VG Münster, Beschluss vom 31.03.2005 - 8 L 189/05
Fundstelle
openJur 2011, 35847
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin einstweilen die Ausübung einer Beschäftigung als Haushaltshilfe bei der Firma D. N. , Inhaberin T. N1. , N2. 3, T1. , im Umfang der Zustimmung der Beigeladenen zu erlauben, solange sie geduldet wird und die entsprechende Zustimmung der Beigeladenen vorliegt.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 1.250,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der - sinngemäß gestellte - Antrag der Antragstellerin,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr die Ausübung einer Teilzeit- Beschäftigung als Haushaltshilfe bei der Firma D. N. , Inhaberin T. N1. , N2. 3, T1. , zu erlauben,

ist zulässig und begründet.

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO).

Die Voraussetzungen der § 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG, § 10 Satz 1 BeschVerfV liegen vor. Nach § 10 Satz 1 BeschVerfV kann geduldeten Ausländern (§ 60 a AufenthG) mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn sie sich seit einem Jahr erlaubt oder geduldet im Bundesgebiet aufgehalten haben. Die Antragstellerin befindet sich derzeit im Besitz einer bis zum 00.00.0000 gültigen Duldung. Die Zustimmung der nach § 12 Abs. 1 BeschVerfV zuständigen Agentur für Arbeit N3. für die von der Antragstellerin angestrebte Beschäftigung ist am 00.00.0000 erteilt worden. Auf die weitere Voraussetzung des seit einem Jahr erlaubten oder geduldeten Aufenthalts im Bundesgebiet kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an, da die Antragstellerin bereits seit dem 00.00.0000 der vorgenannten Beschäftigung nachgeht und die in § 10 Satz 1 BeschVerfV normierte Wartezeit von einem Jahr lediglich vor der erstmaligen Erteilung der Erlaubnis erfüllt worden sein muss. Dies ergibt sich bereits aus der Vorgängervorschrift zu § 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG, der Verordnungsermächtigung des § 285 Abs. 4 SGB III a. F., nach der die Erteilung der Arbeitserlaubnis für einzelne Personengruppen für die erstmalige Beschäftigung durch Rechtsverordnung davon abhängig gemacht werden konnte, dass sich der Ausländer unmittelbar vor der Antragstellung eine bestimmte Zeit, die fünf Jahre nicht überschreiten durfte, erlaubt oder geduldet im Bundesgebiet aufgehalten hatte oder zu einem bestimmten Zeitpunkt in den Geltungsbereich dieses Gesetzes eingereist war. Auf der Grundlage dieser Verordnungsermächtigung wurde nach § 3 Satz 1 Nr. 1 ArGV die Erteilung einer Arbeitserlaubnis für eine erstmalige Beschäftigung für Ausländer, die eine Aufenthaltsgestattung oder eine Duldung besaßen, davon abhängig gemacht, dass sich der Antragsteller unmittelbar vor der Beantragung ein Jahr erlaubt oder geduldet im Inland aufgehalten hatte (Wartezeit). Vor dem Hintergrund, dass auch die Vorgängervorschriften zu § 285 Abs. 4 SGB III a. F. das Verstreichen einer Wartezeit vor der erstmaligen Erlaubnis einer Beschäftigung vorsahen (vgl. z. B. § 19 Abs. 1 Satz 4 AFG), bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber mit § 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG, § 10 Satz 1 BeschVerfV die Voraussetzung des einjährigen geduldeten oder erlaubten Aufenthalts im Bundesgebiet auch für diejenigen geduldeten Ausländer aufstellen wollte, die eine Beschäftigung fortsetzen. Dies wird auch durch die vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz und zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 22. Dezember 2004 bestätigt, nach denen § 10 BeschVerfV die bisher in § 3 ArGV geregelte Wartezeit von einem Jahr vor erstmaliger Erteilung der Zustimmung übernimmt (vgl. Nr. 42.2.3 der vorläufigen Anwendungshinweise).

