OLG Hamm, Beschluss vom 21.02.2005 - 15 W 34/05
Fundstelle
openJur 2011, 33179
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 5 T 1064/04
Tenor

Auf die weitere Beschwerde wird der angefochtene Beschluss abgeändert. Die erste Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 12. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen unterbleibt.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 2) ist seit dem 16. September 2004 im Grundbuch eingetragene Eigentümerin des im Betreff näher bezeichneten Grundstücks.

Der Beteiligte zu 1) erwirkte am 1. Dezember 2003 gegen die Beteiligte zu 2) einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts I über einen Betrag von 52.000,- € nebst Zinsen (Aktz. 03-2293563-0-3). Der Vollstreckungsbescheid wurde der Beteiligten zu 2) am 4. Dezember 2003 durch Einlegung des Schriftstücks in den Briefkasten, § 180 ZPO, zugestellt.

Nachdem die Beteiligte zu 2) am 15. Dezember 2003 gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt hatte, gab das Mahngericht die Sache an das Landgericht N ab. Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) stellte das Landgericht N durch Beschluss vom 18. Februar 2004 die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid ohne Sicherheitsleistung ein. Mit Beschluss vom 7. April 2004 verwies es den Rechtsstreit an das Landgericht C4.

Mit Schreiben vom 5. Mai 2004 beantragte der Beteiligte zu 1) bei dem Grundbuchamt die Eintragung einer Zwangshypothek in der durch den in beglaubigter Ablichtung dem Schreiben beigefügten Vollstreckungsbescheid ausgewiesenen Höhe. Die beglaubigte Ablichtung wies als Datum der Zustellung des Vollstreckungsbescheids den 4. Dezember 2003 aus.

Am 16. September 2004 nahm das Grundbuchamt die Eintragung der Zwangshypothek in Höhe von 52.278,-€ nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz vor.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 12. Oktober 2004 beantragte die Beteiligte zu 2) die Zwangshypothek zu löschen, hilfsweise gegen deren Eintragung einen Amtswiderspruch einzutragen. Das Grundbuchamt half der Beschwerde nicht ab und legte die Beschwerde dem Landgericht unter Hinweis darauf vor, dass die Eintragung nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften erfolgt sei.

Durch Beschluss vom 9. Dezember 2004 wies das Landgericht das Grundbuchamt an, gegen die zugunsten des Beteiligten zu 1) in Abteilung III lfd. Nr. 4 des im Betreff genannten Grundstücks eingetragene Sicherungshypothek einen Amtswiderspruch einzutragen.

Durch Beschluss vom 20. Dezember 2004 hob das Landgericht C4 den die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung verfügenden Beschluss des Landgerichts N vom 18. Februar 2004 auf.

Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Januar 2005 hat der Beteiligte zu 1) weitere Beschwerde eingelegt. Er beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Beschwerde der Beteiligten zu 2) zurückzuweisen. Die Beteiligte zu 2) beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach § 78 GBO statthaft sowie gem. § 80 Abs. 1 S. 1 GBO formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass das Landgericht das Grundbuchamt auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) hin angewiesen hat, einen Amtswiderspruch gegen die zu seinen Gunsten eingetragene Zwangshypothek einzutragen.

In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 78 S. 1 GBO. Auf die weitere Beschwerde hin war der angefochtene Beschluss abzuändern und die Beschwerde der Beteiligten zu 2) zurückzuweisen.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gem. § 71 GBO zulässig ist, jedoch lediglich mit dem gem. Abs. 2 S. 2 der Vorschrift zulässigen beschränkten Beschwerdeziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Eintragung der Sicherungshypothek.

Das Landgericht hat in der Sache ausgeführt, die Voraussetzungen für die Eintragung der Zwangshypothek seien weder im Zeitpunkt ihrer Eintragung, noch im Zeitpunkt der Beschlussfassung der erkennenden Kammer gegeben gewesen. Die durch den Beschluss des Landgerichts N vom 18. Februar 2004 erfolgte Einstellung der Zwangsvollstreckung sei von dem Grundbuchamt zu beachten gewesen. Ob das Landgericht C4 in Zukunft diesen Beschluss aufheben werde, könne für die vorliegende Entscheidung dahingestellt bleibe, da dies nichts daran ändere, dass im Zeitpunkt der Antragstellung und Eintragung der Zwangshypothek die Durchführung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen unzulässig gewesen sei.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung durch den Senat nicht stand.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts scheitert die Eintragung eines Amtswiderspuchs bereits daran, dass das Grundbuchamt die Zwangshypothek nicht, wie es § 53 Abs. 1 S. 1 GBO kumulativ neben der Unrichtigkeit der Eintragung voraussetzt, unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eingetragen hat.

Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Zwangshypothek im Zeitpunkt ihrer Eintragung in das Grundbuch am 16. September 2004 nicht hätte eingetragen werden dürfen. Denn der im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgten Eintragung der Zwangshypothek stand entgegen, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid vom 1. Dezember 2003 durch Beschluss des Landgerichts N vom 18. Februar 2004 ohne Sicherheitsleistung bis zur Entscheidung in der Hauptsache eingestellt worden war. Dieser Umstand begründet aber nur die Unrichtigkeit der vorgenommenen Eintragung, rechtfertigt aber für sich genommen nicht die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 Abs. 1 GBO. Hinzukommen muss, dass die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften erfolgt ist, § 53 Abs. 1 S. 1 GBO. Eine Gesetzesverletzung wird verneint, wenn das Grundbuchamt auf den ihm unterbreiteten Sachverhalt das Gesetz richtig angewendet hat, auch wenn dieser Sachverhalt unrichtig war, es sei denn, dass die Unrichtigkeit dem Grundbuchamt bekannt war oder bei gehöriger Prüfung erkennbar gewesen wäre (vgl. KEHE-Eickmann, Grundbuchrecht, 5. Aufl., § 53 Rdn. 6).

Bei der Eintragung einer Zwangshypothek gemäß § 867 ZPO müssen die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung, § 750 Abs. 1 ZPO, gegeben und dem Grundbuchamt nachgewiesen sein. Diese Voraussetzungen lagen bei Antragstellung vor, was von der Beteiligten zu 2) mit ihrer Beschwerde auch nicht in Zweifel gezogen worden ist. Insbesondere war dem Grundbuchamt die Zustellung des Vollstreckungsbescheids an die Beteiligte zu 2) am 4. Dezember 2003 durch den auf der beglaubigten Ablichtung des Vollstreckungsbescheids angebrachten Zustellungsvermerk nachgewiesen (vgl. dazu Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 750 Rdn. 17). Ob die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid vorläufig eingestellt war, war hingegen von dem Grundbuchamt im Rahmen der Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen nicht zu prüfen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Grundbuchamt die Einstellung der Zwangsvollstreckung bekannt war oder dies aus dem ihm unterbreiteten Sachverhalt heraus hätte erkannt werden können, sind nicht ersichtlich (vgl. dazu Senat NJW-RR 1998, 87; BayObLG NotBZ 2002, 184, Beschluss vom 22. Dezember 1987 – BReg 2 Z 147/87 -; OLG T3 NJW-RR 1988, 700; OLG G FGPrax 2003, 197; OLG des Landes T4-Anhalt NotBZ 2000, 193). Demnach hat das Grundbuchamt zu Recht die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs abgelehnt.

Ob sich das Landgericht für sein Ergebnis auf die Entscheidung des OLG D vom 11. Oktober 1989 (Rpfleger 1990, 112; vgl. auch LG T2 Rpfleger 1975, 328) hätte berufen können, kann im Ergebnis dahin gestellt bleiben. Nach der Auffassung der vorgenannten Gerichte müsse im Fall der Eintragung einer Zwangshypothek die Eintragung eines Amtswiderspruchs im Beschwerdewege auch dann zugelassen werden, wenn die Eintragung zwar nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1 GBO vorgenommen worden, wohl aber objektiv zu Unrecht erfolgt sei. Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Denn § 71 Abs. 2 S. 2 GBO kann nicht zur Gewährleistung eines vermeintlich effektiven Rechtsschutzes von den Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 S. 1 GBO abgekoppelt werden, zumal dem Betroffenen weitergehender Rechtsschutz im Zivilprozess hinreichend zur Verfügung steht (vgl. Budde in Bauer/von Oefele, GBO, 1. Aufl., § 71 Rdn. 56; Münzberg, Rpfleger 1990, 253).

Zur Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 79 Abs. 2 GBO besteht im vorliegenden Fall gleichwohl keine Veranlassung, weil der vorliegende Sachverhalt eine abschließende Stellungnahme des Senats zu dieser Rechtsfrage nicht erfordert. Auch ohne Abweichung in der Rechtsfrage kommt der Senat zu keiner anderen Entscheidung in der Sache (vgl. zu den Voraussetzungen für eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG Keidel/Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 28 Rdn.13).

