OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.11.2004 - 7 A 3329/01
Fundstelle
openJur 2011, 35569
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen auf den Grundstücken Gemarkung F.---ringhausen , Flur 10, Flurstücke 27 und 19.

Die Windenergieanlagen sollen östlich der Ortschaft F.---ringhausen auf einem in Nord- Süd-Richtung verlaufenden Höhenzug errichtet werden, der die Wasserscheide zwischen den nach Westen zum Rhein und den nach Osten zur Weser verlaufenden Zuflüssen darstellt. Der nördliche Standort der beiden Anlagen liegt auf einem Niveau von ca. 610 m über NN etwa in der Mitte zwischen den Spitzen des H. (661 m über NN) und einer rd. 600 m südlich hiervon gelegenen unbenannten Kuppe (663 m über NN). Etwas östlich dieses Standorts erreicht der Sattel zwischen dem H1. und der unbenannten Kuppe seine tiefste Stelle von rd. 621 m über NN. Der südliche Standort der beiden Anlagen liegt gut 200 m südöstlich des nördlichen Standorts auf einem Niveau von gut 630 m über NN am Westhang der unbenannten Kuppe. Beide Standorte liegen in der Nähe eines Wirtschaftswegs, der sich am Westhang des Höhenzugs in Nord-Süd-Richtung erstreckt und Teil eines Wanderwegs ist. Die Bereiche um den H1. und die unbenannte Kuppe sind weitgehend mit Wald bestanden; verschiedene Teilbereiche insbesondere in der Nähe der geplanten Windenergieanlagen sind allerdings frei von höherem Baumbestand. Gut 2 km südwestlich des vorgesehenen Standorts der Anlagen befinden sich die Naturdenkmale "C2. Steine". Hierbei handelt es sich um mehrere Felsformationen, die aus den sie umgebenden Waldbeständen deutlich herausragen. Der höchste der C2. Steine ("Feldstein") auf der Spitze der südlich von F.---ringhausen gelegenen Bergkuppe erreicht ein Niveau von 756 m über NN.

Seit Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts streben die Geschäftsführer der Klägerin die Errichtung von Windenergieanlagen auf dem Höhenzug östlich von F.--- ringhausen an. Ein Bauantrag aus dem Jahr 1992 wurde abgelehnt. In dem anschließenden Gerichtsverfahren nahmen die seinerzeitigen Antragsteller nach Durchführung eines Ortstermins durch den Berichterstatter des Senats in dem beim Senat anhängigen Berufungsverfahren 7 A 390/95 im Juni 1998 ihre Klage zurück. Auch Bemühungen um die Aufstellung eines Vorhaben- und Erschließungsplans durch die Beigeladene scheiterten. Die Genehmigung des Vorhaben- und Erschließungsplans wurde versagt. Die Klage der Beigeladenen auf Erteilung der Genehmigung des Vorhaben- und Erschließungsplans wurde vom Verwaltungsgericht Arnsberg mit Urteil vom 8. Mai 1998 (4 K 2811/97) abgewiesen, der Antrag der seinerzeit beigeladenen Vorhabenträger auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Senats vom 16. Februar 1999 (7 A 3100/98) abgelehnt.

Zwischenzeitlich hatte die Klägerin den im vorliegenden Verfahren strittigen Antrag vom 30. April 1998 auf Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheids für die gegenüber dem ersten Antrag etwas modifizierten Standorte gestellt. Gegenstand der Voranfrage ist die Errichtung von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-40 mit einer Nabenhöhe von 50,1 m, einem Rotordurchmesser von 40,3 m sowie einer Nennleistung von 500 kW.

