OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.12.2004 - I-18 U 163/04
Fundstelle
openJur 2011, 36330
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. Mai 2004 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise ab-geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.690,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.500,45 EUR seit dem 22.07.2000, aus 1.447,19 EUR seit dem 22.07.2000, aus 831,71 EUR seit dem 22.07.2000, aus 377,35 EUR seit dem 26.07.2000, aus 2.038,65 EUR seit dem 26.07.2000, aus 1.922,55 EUR seit dem 26.07.2000, aus 611,45 EUR seit dem 17.08.2000, aus 680,58 EUR seit dem 17.08.2000 und aus 280,11 EUR seit dem 21.12.2000 zu zah-len. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 40 % und die Beklagte zu 60 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Transportversicherungsgesellschaft, macht als Rechtsnachfolgerin der R. AG gegen die Beklagte aus abgetretenem und übergegangenem Recht der D. G. AG, nunmehr D. Z. G. AG, M., Schadensersatzansprüche wegen des Verlustes von Transportgut in 9 Fällen geltend.

Die D. G. AG und die Beklagte standen im Jahr 2000 in ständiger Geschäftsbeziehung. Hierbei war die Beklagte bereit, entgegen ihren Beförderungsbedingungen von der D. G. AG Sorten und Edelmetallmünzen zur Beförderung anzunehmen.

Die Beklagte legt hierzu eine von ihr und der D. G. unterzeichnete Vereinbarung mit Datum vom 21.02.2000 vor, die unter anderem folgenden Inhalt hat (Bl. 113 d.A.):

"Abweichend vom Punkt 2 der U. Beförderungsbedingungen (derzeit aktueller Stand 02/98) sind Sorten bis zu DM 10.000,00 Limit pro Sendung, Edelmetalle sowie Reiseschecks nicht vom Transport ausgeschlossen. Der D. G. ist bekannt und damit einverstanden, dass U. nicht durchgehend Ein- und Ausgangskontrollen durchführt.

Detailregelung:

Den Transport von Valoren können wir im nationalen Express oder Express Saver-Service mit nachfolgenden Begrenzungen anbieten (...)

Die Grundhaftung von U. beträgt in allen Fällen DM 500,00/Paket.

Die Verwendung von verlustvorbeugender Verpackung und möglichst neutraler Markierung und Adressierung ist sicher zu stellen.

Im Falle von Valorentransporten ist die Abholung resp. Einlieferung einvernehmlich zu vereinbaren. Der Service für entsprechende Versandstellen ist mit U. explizit abzustimmen. (...)"

Die Klägerin macht aus abgetretenem und übergegangenem Recht folgende Schadensersatzansprüche geltend:

1.

Am 25.01.2000 übergab die D. G. der Beklagten ein Paket, das von M. nach N. zur R./D. transportiert werden sollte. Dieses enthielt nach der Behauptung der Klägerin Sorten in Höhe von 3.000,00 US-$ zum Kurswert von DM 5.890,47. Die Sendung hat die Empfängerin nicht erreicht. Die Beklagte hat auf die geltend gemachte Schadensersatzforderung insgesamt DM 1.000,00 gezahlt, so dass die Klägerin weitere DM 4.890,47 (entsprechend EUR 2.500,45) geltend macht.

2.

Am 07.01.2000 übergab die D. G. AG der Beklagten ein Paket, das von M. nach B. zur R. B. befördert werden sollte. Dieses enthielt nach der Behauptung der Klägerin Sorten in Höhe von 2.000,00 US-$ zum Kurswert von DM 3.830,45. Die Sendung hat die Empfängerin nicht erreicht. Die Beklagte hat auf den Schadensfall DM 1.000,00 geleistet. Die Klägerin macht aufgrund des Paketverlusts weitere DM 2.830,45 (entsprechend EUR 1.447,19) geltend.

3.

Am 07.01.2000 übergab die D. G. AG der Beklagten eine Sendung, die von M. nach B. L. zur V. B. L. befördert werden sollte. Diese enthielt nach der Behauptung der Klägerin 6 Goldmünzen zum Kurswert von DM 2.626,68. Diese Sendung ist im Gewahrsam der Beklagten in Verlust geraten. Die Beklagte hat Schadensersatz in Höhe von DM 1.000,00 geleistet. Die Klägerin macht den Ersatz eines weiteren Schadens in Höhe von DM 1.626,68 (entsprechend EUR 831,71) geltend.

4.

Am 01.03.2000 übergab die D. G. AG der Beklagten eine Sendung, die von M. nach Lehrte zur V. L. eG befördert werden sollte. Diese enthielt nach der Behauptung der Klägerin 1.000,00 US-$, 100.000,00 spanische Peseten und 65,00 schottische Pfund im Kurswert von insgesamt DM 3.452,16. Diese Sendung hat die Empfängerin nicht erreicht. Die Beklagte hat den Schaden in Höhe von DM 500,00 reguliert. Die Klägerin macht weiteren Schadensersatz in Höhe von EUR 1.509,41 geltend.

5.

