AG Düsseldorf, Urteil vom 23.06.2005 - 42 C 17566/04
Fundstelle
openJur 2011, 34806
  • Rkr:
Tenor

hat das Amtsgericht Düsseldorf

auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2005

durch den Richter am Amtsgericht X

für R e c h t erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern als Gesamtschuldnern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Voll-streckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Parteien schlossen einen Mietvertrag, durch welchen die Kläger eine Wohnung im Hause X in X zu einem monatlichen Bruttomietzins von 836,39 EUR an die Beklagten vermieteten.

Ursprünglich wurde ein Mietvertrag im Jahre 1997 für die Dauer von vier Jahren geschlossen. Auf Bitten der Beklagten wurde dieser um zwei Jahre bis Mai 2003 verlängert.

Im Jahre 2002 verhandelten die Parteien über eine Verlängerung des Mietverhältnisses.

Die Kläger richteten in diesem Zusammenhang an die Beklagten ein Schreiben vom 27.08.2002. In diesem Schreiben heißt es unter anderem:

"Der jetzige Vertrag kann nach der Mietrechtsreform nicht mehr verlängert werden. Es muss ein neuer Vertrag abgeschlossen werden. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit beabsichtigten wir nach der vereinbarten Mietzeit, die Wohnung altengerecht umzugestalten, so dass eine Fortführung der Mietsache nach dem gegenwärtigen Stand erstmal infrage stünde. Teilen Sie uns bitte nach Ihren Überlegungen mit, welche feste Mietzeit für einen neuen Mietvertrag festgelegt werden soll. Wir tendieren eher zu zwei als zu einem Jahr. Im September kommen wir nach X und würden den neuen Vertrag mitbringen."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 29 der Gerichtsakte verwiesen. Mit Datum des 12.10.2002 schlosen die Parteien einen neuen Mietvertrag. In dem Originalvertrag heißt es unter § 2:

"1.

Das Mietverhältnis beginnt am 01.06.2003.

4.

Vertrag mit fester Laufzeit (Zeitmietvertrag) qualifizierter Zeitmietvertrag

Der Vertrag wird auf die Dauer von 2 Jahren geschlossen und läuft am 31.05.2005 ab. Dem Mieter ist bei Vertragsabschluss eingehend erläutert worden, dass der Mietvertrag über diesen Zeitpunkt hinaus nicht fortgesetzt werden kann, weil der Vermieter

4.1 die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörigen

seiens Hausstandes nutzen will, nämlich ggf. Eigennutzung und 4.2

4.2 in zulässiger Weise die Räume beseitigen oder instandsetzen will, dass durch die

Fortsetzung des Mietverhältnisses die geplanten Maßnahmen, nämlich wie Ihnen

am 27.08.02 mitgeteilt."

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Mietvertrag diesen Inhalt bereits bei Unterzeichnung durch die Beklagten hatte.

Durch Schreiben vom 28.07.2004 sprachen die Beklagten die ordentliche Kündigung des Mietvertrages aus.

Die Kläger wiesen die Kündigung mit Schreiben vom 30.07.2004 zurück. In diesem Schreiben heißt es:

"Wir wollten aufgrund unserer Überlegungen eigentlich einen Vertrag über vier Jahre Laufzeit. Das war nicht willkürlich gewählt, sondern unser Gesamtkonzept unserer Immobilie X ließ uns das raten. Trotzdem sind wir auf ihren Vorschlag eingegangen."

Ende Oktober 2004 zogen die Beklagten aus der Wohnung aus.

Die Kläger verlangen nunmehr den Mietzins für die Monate November 2004 bis einschl. Mai 2005.

Die Kläger behaupten, der Kläger habe bis auf die persönlichen Angaben der Mieter und die unter § 2 einzutragenen Jahre sowie das Ablaufdatum und die Höhe der Mietsicherheit den Mietvertrag ausgefüllt und ihn den Beklagten anlässlich eines Besuchs in X Ende September 2002 überreicht. Dem Vertrag sei das Schreiben vom 27.08.2002 beigefügt worden. In dem Gespräch hätten die Kläger nochmals ihre Absicht erörtert, nach Ende des Mietvertrages die Wohnung für sich altengerecht umzubauen und nach X zurückzuziehen. Die Beklagten hätten den Mietvertrag unterschrieben und den Durchschlag zurückgeschickt. Es habe keine nachträglichen Änderungen oder Einfügungen durch die Kläger gegeben. Die Kläger hätten seinerzeit auch die ernsthafte Absicht gehabt, die Wohnung zu beziehen.

