LG Mönchengladbach, Urteil vom 18.01.2005 - 6 0 333/01
Fundstelle
openJur 2011, 35278
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftig eintretende Schäden wegen ärztlicher Behandlungsfehler bei einem Schlaganfall.

Bei dem am 26. Februar 1930 geborenen Kläger wurde 1996 im Krankenhaus ............................. eine Prostataresektion durchgeführt. Der Beklagte war der behandelnde Arzt.

Bereits vor der Operation litt der Kläger an Diabetes mit entsprechenden Folgeerkrankungen, Fettleibigkeit, Bluthochdruck, einer Schilddrüsenvergrößerung und vermehrter Harnsäure im Blut.

Hierdurch bestand für den Kläger ein erhöhtes Operationsrisiko.

Außerdem war der Kläger vor der Operation bereits dreimal an den Bandscheiben operiert worden, wobei er nach der letzten Operation 1991 nur eingeschränkt hatte gehen können. Ferner hatte der Kläger bereits eine Trümmerfraktur des linken Armes erlitten.

Am 27. Februar 1996 wurde der Kläger für die Prostataoperation stationär aufgenommen. Das Aufklärungsgespräch erfolgte am 29. Februar 1996, die Operation dann am 1. März 1996. Während der Operation kam es zu stärkeren Blutungen. Außerdem gelangte Spülflüssigkeit in die Blutbahn.

Nach der Operation erhöhten sich Blutdruck und Blutzuckerspiegel des Klägers, wogegen er Medikamente erhielt. Am 2. März litt der Kläger unter Übelkeit, Brechreiz, Schwindel, Unsicherheit beim Auftreten und Sehstörungen. Über diese Symptome klagte der Kläger auch in den folgenden Tagen. Am 14. März 1996 wurde dann ein Neurologe hinzugezogen, der den Verdacht äußerte, dass der Kläger einen Schlaganfall erlitten haben könne. Am 20. März wurde der Kläger aus dem Krankenhaus entlassen. Seither ist er pflegebedürftig nach Pflegestufe III und auf den Rollstuhl angewiesen.

Am 30. April 1996 wurde bei dem Kläger ambulant eine Computertomographie durchgeführt. Aus dem Ergebnis lässt sich entnehmen, dass der Kläger einige Zeit zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte.

Vorgerichtlich wurde eine Stellungnahme der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein eingeholt.

Der Kläger behauptet:

Er habe am 1. März 1996 nicht operiert werden dürfen. Vor der Operation hätten neurologische Untersuchungen durchgeführt werden müssen.

Das Eindringen der Spülflüssigkeit in die Blutbahn sei ein Behandlungsfehler. Dies sei eine mögliche Ursache für seinen Schlaganfall. Die Behandlung von Bluthochdruck und der hohen Blutzuckerwerte nach der Operation sei nicht in Ordnung gewesen. Für seinen postoperativen Schlaganfall habe es am 1. und 2. März 1996 deutliche Anzeichen gegeben, denen erst viel zu spät am 14. März nachgegangen worden sei.

Bereits am Tage nach der Operation habe seine Frau immer wieder verlangt, dass eine Computertomographie angefertigt werde.

Wegen der nicht rechtzeitigen Behandlung des Schlaganfalls seien bei ihm weitgehend Lähmungen verblieben, und er sei den Rest seines Lebens auf den Rollstuhl angewiesen. Dies sei nicht auf seine Bandscheibenoperation zurückzuführen, nach der er nur kurzzeitig eingeschränkt habe gehen können.

In der Zeit vom 27. Februar 1996 bis zum 8. März 1996 sei die medizinische Dokumentation unzureichend gewesen.

Der Kläger begehrt ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von DM 20.000,- (Euro 10.225,84).