Der Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung der vorgenannten Beschäftigung steht auch nicht der Versagungsgrund des § 11 BeschVerfV entgegen. Nach § 11 Satz 1, 2. Fall BeschVerfV darf einem geduldeten Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden, wenn bei diesem Ausländer aus von ihm zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Zu vertreten hat ein Ausländer nach § 11 Satz 2 BeschVerfV die Gründe insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch Täuschung über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit oder durch falsche Angaben herbeiführt. Diesen Versagungsgrund erfüllt die Antragstellerin nicht. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu ihren Lasten können derzeit nicht vollzogen werden, weil sie nicht über einen gültigen aserbaidschanischen Reisepass oder ein Passersatzpapier verfügt. Dieses Abschiebungshindernis hat die Antragstellerin nicht zu vertreten. Nach dem rechtskräftigen Abschluss ihres Asylklageverfahrens am 00.00.0000 forderte der Antragsgegner sie mit Schreiben vom 00.00.0000 auf, persönlich bei ihm vorzusprechen und hierbei Anträge auf Ausstellung einer Duldung ausgefüllt mitzubringen. Die Antragstellerin sprach daraufhin am 00.00.0000 gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn bei dem Antragsgegner vor und äußerte den Wunsch, freiwillig auszureisen. Es wurde vereinbart, dass die Antragstellerin innerhalb der nächsten vier Wochen bei der aserbaidschanischen Botschaft in Berlin vorsprechen solle, um dort einen Pass zu beantragen. Zu diesem Zweck erhielt die Antragstellerin eine Bescheinigung des Antragsgegners zur Vorlage bei der Botschaft und eine Erlaubnis zum vorübergehenden Verlassen des Duldungsbereichs für den Zeitraum vom 00. bis zum 00.00.0000. Die Antragstellerin legte daraufhin am 00.00.0000 eine Bescheinigung der Botschaft der aserbaidschanischen Republik in Berlin vom 00.00.0000 2004 vor, nach der sie die Konsularabteilung der Botschaft am 00.00.0000 besucht und die Unterlagen für die Ausstellung eines Passersatzpapiers vorgelegt hat. Die Bescheinigung enthält ferner die Zusage, über eine Antwort der Heimatbehörden zu informieren. Im Folgenden erkundigte sich die Antragstellerin nach eigenen Angaben zwei Mal ergebnislos telefonisch bei der Botschaft nach der Ausstellung eines Heimreisedokumentes. Nachdem ihr der Antragsgegner die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung als Haushaltshilfe mit Verfügung vom 00.00.0000 verweigert hatte, füllte die Antragstellerin ein ihr anschließend ausgehändigtes Formular zur Ausstellung eines Passersatzpapieres aus und reichte dies unterschrieben bei dem Antragsgegner ein. Eine Rückmeldung der aserbaidschanischen Botschaft ist bis heute nicht erfolgt.

Vor diesem Hintergrund vermag die Kammer nicht zu erkennen, welche zur Ausstellung eines Heimreisedokumentes geeigneten und erforderlichen Mitwirkungshandlungen die Antragstellerin gegenwärtig unterlässt, damit das Abschiebungshindernis herbeiführt und dieses mithin zu vertreten hat. Derartige Mitwirkungshandlungen hat auch der für den Versagungsgrund des § 11 BeschVerfV darlegungs- und beweispflichtige Antragsgegner bislang nicht aufgezeigt. Aus der Bescheinigung der aserbaidschanischen Botschaft vom 00.00.0000 geht vielmehr hervor, dass die Antragstellerin sämtliche für die Ausstellung eines Heimreisedokumentes erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat und die Ausstellung eines solchen Dokumentes gegenwärtig von aserbaidschanischen Behörden geprüft wird. Die Dauer dieses Verfahrens und insbesondere die bislang fehlende Rückmeldung der aserbaidschanischen Botschaft fallen nicht in den Einflussbereich der Antragstellerin und sind von ihr daher nicht zu vertreten. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin das Abschiebungshindernis des fehlenden Heimreisedokumentes gegenwärtig zu vertreten hat.

Die Antragstellerin hat angesichts der drohenden Gefahr des Verlustes ihres Arbeitsplatzes auch einen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO, §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

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