Während des Genehmigungsverfahrens sprachen sich insbesondere die untere Landschaftsbehörde sowie die Forstbehörde gegen die Errichtung von Windenergieanlagen am strittigen Standort aus. Die Beigeladene bemühte sich, in die Ausweisung mehrerer Konzentrationszonen für Windenergieanlagen durch die 26. Änderung ihres Flächennutzungsplans auch die hier strittigen Standorte südlich des H. einzubeziehen. Die Bezirksregierung B. stimmte dieser Konzentrationszone aus landesplanerischer Sicht nicht zu. Bedenken gegen eine Vorrangausweisung im Flächennutzungsplan für diesen Bereich wurden auch seitens der unteren Landschaftsbehörde, der Forstbehörde sowie von Nachbargemeinden geltend gemacht. Die 26. Änderung des Flächennutzungsplans, deren Genehmigung am 7. April 2003 bekannt gemacht wurde, erfasst nur noch eine Konzentrationszone im Bereich L. nördlich von B1. , der knapp 10 km nordwestlich der hier strittigen Standorte liegt.

Mit Bescheid vom 12. Mai 1999 lehnte der Beklagte den beantragten Vorbescheid für die beiden Windenergieanlagen ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, das Landschaftsbild würde durch die vorgesehenen Anlagen grob unangemessen verunstaltet. Die Nützlichkeit der Windenergie könne nicht gleichsam im Wege der Kompensation aufgerechnet werden. Der Umstand, dass nach § 4 LG NRW zwei Windenergieanlagen keinen Eingriff in Natur und Landschaft darstellten, könne den bundesrechtlichen öffentlichen Belang nicht aufheben. Ferner fehle es an der erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung. Dem Vorhaben stehe daher auch der öffentliche Belang des Waldschutzrechts entgegen. Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies die Bezirksregierung B. mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2000 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 5. September 2000 Klage erhoben, zu deren Begründung sie insbesondere auf verschiedene ihrer Meinung nach zu berücksichtigende Vorbelastungen der Landschaft hingewiesen hat.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 12. Mai 1999 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung B. vom 24. August 2000 zu verpflichten, ihre Bauvoranfrage vom 30. April 1998 betreffend die Errichtung von zwei Windkraftanlagen auf den Grundstücken Gemarkung F.---ringhausen , Flur 10, Flurstücke 19 und 27 unter Ausklammerung der forstrechtlichen Fragen zustimmend zu bescheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat auf die angefochtenen Bescheide und die fehlende Waldumwandlungsgenehmigung verwiesen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, in dem westlich des Höhenzugs gelegenen Bereich seien zahlreiche landschaftsprägende Elemente auf dichtem Raum anzutreffen, die in ihrem optischen Zusammenwirken im Sauerland kein Vorbild hätten. Durch die strittigen Anlagen würde dieses Landschaftsbild nachdrücklich verunstaltet.

Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 18. Oktober 2001 die Berufung zugelassen. Die Klägerin hat rechtzeitig einen Berufungsantrag gestellt und die Berufung begründet. Sie trägt insbesondere vor:

Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass der Förderung der Windenergie sowohl vom Bundes- als auch vom Landesrecht ein ganz hervorragender Stellenwert beigemessen werde. Von Bedeutung sei insofern insbesondere auch § 4 Abs. 3 Nr. 4 LG NRW, wonach bis zu zwei nahe beieinander liegende Windenergieanlagen nicht als Eingriff in Natur und Landschaft gelten.

Bei seiner Wertung einer "Verunstaltung" des Landschaftsbilds habe das Gericht die im Bereich östlich des Höhenzugs vorhandenen beachtlichen Belastungen der Landschaft unberücksichtigt gelassen. In diese Richtung könnten die strittigen Anlagen zu keinen nennenswerten Beeinträchtigungen führen. Auch zahlreiche bestehende Vorbelastungen westlich der Wasserscheide seien außer Acht geblieben. Insgesamt sei die angenommene "Einzigartigkeit" der Landschaft nicht nachvollziehbar. Diese Einschätzung sei im Übrigen auf Erkenntnisse gestützt, die nicht im vorliegenden Verfahren festgestellt und erörtert worden seien. Bestätigt werde die fehlende Schutzbedürftigkeit der Landschaft dadurch, dass sie bislang nicht förmlich unter Schutz gestellt sei. In F.---ringhausen und Umgebung würden zudem die geplanten Anlagen und die C2. Steine nicht gleichzeitig in das Blickfeld treten. Schließlich seien neben den auf C. Gebiet bereits vorhandenen, vom hier in Rede stehenden Standort aus deutlich sichtbaren Windenergieanlagen zwischenzeitlich weitere Anlagen genehmigt worden.

