FG Köln, Beschluss vom 27.04.2005 - 2 V 1095/05
Fundstelle
openJur 2011, 34451
  • Rkr:
Tenor

1. Im Wege der einstweiligen Anordnung wird dem Antragsgegner bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens untersagt, der finnischen Steuerverwaltung Auskünfte gemäß der Mitteilung des Fi-nanzamts D - ohne Datum - über die Art und Höhe der Provisionszah-lungen der Firma A Corporation,Finnland, an die Antragstellerin zu er-teilen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten in einem Gesamtkomplex um die Zulässigkeit

- eines Auskunftsersuchens des Antragsgegners an die tschechische Steuerbehörde (2 V 109405) - neben die Antragstellerin betreffend die Firma Fa. B, in Tschechien -

- einer Mitteilung des Antragsgegners im steuerlichen Auskunftsaustausch (Spontanauskunft) an die finnische Steuerbehörde - neben die Antragstellerin betreffend die Firma A Corp. in, Finnland, dies ist das hier zu entscheidende Verfahren;

- eines Auskunftsersuchens des Antragsgegners an die russische Steuerbehörde (2 V 1106/05) - neben die Antragstellerin betreffend die Firma C in Rußland, Herrn E sowie Herrn F, beiden ebenfalls Rußland.

I.

Die Antragstellerin ist eine GmbH mit Sitz in G, Deutschland. Geschäftsführer und Anteilsinhaber ist Herr Dipl.-Ing. X; die GmbH hat insgesamt 4 Beschäftigte.

Die Antragstellerin betreibt einen "Großhandel mit nnmaschinen und -einrichtungen". Diese Wirtschaftsgüter stellt die Antragstellerin nicht selbst her, sondern vermittelt bzw. verkauft Produkte dritter Herstellerfirmen. Diese Vorlieferanten haben ihren Sitz überwiegend in Deutschland, aber auch in anderen Ländern der Europäischen Union und der Schweiz.

Seit dem Jahr 1998 hatte sich die Exporttätigkeit der Antragstellerin auf Zulieferungen für den nnbau in Russland erweitert. Hauptkunde die Antragstellerin in diesem Bereich ist der russische nnkonzern C, zu dem auch eine wie immer geartete vertragliche Rechtsbeziehung der Antragstellerin ("Vertrag") besteht.

Daneben bestehen weitere - offenbar untergeordnete - Geschäftsbeziehungen zu russischen nngesellschaften.

Zur Herstellung und Abwicklung der Geschäftskontakte in Russland - insbesondere mit der Firma C - existiert eine "Repräsentanz" der Antragstellerin in Moskau.

Hierbei handelt es sich um ein selbständiges russisches Unternehmen, welches "sämtliche" in Russland anfallenden Arbeiten koordiniert und erledigt. Betrieben wird dieses Unternehmen - mit insgesamt 8 Mitarbeitern - durch die Herren Dipl.-Ing. E und F.

Bei Herrn eE handelt es sich um den ehemaligen - langjährigen - Leiter der Konjunkturabteilung der früheren Moskauer Außenhandelsfirma L-Z. Nach Angaben der Antragstellerin "steht" Herr E zudem "hinter" der Firma K-R Corp. in Panama. Bei dieser Gesellschaft handelt es sich nach Erkenntnissen des Antragsgegners (Informationszentrale Ausland) um eine Domizilgesellschaft ohne eigenen Geschäftsbetrieb.

Die Antragstellerin meint zudem, Herr E sei Bevollmächtigter "mehrerer Offshore-Firmen".

Herr fF soll ebenfalls in Moskau leben.

Rechtsgrundlage für die Tätigkeit der "Repräsentanz" ist offenbar ein am 15.12.1994 in P geschlossener Vertrag (Beratervertrag) zwischen der Antragstellerin und der Firma K-R Corp. - vertreten durch Herrn eF. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Firma K-R Corp., für die Antragstellerin in Moskau ein Büro einzurichten und in der beschriebenen Weise tätig zu werden. Im Gegenzug soll die Firma K-R Corp. von der Antragstellerin 70 v.H. der Nettoerlöse (Gewinne) der durch die Antragstellerin getätigten Geschäfte erhalten.

Daneben müssen Einzelabreden (Beraterverträge) mit den Herren eE und fFbestehen. Denn die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 15.04.1999 Bezug genommen auf persönliche Provisionsansprüche der bezeichneten Herrn.

Des weiteren hat die Antragstellerin durch Vertrag vom 01.09.1999 die Firma B Tschechien damit beauftragt, als ihr "Vertreter" in Marketingfragen und Fragen der Liefermöglichkeiten auf dem "russischen Territorium" tätig zu werden. Bei der Firma handelte es sich um eine GmbH tschechischen Rechts, deren Geschäftsführer und Anteilsinhaber Herr pQ ist.

Der "Vertretervertrag" wurde in Moskau geschlossen; beide Vertragsparteien erhielten Exemplare der Vertragsurkunde in kyrillischer Schrift.

Schließlich existiert ein "Korrespondenzbüro" der/ Antragstellerin in Finnland (R ) mit zwei Beschäftigten, dessen Tätigkeit für das vorliegende Verfahren jedoch keine Bedeutung hat.

II.

Das zuständige Finanzamt D führte bei der Antragstellerin u.a. wegen Körperschaftsteuer 1999 bis 2001 eine Außenprüfung (Betriebsprüfung) durch und kam hierbei zu folgenden Feststellungen.

1. Komplex Tschechien - zu entscheidendes Verfahren

Die Antragstellerin hatte Zahlungen (Provisionen) für die Vertretertätigkeit der Firma B. als Betriebsausgaben verbucht. Die Vertretertätigkeit sollte sich auf "Lieferverträge" - offenbar der Antragstellerin - mit der Firma C beziehen.

Im Prüfungszeitraum wurden in diesem Zusammenhang von der Antragstellerin insgesamt 1.572.635,54 DM auf das Konto der Firma B. bei der O-BANK ,S, Kontonummer 000000000 (im Weiteren "Konto S") überwiesen.

Das Finanzamt verlangte unter dem 02.04.2004 von der Antragstellerin die Benennung des - nach seiner, des Finanzamtes, Auffassung - zutreffenden Empfängers der Zahlungen.

Das Finanzamt hegte im Hinblick auf den Gesamtsachverhalt den Verdacht, dass ein Teil der Gelder an den Geschäftsführer der Antragstellerin oder an andere deutsche Firmen - beispielsweise die Vorlieferanten - zurückgeflossen sein könnten. Außerdem befürchtete das Finanzamt, Teile der Zahlungen könnten ausländischen Beamten als Bestechungsgelder zugewandt worden sein.

Das Finanzamt D formulierte daher unter dem 01.09.2004 ein Auskunftsersuchen an die tschechische Steuerbehörde. Nach einer Schilderung des - wesentlichen - Gesamtsachverhaltes heißt es in dem Schreiben:

2. Ich bitte deshalb um die Beantwortung der folgenden Fragen:

a) Ist die Firma B tatsächlich der Empfänger der Zahlungen und hat sie die Leistungen, die den Zahlungen zugrunde liegen, selbst erbracht oder hat sie hierfür Fremdfirmen eingeschaltet? Sollten Fremdfirmen eingeschaltet worden sein, bitte ich um Angabe von Namen und Anschrift.

Sollte die Firma B nicht der Empfänger sämtlich Zahlungen sein, bitte ich um Mitteilung, wer die Gelder tatsächlich erhalten hat…

b) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Teil der Gelder an Herrn X [Geschäftsführer Antragstellerin] oder andere deutsche Firmen zurückgeflossen ist?

…

4. Die Auskünfte werden benötigt, um die Besteuerung nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland zutreffend durchzuführen.

2. Komplex Finnland (2 V 1095/05)

Die Firma A, Finnland, fertigte offenbar ebenfalls nnausrüstungen oder vergleichbare Wirtschaftsgüter.

Aus den Angaben der Antragstellerin lässt sich entnehmen, dass die finnische Firma die Herren eE und fF damit beauftragt hatte, Geschäfte nach Russland zu vermitteln. Ein entsprechender Beratungsvertrag wurde zum einen mit der Firma K-R Corp. - vertreten durch Herrn eE - und zum anderen offenbar unmittelbar mit Herrn fF geschlossen.

Die Vermittlung von Lieferungen erfolgte über die Moskauer "Repräsentanz" der Antragstellerin.

Für diese Vermittlungstätigkeit beanspruchten die Herren eE und fF Provisionszahlungen. Von 1999 bis 2000 zahlte die Firma A Corp. hierfür insgesamt 6.792.730,00 DM.

Auf Anweisung des Herrn eE sowohl an die A Corp. als auch an die Antragstellerin erfolgten die Zahlungen jedoch nicht nach Russland, sondern auf Konten in Deutschland und der Schweiz, über welche die Antragstellerin verfügungsberechtigt war.

Zum einen hatte die Antragstellerin bei der SPARKASSE P unter der Kontonummer 0000000 ein "Fremdgeldkonto" auf eigenen Namen, aber "für" die Firma K-R Corp. angelegt (im Weiteren "Konto 1"). Auf diesem Konto gingen Provisionen der A Corp. an Herrn eE ein. Später wurden durch die Antragstellerin Beträge von diesem Konto auf ein Konto des Herrn eE bei der V- AG SCHWEIZER BANKGESELLSCHAFT in T mit der Nr. 000000000 weitergeleitet (im Weiteren "Konto T"). Auch für dieses Konto war der Antragstellerin durch Herrn eE Bankvollmacht erteilt worden.

Zum anderen existierte bei der SPARKASSE P unter der Nummer 00000000 ein weiteres Konto, für welches der Geschäftsführer der Antragstellerin ebenfalls eine Vollmacht besaß (im Weiteren "Konto 2"). Dieses Konto diente als "EUROCARD-Konto" (offenbar zum Ausgleich von Belastungen durch die Verwendung von Kreditkarten) für die Mitarbeiter der Moskauer Repräsentanz der Antragstellerin. Auch auf dieses Konto flossen Provisionen der A Corp.

Von den insgesamt seitens der A Corp. geleisteten Zahlungen in Höhe von 6.792.730,00 DM entfielen letztlich auf die Weiterleitung 6.581.307 DM; die Differenz vereinnahmte offenbar die Antragstellerin als "Inkasso".

Das Finanzamt D formulierte unter dem 01.09.2004 eine Spontanauskunft an die finnische Steuerbehörde, um vorstehenden Gesamtsachverhalt - im Wesentlichen - mitzuteilen.

3. Komplex Russland (2 V 1106/05)

a) Zahlungen an die Firma C

Der "Vertrag" zwischen der Antragstellerin und der Firma C enthielt augenscheinlich eine spezielle "Ergänzung" über eine Verpflichtung der Antragstellerin zur treuhänderischen Verwaltung von Geldern.

Hintergrund dieser Vereinbarung war nach Angaben der Antragstellerin der Umstand, dass sich die Firma C offenbar verdeckt Kapital über die Abwicklung der Lieferungen von nnausrüstung beschaffen wollte. Nach Angaben der Antragstellerin wollte die russische Firma ihre "Betriebsführung" und dergleichen "modernisieren", aber das "russische Buchhaltungssystem" habe keine Möglichkeiten vorgesehen, entsprechende Dienstleistungen einzukaufen.

Die Kapitalbeschaffung erfolgte zunächst in der Weise, dass die Antragstellerin der Firma C Rechnungen für Leistungen stellte. Diese Rechnungen wurden durch die Antragstellerin jedoch "überfakturiert": Die russische Firma wurde zu einer höheren Zahlung als im ursprünglichen Angebot vorgesehen aufgefordert. Die Differenzbeträge ("verdecktes Kapital") wurden durch die Antragstellerin verwaltet. Die Antragstellerin erteilte nach Zahlung der Firma C in Höhe der Differenzbeträge "Gutschriften". Die Beträge der Gutschriften wurden jedoch nicht an die russische Firma zurück überwiesen. Vielmehr zahlte die Antragstellerin diese Beträge entweder auf ein Konto der Firma Sch- Corp. auf den Britisch Virgin Islands oder auf das Konto T oder auf das Konto S ein. Im Prüfungszeitraum zahlte die Antragstellerin so insgesamt einen Betrag von 3.416.813,47 DM.

Später wurden von der Firma B. - offenbar auf Veranlassung der Antragstellerin - an die Firma C "Provisionsrechnungen" als Abdeckrechnungen erteilt. Die Zahlungen erfolgten abredegemäß auf das Konto S. Insgesamt flossen hier 1.572.635,54 DM bei der russischen Firma ab.

Auch in diesem Zusammenhang hegte das Finanzamt den Verdacht, dass ein Teil des "verdeckten Kapitals" an den Geschäftsführer der Antragstellerin oder an andere deutschen Firmen - beispielsweise die Vorlieferanten - zurückgeflossen sein könnte. Außerdem befürchtete das Finanzamt, Teile der Zahlungen könnten ausländischen Beamten als Bestechungsgelder zugewandt worden sein.

Das Finanzamt D formulierte daher nach erfolglosem Benennungsverlangen nach § 160 AO unter dem 01.09.2004 ein Auskunftsersuchen an die russische Steuerbehörde. Nach einer Schilderung des - wesentlichen - Gesamtsachverhaltes heißt es in dem Schreiben:

2. Ich bitte deshalb um die Beantwortung der folgenden Fragen:

a) Wurden die Auftragsminderungen und Rückzahlungen der Kaufpreise zutreffend bei FA. C erfasst?

Sollte FA C nicht der Empfänger sämtlicher Zahlungen sein, bitte ich um Mitteilung, wer die Gelder tatsächlich erhalten hat …

b) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Teil der Gelder an Herrn X oder andere deutsche Firmen zurückgeflossen ist?

Sofern sich dieser Verdacht bestätigt, bitte ich um Überlassung der entsprechenden Unterlagen …

4. Die Auskünfte werden benötigt um die Besteuerung nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland zutreffend durchzuführen.

b) Provisionszahlungen an Herrn eE

Aufgrund entsprechender Beraterverträge standen Herrn eE bzw. der Firma K-R Corp. Provisionsansprüche gegenüber den Vorlieferanten (aus der Sicht die Antragstellerin "weitergeleitete Provisionen") und auch Provisionsansprüche gegenüber der Antragstellerin selbst ("projektbezogene Provisionen") zu.

Auf Anweisung von Herrn eE erfolgten Zahlungen der Vorlieferanten bzw. der Antragstellerin jedoch nicht nach Russland, sondern auf das von der Antragstellerin verwaltete Konto 1 bei der SPARKASSE P. Von dort aus wurde das Geld wiederum auf das Konto T weitergeleitet.

Im Prüfungszeitraum wurden Zahlungen in einer Gesamthöhe von 9.817.129,98 DM geleistet.

Das Finanzamt verlangte unter dem 02.04.2004 von der Antragstellerin die Benennung des - nach seiner, des Finanzamtes, Auffassung - zutreffenden Empfängers der Zahlungen.

Das Finanzamt D formulierte auch hier unter dem 01.09.2004 ein Auskunftsersuchen an die russische Steuerbehörde. Nach einer Schilderung des - wesentlichen - Gesamtsachverhaltes heißt es in dem Schreiben:

2. Ich bitte deshalb um die Beantwortung der folgenden Fragen:

a) Ist Herr eE tatsächlich der Empfänger der Provisionszahlungen?

Sollte Herr eE nicht der Empfänger sämtlicher Zahlungen sein, bitte ich um Mitteilung, wer die Gelder tatsächlich erhalten hat …

b) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Teil der Gelder an Herrn X oder andere deutsche Firmen zurückgeflossen ist?

Sofern sich dieser Verdacht bestätigt, bitte ich um Überlassung der entsprechenden Unterlagen …

4. Die Auskünfte werden benötigt, um die Besteuerung nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland zutreffend durchzuführen.

c) Provisionszahlungen an Herrn fF

Auch Herrn fF standen offenbar Provisionsansprüche ("weitergeleitete" und "projektbezogene Provisionen") zu. Auf Anweisung erfolgten die Zahlungen auf das von der Antragstellerin verwaltete Konto 2 bei der SPARKASSE P.

Im Prüfungszeitraum wurden Zahlungen in einer Gesamthöhe von 2.961.186,35 DM geleistet.

Das Finanzamt verlangte unter dem 02.04.2004 von der Antragstellerin die Benennung des - nach seiner, des Finanzamtes, Auffassung - zutreffenden Empfängers der Zahlungen.

Das Finanzamt D formulierte schließlich unter dem 01.09.2004 ein letztes Auskunftsersuchen an die russische Steuerbehörde. Nach einer Schilderung des - wesentlichen - Gesamtsachverhaltes heißt es in dem Schreiben:

2. Ich bitte deshalb um die Beantwortung der folgenden Fragen:

a) Ist Herr fF tatsächlich der Empfänger der Provisionszahlungen?

Sollte Herr fF nicht der Empfänger sämtlicher Zahlungen sein, bitte ich um Mitteilung, wer die Gelder tatsächlich erhalten hat …

b) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Teil der Gelder an Herrn X oder andere deutsche Firmen zurückgeflossen ist?

Sofern sich dieser Verdacht bestätigt, bitte ich um Überlassung der entsprechenden Unterlagen …

4. Die Auskünfte werden benötigt, um die Besteuerung nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland zutreffend durchzuführen.

III.

Die Oberfinanzdirektion I hat dem Antragsgegner zuständigkeitshalber die Ersuchen des Finanzamtes D mit der Bitte um Weiterleitung an die ausländische Steuerbehörde übersandt.

Die mit Schreiben vom 12.08.2004 vorgebrachten Einwendungen der Antragstellerin gegen die Auskunftsersuchen bzw. gegen die Spontanauskunft hat der Antragsgegner zurückgewiesen.

Mit Schriftsätzen vom 15.03.2005 hat sich die Antragstellerin mit dem Begehren an das Gericht gewandt, dem Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, die vorbereiteten Schreiben an die ausländischen Steuerbehörden zu versenden.

Zum notwendigen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung trägt die Antragstellerin vor, es fehle an den entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen für die geplanten Schreiben des Antragsgegners.

Die Information der ausländischen Steuerbehörde verletzte Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin: Bei der in Rede stehenden Art und Höhe der Rechnungslegung sowie der Art und Höhe der Provisionszahlungen handele es sich unzweifelhaft um Geschäftsgeheimnisse, denn hieraus ließen sich Kalkulationsgrundlagen und Vertragsgestaltungen ablesen.

Im Übrigen ziehe das Verhalten des Antragsgegners die Gefahr eines nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Antragstellerin nach sich: Die ausländischen - insbesondere russischen - Geschäftspartner würden die Geschäftsbeziehungen bei einer Weitergabe von Informationen über die Provisionszahlungen unmittelbar beenden.

Im Hinblick auf das Russland-Geschäft der Antragstellerin, welches ertragsmäßig ohne Zweifel das Hauptgeschäft darstelle, sei schon durch den angekündigten Auskunftsaustausch bereits ein erheblicher Schaden entstanden. Ein Handelsgeschäft betreffend die Lieferung von MM der irischen Firma Y mit einem Lieferwert in Höhe von ca. 800.000,00 € sei seitens des russischen Geschäftspartners auf Grund der Gefahr eines Auskunftsaustauschs zwischen den betroffenen Steuerverwaltungen bereits nicht zustande gekommen.

Die Antragstellerin gestatte sich im Übrigen auch den Hinweis, dass die Vermittlung von Geschäften und die damit einhergehenden Provisionszahlungen von nicht unerheblicher Höhe gerade in dem hier betroffenen Russland-Geschäft durchaus üblich und gängige Praxis seien.

Auch sieht die Antragstellerin keine Veranlassung für das Verhalten des Antragsgegners: Es seien keine Anzeichen dafür erkennbar, dass ein Rückfluss der in Rede stehenden Zahlungen ins Inland bzw. eine Weiterleitung an ausländische Beamte erfolgt sei. Der in den Auskunftsersuchen dargelegte Verdacht, dass ein Teil der Gelder an den Geschäftsführer der Antragstellerin oder andere deutsche Firmen (zum Beispiel die Vorlieferanten) zurückgeflossen sei bzw. dass Teile dieser Gelder ausländischen Beamten zugewendet und somit nach deutschem Recht strafbare Bestechungshandlungen vorgenommen worden seien, werde weder substantiiert dargelegt noch in irgendeiner Weise verifiziert. Anhaltspunkte, die solche Verdachtsmomente untermauern könnten, seien in keiner Weise ersichtlich. Es handele sich folglich lediglich um eine bloße Vermutung ins Blaue hinein, die durch keinerlei Indizien gestützt werde.

Vielmehr stehe fest, dass die Zahlungen im Rahmen üblicher Handelsgeschäfte erfolgt seien, der jeweilige Geldbetrag ins Ausland abgeflossen sei und die Empfänger nicht der deutschen Steuerpflicht unterlägen.

Zu dem erforderlichen Anordnungsgrund verweist die Antragstellerin auf die nach ihrer Auffassung drohende Existenzvernichtung.

Die Antragstellerin beantragt,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen,

der finnischen Steuerverwaltung Auskünfte gemäß der Mitteilung des Finanzamts Sankt Augustin - ohne Datum - über die Art und Höhe der Provisionszahlungen der Firma A Corporation, Finnland an die Antragstellerin zu erteilen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Der Antragsgegner sieht die gesetzlichen Voraussetzungen eines Auskunftsersuchens als erfüllt an.

IV.

Zur Begründung trägt der Antragsgegner vor, letztlich ergebe sich die Motivation für den internationalen Informationsaustausch nur aus dem Gesamtsachverhalt und dem Geschäftsgebaren der Antragstellerin gegenüber ihren unterschiedlichen ausländischen Geschäftspartnern. Aus dem Gesamtsachverhalt werde deutlich, dass die Antragstellerin die angeblichen Provisionszahlungen zum Teil an "Offshore Companies" in Steueroasenländer überweise, auf Konten, über welche die Antragstellerin eine Vollmacht besitze.

1. Komplexe Tschechien und Russland

Das beabsichtigte Auskunftsersuchen sei - so der Antragsgegner - jeweils rechtens. Dementsprechend mangele es bereits an einem Anordnungsanspruch der Antragstellerin.

Der von der Antragstellerin vorgebrachte Einwand, das Tätigwerden des Antragsgegners erfordere tatsächliche Anhaltspunkte für einen Gesetzesverstoß und bloße Vermutungen genügten nicht, gehe fehl. Denn der Antragsgegner stelle gerade ein Amtshilfeersuchen und erteile keine "Spontanauskunft". Nur für letztere seien besondere Bedingungen gefordert.

Hinsichtlich der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes unterliege die deutsche Finanzbehörde dem Amtsermittlungsgrundsatz. Dieser Amtsermittlungsgrundsatz werde auch bei einer Empfängerbenennung durch den Steuerpflichtigen nicht eingeschränkt. Demnach bleibe es in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt, ob es der Benennung durch den Steuerpflichtigen Glauben schenke oder eine weitere Ermittlung für geboten halte.

Bei den Auskunftsersuchen bitte die deutsche Finanzbehörde die ausländische Finanzbehörde um Hinweise, die den Verbleib von angeblichen Zahlungen an ausländische Steuerpflichtige sowie die tatsächliche Durchführung der behaupteten Vertreterleistungen belegten. Insbesondere die Abwicklung des Zahlungsverkehrs sowie das gesamte Geschäftsgebaren der Antragstellerin gäben Anlass zu der Vermutung, dass der Verbleib des Geldes bei den angegebenen ausländischen Zahlungsempfängern nicht eindeutig gewährleistet sei. Einerseits seien die Zahlungen mehrfach über Domizilgesellschaften in Steueroasen abgewickelt worden; andererseits habe der Geschäftsführer der deutschen Antragstellerin eine Vollmacht über einen Großteil der Konten, auf die die fraglichen Zahlungen geleistet worden seien. Darüber hinaus sei - unstreitig - ein Großteil der Provisionszahlungen an diverse Geschäftspartner nicht auf Konten derjenigen Länder eingezahlt worden, die der angebliche Bestimmungsstaat der maßgeblichen Provisionen bzw. Gutschriften sein sollte.

In Anbetracht dieser "nicht gerade offenen" Zahlungswege bestünden Zweifel an dem endgültigen Verbleib der Gelder bei den benannten Empfängern. Die deutsche Finanzbehörde habe sich daher zu Recht entschieden, die Behauptungen der Steuerpflichtigen durch Amtshilfeersuchen zu verifizieren. Da Zweifel an der Richtigkeit der Behauptung der deutschen Steuerpflichtigen bestünden, würden weitere Ermittlungen in Deutschland auch nicht zum Ziel führen. Die Richtigkeit der Behauptungen könne durch die Amtshilfe der ausländischen Finanzbehörde belegt werden.

Durch das Amtshilfeersuchen offenbare die deutsche Finanzbehörde auch nicht unbefugt ein Geschäftsgeheimnis.

Sinn des Schutzes eines Geschäftsgeheimnisses sei es, zu verhindern, dass die internationale Amtshilfe zur Wirtschaftsspionage missbraucht werde; der Begriff des Geheimnisses sei insofern restriktiv auszulegen. Die Antragstellerin mache zwar geltend, dass durch die Amtshilfeersuchen Geschäftsgeheimnisse offenbart würden, jedoch sei für den Antragsgegner nicht erkennbar, dass durch die Offenbarung der Praktiken der Überfakturierung und nachträglichen Gutschrift bzw. Provisionszahlung oder durch die Art und Weise bzw. Höhe der Provisionszahlungen Interna der Antragstellerin offenbar würden, die für einen Dritten wirtschaftlich verwertbar wären und ihm einen Vorteil gegenüber der Antragstellerin gewähren könnten.

Ferner müsse die Höhe der Provisionszahlungen ohnehin gegenüber den ausländischen Steuerbehörden offenbart werden, da die Höhe der Einnahmen ein wesentlicher Bestandteil der Bemessungsgrundlage der ausländischen Steuer sein dürfe.

Hingegen könne ein Vortrag der Antragstellerin, sie müsse Kalkulationsunterlagen und die Kostenberechnung sowie die Preisgestaltung offen legen, nicht nachvollzogen werden. Im Rahmen des geplanten Auskunftsersuchens sollten den ausländischen Steuerbehörden nur durch die Antragstellerin vorgelegte Unterlagen übermittelt werden, welche die von der Antragstellerin behaupteten Rückschlüsse nicht zuließen. Darüber hinaus seien auch die ausländischen Steuerbehörden zur Geheimhaltung verpflichtet und es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Geheimhaltung nicht gewährleitstet wäre.

Letztlich mangelt es nach Auffassung des Antragsgegners auch an dem erforderlichen Anordnungsgrund.

Der Antragstellerin entstünden keine wesentlichen Nachteile, die durch die einstweilige Anordnung abzuwenden wären. Es sei zum einen keine Offenbarung eines Geschäftsgeheimnisses zu befürchten.

Zum anderen sei der mögliche Abbruch der Geschäftsbeziehungen der Vertragspartner weder schlüssig vorgetragen noch wäre dieser für einen Anordnungsgrund ausreichend. Insbesondere folgten die befürchteten Nachteile letztlich aus der zutreffenden Besteuerung in den betroffenen Ländern. Denn es müssten - unabhängig vom Verhalten des Antragsgegners - die offenbarten Informationen den ausländischen Steuerbehörden ohnehin bekannt gemacht werden, um eine korrekte Besteuerung zu gewährleisten. Diese wäre aber - genau wie eine korrekte Besteuerung der Antragstellerin in Deutschland - kein wesentlicher Nachteil. Denn eine solche Besteuerung sei gerade der Zweck der internationalen Amtshilfe.

2. Komplex Finnland

Die beabsichtigte Spontanauskunft an Finnland ist nach Auffassung des Antragsgegners rechtens. Denn die beabsichtigte Spontanauskunft könnte nach Dafürhalten des Antragsgegners für die Steuerfestsetzung in Finnland erheblich sein, da "je nach tatsächlichem Empfänger der Provisionsleistungen bzw. bei verbleibenden Zweifeln oder nicht aufzuklärendem tatsächlichem Empfänger der Provisionsleistungen gegebenenfalls ein steuerliches Abzugsverbot der entsprechenden Ausgaben in Finnland eintreten könne".

Es lägen - so der Antragsgegner - auch die besonderen Voraussetzungen für die Erteilung einer Spontanauskunft vor.

Denn einerseits biete der ungewöhnlich gestaltete Gesamtsachverhalt (Weiterleitung von Provisionen über die deutsche Antragstellerin an "Offshore Companies" in Steueroasenländern; Zahlung der Gelder auf deutsche Konten, die für Firmen in Steueroasenländern eröffnet wurden, deren wirtschaftlicher Empfänger ein russischer Staatsbürger ist; Vollmacht über die Konten durch die deutsche Antragstellerin) hinreichenden Anhalt dafür, dass ggf. Steuern verkürzt werden könnten. Andererseits dränge sich bei der "verdeckten" Umleitung der finnischen Provisionszahlungen über Deutschland bzw. Panama an Russland die Vermutung auf, dass hierdurch eine Steuerumgehung erreicht oder zumindest versucht werde. Zumindest habe sich die Vermutung aufdrängen müssen, dass die ungewöhnlichen Zahlungsgestaltungen den Tatbestand einer Steuerumgehung erheblich begünstigen.

Insoweit könne nicht mehr nur - wie von der Antragstellerin vorgebracht - von bloßen Vermutungen gesprochen werden.

Durch die Spontanauskunft offenbare die deutsche Finanzbehörde auch nicht unbefugt ein Geschäftsgeheimnis.

Der Begriff des "Geschäftsgeheimnisses "sei - wie dargelegt - restriktiv auszulegen. Die Antragstellerin mache zwar geltend, dass durch die Spontanauskunft Geschäftsgeheimnisse offenbart würden, jedoch sei für den Antragsgegner nicht erkennbar, dass durch die Offenbarung der Praktiken der Weiterleitung der Provisionszahlungen an die Firma K-R Corp. bzw. die Herren eE und fFInterna die Antragstellerin offenbar würden, die für einen Dritten wirtschaftlich verwertbar wären und ihm einen Vorteil gegenüber die Antragstellerin gewähren könnten.

Ferner sei davon auszugehen, dass der wirtschaftliche Empfänger der Provisionszahlungen ohnehin der finnischen Steuerbehörde offenbart werden müsse, um die Abzugsfähigkeit der Ausgaben in Finnland zu gewährleisten.

Hingegen könne wiederum der Vortrag der Antragstellerin, sie müsse Kalkulationsunterlagen und die Kostenberechnung sowie die Preisgestaltung offen legen, nicht nachvollzogen werden.

Letztlich mangelt es nach Auffassung des Antragsgegners auch in diesem Fall an dem erforderlichen Anordnungsgrund.

Der Antragstellerin entstünden keine wesentlichen Nachteile, die durch die einstweilige Anordnung abzuwenden wären.

B.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.

Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 FGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in jedem Fall, dass der im Hauptverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) bezeichnet und glaubhaft gemacht werden (§ 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 Abs. 1, 2 ZPO). Bezeichnung und Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs bedeuten, dass die Antragstellerin den Anspruch rechtlich schlüssig darlegen und dessen tatsächliche Voraussetzungen glaubhaft machen muss (§ 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO).

Vorliegend begehrt die Antragstellerin den Erlass einer Regelungsanordnung, denn durch die gerichtliche Anordnung möchte sie die Weiterleitung von Informationen über möglicherweise der Besteuerung unterliegende Vorgänge durch den Antragsgegner an die zuständigen Steuerbehörden verhindern und damit die Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erreichen.

I.

Der erforderliche Anordnungsanspruch liegt vor.

Denn der Antragstellerin steht analog § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch gegen den Antragsgegner zu, das Auskunftsersuchen - vorläufig - zu unterlassen.

Nach der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung - welcher sich der beschließende Senat anschließt - ist als Grundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB - in analoger Anwendung - i.V.m. § 30 AO anerkannt (BFH-Beschluss vom 29. April 1992 - I B 12/92, BFHE 167, 11; BStBl II 1992, 645). Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind vorliegend erfüllt.

Die Antragstellerin hat es insbesondere nicht analog § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden, dass sich der Antragsgegner an die ausländische Steuerbehörde - im vorliegenden Fall in Finnland - wendet. Denn die Antragstellerin kann sich gegenüber dieser Mitteilung auf das Steuergeheimnis nach § 30 AO berufen.

1. Mit der Antragstellerin ist davon auszugehen, dass grundsätzlich die Feststellungen, die der Antragsgegner bzw. das Finanzamt D getroffen haben, dem Steuergeheimnis nach § 30 Abs. 2 AO unterliegen.

Allerdings besteht nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO die Befugnis zur Offenbarung, wenn diese durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

Eine solche Ermächtigung für die Spontanauskunft könnte sich vorliegend aus § 117 Abs. 1 AO i.V. mit § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 2 EG-AHG (Gesetz zur Durchführung der EG-Richtlinie über die gegenseitige Amtshilfe im Bereich der direkten und indirekten Steuern vom 19. Dezember 1985, BGBl I 1985, 2436, 2441 mit weiteren Änderungen) ergeben. Das EG-AHG bildet die nationale Umsetzung der EG-Amtshilferichtlinie 77/99/EWG vom 19. Dezember 1977: Nach § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 2 EG-AHG (entsprechend Art. 4 der Richtlinie "Spontaner Auskunftsaustausch") können die Finanzbehörden der zuständigen Finanzbehörde eines Mitgliedstaats ohne Ersuchen Auskünfte erteilen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass Steuern dieses Mitgliedstaats verkürzt worden sind oder werden könnten (Nr. 1) oder zum Zwecke der Steuerumgehung Geschäftsbeziehungen über dritte Mitgliedstaaten oder andere Staaten geleitet worden sind (Nr.3).

2. Die Erfordernisse der genannten Tatbestände liegen indes nicht vor. Es fehlt bereits an der Grundvoraussetzung für eine Spontanauskunft, nämlich einer hinreichenden Tatsachenfeststellung.

a) Nach § 2 Abs. 2 EG-AHG müssen nämlich "tatsächliche Anhaltspunkte" die Vermutung rechtfertigen, das etwa Steuern des anderen Mitgliedstaats verkürzt worden sind (Nr. 1) oder zum Zwecke der Steuerumgehung Geschäftsbeziehungen über dritte Mitgliedstaaten oder andere Staaten geleitet worden sind (Nr. 3). Dieses Tatbestandsmerkmal ist einschränkend auszulegen.

Denn nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 12/3432 S. 98) ist die frühere Formulierung "Gründe für die Vermutung bestehen" aus datenschutzrechtlichen Erwägungen geändert worden. Die geltende Fassung soll ausdrücklich "klarstellen, dass tatsächliche - also objektive - Anhaltspunkte für einen Gesetzesverstoß vorliegen müssen, damit eine Spontanauskunft erteilt werden kann".

Das Ergebnis wird bestätigt durch den Umstand, dass durch Spontanauskünfte das grundgesetzlich garantierte Recht auf informationelle Selbstbestimmung tangiert wird (vgl. hierzu Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO / FGO, § 117 Rz. 263 m.w.Nachw.). Auch dies spricht für eine restriktive Auslegung.

b) Der Antragsgegner kann hier keine "tatsächlichen Anhaltspunkte" dafür vortragen, dass die finnische Gesellschaft einen Betriebsausgabenabzug vorgenommen hat, ohne hierzu berechtigt gewesen zu sein.

Angesichts der einschränkenden Auslegung des Tatbestandsmerkmals müssten tatsächliche Feststellungen über das Geschäftsgebahren der finnischen Firma - bzw. deren Verhalten gegenüber der einheimischen Finanzverwaltung - vorliegen.

Der Antragsgegner muss ein möglicherweise zu beanstandendes Verhalten der A Corporation jedoch auf - freilich nicht unbegründete - Vermutungen stützen. Diese Vermutungen haben ihre Grundlage in den dargestellten verschlungenen Zahlungswegen.

Alleine die ungewöhnliche Gestaltung der Geschäftsbeziehungen reicht für das Vorliegen "tatsächlicher Anhaltspunkte" jedoch nicht aus. Denn die Rechtslage im Falle der Spontanauskunft nach § 2 Abs. 2 EG-AHG unterscheidet sich insoweit von jener im Falle eines Auskunftsersuchens nach Abs. 1 der Vorschrift.