Am 20.01.2000 übergab die D. G. AG der Beklagten ein Paket, das von M. nach M. zur R. M. eG befördert werden sollte. Dieses, das nach der Behauptung der Klägerin Sorten in Höhe von 35.000,00 österreichischen Schilling im Kurswert von DM 4.987,25 enthielt, hat die Empfängerin nicht erreicht. Die Beklagte hat aufgrund dieses Vorfalls Schadensersatz in Höhe von DM 1.000,00 geleistet. Die Klägerin macht weiteren Schadensersatz in Höhe von EUR 2.038,65 geltend.

6.

Am 10.01.2000 übergab die D. G. AG der Beklagten ein Paket, das diese von M. nach B. zur V. B. eG befördern sollte. Dieses Paket, das die Empfängerin nicht erreicht hat, enthielt nach der Behauptung der Klägerin Sorten in Höhe von 400.000,00 spanischen Peseten im Kurswert von DM 4.760,18. Die Beklagte hat den Schaden in Höhe von DM 1.000,00 reguliert. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch in Höhe von weiteren EUR 1.922,55 geltend.

7.

Am 15.03.2000 übergab die D. G. AG der Beklagten zwecks Beförderung ein Paket, das nach der Behauptung der Klägerin Sorten in Höhe von 1.800,00 US-$ und 100.000,00 portugiesische Escudos im Kurswert von DM 4.675,55 und eine Platinmünze im Kurswert von DM 608,03 enthielt. Dieses Paket hat die Empfängerin, die V. W. eG in W., nicht erreicht. Die Beklagte hat aufgrund des Verlustes Schadensersatz in Höhe von DM 500,00 geleistet. Die Klägerin macht weiteren Schadensersatz in Höhe von weiteren EUR 2.445,80 geltend.

8.

Am 10.03.2000 übergab die D. G. AG der Beklagten ein Paket, das von M. nach G., zur S. K. G. eG befördert werden sollte. Die Klägerin behauptet, das Paket habe Sorten in Höhe von 400.000,00 spanische Peseten und 4.000,00 dänische Kronen im Kurswert von insgesamt DM 5.824,42 enthalten. Das Paket ist in Verlust geraten. Die Beklagte hat aufgrund des Vorfalls Schadensersatz in Höhe von DM 500,00 geleistet. Die Klägerin macht eine Schadensersatzforderung in Höhe von weiteren EUR 2.722,33 geltend.

9.

Am 27.04.2000 nahm die Beklagte von der D. G. AG ein Paket in Empfang, das von M. nach B. zur V. B. eG befördert werden sollte. Das Paket enthielt nach der Behauptung der Klägerin Sorten in Höhe von 1 Mio. italienische Lira, 50.000,00 spanische Peseten, 50.000,00 griechische Drachmen und 500,00 niederländische Gulden im Kurswert von insgesamt DM 2.691,36. Die Sendung ist in Verlust geraten. Die Beklagte hat auf den Schadensfall einen Betrag von DM 500,00 geleistet. Die Klägerin macht Schadensersatz in Höhe von weiteren EUR 1.120,42 geltend.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Aufgrund der von ihr an ihre Versicherungsnehmerin geleisteten Zahlungen und der von dieser erfolgten Abtretungen an sie ergebe sich ihre Aktivlegitimation. Die Beklagte habe für die durch die Paketverluste entstandenen Schäden in voller Höhe einzustehen. Aus dem Umstand, dass die Beklagte nicht in der Lage sei, den Verbleib der Sendungen aufzuklären, folge, dass die Beklagte mangelhaft organisiert sei. Aus diesem Grund könne sie sich auf Haftungsbeschränkungen nicht berufen. Der ihr insgesamt durch den Verlust der Pakete entstandene Schaden belaufe sich auf EUR 16.538,51.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 16.538,51 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.500,45 EUR seit dem 22.07.2000, aus 1.447,19 EUR seit dem 22.07.2000, aus 831,71 EUR seit dem 22.07.2000, aus 1.509,41 EUR seit dem 26.07.2000, aus 2.038,65 EUR seit dem 26.07.2000, aus 1.922,55 EUR seit dem 26.07.2000, aus 2.445,80 EUR seit dem 17.08.2000, aus 2.722,33 EUR seit dem 17.08.2000 und aus 1.120,42 EUR seit dem 21.12.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Sie hat vorgetragen: Jedenfalls sei ein Anspruch der Klägerin allenfalls in Höhe des Haftungshöchstbetrags entsprechend ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. der Vereinbarung vom 21.02.2000 gegeben. Ihre Betriebsorganisation sei ausreichend, so dass aus diesem Grund die Klägerin von ihr keine unbeschränkte Haftung verlangen könne. Ein Organisationsverschulden könne die Klägerin ihr nicht vorwerfen. Darüber hinaus habe die Versenderin auf eine Kontrolle der Transportwege durch Ein- und Ausgangskontrollen verzichtet. Schließlich müsse sich die Versenderin ein haftungsausschließendes Mitverschulden anrechnen lassen, weil sie trotz der in der Vergangenheit aufgetretenen Verlustfälle mit ihr, der Beklagten, weiter versende und von der Möglichkeit der Angabe einer Wertdeklaration mit der Folge einer entsprechenden Beförderung keinen Gebrauch gemacht habe. Des weiteren hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf hat der Klage nach schriftlicher Vernehmung des Zeugen B. zum Inhalt der jeweiligen Sendungen mit Urteil vom 27.05.2004 in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Aktivlegitimation der Klägerin ergebe sich zumindest aufgrund einer stillschweigenden Abtretung der streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche. Diese bestünden auch in der genannten Höhe. Der Inhalt und Wert der in Verlust geratenen Sendungen ergebe sich aus der Aussage des Zeugen B., der in glaubhafter Weise die Abläufe beim Verpacken der Sorten beschrieben habe. Dies sei für eine Feststellung des Paketinhalts und -wertes ausreichend. Da jedenfalls der Verlust der einzelnen Pakete feststehe, gelte hinsichtlich der Frage des Inhalts die Beweiserleichterung des § 287 ZPO. Demnach seien die Angaben des Zeugen ausreichend. Die Beklagte hafte für den Verlust der Sendungen auch in voller Höhe. Sie habe sich zum Schadenshergang nicht eingelassen, so dass sie ihrer Darlegungsobliegenheit nicht nachgekommen sei, was eine Vermutung für das Vorliegen eines qualifizierten Verschuldens begründe. Auch ein den Anspruch minderndes Mitverschulden der Versenderin aufgrund einer fehlenden Wertdeklaration komme nicht in Betracht, da die Beklagte nicht dargetan habe, dass die Versenderin davon Kenntnis gehabt habe, dass bei einer wertdeklarierten Sendung eine andere Behandlung erfolge.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin Klageabweisung begehrt.