Hinsichtlich des Erholungswerts der Landschaft fehle es an Feststellungen dazu, dass F.-- -ringhausen und C1. zu Standorten mit beträchtlichem Fremdenverkehrsaufkommen zählten. Dominierend seien mit Bussen anreisende Tagestouristen und Wochenendurlauber. Insoweit seien die Umgebung sowie insbesondere auch die C2. Steine erheblich "touristisch" vorbelastet. Zusätzliche Belastungen durch neue "Attraktivitäten" seien geplant.

Die während des Berufungsverfahrens bekannt gemachte 26. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen sei nichtig. Ihr fehle die städtebauliche Erforderlichkeit, weil die einzige dargestellte Konzentrationszone für Windenergieanlagen im Bereich nördlich von B1. für die Windkraftnutzung ungeeignet sei. Die Flächennutzungsplanung leide ferner an durchgreifenden Abwägungsmängeln und stelle in der Sache eine Verhinderungsplanung dar. Schließlich komme ihr keine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Schlussantrag I. Instanz zu erkennen,

hilfsweise,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, ihr vor Inkrafttreten der 26. Änderung des Flächennutzungsplans am 7. April 2003 den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend, da die strittigen Anlagen am beantragten Standort im Hinblick auf ihre exponierte Lage in der landschaftlich reizvollen Umgebung grob unangemessen seien und das Landschaftsbild verunstalteten. Im Übrigen bestünden keine Bedenken gegen die Flächennutzungsplanung der Beigeladenen.

Die Beigeladene stellt keinen Sachantrag. Sie weist insbesondere auf die Bedeutung der C2. Steine hin.

Der Berichterstatter des Senats hat am 18. August 2004 einen Ortstermin durchgeführt, an dem im Einverständnis der Beteiligten auch der Vorsitzende des Senats teilgenommen hat. Auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akten 4 K 1609/94 VG B. (= 7 A 390/95) und 4 K 2811/97 (= 7 A 3100/98) sowie der von den Beteiligten vorgelegten Verwaltungs- und Aufstellungsvorgänge sowie sonstigen Unterlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der auf Verpflichtung des Beklagten gerichtete Hauptantrag der Klägerin ist unbegründet, weil die Klägerin keinen Anspruch auf den begehrten bauplanungsrechtlichen Vorbescheid hat. Die zur Genehmigung gestellten beiden Windenergieanlagen sind an ihren vorgesehenen Standorten bauplanungsrechtlich unzulässig.

Die bauplanungsrechtliche Beurteilung der strittigen Anlagen richtet sich nach § 35 BauGB. An der Außenbereichslage der vorgesehenen Standorte besteht kein Zweifel. Trotz Privilegierung der Anlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F. (früher: § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) sind diese unzulässig, weil ihnen öffentliche Belange entgegenstehen. Dabei kann dahinstehen, ob die erst im Berufungsverfahren in Kraft getretene 26. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen wirksam ist oder nicht. Geht man von der Wirksamkeit der Flächennutzungsplanänderung aus, stehen dem Vorhaben öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen, weil im Sinne der genannten Vorschrift für privilegierte Windenergieanlagen durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist (a). Sollte die Änderung des Flächennutzungsplans hingegen - wie die Klägerin meint - unwirksam sein, wäre das Vorhaben jedenfalls deshalb unzulässig, weil es im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB das Landschaftsbild verunstaltet (b).

Zu a): Die 26. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen zielt, wie aus ihrem Erläuterungsbericht folgt, darauf ab, die Errichtung von Windenergieanlagen im Gemeindegebiet der Beigeladenen zu steuern. Planerische Absicht der Darstellung der einzigen von der Beigeladenen letztlich dargestellten Konzentrationszone ist es, im übrigen Stadtgebiet Windenergieanlagen künftig auszuschließen (S. 9 des Erläuterungsberichts).