Die Ermächtigung in § 2 Abs. 1 EG-AHG lässt es bei einem Auskunftsersuchen durch die schlichte Bezugnahme genügen, dass nach § 1 Abs. 2 Satz 1 EG-AHG die Auskünfte für die zutreffende Steuerfestsetzung "erheblich sein können". Maßgebend ist nicht, dass die Auskünfte für die genannten Verfahren tatsächlich auch erheblich sind. Entscheidend ist, dass in einer Vorwegbetrachtung (ex ante) sich die Erheblichkeit schlüssig ergibt (vgl. Runge, DB 1986, 191 sowie Tipke/Kruse, AO, § 117 Rz. 63).

Dieser "spekulative" Charakter findet sich in § 2 Abs. 2 EG-AHG nicht wieder. Die bloße Vermutung einer Steuerverkürzung oder -umgehung in der Person der finnischen Firma NORMET Corporation rechtfertigt nicht die Spontanauskunft.

II.

Die Antragstellerin kann auch den notwendigen Anordnungsgrund für sich geltend machen.

Es ist anerkannt, dass die für eine einstweilige Anordnung sprechenden Gründe so schwerwiegend sein müssen, dass sie ihren Erlass "unabweisbar" machen (BFH-Beschluss vom 12. Mai 1992 VII B 173/91, BFH/NV 1994, 103).

Nach Auffassung des Senates ist dieses Erfordernis erfüllt; der Senat folgt insoweit seiner vorangegangenen Rechtsprechung (vgl. Beschluss des Senates vom 13. Oktober 2004 - 2 V 4874/04, EFG 2005, 78; auf Zulassung Beschwerde eingelegt, Az. BFH I B 218/04).

1. Die Antragstellerin sieht sich in ihrem subjektiven Recht auf Wahrung ihrer steuerlichen Geheimnisse durch den Antragsgegner verletzt. Diese Anspruchsbegründung reicht nach Auffassung des beschließenden Senates angesichts des hohen Ranges des in Frage stehenden Rechtsgutes für sich genommen bereits aus, den Anordnungsgrund zu bejahen.

Denn ein Steuerpflichtiger in dieser Lage wäre in weitem Umfang rechtsschutzlos gestellt, wenn er diese angebliche Rechtsverletzung ohne die Möglichkeit vorläufigen Rechtsschutzes gegen das Vorgehen der Finanzverwaltung hinnehmen müsste. Eine anderweitige ähnlich effektive Rechtsschutzmöglichkeit wird sich für ihn beim Bruch des Steuergeheimnisses nicht ergeben. Denn die Verletzung des Steuergeheimnisses kann ihrer Natur nach nicht rückgängig gemacht werden (vgl. die Argumentation des Bundesfinanzhofes - welcher sich der erkennende Senat anschließt - zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage gegen die Verletzung des Steuergeheimnisses, BFH-Urteil vom 29. Juli 2003 - VII R 39, 43/02, VII R 39/02, VII R 43/02, BFHE 202, 411; BStBl II 2003, 828).

2. Die Ansicht, aus dem Gesetzeswortlaut folge fernerhin, dass die für den Anordnungsgrund geltend gemachten Beeinträchtigungen derart schwerwiegend sein müssen, dass die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Betroffenen durch die Ablehnung der beantragten Maßnahme unmittelbar bedroht ist (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Januar 1991 VIII B 191/90, BFH/NV 1991, 693), teilt der beschließende Senat jedenfalls für Fälle der vorliegenden Art nicht.

Denn einerseits genießt das Steuergeheimnis, welches der Antragsgegner vorliegend bei Weitergabe der Spontanauskunft verletzen würde, insofern verfassungsrechtlichen Schutz, als es Ausfluss des von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist (vgl. BFH, Urteil vom 29.7.2003 a.a.O. unter Bezugnahme auf BVerfG-Urteile vom 17. Juli 1984 2 BvE 11, 15, 83, BVerfGE 67, 100 und vom 15. Dezember 1983 1 BvR 209/83 u.a., BVerfGE 65, 1).

Andererseits dürfte es für einen Antragsteller nur in absoluten Ausnahmefällen möglich sein, eine durch die Verletzung des Steuergeheimnisses herbeigeführte Existenzbedrohung auch nur darzulegen. Damit wäre dem aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG - hergeleiteten Gebot effektiven, d.h. lückenlosen und wirksamen Rechtsschutzes (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 16. Januar 1980 1 BvR 127, 679, 78, BVerfGE 53, 115, 127, und vom 17. März 1988 2 BvR 233/84, BVerfGE 78, 88, 99) in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise nur unvollständig genügt.

C.

Die einstweilige Anordung ergeht vor Anhängigkeit der Hauptsache.

Der Senat wird daher der Antragstellerin - auf Antrag des Antragsgegners - aufgeben, innerhalb einer durch das Gericht bestimmten Frist Klage in der Hauptsache zu erheben, § 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 926 Abs. 1 ZPO.

D.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

E.

Der Senat lässt gemäß § 128 Abs. 3 FGO die Beschwerde gegen die getroffene Entscheidung wiederum zu, denn der Rechtsstreit hat nach Auffassung des Senates grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.