Die Beklagte bestreitet nach wie vor die Aktivlegitimation der Klägerin sowie den Inhalt und Wert der in Verlust geratenen Sendungen. Sie trägt vor, die schriftliche Aussage des Zeugen B. sei nicht ausreichend, um den Beweis für den jeweiligen Inhalt der Sendungen zu erbringen.

Die Beklagte ist der Auffassung, sie habe ihre Haftung in zulässiger Weise durch die Vereinbarung vom 21.02.2000, bei der es sich um eine Individualvereinbarung handele, auf einen Betrag von DM 500,00 pro Paket beschränkt. Aufgrund dieser Vereinbarung, durch die die Versenderin davon in Kenntnis gesetzt worden sei, dass die Beklagte keine durchgehenden Schnittstellenkontrollen durchführe, sei sie auch von ihrer Darlegungsobliegenheit befreit, da andere konkrete Umstände, die auf eine grobe Fahrlässigkeit der Beklagten hindeuten, von der Klägerin nicht vorgetragen worden seien. Im übrigen sei der Versenderin ein Mitverschulden anzulasten, da sie die Sendungen nicht wertdeklariert habe.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 27.05.2004 (Az.: 31 O 208/02) die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in Höhe eines Betrages von EUR 5.848,47 Erfolg.

Der von der Klägerin aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus §§ 425, 435 HGB steht dieser lediglich in Höhe eines Betrags von EUR 10.690,04 zu, da die Versenderin in den Fällen 4, 7, 8, 9 ein anspruchsminderndes Mitverschulden am Verlust der Sendungen trifft.

1.

Die Klägerin ist zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche aktivlegitimiert.

Die Klägerin hat durch die Vorlage des Versicherungsscheins der R. (Anlage K 6) sowie durch Unterlagen über die Übernahme der R. durch sie - Klägerin - (Bl. 79 ff d.A.) belegt, dass sie Transportversicherer der Versenderin ist. Konkrete Einwendungen hiergegen hat die Beklagte nicht erhoben.

Des weiteren hat die Klägerin durch die Vorlage von Abtretungserklärungen (Anlagen K 6/1, 6/4, 6/5, 6/6, 6/7, 6/9) in den Fällen 1, 4, 5, 6, 7 und 9 nachgewiesen, dass die Ansprüche von der Versenderin an sie abgetreten worden sind. Diese Abtretungserklärungen sind auch hinreichend bestimmt, da sie das Datum der Versendung, den Empfänger sowie die Art der versendeten Ware enthalten. Soweit als Abtretungsempfängerin die R. genannt ist, ist dies dadurch zu erklären, dass die Übernahme der R. erst nach Genehmigung durch das Bundesaufsichtsamt für Versicherungswesen wirksam wurde und dass diese Genehmigung erst am 03.08.2000 erteilt wurde (Bl. 79 d.A.). Eine Information der Versicherungsnehmer sollte aber erst nach Wirksamwerden der Übernahme erfolgen (Bl. 86 d.A.). Soweit die Klägerin in den übrigen Fällen keine Abtretungserklärungen zur Akte gereicht hat, ergibt sich ihre Aktivlegitimation aufgrund einer stillschweigenden Abtretung durch die Versenderin, die in der Überlassung der Schadensunterlagen zu sehen ist (vgl. BGH NJW 1997, 729).

Auch der Einwand der Beklagten, die Abtretungen verstießen mangels Regulierung der Schadensfälle durch die Klägerin gegen Art. 1 § 5 RechtsBerG ist unerheblich. Insoweit hat die Beklagte, die darlegungs- und beweisbelastet ist, bereits keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Klägerin keine Leistungen erbracht hat. Vielmehr hat die Klägerin Quittungen der Versenderin zur Akte gereicht, aus denen sich ergibt, dass diese die Versicherungsleistungen erhalten hat. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese falsch sein könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

2.

Die Beklagte haftet gegenüber der D. G. AG wegen der unstreitigen Verluste der Sendungen unbeschränkt aus §§ 425, 435 HGB.