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, ihm ein Schmerzensgeld zu zahlen nebst 4% Zinsen seit dem 21.8.2001 wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung im Jahre 1996, wobei die Höhe des Schmerzensgeldes nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichtes bestimmt werden soll, festzustellen, dass ihm der Beklagte auch allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, soweit dieser nicht vorrangig kraft Gesetz auf andere Stellen übergegangen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er behauptet:

Er habe den Kläger ordnungsgemäß behandelt. Dessen Gehfähigkeit sei seit der Bandscheibenoperation eingeschränkt gewesen. Vor der Prostataoperation seien die Diabetes des Klägers neu eingestellt und die kardiologische Behandlung optimiert worden. Die Einschwemmung von Spülflüssigkeit während der Operation sei beherrscht worden. Am 20. März 1996 sei der Kläger auf eigenen Wunsch entlassen worden, anstatt weitere Untersuchungen durchführen zu lassen. Das Vorliegen der Pflegestufe III sei auf die übrigen Erkrankungen des Klägers zurückzuführen. Das vom Kläger eingeleitete Verfahren der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler ende mit der Feststellung, dass kein Behandlungsfehler vorliege.

Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 12. März 2002 (Bl.150f d.A.) und 2. März 2004 (Bl.267ff d.A.) Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das fachurologische Gutachten des Prof. Dr. .............. vom 3. Juli 2002 (Bl.165ff d.A.), das fachurologische Ergänzungsgutachten vom 10. September 2002 (Bl.192ff d.A.), das neurologische Zusatzgutachten des Prof. Dr. ............... vom 28. Mai 2003 (Bl.215ff d.A.) sowie das Ergänzungsgutachten zum neurologischen Zusatzgutachten vom 20. April 2004 (Bl.276ff d.A.) verwiesen.

Hinsichtlich des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes aus §§ 847, 823 Abs.1 BGB a.F.

Altes Schadensrecht ist vorliegend gemäß Art. 229 § 5 EGBGB anwendbar, da das schädigende Ereignis im Jahre 2001 und mithin vor dem 31. Juli 2002 stattfand.

Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Schmerzensgeld besteht nicht, weil dieser keine kausal durch ein Handeln oder Unterlassen des Beklagten hervorgerufene Körperverletzung nachgewiesen hat.

Unter einer Körperverletzung versteht man jedes Hervorrufen oder Steigern eines von den normalen körperlichen Funktionen abweichenden Zustandes.

Zwar ist eine solche Körperverletzung bei dem Kläger durch den erlittenen Schlaganfall und die hierdurch verursachten Folgen eingetreten.

Sie ist jedoch nicht auf die ärztliche Behandlung des Beklagten zurückzuführen.

Sofern der Kläger vorträgt, der Beklagte habe dahingehend behandlungsfehlerhaft gehandelt, dass er vor der Operation am 1. März 1996 keine ordnungsgemäße Befunderhebung vornahm, kann er mit diesem Vorbringen keinen Erfolg haben.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass der Beklagte in dieser Hinsicht behandlungsfehlerhaft handelte.

Der Sachverständige Prof. Dr. ........ hat überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt, dass die präoperative Befunderhebung vielmehr ordnungsgemäß erfolgt sei. Neben den speziellen urologischen Befunden seien alle nichturologischen Diagnosen erfasst und dokumentiert sowie eine körperliche Untersuchung festgehalten. Auch sei ein internistisches Konzil einschließlich Herzecho durchgeführt worden.

Weiter hat der Sachverständige ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Klägers vor der Operation eine spezielle neurologische Untersuchung nicht indiziert gewesen sei. Die vom Sachverständigen angegebene Begründung ist überzeugend. Er hat erklärt, dass sich aus den dem Beklagten vorliegenden Unterlagen nicht habe ableiten lassen, dass es einen zwingend erforderlichen oder auch nur zu vermutenden Grund gegeben habe, eine spezielle neurologische Untersuchung durchzuführen.

Die beim Beklagten festgestellten erhöhten Blutzuckerwerte hätten in keiner Verbindung zu einem möglichen Schlaganfall gestanden. Soweit jedoch ein erhöhtes Schlaganfallrisiko durch die aus der jahrelang bestehenden Diabetes mellitus resultierenden Microangiopathie und Polyneuropathie bestanden habe, habe dieses unabhängig von der Operation bestanden und sei durch die TUR-Prostata nicht erhöht worden.