Diese Zielsetzung kann die 26. Änderung des Flächennutzungsplans - ihre Wirksamkeit unterstellt - im vorliegenden Fall auch erfüllen, indem sie den hier strittigen Anlagen als entgegenstehender öffentlicher Belang entgegengehalten werden kann. Diese Rechtswirkung tritt gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zwar nur "in der Regel" ein. Anhaltspunkte dafür, diese regelmäßige Folge im vorliegenden Fall zu verneinen, liegen jedoch nicht vor. Eine Abweichung im Einzelfall steht unter dem Vorbehalt, dass die Konzeption, die der Planung zugrunde liegt, als solche nicht in Frage gestellt wird; das mit der Ausweisung an anderer Stelle verfolgte Steuerungsziel darf nicht unterlaufen werden.

Vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -, BRS 65 Nr. 95 (S. 462).

Genau das träte jedoch ein, verneinte man die regelmäßige Ausschlusswirkung für die hier in Rede stehenden Standorte. Die Beigeladene hatte auch den Bereich südlich des H. , der bereits Gegenstand des letztlich gescheiterten Vorhaben- und Erschließungsplans gewesen war, in ihre Überlegungen zur Darstellung von Konzentrationszonen einbezogen, wie aus den Darlegungen auf S. 8 des Erläuterungsberichts folgt. Von dieser Einbeziehung wurde insbesondere auf Grund der zahlreichen Bedenken von Bürgern, Fachbehörden und Nachbargemeinden abgesehen. Diese Planungsentscheidung würde in der Tat unterlaufen, würde man der 26. Änderung des Flächennutzungsplans eine Ausschlusswirkung auch für den hier strittigen Bereich südlich des H. absprechen.

Der Einwand der Klägerin, der Flächennutzungsplanung liege kein schlüssiges Plankonzept zugrunde, gibt zu einer anderen Wertung keinen Anlass. Die Ausweisung von Konzentrationszonen an bestimmter Stelle muss Hand in Hand mit der Prüfung gehen, ob und inwieweit die übrigen Gemeindegebietsteile als Standorte ausscheiden. Insoweit sind die öffentlichen Belange, die für die negative Wirkung der planerischen Darstellung ins Feld geführt werden, mit dem Anliegen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung gerecht wird, nach Maßgabe des § 1 Abs. 7 BauGB (früher: § 1 Abs. 6 BauGB) abzuwägen.

Vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -, BRS 65 Nr. 95 (S. 458).

Sollte es hieran fehlen, wäre die Änderung des Flächennutzungsplans wegen eines durchgreifenden Abwägungsmangels als unwirksam anzusehen. Die 26. Änderung einerseits als wirksam anzusehen, ihr andererseits aber die gewollte Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB abzusprechen, würde demgegenüber den bereits dargelegten planerischen Willen der Beigeladenen verfälschen. Sie hat die einzige Konzentrationszone im Bereich von B1. hiernach ausschließlich deshalb ausgewiesen, um damit zugleich einen (grundsätzlichen) Ausschluss der Zulässigkeit von Windenergieanlagen im gesamten übrigen Stadtgebiet herbeiführen zu können.

Im Übrigen würde die Annahme, die 26. Änderung des Flächennutzungsplans sei zwar wirksam, ihr komme aber keine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu, an dem Ergebnis der Unzulässigkeit des strittigen Vorhabens nichts ändern. In diesem Fall könnte einer Errichtung der von der Klägerin geplanten Windenergieanlagen aus den nachfolgend noch anzusprechenden Gründen entgegen gehalten werden, dass sie das Landschaftsbild verunstalten und ihnen deshalb öffentliche Belange entgegenstehen.

Zu b): In der Rechtsprechung ist grundsätzlich geklärt, dass eine Verunstaltung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB voraussetzt, dass das Bauvorhaben dem Orts- oder Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird. Dieser Grundsatz gilt auch gegenüber im Außenbereich privilegierten Vorhaben, einschließlich Windenenergieanlagen. Zwar sind diese Anlagen durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F. (früher: § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) grundsätzlich dem Außenbereich zugewiesen. Eine Entscheidung über den konkreten Standort hat der Gesetzgeber jedoch nicht getroffen. Ihre Zulässigkeit steht deshalb unter dem Vorbehalt, dass die jeweilige Anlage das Orts- und Landschaftsbild im Einzelfall nicht verunstaltet. Ob die Schwelle der Verunstaltung überschritten ist, hängt von den konkreten Umständen der jeweiligen Situation ab.

Vgl. zu alledem: BVerwG, Beschluss vom 18. März 2003 - 4 B 7.03 -, BauR 2004, 295 m.w.N..

Bei dieser den Tatsachengerichten obliegenden wertenden Einschätzung kann insbesondere auch die anlagentypische Drehbewegung der Rotorblätter nicht außer Betracht bleiben.

Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2001 - 4 B 69.01 -, BRS 64 Nr. 100.

Gemessen an diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Einschätzung der zuständigen Fachbehörden eine Verunstaltung des Landschaftsbilds durch Errichtung der strittigen Anlagen an ihren vorgesehenen exponierten Standorten zu Recht bejaht.

Diese Standorte sind dadurch gekennzeichnet, dass sie im oberen Bereich eines Höhenzugs liegen, der die weite Tallandschaft um die Ortschaft F.---ringhausen nach Osten abgrenzt. Diese Landschaft ist, wie die Ortsbesichtigung durch den Vorsitzenden und den Berichterstatter des Senats ergeben hat und durch das umfangreiche, dem Senat vorliegende umfassende Lichtbildmaterial anschaulich verdeutlicht wird, durch eine für das Sauerland in der Tat ungewöhnliche Vielfalt unterschiedlichster Landschaftselemente gekennzeichnet. So finden sich in der Tallage um F.---ringhausen und C1. nicht nur die für weite Bereiche des Sauerlands typischen Fichtenmonokulturen, vielmehr bietet sich von den unterschiedlichsten Blickpunkten aus eine in ästhetischer Hinsicht - auch nach Einschätzung des mit den örtlichen Gegebenheiten des Sauerlands besonders vertrauten Verwaltungsgerichts - anziehende abwechslungsreiche Struktur verschiedenster landschaftsprägender Elemente. Bestände von Fichten und Weihnachtsbaumkulturen wechseln sich ständig ab mit eingestreuten Laubwaldstrukturen, Grünlandflächen und Siedlungsbereichen. Dass in diese wechsel- und reizvolle Landschaft auch typische Merkmale menschlicher Nutzungen eingestreut sind, zu denen auch gewerblich genutzte Bauwerke und vereinzelte Anlagen des Freizeittourismus gehören, ändert an dem schützenswerten Charakter der Landschaft als einem Gesamtgebilde nichts. Ebenso wenig steht dem schützenswerten Charakter der Landschaft entgegen, dass sie nicht formell unter Landschaftsschutz gestellt ist. Insofern ist zu berücksichtigen, dass eine solche Unterschutzstellung ohnehin nur für die nicht bebauten Bereiche in Betracht kommt. Den besonderen Reiz des hier betroffenen Landschaftsbilds macht jedoch - wie dargelegt - die Vielfalt der auch und gerade auf menschliches Einwirken, nämlich land- und forstwirtschaftliche Nutzung unterschiedlichster Art, zurückzuführenden Bestandteile eben dieses Bildes, einschließlich der in sie eingestreuten besiedelten Bereiche, aus.

