OLG Köln, Beschluss vom 30.05.2005 - 16 Wx 90/05
Fundstelle
openJur 2011, 33344
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 29 T 49/05
Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Be-schluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 04.04.2005 (29 T 49/05) wird als unzulässig verworfen.

Etwaige im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandene Gerichtskosten sind nicht zu erheben.

Gründe

1.

Das Rechtsmittel ist unstatthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.

Seit Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes (ZPO-RG) vom 27.07.2001 (BGBl. I, 1887) am 01.01.2002 ist gegen eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts, durch welche die sofortige Beschwerde gegen den ein Befangenheitsgesuch gegen einen Richter zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts zurückgewiesen wird, die sofortige weitere Beschwerde nur dann statthaft, wenn sie durch das Landgericht zugelassen worden ist. (BayObLGZ 2002, 89 ff.; OLG Karlsruhe ZMR 2002, 778). Nach ständiger Rechtsprechung und nahezu einhelliger Literaturauffassung finden im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit bei der Ablehnung von Richtern wegen Befangenheit die §§ 42 ff ZPO entsprechende Anwendung. Dies gilt insbesondere auch für die sich aus den allgemeinen Vorschriften der ZPO ergebenden Einschränkungen der Statthaftigkeit von Rechtsmitteln im Ablehnungsverfahren, wohingegen sich das zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufene Gericht, die Form und die Frist des Rechtsmittels sowie die Beschwerdeberechtigung nach den FGG-Vorschriften richten (OLG Karlsruhe FGPrax 2003, 214; BayOBLGZ 2002, 89). Da die angefochtene Entscheidung des Landgerichts nach dem 01.01.2002 ergangen ist, sind hier - im genannten Rahmen - die Vorschriften der ZPO in der Fassung des das Beschwerdeverfahren grundlegend umgestaltenden ZPO-RG anzuwenden (§ 26 Nr.10 EGZPO). Danach richtet sich die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln nach § 574 Abs. 1 ZPO. Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts findet daher nicht - wie das nach dem früheren Rechtsmittelsystem der ZPO der Fall gewesen wäre - die zulassungsfreie sofortige weitere Beschwerde, sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Rechtsbeschwerde statt.

Für die Fälle der Ablehnung eines Sachverständigen gilt nichts anderes. Nach § 15 FGG sind (auch) für die Beweiserhebung durch Sachverständige die Vorschriften der ZPO entsprechend anwendbar. Die Ablehnung des Sachverständigen ist in § 406 ZPO näher geregelt. Es besteht kein Grund, diese Fallgestaltung anders zu behandeln als die der Ablehnung eines Richters. Auch in diesem Verfahren ist also die Rechtsmittelbeschränkung des § 574 Abs. 1 ZPO zu beachten (ebenso Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Auflage 2003, § 27 Rdn. 5)

Dass der angegriffene Beschluss eine Rechtsmittelbelehrung enthält, führt nicht zu einer Zulässigkeit des Rechtsmittels, denn eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung ersetzt nicht die notwendige Zulassung. Sie beinhaltet nur eine Auskunft über Erfordernisse bzw. Möglichkeiten, die kraft Gesetzes gegeben sind, und auf die der Betroffene ausdrücklich hingewiesen werden soll. Dagegen dient sie nicht der Eröffnung einer weiteren Instanz und kann für sich genommen über die Ansicht des Gerichts, ein ansonsten nicht statthaftes Rechtsmittel ausdrücklich zuzulassen, keine Auskunft geben (vgl. BayObLG NJOZ 2001, 680 = BayObLGZ 2000, 318; OLG Karlsruhe FGPrax 1999, 183; Senat OLGReport Köln 2004, 258 sowie Beschluss vom 20.05.2005 - 16 Wx 81/05 -).

Ob etwas anderes dann gilt, wenn besondere Umstände vorliegen, die aus einer Rechtsmittelbelehrung ausnahmsweise auf einen Zulassungswillen des erkennenden Gerichts schließen lassen (vgl. BayObLG a. a. O.), bedarf keiner Entscheidung; denn derartige Umstände sind nicht erkennbar. Die Rechtsmittelbelehrung befindet sich erst hinter der Unterschrift der Richter. Hingewiesen wurde auch nur auf die allgemeinen Vorschriften über die Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde und zwar diejenigen nach § 45 Abs. 1 WEG i.V.m. §§ 27, 29 FGG, nicht aber auf diejenigen der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO. Dass die Sache nach Meinung des Landgerichts etwa grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 574 Abs. 2, 3 ZPO haben könnte, ist nach der einzelfallbezogenen Begründung des Landgerichts eine ohnehin ersichtlich fern liegende Annahme.