Diese Feststellungen werden gestützt durch die Darlegungen des Sachverständige Prof. Dr. ................. . Dieser führt in seinem Gutachten nachvollziehbar aus, dass auch bei Patienten mit multiplen Risikofaktoren und Vorerkrankungen standardmäßig eine neurologische Befunderhebung nicht durchgeführt werde.

Den nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Feststellungen der beiden Sachverständigen ist zu folgen.

Sofern der Kläger vorträgt, dass während der Operation am 1. März 1996 Spülflüssigkeit in die Blutbahn des Klägers gelangte, stellt dies ebenfalls nach Auffassung des Gerichtes schon keinen Behandlungsfehler dar.

Auch in diesem Punkt hat der Sachverständige Prof. Dr. .............. schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass es bei einer wie hier vorgenommenen TUR-Resektion der Prostata immer vorkommen könne, dass sich ein Venensinus eröffne und es zu einer intraoperativen Blutung komme, mit der die Gefahr der Einschwemmung von Spülflüssigkeit einhergehe. Dies sei eine Folge der gewählten Operationsmethode. Dabei sei die Eröffnung eines Venensinus jedoch nicht auf eine unzureichende Operationserfahrung des Resekteurs zurückzuführen, sondern vielmehr als unvorhersehbar einzustufen. Es könne vielmehr auch einem geübten Operateur unterlaufen, der wie hier sehr umsichtig vorgegangen sei.

Der Sachverständige Prof. Dr. .............. hat weiter anschaulich ausgeführt, dass bei der gewählten TUR-Resektion der ständige Zustrom von Spülflüssigkeit während der Resektion zwingend erforderlich sei. Sofern wie hier daher eine Einschwemmung der Spülflüssigkeit in geringem Maße stattfinde, sei dies klinisch nicht relevant. Erst bei einer übermäßigen Einschwemmung von Spülflüssigkeit komme es zu einer hypotonen Hyperhydration, einer sogenannten "Wasservergiftung". Dies sei daran erkennbar, dass der Wert des Serum-Natriums unter 125 mval/l sinke. Bei dem Kläger hätten die Werte des Serum-Natriums hingegen präoperativ bei 135 mval/l und postoperativ bei 137 mval/l gelegen. Dies schließe eine nennenswerte Einschwemmung aus.

Schließlich hat er ausgeführt, dass der Operateur, als er die Einschwemmung erkannte, auch sofort Gegenmaßnahmen veranlasste. Aus dem Operationsprotokoll ginge hervor, dass sofort 10prozentiges NaCl sowie Lasix (Furosemid) als Diuretikum intravenös verabreicht worden sei. Dies entspreche der typischen und allgemein anerkannten Behandlung bzw. Vorbeugung einer übermäßigen hypotonen Hyperhydration.

Sofern dem Beklagten hingegen ein Behandlungsfehler dahingehend unterlaufen sein mag, dass er auf die nach der Operation beim Kläger auftretenden Symptome für einen Schlaganfall nicht angemessen reagierte, steht allerdings nicht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass dieser Behandlungsfehler ursächlich für seinen weiteren Krankheitsverlauf gewesen ist.

Es kann dahinstehen, ob es einen ärztlichen Behandlungsfehler darstellt, dass der Beklagte aufgrund der aufgetretenen Symptome nicht zu einem früheren Zeitpunkt differentialdiagnostisch ein cerebrales Geschehen in Erwägung zog und ein neurologisches Konzil veranlasste.

Insoweit war die von dem Kläger zum Beweis der Tatsache, dass seine Frau bereits am Tag nach der Operation verlangte, man solle eine Computertomographie beim Kläger durchführen, benannte Ehefrau nicht zu vernehmen.