Bemerkenswert ist insbesondere, dass - abgesehen von einzelnen "Narben" früherer Abbautätigkeiten durch Steinbrüche, die für eine Mittelgebirgslandschaft durchaus typisch sind - bei der weiträumigen Sicht über die Landschaft, wie sie sich namentlich von den C2. Steinen bietet, keine besonders auffällig in Erscheinung tretenden Überformungen durch gewerbliche Anlagen zu bemerken sind. Auch die in landschaftsästhetischer Hinsicht häufig als belastend empfundenen Zerschneidungen durch optisch auffällige Hochspannungsleitungen einschließlich deren Masten fehlen völlig. Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass die betroffene Landschaft nicht völlig unberührt ist von Freizeitanlagen, deren ästhetischer Wert im Einzelfall durchaus fraglich erscheinen mag, und in gewissem Umfang auch von gewerblichen Bauten. Diese treten bei der für die Wertung des Landschaftsbilds maßgeblichen großräumigen Betrachtung jedoch so deutlich in den Hintergrund, dass sie kaum als störende Elemente wahrnehmbar sind. Letzteres gilt etwa für die von der Klägerin in den Vordergrund geschobenen Freizeitanlagen des Bereichs um "G. G1. ", die sich über 9 km entfernt im Westen vornehmlich in Tallage befinden und von dem hier betroffenen Landschaftsraum um die C2. Steine aus weitgehend nicht erkennbar sind. Selbst das dort vorhandene Riesenrad ist von den C2. Steinen, die einen der markantesten Aussichtspunkte des Sauerlands überhaupt darstellen, allenfalls als kleiner Kreis inmitten eines Waldgebiets, nämlich als heller Fleck in einer ansonsten grünen Waldkulisse wahrnehmbar. Nichts anderes gilt auch für andere der angesprochenen Anlagen wie etwa die Startbahn für Drachenflieger in der Nähe der C2. Steine, die Skiabfahrt am Osthang des T. oberhalb von "G. G1. " sowie verschiedene Aussichtstürme und Fernsehumsetzer. Diese mögen bei einer Betrachtung aus unmittelbarer Nähe durchaus als gewichtig und - je nach persönlicher Einstellung - auch störend und belastend empfunden werden. In dem Gesamtbild der Landschaft, wie es sich bei weiträumiger Sicht von exponierter Stelle aus bietet, gehen sie jedoch weitgehend unter, so dass von einer gravierend negativen Überformung des naturnahen Gesamterscheinungsbilds keine Rede sein kann. Ohne Bedeutung sind auch die gewerblichen Anlagen in der Tallage von C3. Wald einschließlich der dort (noch) vorhandenen Industriebrache. Sie befinden sich in einem relativ engen Tal unmittelbar östlich des Höhenzugs, der die Tallage von F.---ringhausen und C1. begrenzt. Von dem bereits wiederholt angesprochenen markanten Aussichtspunkt bei den C2. Steinen mit der dort wahrnehmbaren umfassenden Fernsicht über das Panorama des östlichen Sauerlands sind sie überhaupt nicht wahrnehmbar. Erst recht treten sie als störende Elemente nicht in Erscheinung, wenn die Tallage von F.---ringhausen und C1. aus westlichen Richtungen - etwa in Richtung auf den Höhenzug mit dem H1. oder die südlich hiervon gelegene Kuppe mit den teilweise deutlich in den Himmel ragenden C2. Steinen - in den Blick genommen wird.

Die besondere Bedeutung dieses Landschaftsbilds für den gesamten Raum des östlichen Sauerlands erschließt sich dem Betrachter vornehmlich dann, wenn er die C2. Steine besteigt. Die dort wahrnehmbare, durch das bei der Ortsbesichtigung gefertigte und dem Senat bei seiner Entscheidungsfindung vorgelegte Lichtbildmaterial anschaulich verdeutlichte Fernsicht über viele Kilometer hinweg ist insbesondere auch maßgeblich geprägt durch das unterschiedliche Auf und Ab der Kuppen und Höhenzüge, die die reizvollen Tallagen mit ihren abwechslungsreichen Landschaftselementen begrenzen und teilweise Blicke bis in die über 30 km entfernten Ebenen des I. und der Q. Hochfläche zulassen. Gerade diese abwechslungsreichen Grenzlinien zwischen den vielfältigen Strukturen des bewegten Geländes und dem freien Himmel sind nahezu ausnahmslos von störenden baulichen Elementen frei. Die wenigen auf einzelnen Kuppen vorhandenen Türme, Fernsehumsetzer o.ä. erscheinen allenfalls als schmale, fest stehende Elemente, die den Blick nicht ablenken, sondern ihn ungehindert über die Weite der freien Landschaft schweifen lassen.