Die der D. G. AG aus § 425 HGB zustehenden Schadensersatzansprüche sind nicht auf den Höchstbetrag nach § 431 HGB bzw. nach den Beförderungsbedingungen der Beklagten beschränkt, weil der Beklagten ein qualifiziertes Verschulden im Sinne von § 435 HGB zur Last fällt.

Dies gilt sowohl für die Fälle 1, 2, 3, 5, 6, denen die Beförderungsbedingungen der Beklagten, Stand 02/98, zu Grunde lagen als auch für die Frachtverträge in den Fällen 4, 7, 8, 9, die nach dem Abschluss der Vereinbarung vom 21.02.2000 abgeschlossen worden sind.

a.

Hinsichtlich der Fälle 1, 2, 3, 5 und 6 ergibt sich der Vorwurf des qualifizierten Verschuldens daraus, dass die Beklagte nicht an sämtlichen Umschlagstellen Ein- und Ausgangskontrollen durchführt, was diese einräumt und was gerichtsbekannt ist. Dies stellt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats ein qualifiziertes Verschulden im Sinne von § 435 HGB dar mit der Folge des Wegfalls der in §§ 407 ff HGB und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbegrenzungen.

Darauf, dass die Versenderin vor Abschluss der Vereinbarung vom 21.02.2000 auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen verzichtet hätte, beruft sich die Beklagte nicht. Hierfür gibt es auch, wie der Senat in zahlreichen Entscheidungen, die die Beklagte betreffen, bereits ausgeführt hat, aus den Beförderungsbedingungen Stand 2/98 keine Anhaltspunkte.

b.

Auch in den Fällen 4, 7, 8 und 9 ist der Beklagten ein qualifiziertes Verschulden mit der Folge einer unbeschränkten Haftung zur Last zu legen.

Die diese Transporte betreffenden Frachtverträge sind nach Abschluss der Vereinbarung vom 21.02.2000 abgeschlossen worden.

(1)

Hierbei kann nicht zweifelhaft sein, dass die Vereinbarung tatsächlich am 21.02.2000 abgeschlossen worden ist. Soweit die Klägerin dies bestreitet bzw. sogar geltend macht, die Beklagte habe erstinstanzlich nicht bestritten, dass die Vereinbarung erst am 30.06.2000 oder später abgeschlossen worden ist, ist dies unbeachtlich.

Die Beklagte hat zunächst einen nicht unterschriebenen Vertragstext vorgelegt, aus dem sich in der Kopfzeile das Datum 30.06.2000 ergibt (Bl. 66 d.A.). Darauf hin hat die Klägerin den Abschluss der Vereinbarung an sich bestritten und geltend gemacht, diese müsse, wenn, dann erst nach dem 30.06.2000 abgeschlossen worden sein. Hierauf hat die Beklagte eine Ablichtung der unterzeichneten Vereinbarung zur Akte gereicht, die in der Kopfzeile das Datum 21.02.2000 trägt (Bl. 114 d.A.). Hierzu hat die Klägerin nichts mehr vorgetragen, insbesondere hat sie keine konkreten Einwendungen gegen den Abschluss dieser Vereinbarung erhoben.

Angesichts dieser Umstände kann nicht zweifelhaft sein, dass die Beklagte und die Versenderin die Vereinbarung am 21.02.2000 abgeschlossen haben. Die Vereinbarung datiert von diesem Tag. Dass sich auf der nicht unterzeichneten Vereinbarung ein anderes Datum befindet, kann nachvollziehbar damit erklärt werden, dass die Vereinbarung unter diesem Datum erneut ausgedruckt worden ist, was bei Eingabe eines entsprechenden Befehls den Ausdruck unter dem aktuellen Datum zur Folge haben kann. Demgegenüber ist aus dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten nicht ersichtlich, dass sie das Vorbringen der Klägerin, die Vereinbarung sei später zustande gekommen, nicht bestreiten wollte. Die Beklagte hat auf das Vorbringen der Klägerin hin die auf den 21.02.2000 datierte und unterzeichnete Vereinbarung vorgelegt. Zudem handelte es sich bei dem diesbezüglichen Vorbringen der Klägerin lediglich um die Äußerung einer Vermutung, und nicht um die Behauptung einer konkreten Tatsache.

(2)

Die vorgenannte Vereinbarung beinhaltet aber keine Beschränkung der Haftung auf DM 500,00 pro Paket im Fall des Vorliegens eines qualifizierten Verschuldens.