Die Kläger beantragen,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 5.854,73 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 836,39 EUR seit Klagezustellung, 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf weitere 1.672,78 EUR seit Zustellung des Klageerweiterungsschriftsatzes vom 17.01.2005, 5 % Zinsen

über dem Basiszinssatz auf weitere 1.672,78 EUR seit Zustellung des Schriftsatzes vom 08.03.2005 sowie 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf weitere 1.672,78 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass es sich bei dem vorliegenden Originalmietvertrag bereits nicht um einen wirksam qualifizierten Zeitmietvertrag handele, da die Begründung nicht ausreichend konkretisiert sei. Die Beklagten behaupten, in dem ihnen vorgelegten Vertrag sei der Punkt 4. nicht ausgefüllt gewesen. Die Kläger hätten den Vertrag nachträglich ausgefüllt. Eine mündliche Mitteilung des Eigennutzungswillens sei nicht erfolgt. Die Beklagten hätten auch nicht darum gebeten,. den Mietvertrag um zwei Jahre zu verlängern. Vielmehr hätten sie einen unbefristeten Mietvertrag gewollt. Die Kläger hätten sich immer offen gehalten, nach X zu ziehen. Sie hätten sich diesbezüglich allerdings nie konkretisiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Den Klägern steht der geltend gemachte Mietzinszahlungsanspruch für die Monate November 2004 bis einschl. Mai 2005 nicht zu. Nach Auffassung des Gerichts haben die Beklagten das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis durch Schreiben vom 28.07.2004 wirksam zum 31.10.2004 gekündigt, so dass über den Monat Oktober 2004 keine weiteren Mietzahlungsansprüche gegenüber dem Beklagten bestehen.

Die Beklagten waren berechtigt, das Mietverhältnis durch Schreiben vom 28.07.2004 ordentlich zu kündigen. Ein wirksamer qualifizierter Zietmietvertrag liegt nämlich nicht vor.

Dabei kann es in erster Linie offen bleiben, welchen Inhalt der von den Beklagten unterzeichnete Mietvertrag im Einzelnen hatte.

Selbst wenn man den endgültig ausgefüllten Originalmietvertrag der rechtlichen Würdigung zugrunde legt, wäre kein wirksamer Zeitmietvertrag geschlossen worden.

Nach § 575 Abs. 1 BGB kann ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit eingegangen werden, wenn der Vermieter nach Ablauf der Mietzeit die Räume für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushaltes nutzen will, in zulässiger Weise die Räume beseitigen oder so wesentlich verändern oder instandsetzen will, dass die Maßnahmen durch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses erheblich erschwert werden würden oder er die Räume an einen zur Dienstleistung Verpflichteten vermieten will. Darüber hinaus ist erforderlich, dass er dem Mieter den Grund der Befristung bei Vertragsschluss schriftlich mitteilt. Anderenfalls gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

In diesem Zusammenhang muss der Eigennutzungswille oder der Umbauwille zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwar nicht feststehen. Es muss allerdings insoweit eine ernsthafte Absicht vorliegen (vgl. Palandt, BGB, 64. Aufl., § 575, Rdnr. 5).

Nach Auffassung des Gerichts lässt sich bereits nicht feststellen, dass die Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages tatsächlich die ernsthafte Absicht hatten, nach dem 31.05.2005 die Wohnung selbst zu bewohnen bzw. sie altengerecht umzubauen. Diese Zweifel ergeben sich insbesondere aus dem Schreiben der Kläger vom 30.07.2004, in welchem sie die Kündigung der Beklagten zurückwiesen. In diesem Schreiben führen die Kläger an, dass sie aufgrund ihrer eigenen Überlegungen eigentlich einen Vertrag über vier Jahre Laufzeit gewollt hätten. Dies sei nicht willkürlich gewählt, vielmehr habe das Gesamtkonzept der Immobilie dies raten lassen. Trotzdem seien die Kläger auf den Vorschlag der Beklagten eingegangen, den Mietvertrag auf zwei Jahre zu schließen.