Demgegenüber würde durch die hier strittigen Windenergieanlagen ein in besonderem Maß beachtliches und belastendes Störpotential namentlich in den für die Wirkung des Panoramas besonders wichtigen Grenzbereich zwischen natürlichem Gelände und freiem Himmel hineindringen. An ihren exponierten Standorten würden die strittigen Windenergieanlagen die weitgehend bewaldeten Kuppen deutlich überragen. Durch die kontinuierliche Drehbewegung der Rotoren, die vor dem freien Himmel besonders auffällig in Erscheinung treten, würden sie den Blick über die Landschaft besonders beeinträchtigen.

Wie störend solche Drehbewegungen in einer Mittelgebirgslandschaft der hier betroffenen Struktur wirken, wurde anlässlich der Ortsbesichtigung gerade an Hand der auf C. Stadtgebiet nahe "G. G1. " bereits errichteten drei Windenergieanlagen besonders deutlich. Trotz ihrer Entfernung von gut 9 km Luftlinie waren sie sowohl von dem Wirtschaftsweg nahe den vorgesehenen Standorten der strittigen Anlagen als auch vom Westhang der Kuppe mit den C2. Steinen aus zwar noch deutlich wahrnehmbar. Die große Entfernung ließ sie jedoch so deutlich in den Hintergrund treten, dass ihr Ablenkungseffekt und Potential zur Beeinträchtigung des Blicks in die weitere Ferne im hier in Rede stehenden Landschaftsraum noch relativ gering war. An dieser relativ geringen, das Gesamtbild noch nicht gravierend negativ beeinflussenden Qualität wird sich durch die seitens der Klägerin angesprochenen weiteren auf C. Stadtgebiet genehmigten Windenergieanlagen nichts ändern. Ihr Standort liegt noch weitere fünf Kilometer in Richtung Westen, so dass schon deswegen ausgeschlossen ist, dass sie im hier betroffenen Landschaftsraum um die C2. Steine deutlicher in Erscheinung treten werden als die bereits vorhandenen Anlagen.

Die strittigen Anlagen in nur zwei Kilometer Entfernung zu den C2. Steinen würden hingegen geradezu auffällig in das Blickfeld des Betrachters treten, der sich ihren durch die Drehbewegungen der Rotoren verstärkten optischen Auswirkungen nicht entziehen könnte. Sie würden zudem gerade bei der dort vorhandenen unbeeinträchtigten Aussicht in Richtung Norden bis Osten, die sich weit hin bis zu den Q. Höhen erstreckt, unvermeidbar in das Blickfeld treten und diese Fernsicht so gravierend negativ beeinflussen, dass bereits dies als grob unangemessene Belastung für den ästhetischen Eindruck der Landschaft zu werten ist. Der besondere Wert dieser Landschaft liegt gerade darin, in Muße den Blick immer wieder über die Ruhe ausstrahlende Weite dieser Landschaft mit den wechselvollen Elementen des wie ein Gemälde wirkenden Bilds schweifen lassen zu können, ohne von der Hektik des menschlichen Lebens gestört zu werden. Die geplanten Windenergieanlagen würden demgegenüber optisch im Wortsinn eine "Unruhe" stiften, die diesem Bild fremd ist und seine ästhetisch wertvolle Einzigartigkeit massiv beeinträchtigt.