Zwar ist in der Vereinbarung vom 21.02.2000 geregelt, dass die Grundhaftung von U. in allen Fällen DM 500,00/Paket beträgt. Diese Vereinbarung kann aber - unabhängig von der Frage, ob es sich um eine Individualvereinbarung oder um eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten handelt - nur dahingehend verstanden werden, dass eine Haftungsbeschränkung auf den vorgenannten Betrag nur im Fall der einfachen Fahrlässigkeit erfolgen soll. Die Vereinbarung stellt lediglich eine Ergänzung zu den Beförderungsbedingungen der Beklagten dar, was sich daraus ergibt, dass diese nicht abschließend ist und in ihrem ersten sowie in ihrem 7. Punkt auch auf die Beförderungsbedingungen Bezug nimmt. Dies entspricht, was gerichtsbekannt ist, auch der üblichen Vorgehensweise durch die Beklagte bei Großkunden. Ausweislich der Beförderungsbedingungen soll aber eine Haftungsbeschränkung, ausweislich Ziff. 10 der Beförderungsbedingungen auf DM 1.000,00, lediglich im Fall der einfachen Fahrlässigkeit erfolgen. Die Haftung für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz ist demgegenüber in einem eigenen Absatz der Klausel Nr. 10 geregelt. Dafür, dass bezüglich der Haftung in Höhe von DM 500,00 die gleiche Regelung gelten sollte spricht, dass in der Vereinbarung nicht der generelle Begriff "Haftung", sondern der Begriff "Grundhaftung" verwendet wird. Dies macht nur dann Sinn, wenn weitere Haftungsregelungen zum Tragen kommen können. So ergibt sich aus Ziff. 10 Absatz 2 der Beförderungsbedingungen auch, dass die Haftungshöchstgrenze durch die Deklaration des Werts angehoben werden kann. Dass diese Möglichkeit durch die Vereinbarung ausgeschlossen werden sollte, ist nicht ersichtlich.

Von dieser Auslegung geht die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 08.04.2003 auch selbst aus.

(3)

Der Beklagten ist ein qualifiziertes Verschulden zur Last zu legen. Auch wenn der Versenderin anders als in den früheren Fällen der Umstand, dass keine durchgehenden Schnittstellenkontrollen durchgeführt werden, aufgrund des Inhalts der Vereinbarung vom 21.02.2000 bekannt war, liegt ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten vor, da sie sich zum Schadenshergang nicht eingelassen hat. Dieser ist vielmehr völlig im Dunkeln geblieben. Zudem legt der Umstand, dass Geld versandt wurde, bei dem ein hoher Diebstahlsanreiz besteht, die Annahme eines Diebstahls nahe, zumal es auch nach dem Vorbringen der Beklagten bereits zu Diebstählen bei der Beklagten gekommen ist. Dies begründet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats die Annahme des qualifizierten Verschuldens.

Zwar trägt der Anspruchsteller grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für ein qualifiziertes Verschulden des Anspruchsgegners. Die ihm obliegende Darlegungslast erfüllt er aber bereits dann, wenn sein Klagevortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahe legt und allein der Frachtführer zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens in zumutbarer Weise beitragen kann. Gleiches gilt, wenn sich die Anhaltspunkte für das Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner zur Vermeidung prozessualer Nachteile nicht darauf beschränken, den Sachvortrag schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf des Betriebs und zu den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen. Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (vgl. BGH NJW 2003, 3626, 3627; BGH TranspR 2004, 177 ff).

Gleiches gilt, wenn der Schadensfall mangels Angaben des Frachtführers gänzlich im Dunkeln liegt. In diesem Fall ist der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden schon aufgrund einer generalisierenden Betrachtungsweise geboten. Dies gilt hierbei nicht nur hinsichtlich des Schlusses auf das objektive Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit, sondern auch hinsichtlich des Schlusses auf das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Denn in einem solchen Fall ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig nicht nur von einer Organisation des Betriebsablaufs auszugehen, die keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Güter gegen ein Abhandenkommen gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinweg setzt, sondern auch von einer sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängenden Erkenntnis, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstehen (BGH, Urt. vom 23.10.2003, TranspR 2004, 177 ff).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Beklagte ihrer Einlassungsobliegenheit nicht nachgekommen. Ihr hätte es oblegen, im vorliegenden Verfahren zu den einzelnen Schadensfällen vorzutragen. Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Darlegungsobliegenheit entfalle aufgrund des Umstandes, dass der Versenderin aufgrund der Vereinbarung vom 21.02.2000 bekannt gewesen sei, dass sie "nicht durchgehend" Ein- und Ausgangskontrollen durchführt. Es ist bereits aus dieser Formulierung ersichtlich, dass die Beklagte nicht gänzlich auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen verzichten will. Zudem besteht die Möglichkeit, über andere Umstände vorzutragen. Der Beklagten ist daher Vortrag zum Verlauf der einzelnen Transporte möglich und zumutbar. Dieser beschränkt sich auch auf die bei den einzelnen Transporten betroffenen HUB’s, so dass entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht "generell und allgemein zu Hunderten von Aspekten der Versandorganisation" vorgetragen werden muss.

3.

Der auf die Klägerin übergegangene Anspruch ist aber in den Fällen 4, 7, 8, 9 aufgrund eines Mitverschuldens der Versenderin gemindert. In den übrigen Fällen kann der Versenderin demgegenüber kein Mitverschuldensvorwurf gemacht werden.

a.

Der Versenderin kann nicht deshalb ein Mitverschuldensvorwurf gemacht werden, weil sie Geld und Münzen aus Edelmetall mit einem Frachtführer, der Sendungen im Sammelladungsverkehr befördert, versandt hat.

