VG Minden, Beschluss vom 17.06.2005 - 3 L 395/05
Fundstelle
openJur 2011, 34701
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 ( festgesetzt.

4. Der Beschluss soll den Beteiligten vorab per Telefax übermittelt werden.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers,

den Antragsgegnern zu 1. bis 3. im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, es zu unterlassen,

1. zur Teilnahme an der Demonstration und an der Kundgebung gegen den Antragsteller am 18. Juni 2005, 11 Uhr bzw. 12 Uhr, aufzurufen;

2. die Bestrebungen des "W. Bündnisses gegen das D. I. " zu unterstützen, zu fördern und in der Öffentlichkeit bekannt zu machen;

3. öffentlich Erklärungen abzugeben, in denen dem Antragsteller das Recht zur Betätigung in W1. abgesprochen wird;

4. dem Antragsgegner zu 3. aufzugeben, es zu unterlassen, an der Demonstration sowie an der Kundgebung gegen den Antragsteller am 18. Juni 2005 teilzunehmen bzw. auf der Kundgebung einen Redebeitrag zu leisten,

hat keinen Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind ferner zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Eine Ausnahme von dem Verbot der Vorwegnahme einer Hauptsacheentscheidung ist allerdings dann zu machen, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht

- vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl. 2003, § 123 Rdnr. 13 f. -.

Vorläufiger vorbeugender Rechtsschutz - wie der Antragsteller in Nr. 4 seines Antrags erstrebt - kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn es dem Rechtsschutzsuchenden nicht zugemutet werden kann, die Rechtsverletzung abzuwarten. Dies ist anzunehmen, wenn schon die kurzfristige Hinnahme der befürchteten Handlungsweise geeignet ist, den Betroffenen in seinen Rechten in besonders schwer wiegender Weise zu beeinträchtigen. Insoweit muss eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung von Grundrechten der Antragsteller drohen, die über die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen

- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 02. März 2001 - 5 B 273/01 -, DVBl 2001, 839 -.

Hiervon ausgehend, hat der Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Er hat diesbezüglich vorgetragen, ihm drohe ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden. Ferner sei zu befürchten, dass im Zusammenhang mit der Demonstration Gewalttätigkeiten gegen seine - des Antragstellers - Mitglieder sowie die im Aufruf zur Demonstration genannten Personen (I1. N. , V. I2. -X1. , N1. T1. und C1. T2. ) begangen würden. Dies allein reicht zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes nicht aus. Der Antragsteller hat bereits nicht dargelegt, welche Art von Schaden ihm überhaupt droht. Ebenso wenig ist substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich, dass es auf Grund der beanstandeten Äußerungen und Handlungen der Antragsgegner zu 1. bis 3. sowie des vorgesehenen Redebeitrages des Antragsgegners zu 3. im Rahmen der Demonstration und Kundgebung am 18. Juni 2005 zu Gewalttätigkeiten gegen Mitglieder des Antragstellers und die o.g. Personen kommen könnte. Es handelt sich lediglich um eine Vermutung des Antragstellers, die durch nichts belegt ist. Gleiches gilt für die Behauptung des Antragstellers, die geplante Demonstration stelle keine friedliche Versammlung dar.

Im Übrigen hat der Antragsteller auch den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat. Es spricht nämlich - bei der hier lediglich gebotenen summarischen Prüfung - vieles dafür, dass der Antragsteller keinen öffentlichrechtlichen Unterlassungsanspruch mit dem geltend gemachten Inhalt gegen die Antragsgegner hat. Der öffentlichrechtliche Unterlassungsanspruch (insbesondere gegenüber öffentlichen Äußerungen von Hoheitsträgern) wird entweder aus einzelnen Freiheitsgrundrechten (beispielsweise aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG)

- vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1989 - 7 C 2/87 -, NJW 1989, 2272 -

oder - sei es im Wege einer Analogie oder durch Heranziehung eines allgemeinen gleichermaßen für das öffentliche und bürgerliche Recht geltenden Rechtsgedankens - aus §§ 1004, 906 BGB

- vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 17. Mai 1979 - X 639/78 - -

hergeleitet. Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist, dass eine - erstmalige oder nochmalige - Beeinträchtigung einer grundrechtlich oder durch einfachgesetzliche Rechtsvorschriften geschützten Rechtsposition ernstlich zu besorgen und der Rechtsinhaber nicht verpflichtet ist, diese Beeinträchtigung zu dulden

- vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. April 1999 - 21 A 490/97 -, NVwZ-RR 2000, 599 -.

Dass ein solcher rechtswidriger Eingriff oder eine sonstige rechtswidrige Beeinträchtigung einer grundrechtlich oder durch eine einfachgesetzliche Rechtsvorschrift geschützten Rechtsposition vorliegend zu besorgen wäre, ist hier nicht ersichtlich. Ob das in Rede stehende Verhalten der Antragsgegner zu 1. bis 3. im Übrigen mit dem geltenden Recht in Einklang steht, insbesondere ob die Abgabe von derartigen Erklärungen in ihren Aufgabenbereich fällt, kann offen bleiben. Denn der Antragsteller kann mit dem geltend gemachten öffentlichrechtlichen Unterlassungsanspruch lediglich beanspruchen, dass eine rechtswidrige Beeinträchtigung der ihm zustehenden eigenen Rechte unterbleibt. Ein allgemeines "Beanstandungsrecht" gegenüber dem Verhalten von Amtsträgern, Behörden und Körperschaften steht ihm hingegen nicht zu

- vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. April 1999 - 21 A 490/97 -, NWVBl 2000, 19 - .

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG.