vielmehr hat er diese Grundlage parallel zur Erarbeitung der Satzung sogar beseitigt und - ohne nähere Begründung - nur diejenigen Teile des Bebauungsplans aufgehoben, die an das geplante Satzungsgebiet unmittelbar angrenzten, die übrigen Teile des Bebauungsplans hingegen nicht angetastet. Auch diese Beseitigung einer auf einer Abwägungsentscheidung beruhenden planungsrechtlichen Grundlage und die gleichzeitige Formulierung einer bloßen Klarstellungssatzung sowie die Einbeziehung einer einzelnen Fläche durch eine Ergänzungssatzung widerstreitet einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Dies gilt auch für die parallel erfolgte Änderung des Landschaftsplans und des Flächennutzungsplans; insbesondere bei letzterer ist zudem nicht bedacht worden, dass die Darstellung von Bauflächen und Flächen für die Landwirtschaft sich mit den Aussagen der Klarstellungssatzung nicht decken. Hinzu mag kommen, dass auch die durch die Satzung geschaffene Abgrenzung der Bauflächen gegenüber dem Außenbereich an dem treppenartig abgestuften Übergang zum Außenbereich entlang der X. Straße nichts geändert hat. Zwar liegen die westlichen Plangebietsgrenzen nördlich und südlich der X. Straße jetzt auf gleicher Höhe; durch die Festsetzung von Flächen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB verbleibt es allerdings dabei, dass jedenfalls die den Ortsteil abschließende Bebauung auch weiterhin in ähnlicher Weise abgestuft sein wird.

Selbst wenn im Übrigen der planerische Wille, den Übergang eines bebauten Bereichs in besonders empfindliche Außenbereichsflächen schonend zu gestalten und dauerhaft zu sichern, eine Planung in der hier streitgegenständlichen Art grundsätzlich rechtfertigen könnte, so wäre dies jedenfalls für die Ergänzungssatzung an der X. Straße unmaßgeblich. Denn der Satzungsgeber hat Erwägungen dieser Art nicht angestellt; sie sind vielmehr erst nachträglich - insbesondere anlässlich des gerichtlichen Ortstermins und in der mündlichen Verhandlung - geäußert worden, liegen aber der Abwägungsentscheidung nicht zu Grunde. Hiervon abgesehen ist nichts dafür ersichtlich, dass es sich bei den angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Außenbereichsflächen überhaupt um solche einer besonderen Empfindlichkeit handelt.

Dennoch ist es dem Senat auf Grund des geltenden Prozessrechts verwehrt, die angegriffene Satzung in dem vorliegenden Normenkontrollverfahren für unwirksam zu erklären. Aufgabe des Normenkontrollgerichts ist es nicht - wie der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung jedoch ausgeführt hat -, die Verwaltung "auf den Pfad der Gesetzmäßigkeit und Demokratie zurückzuführen". Das Gericht muss sich vielmehr auf die Gewährung von Rechtsschutz in den vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen beschränken. Meinungsverschiedenheiten zwischen Bürgern auf der einen Seite und Behörden bzw. Gebietskörperschaften und ihren politischen Vertretungsorganen auf der anderen Seite sind nur dann und nur in denjenigen Verfahrensweisen gerichtlicher Kontrolle zugänglich, in denen dies vom Gesetz vorgesehen ist. Dem System des Individualrechtsschutzes ist insbesondere eine so genannte Popularklage fremd. Der Bürger hat keinen allgemeinen vor Gericht durchsetzbaren Anspruch darauf, dass Verwaltungsbehörden rechtmäßig handeln; die gerichtliche Überprüfung behördlichen Handelns ist an die Möglichkeit einer Verletzung individueller Rechte geknüpft, wenn das formelle oder materielle Recht nichts anderes vorsieht.

So ausdrücklich: BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1994 - 4 B 94.94 -, BRS 56 Nr. 163.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

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