Allein der Umstand, dass Gegenstand der Frachtverträge Geld und Münzen aus Edelmetall waren, rechtfertigt nicht die Annahme eines Mitverschuldens. Es ist nicht ersichtlich, dass der Versenderin, die in einer Vielzahl von Fällen relativ geringe Geldbeträge an unterschiedliche Orte in ganz Deutschland versandt hat, eine zumutbare sicherere Alternative zur Verfügung stand. Insbesondere hätte sich angesichts dieser Umstände der Einsatz eines speziellen Geldtransportes nicht gelohnt. Es ist auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass Geld und andere Kostbarkeiten mit der Post oder im Sammelladungsverkehr befördert werden können, ohne dass dies für sich den Vorwurf des Mitverschuldens begründet. Vielmehr ist dem Versender erst dann der Vorwurf des Mitverschuldens zu machen, wenn er bei einer derartigen Versendung nicht alle erforderlichen und zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen trifft. So hat der Bundesgerichtshof die Versendung eines Verrechnungsschecks über eine Summe von 306.250,00 DM mit einfacher Post als keinen Umstand gewertet, der den Vorwurf des Mitverschuldens begründet, sofern der verwendete Briefumschlag neutral ist und nicht erkennen lässt, dass sich ein Scheck in diesem befindet (vgl. BGH, Urteil vom 16.06.1998, Az.: XI ZR 254/97, zitiert nach juris, RdN 8, anders bei einem Fensterumschlag OLG Frankfurt, WM 1999, 1318). Auch die Versendung von bis zu DM 250.000,00 in Banknoten als Postpaket hat der Bundesgerichtshof nicht grundsätzlich in Frage gestellt, sondern lediglich unter dem Aspekt der unterlassenen Wertdeklaration geprüft (BGH, Urteil vom 16.07.2002, Az.: X ZR 250/00, zitiert nach juris, RdN 41; vgl. auch OLG Düsseldorf, TranspR 1991, 235, 241).

Dass die Versenderin im vorliegenden Fall ihr zumutbare Sicherheitsvorkehrungen unterlassen hätte, ist nicht ersichtlich. Sie hat ausweislich der zur Akte gereichten Versandunterlagen die Sendungen - wie dies die Vereinbarung vom 21.02.2000 vorsah - als Expresssendungen versandt. Es ist auch weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen, dass sie durch andere Umstände, wie z.B. eine auffällige Verpackung, den Diebstahlsanreiz erhöht hat.

b.

Ein Mitverschulden der Versenderin ergibt sich auch nicht aus einer fehlenden Wertdeklaration der Pakete.

Es ist, wie das Landgericht zutreffend ausführt, bereits aus dem Vorbringen der Beklagten nicht ersichtlich, dass die Versenderin davon Kenntnis hatte, dass die Wertdeklaration zu einer sorgfältigeren Behandlung der Pakete geführt hätte.

Dies ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aus Ziff. 2 der Beförderungsbedingungen. Vorliegend sind nach dem Vorbringen der Beklagten die Beförderungsbedingungen Stand 02/98 einschlägig. Diese enthalten, wie der Senat bereits vielfach ausgeführt hat, keinerlei Hinweis darauf, dass wertdeklarierte Pakete anders behandelt werden als Expresspakete. Auch in der Vereinbarung vom 21.02.2000 wird nicht auf die Möglichkeit der Wertdeklaration hingewiesen, sondern die Versendung der Sorten per Expresspaket oder Express-Saver Paket angeboten.

Im übrigen ist dies in den Fällen 2, 3, 4, 5, 6 und 9 ohnehin irrelevant, da der Wert dieser Pakete weniger als EUR 2.500,00 bzw. DM 5.000,00 betrug. Erst ab diesem Betrag kommen aber, wie die Beklagte selbst vorträgt, die von der Beklagten vorgetragenen Sicherungsmaßnahmen bei Wertpaketen zum Tragen. Hierbei ist auf den in DM aufgeführten Betrag abzustellen, da die Transporte im Jahr 2000, d.h. vor Einführung des Euro, durchgeführt wurden, so dass es nur auf den Betrag in DM ankommen konnte. Es ergibt sich daher auch im Fall 5 ein Paketwert, der die vorgetragene Wertgrenze unterschreitet.

c.

Der Versenderin ist aber in den Fällen 4, 7, 8, 9 ein Mitverschuldensvorwurf zu machen, da ihr in diesen Fällen bekannt war, dass sie ein offensichtlich ungeeignetes Transportunternehmen mit dem Transport der Sorten und Münzen beauftragt.

In diesen Fällen hat die Versenderin in Kenntnis des Umstandes, dass die Beklagte keine durchgehenden Ein- und Ausgangskontrollen durchführt, dieser Transportaufträge für die Beförderung von Geld erteilt. Sie hat hierdurch den entstandenen Schaden in erheblichem Maße mitverursacht.

(1)

Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist auch derjenige für einen Schaden mitverantwortlich, der gefährdete und schadensanfällige Rechtsgüter leichtfertig erhöhten Risiken aussetzt und auf diese Weise überflüssige Gefahrenlagen schafft (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2002, Az.: X ZR 250/00, zitiert nach juris, RdN 41; OLG Köln, Urteil vom 03.07.1998, Az.: 19 U 284/97, zitiert nach juris, RdN 36). Um einen derartigen Fall handelt es sich vorliegend. Die Klägerin hat Geld, d.h. ein Gut, das sehr stark diebstahlsgefährdet ist, versandt, obwohl sie wusste, dass die Beklagte keine durchgehenden Schnittstellenkontrollen durchführt. Hierdurch hat sie die Sendungen einer erhöhten Diebstahls- und Verlustgefahr ausgesetzt, da ohne die Durchführung von Schnittstellenkontrollen das Gut anlässlich des Transports keine durchgehende Kontrolle erfährt. Denn durch den Verzicht auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen wird der Anreiz des Diebstahls erhöht, da sich der Täterkreis nicht derart eingrenzen lässt wie bei einem Transport mit durchgehenden Schnittstellenkontrollen. Zudem lässt sich der Verlauf der Sendung nicht lückenlos nachvollziehen. Auch kann ein Verlust nicht umgehend festgestellt werden, sondern erst geraume Zeit später.