2.

Im Übrigen hat das Landgericht hat die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie sich gegen die Zurückweisung ihres gegen den Sachverständigen Küffner gerichteten Befangenheitsgesuches wendet, aber auch im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Der an das Amtsgericht gerichtete Befangenheitsantrag war nämlich wegen Verfristung unzulässig.

Nach der in § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO getroffenen Regelung ist die Ablehnung eines bereits ernannten Sachverständigen nur zulässig, wenn das entsprechende Gesuch unverzüglich nach Erlangung der Kenntnis des Ablehnungsgrundes gestellt wird (vgl. OLG Köln OLGR 2001, 261 f; OLG Celle NJW-RR 1995, 128; OLG Frankfurt am Main OLGR 1995, 139 f; BayObLG MDR 1995, 412 f; OLG Koblenz NJW-RR 1999, 72 f; Zöller, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 25. Auflage 2005, § 406 Rdn. 11; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage 2005, Rdn. 2650). Der im Sinne dieser Regelung an die Definition des Begriffes der "Unverzüglichkeit" anzulegende Maßstab lässt sich dabei zum einen der Bestimmung des § 121 Abs. 1 BGB entnehmen; die Ablehnung ist danach "ohne schuldhaftes Zögern" anzubringen. Zum anderen ist dabei dem Sinn und Zweck der Befristung des Ablehnungsrechts Rechnung zu tragen, welche die betroffene Partei davon abhalten soll, Ablehnungsgründe aus prozesstaktischen Gründen zurückzuhalten. Ablehnungsgründe sollen vielmehr unabhängig von der Prozesslage und dem Erfolg anderer Anträge nach einer den Umständen des Einzelfalls angepassten angemessenen Prüfungs- und Überlegungszeit geltend gemacht werden, um die Frage, ob ein die Ablehnung rechtfertigender Grund gegen den Sachverständigen vorliegt, einer raschen und endgültigen Bereinigung zuzuführen.

Das Ablehnungsgesuch der Antragstellerin ist nicht innerhalb einer nach diesen Maßstäben als "unverzüglich" einzuordnenden Frist angebracht worden:

Die für ihr Ablehnungsgesuch maßgeblichen Umstände waren der Antragstellerin seit dem Ortstermin vom 1.6.2004, an dem sie durch einen Bevollmächtigten vertreten war bzw. seit dem Erhalt des am 6.10.2004 (GA 127 R) an sie übersandten Gutachtens, spätestens jedoch seit dem 17.12.2004, dem Datum des Schriftsatzes (GA 130 f), mit dem die Antragstellerin bereits alle mit ihrem späteren Ablehnungsgesuch vorgebrachten Umstände mitgeteilt hatte, bekannt. Der Ablehnungsantrag selbst ist jedoch erst mit Schriftsatz vom 1.2.2005 (GA 163 f) und damit nicht mehr innerhalb einer noch als angemesen zu bezeichnenden weiteren Überlegungsfrist gestellt worden. Es kommt hinzu, dass die Antragstellerin im Termin vom 21.12.2004 (GA 155) und damit in Kenntnis aller für ihr Ablehnungsgesuch maßgebenden Umstände zur Sache verhandelt hat. Auch das schließt eine spätere Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangeneit aus (OLG Düsseldorf MDR 1994, 620; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage 2005, Rdn. 2650).

Auch ansonsten enthält der angegriffene Beschluss des Landgerichts keine Rechtsfehler zum Nachteil der Antragstellerin. Die Erwägungen des Amts- und des Landgerichts - auf die verwiesen werden kann - tragen auch die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs nach Maßgabe des § 406 ZPO, weil in dem Verhalten des Sachverständigen ein Ablehnungsgrund nicht liegt.

3.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren sind gemäss § 16 KostO nicht zu erheben, da das Rechtsmittel durch die unrichtige Rechtsmittelbelehrung veranlasst worden ist (BayObLG WuM 1995, 20; Hartmann, Kostengesetze, 34. Auflage, § 16 KostO Rdn. 32).

Beschwerdewert: 3.000 EUR.