Denn jedenfalls hatte das möglicherweise fehlerhafte Vorgehen des Beklagten nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. ........ keine Auswirkungen auf die vom Kläger erlittenen Beeinträchtigungen.

Der Sachverständige hat überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt, dass auch bei einer rechtzeitigen Diagnose eines Schlaganfalls der Kläger nicht in anderer Weise als ohnehin geschehen hätte therapiert werden können.

Er erläutert anschaulich, dass bei dem Kläger die nach einem Schlaganfall indizierte und den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie entsprechende Basistherapie ohnehin durchgeführt worden sei. Denn diese habe sich mit den postoperativ angezeigten Maßnahmen überschritten.

Die medizinische Behandlung des Patienten mit akutem Schlaganfall setze sich aus vier Bestandteilen zusammen:

Behandlung allgemeinmedizinischer Parameter, wie Blutdruck und Körpertemperatur spezifische Behandlung, beispielsweise rekanalisierende Therapie frühe Sekundärprophylaxe Vorbeugung und Behandlung von Komplikationen

Vorliegend seien diese Behandlungsschritte durchgeführt worden. Dies zwar nicht, weil ein Schlaganfall festgestellt wurde, jedoch vielmehr und unabhängig davon, weil sich die Basistherapie nach einem Schlaganfall mit den postoperativ angezeigten Maßnahmen überschnitten habe bzw. die zu ergreifenden Maßnahmen identisch gewesen seien.

Im Einzelnen seien die Vitalfunktionen des Klägers überwacht, Blutzucker und Körpertemperatur regelmäßig kontrolliert und behandelt worden. Der Hypertonus sei in geeignete Zielbereiche gesenkt worden.

Eine subkutane Behandlung mit niedermolekularem Heparin zur Prophylaxe von Lungenembolien und tiefen Beinvenenthrombosen sei durchgeführt worden, da dies ohnehin postoperativ notwendig gewesen sei. Eine Mobilisation zur Vorbeugung von Aspirationspneumonien, tiefen Beinvenenthrombosen und Dekubitalgeschwüren sei im Rahmen des stationären Aufenthaltes erfolgt.

Weitere Maßnahmen seien nach der klinischen Situation des Klägers nicht angezeigt gewesen.

Eine mögliche Aspiringabe sei zwar nicht erfolgt, habe jedoch vorliegend keine Konsequenzen gehabt, da diese nur zur Vorbeugung eines weiteren Schlaganfallereignisses diene. Ein solches ist beim Kläger jedoch unstreitig nicht eingetreten.

Hingegen seien weitere spezifische Therapiemöglichkeiten, wie eine Lysetherapie, beim Zustand des Klägers nach einer TUR-Prostataresektion streng kontraindiziert gewesen. Hierzu führt der Sachverständige Prof. Dr. ............. anschaulich aus, dass nach einer wie vorliegend durchgeführten Resektion der Prostata eine ausgeprägte und sehr empfindliche Wundhöhle mit stark erhöhter Blutungsgefahr bestehe. Bei der Durchführung einer Lyse komme es daher unweigerlich zu nicht beherrschbaren Blutungen, welche sicherlich bei vielen Patienten zum Tode führen würden. Aus diesen Gründen könne daher mehrere Wochen nach erfolgter TUR-Prostata eine solche Behandlung nicht durchgeführt werden. Auch der Sachverständige Prof. Dr. ... hat aus der Produktinformation des Präparates Actilyse der Firma Boehringer Ingelheim zitiert, dass dieses Lyseprodukt bei Fällen mit erhöhtem Blutungsrisiko wie größeren Operationen und vorangegangenen Traumen nicht angewendet werden dürfe.

Auch in diesem Punkt folgt die Kammer den Ausführungen der beiden Sachverständigen. Sie sind schlüssig, in sich widerspruchsfrei und für das Gericht ohne weiteres nachvollziehbar. Auf die vom Kläger aufgeworfenen zusätzlichen Fragen wurden in den beiden Ergänzungsgutachten jeweils ausreichend und ohne Widerspruch zu den übrigen Gutachten Stellung genommen.