(2)

Es kann auch nicht zweifelhaft sein, dass der Versenderin durch die Vereinbarung vom 21.02.2000 vermittelt wurde, dass die Transporte aufgrund des Fehlens durchgehender Schnittstellenkontrollen nicht ausreichend sicher waren.

Der Versenderin als Bank musste sich aufgrund der in der Vereinbarung gewählten Formulierung aufdrängen, dass die Beklagte hierdurch darauf hinweisen wollte, dass sie keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen trifft. Der hier relevante Absatz beginnt damit, dass die Beklagte sich dazu bereit erklärt, entgegen ihren Beförderungsbedingungen Sorten bis zu DM 10.000,00, Edelmetalle sowie Reiseschecks zu transportieren. Wenn hiernach aufgeführt ist, dass die Versenderin damit einverstanden ist, dass die Beklagte keine durchgehenden Ein- und Ausgangskontrollen durchführt, kann dies nur so verstanden werden, dass Einschränkungen bei der Sicherheit des Transports bestehen. So kann der Begriff "Ein- und Ausgangskontrollen" im Zusammenhang mit der Durchführung von den hier streitgegenständlichen Transporten nur dahingehend verstanden werden, dass bei der Einlieferung des Transportgutes sowie bei Umverladungen im Rahmen des Sammeltransports keine durchgehenden Kontrollen erfolgen. Dies hätte der Versenderin zumindest Veranlassung geben müssen, Nachfrage zu halten, welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Dies umso mehr, da es sich bei der Beklagten offensichtlich nicht um ein auf Werttransporte spezialisiertes Unternehmen handelt, sondern um ein Unternehmen, das nach seinen Beförderungsbedingungen üblicherweise kein Geld und Kostbarkeiten transportiert. Aus diesem Grund konnte die Versenderin auch nicht darauf vertrauen, dass die Beklagte bei der Durchführung der von ihr in Auftrag gegebenen Transporte besondere Vorkehrungen, wie z.B. den Transport in geschlossenen Transportcontainern, treffen würde. Dies war bei der Anzahl der Pakete, die in alle Teile Deutschlands versandt werden sollten, ersichtlich nicht durchführbar.

(3)

Die Beauftragung der Beklagten in Kenntnis des Umstands, dass nicht durchgängig Schnittstellenkontrollen durchgeführt werde, war auch mitursächlich für die eingetretenen Verluste. Soweit die Klägerin demgegenüber vorträgt, es hätten bei der Beklagten weitere Organisationsmängel bestanden, von denen die Versenderin keine Kenntnis gehabt habe, ist dies demgegenüber unerheblich.

Ein Mitverschulden des Versenders ist dann für die Schadensentstehung mitursächlich, wenn die von diesem vernachlässigte Sorgfaltsanforderung darauf abzielt, einen Schaden wie den eingetretenen zu vermeiden, d.h. es kommt darauf an, ob der eingetretene Schaden vom Schutzzweck der vernachlässigten Sorgfaltsnorm erfasst wird (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2001, Az.: I ZR 158/99, zitiert nach juris, RdN 67). Dies ist vorliegend der Fall. Die Versenderin hat ein Transportunternehmen beauftragt, das für sie erkennbar einen erheblichen Organisationsmangel aufwies. Aus diesem Organisationsmangel folgt auch die Vermutung, dass die Ware in diesem besonders gefährdeten Bereich verloren gegangen ist (BGH, Urt. vom 08.05.2003, Az: I ZR 234/02, zitiert nach juris, RdN 17). Dieser Organisationsmangel steht auch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den von der Klägerin geltend gemachten weiteren Organisationsmängeln. Werden durchgehende Schnittstellenkontrollen durchgeführt, ist der Frachtführer in der Lage, den Verlustort näher einzugrenzen. Zudem wirkt sich die bessere Möglichkeit der Eingrenzung des Verlustorts präventiv auf viele andere denkbare Verlustursachen aus. So müssten die Mitarbeiter der Beklagten, ebenso wie Fremdunternehmer, würden weitergehende Schnittstellenkontrollen durchgeführt werden, eher damit rechnen, nach einem Diebstahl als Täter identifiziert zu werden. Auch könnte ihnen eher ein anderes Fehlverhalten, wie z.B. eine Fehlverladung, nachgewiesen werden. Die Durchführung von durchgehenden Schnittstellenkontrollen würde daher auch in Ansehung der von der Klägerin vorgetragenen weiteren Organisationsmängeln zu einer sorgfältigeren Behandlung der Pakete sowie zu einer besseren Aufklärbarkeit des Verlusts führen.

(d)

Unter Abwägung aller Umstände hält der Senat ein Mitverschuldensanteil der Versenderin von 75 % für angemessen.

Der Beklagten ist ein qualifiziertes Verschulden am Verlust der Pakete zur Last zu legen. Hierbei hat die Versenderin aber der Beklagten besonders diebstahlsanfällige Güter anvertraut, obwohl es sich ihr aufdrängen musste, dass beim Transport keine ausreichenden Sicherheitskontrollen durchgeführt werden. Hierdurch hat sie in erheblichem Maße zur Schadensentstehung beigetragen, so dass ihr ein hoher Mitverschuldensanteil anzurechnen ist. Diesen bemisst der Senat mit 75 %.

d.

Bezüglich der übrigen Fälle, bei denen der Transportauftrag jeweils vor Abschluss der Vereinbarung vom 21.02.2000 erteilt worden ist, kann der Versenderin demgegenüber der Vorwurf eines Mitverschuldens wegen der Beauftragung eines ungeeigneten Transportunternehmens nicht gemacht werden.

Insoweit trägt die Beklagte vor, der Versenderin seien mit Aufnahme der Geschäftsbeziehung ihre Organisation erläutert und der Inhalt der Beförderungsbedingungen sei besprochen worden. Inwieweit die Versenderin hierdurch auf das Fehlen von Schnittstellenkontrollen hingewiesen worden ist, lässt sich dem Vorbringen demgegenüber nicht entnehmen. Das diesbezügliche Vorbringen ist vielmehr völlig unsubstantiiert. So legt die Beklagte insbesondere keine zwischen ihr und der Versenderin vor dem 21.02.2000 abgeschlossene Vereinbarung vor. Auch die Beförderungsbedingungen der Beklagten mit Stand vom 02/98 beinhalten keinen Hinweis darauf, dass keine durchgehenden Schnittstellenkontrollen erfolgen.

4.

Aufgrund des Verlusts der Pakete ist der Versenderin ein von der Beklagten noch zu erstattender Schaden in Höhe von EUR 10.690,04 entstanden.

Die Beklagte hat die Übernahme der in Streit stehenden Pakete nicht bestritten, sondern lediglich deren Inhalt.

Die Klägerin hat den Inhalt der Pakete mit Lieferrechnungen (Anlagen K 2/1, K 2/2, K 2/3, K 2/5, K 2/6) belegt und vorgetragen, die entsprechenden Lieferscheine seien nach Ablauf einer Aufbewahrungsfrist von 3 Monaten vernichtet worden. Sie hat des weiteren eine eidesstattliche Erklärung des Zeugen B. zur Akte gereicht (Anlage K 5), in der dieser den Ablauf des Verpackens schildert. Der Zeuge B. hat zudem im erstinstanzlichen Verfahren eine schriftliche Zeugenaussage zum Ablauf des Verpackens gemacht (Bl. 110 d.A.). Dies hat das Landgericht als Beweis des Paketinhalts ausreichen lassen. Die hiergegen vorgetragenen Einwendungen der Beklagten sind unerheblich. Die von der Klägerin vorgelegten Rechnungen stimmen mit den geltend gemachten Schadensersatzforderungen überein. Auch zwischen den auf den Rechnungen angegebenen Daten und den Tagen des Transports besteht eine Übereinstimmung. Es ist ferner aus den vorgelegten Transportlisten nicht ersichtlich, dass andere Pakete am selben Tag an die selben Empfänger versandt wurden, so dass nicht angenommen werden kann, dass Pakete mit einem anderen Inhalt abhanden gekommen sind. Der Zeuge B. hat hierzu auch erklärt, es seien die Pakete von 2 Personen kommissioniert bzw. danach kontrolliert und verpackt worden. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es bei der Versenderin zu Diebstählen oder sonstigen Unregelmäßigkeiten gekommen ist, trägt die Beklagte nicht vor. Auch gegen die eidesstattliche Erklärung des Zeugen B. vom 18.11.2002 hat die Beklagte keine konkreten Einwendungen erhoben. Aus dieser ergibt sich aber auch, dass der Zeuge B. die von ihm geschilderten Abläufe verantwortlich kontrolliert hat und keine Unauffälligkeiten bemerkt hat.

Angesichts dieser Umstände besteht, wie das Landgericht zutreffend und für den Senat bindend, § 529 Abs. 1 ZPO, ausführt, der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die in den Rechnungen angegebenen Sorten und Edelmetallmünzen versandt worden sind.

Der Wert der Sorten und Edelmetallmünzen ergibt sich aus den vorgelegten Rechnungen. Auch hiergegen hat die Beklagte keine konkreten Einwendungen erhoben.

Es ergibt sich somit folgender Schadensbetrag:

Fälle 1, 2, 3, 5, 6: 8.740,55 EUR

Fälle 4, 7, 8, 9: 25 % von EUR 7.797,96 1.949,49 EUR

Gesamtbetrag: 10.690,04 EUR

5.

Die der Versenderin zustehenden Schadensersatzansprüche sind auch nicht verjährt, § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB.

6.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284, 288 BGB a.F.

7.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Eine Veranlassung, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz: EUR 16.538,51

Beschwer der Klägerin: EUR 5.848,47

Beschwer der Beklagten: EUR 10.690,04

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