Schon diese angesprochenen Auswirkungen der strittigen Anlagen auf das weiträumige Landschaftsbild, wie es namentlich von dem besonderen touristisch wertvollen Aussichtspunkt der C2. Steine aus wahrnehmbar ist, rechtfertigen aus Sicht des Senats die - auch von den zuständigen Fachbehörden und dem Verwaltungsgericht geteilte - Wertung einer Verunstaltung des Landschaftsbilds. Dabei kommt es nicht darauf an, dass das Landschaftsbild um die C2. Steine - wie die Klägerin vorträgt - vornehmlich von Bus- und Wochenendtouristen wahrgenommen wird. Auch Tagestouristen, die den weiten Weg in die Landschaft um die C2. Steine als einem der hervorragendsten Naturdenkmale des Sauerlands nicht scheuen, haben ein schützenswertes Interesse daran, das bestehende grandiose Panorama möglichst ungeschmälert genießen zu können. Dieses Interesse ist nicht zuletzt auch angesichts der Bedeutung des Tourismus für die Wirtschaft des östlichen Sauerlands durchaus von gewichtigem öffentlichen Belang. Demgegenüber hat im Rahmen der nach § 35 Abs. 1 BauGB vorzunehmenden planungsrechtlichen Abwägung bei der Prüfung des "Entgegenstehens" öffentlicher Belange

- vgl.. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2001 - 4 C 3.01 - BRS 64 Nr. 98 (S. 428) m.w.N. -

das Interesse der Klägerin, ausgerechnet an diesem exponiertem Standort Windenergie wirtschaftlich ausnutzen zu können, trotz des durch die Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers den Windenergieanlagen zuerkannten gesteigerten Durchsetzungsvermögens gegenüber öffentlichen Belangen zurückzutreten.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine Verunstaltung des Landschaftsbilds auch deshalb zu bejahen sein dürfte, weil jedenfalls von verschiedenen Stellen aus, die westlich der Tallage von C1. und F.--- ringhausen an den dort vorhandenen Hängen liegen, die strittigen Anlagen zugleich mit der imposanten Kulisse der C2. Steine wahrnehmbar sein werden. Näherer Überprüfungen vor Ort durch Bereisung entsprechender Standorte bedurfte es jedoch nicht, weil die vorstehend angesprochenen Aspekte bereits ausreichen, eine Verunstaltung des Landschaftsbilds durch das Vorhaben der Klägerin zu bejahen.

Der vorstehenden Wertung steht auch nicht entgegen, dass nach § 4 Abs. 3 Nr. 4 LG NRW die Errichtung von bis zu zwei nahe beieinander liegenden Windkraftanlagen nicht als Eingriff - im Sinne der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung - gilt. Insoweit lässt der Senat offen, ob diese landesrechtliche Regelung überhaupt von der Ermächtigung des § 18 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG gedeckt ist. Immerhin erscheint zumindest zweifelhaft, ob Windenergieanlagen - namentlich der heute üblichen Größenordnungen - "im Regelfall" nicht zu Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds führen, so dass der Landesgesetzgeber wegen eines regelmäßig fehlenden Beeinträchtigungspotentials sogar zwei nahe beieinander liegende Anlagen dieser Art generell von den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung freistellen konnte. Jedenfalls gibt die allein auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung bezogene Sonderregelung des § 4 Abs. 3 Nr. 4 LG NRW nichts dafür her, wie die landschaftsästhetische Wirkung von Windenergieanlagen unter dem bundesrechtlichen Aspekt einer Verunstaltung des Landschaftsbilds zu werten ist. Die bauplanungsrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Außenbereichsvorhabens haben jeweils eigenständigen Charakter. Ob ein Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig ist, richtet sich nicht nach seiner naturschutzrechtlichen Zulässigkeit. Vielmehr stehen die Anforderungen des § 35 BauGB, auch soweit sie "naturschutzbezogen" im Sinne von Absatz 3 Nr. 5 sind, unabhängig neben den Anforderungen des Naturschutzrechts.

Vgl.: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2001 - 4 C 3.01 -, BRS 64 Nr. 98 (S. 428).

Mit dem Hilfsantrag ist die Berufung gleichfalls unbegründet. Die Klägerin hatte auch bis zum Inkrafttreten der 26. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten planungsrechtlichen Vorbescheids, weil ihrem Vorhaben aus den dargelegten Gründen von Anfang an der öffentliche Belang "Verunstaltung des Landschaftsbilds" entgegenstand.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.