Sofern der Kläger mit Schriftsätzen vom 3. Juni und 30. Oktober 2004 das Gutachten des Prof. Dr. ...... als im Ergebnis unzutreffend angreift, weil keine ordentliche Schlaganfallbehandlung erfolgt sei, ist kein weiteres Gutachten einzuholen. Zunächst formuliert der Kläger weder ergänzende Fragen an den Sachverständigen, noch greift er die Feststellungen der Sachverständigen inhaltlich substantiiert an. Die pauschale Behauptung, der Sachverständige Prof. Dr. ................... sei nicht abschließend auf seine Fragen eingegangen, genügt nicht. Sofern der Kläger wiederholt betont, dass behandlungsfehlerhaft die notwendige Diagnostik nach der Operation nicht stattfand, kann dies wie bereits oben ausgeführt dahinstehen.

Schließlich liegen aber auch die Voraussetzungen für die Einholung eines weiteren medizinischen Gutachtens nicht vor. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, warum die bislang eingeholten Gutachten mangelhaft sein sollen, von falschen Tatsachen ausgehen oder die Sachverständigen nicht die notwendige Sachkunde haben. Ein solcher Vortrag wäre indes erforderlich gewesen (vgl. Zöller-Greger, Zivilprozessordnung, 25. Auflage 2004, §412 Rn.1)

Ob im Streitfall eine Umkehr der Beweislast zugunsten des Klägers eingreift, kann dahinstehen.

Zwar könnte eine Beweislastumkehr grundsätzlich aus einem grob behandlungsfehlerhaften Verhalten des Beklagten hergeleitet werden.

Danach trifft den Arzt die Beweislast für die fehlende Ursächlichkeit im Einzelfall, wenn ein grober Behandlungsfehler feststeht, der zumindest geeignet ist, einen Schaden der Art herbeizuführen, wie er tatsächlich entstanden ist und der konkret die Kausalitätsfeststellung erschwert (Palandt-Thomas, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Auflage 2004, § 823 Rn. 170 m.w.N.).

Ob dem Beklagten vorliegend ein solcher grober Behandlungsfehler anzulasten ist, kann jedoch dahinstehen.

Denn nach den beiden eingeholten Sachverständigengutachten liegt eine Kausalität zwischen Behandlungsfehler und Gesundheitsbeeinträchtigung nicht vor.

Denn beide Sachverständige haben zur Überzeugung des Gerichtes ausgeführt, dass eine Kausalität zwischen den diagnostischen Versäumnissen des Beklagten und Beeinträchtigungen des Klägers gerade nicht besteht. Vielmehr habe der Beklagte auch bei zutreffender und rechtzeitiger Diagnose keine anderen Maßnahmen treffen können.

Ob dem Beklagten wie vorgeworfen darüber hinaus Dokumentationsmängel vorzuwerfen sind, kann nach dem vorgenannten daher ebenfalls dahinstehen. Zwar kann eine nicht ordnungsgemäße oder zeitnahe Dokumentation, die die Aufklärung des Behandlungsfehlers und seine immerhin wahrscheinliche Ursächlichkeit für den Gesundheitsschaden erschwert oder vereitelt, zur Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr führen (Palandt-Thomas, a.a.O., § 823 Rn.169).

Da die Behandlungsversäumnisse des Beklagten jedoch wie ausgeführt nicht kausal für die Gesundheitsbeeinträchtigung des Klägers waren, kann letztlich dahinstehen, ob die Beweislast hierfür auf Kläger- oder Beklagtenseite liegt.

Da schon feststeht, dass körperlichen Leiden des Klägers nicht auf einen Behandlungsfehler des Beklagten zurückzuführen sind, ist der Feststellungsantrag zu 2) ebenfalls unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S.1, S.2 ZPO.

Der Streitwert wird auf Euro 15.000,- festgesetzt, für den Klageantrag zu 1) auf Euro 10.000,- und für den Klageantrag zu 2) auf Euro 5.000,-.