Aus diesem Schreiben ergibt sich dementsprechend, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gerade nicht die ernsthafte Absicht bestand, gerade nach Ablauf des 31.05.2005 die Wohnung selbst zu nutzen und diese altengerecht umzubauen. Dies wird bestätigt durch den Eintrag in dem Mietvertrag, in dem es unter § 2 Ziff. 4.1 heißt: "... ggf. Eigennutzung ..." Durch diesen Zusatz "ggf." haben die Kläger eindeutig zu erkennen gegeben, dass eine ernsthafte Absicht, die Wohnung gerade nach Ablauf des 31.05.2005 selbst zu nutzen, gerade nicht bestanden hat, sondern dass nur eine gewisse Wahrscheinschlichkeit dafür bestand. Weiterhin ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Parteien bereits vorher zwei Zeitmietverträge geschlossen haben. Dies zeigt insgesamt, dass eine klare Lebensplanung der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des hier in Rede stehenden Vertrages gerade nicht bestanden hat und allenfalls eine vage Aussicht bestand, nach Ablauf des 31.05.2005 die Wohnung selbst zu nutzen.

Abgesehen davon geht das Gericht allerdings auch davon aus, dass eine ausreichende schriftliche Mitteilung des Befristungsgrundes nicht vorliegt. Hierzu bedarf es der Mitteilung eines konkreten Lebenssachverhaltes. Eine Wiederholung des Gesetzeswortlautes genügt nicht (vgl. Palandt, a.a.O., Rdnr. 9). In dem Mietvertrag selbst ist lediglich der Grund der Eigennutzung aufgeführt. Dies reicht insoweit allerdings nicht aus, da dieser Formulierung nicht zu entnehmen ist, ob die Kläger die Wohnung selbst oder ihre Angehörigen die Wohnung nutzen wollen. Die Bezugnahme auf das Schreiben vom 27.08.2002 reicht insoweit ebenfalls nicht aus. Zwar muss die Mitteilung nicht in dem Mietvertrag selbst erfolgen. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ist es allerdings erforderlich, dass der Grund der Befristung bei Vertragsschluss schriftlich mitgeteilt werden muss. Die Beklagten haben bestritten, dass ihnen mit dem Mietvertrag das Schreiben vom 27.08.2002 übergeben wurde. Die Kläger haben keinen geeigneten Beweis dafür angetreten, dass dies tatsächlich geschehen ist. Vor diesem Hintergrund fehlt es auch an einem Nachweis, dass die diesbezügliche schriftliche Mitteilung bei Vertragsschluss erfolgt ist.

Abgesehen davon lässt sich nach Auffassung des Gerichts nicht feststellen, ob in dem Mietvertrag seinerzeit ein Hinweis auf die Eigennutzung und das Schreiben vom 27.08.2002 enthalten war. Die Beklagten haben insoweit vorgetragen, dass die Eintragungen erst nach Unterzeichnung des Mietvertrages durch die Beklagten nachträglich durch die Kläger erfolgt sind. Wann diese Eintragungen tatsächlich gemacht wurden, lässt sich nicht feststellen. Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg auf die Beweiskraft von Privaturkunden nach § 416 ZPO berufen. Die Eintragung unter § 2 des Mietvertrages, insbesondere die Eintragung bzgl. der Eigennutzung und des Hinweises auf das Schreiben vom 27.08.2002, weist ein anderes Farbbild aus als andere Eintragungen. Vor diesem Hintergrund kann allerdings gerade nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass alle Eintragungen zeitgleich und damit im Zusammenhang mit der geleisteten Unterschrift der Beteiligten erfolgt sind. Vor diesem Hintergrund gilt nicht die Vermutung, dass die insoweit in den Mietvertrag enthaltenen Erklärungen von den Beklagten tatsächlich abgegeben wurden.

Nach alledem lässt sich das Zustandekommen eines wirksamen qualifizierten Zeitmietvertrages nicht feststellen, so dass die Beklagten zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.10.2004 berechtigt waren. Dies hat allerdings zur Folge, dass den Klägern über den Monat Oktober 2004 hinaus keine weiteren Mietzinszahlungsansprüche zustehen.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.