Der in der Fortsetzung der Zwangsvollstreckung trotz Vorliegen eines Einstellungsbeschlusses begründete Mangel des Vollstreckungsaktes ist jedenfalls dadurch nachträglich geheilt worden, dass durch Beschluss des Landgerichts C4 vom 20. Dezember 2004 der die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung anordnende Beschluss des Landgerichts N vom 18. Februar 2004 aufgehoben worden ist und damit die Zwangsvollstreckung wieder zulässig geworden ist.

Diese erst nach Abschluss des Erstbeschwerdeverfahrens entstandene Tatsache kann im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren ausnahmsweise gleichwohl Berücksichtigung finden. Neue Tatsachen und Beweismittel können zwar im Rechtsbeschwerdeverfahren in Bezug auf die Sache grundsätzlich weder durch die Beteiligten noch durch das Gericht der weiteren Beschwerde eingeführt werden (vgl. Budde in Bauer/von Oefele, a.a.O., § 78 Rdn. 24, Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., § 27 Rdn. 45). Vorliegend sind jedoch Umstände gegeben, die es aus Gründen einer möglichst raschen Erledigung des Verfahrens und zur Vermeidung eines neuen Verfahrens für angezeigt erscheinen lassen, die unstreitige Tatsache der Aufhebung des die Zwangsvollstreckung einstellenden Beschlusses vom 18. Dezember 2004 bereits im Rechtsbeschwerdeverfahren selbst zu berücksichtigen.

Der Eintragung des Amtswiderspruchs steht danach entgegen, dass die Unrichtigkeit der Eintragung zur Zeit der Entscheidung durch den Senat nicht mehr fortbesteht. Ein Amtswiderspruch kann nicht eingetragen werden, wenn die Eintragung des Rechts zwar zunächst zur Unrichtigkeit des Grundbuchs geführt hat, infolge einer zeitlich nachfolgenden Entwicklung die Eintragung sich jedoch – nunmehr – als richtig erweist. Denn die Eintragung des Amtswiderspruchs hat nur den Zweck, dem Rechtsverlust des wahren Rechtsinhabers durch die Möglichkeit eines gutgläubigen Dritterwerbs und einer dadurch begründeten Staatshaftung entgegenzuwirken (vgl. Senat a.a.O.; BayObLG BayObLGZ 1975, 398; NJW-RR 2003, 1668; OLG L BWNotZ 1989, 23; OLG T3 a.a.O.; OLG des Landes T4-Anhalt a.a.O.; OLG G a.a.O.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rdn. 2201; Zöller/Stöber, a.a.O., § 867 Rdn. 25).

Für das Zwangsvollstreckungsverfahren ist allgemein anerkannt, dass die Verletzung von Verfahrensvorschriften nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit des Vollstreckungsaktes führt, wenn es sich um einen besonders schweren und zusätzlich bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommende Umstände um einen offenkundigen Fehler handelt (vgl. BGHZ 121, 98). Sonstige Verfahrensmängel eines Vollstreckungsaktes können nur mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Bei der Entscheidung über einen solchen Verfahrensmangel ist zu berücksichtigen, dass ein solcher Verfahrensmangel auch geheilt werden kann mit der Folge, dass die Aufhebung des Vollstreckungsaktes unterbleiben muss (vgl. BGHZ 66, 79; OLG I2 OLGZ 1974, 314).

Für die Eintragung der Zwangshypothek gelten keine anderen Grundsätze. Das Grundbuchamt wird insoweit als Vollstreckungsorgan tätig. Die Hypothek als dingliches Recht entsteht nach § 867 Abs. 1 S. 2 ZPO mit der vom Grundbuchamt vorgenommenen Eintragung. Dementsprechend ist anerkannt, dass eine Heilung von Verfahrensmängeln auch bei der Eintragung einer Zwangshypothek eintreten kann (vgl. Senat a.a.O., m.w.N.) Mag somit die Nichtbeachtung des die Zwangsvollstreckung einstellenden Beschlusses einen Mangel des Vollstreckungsaktes begründet haben, so ist dieser jedenfalls zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung des Senats geheilt und damit der Vollstreckungsakt der Eintragung der Hypothek als mangelfrei anzusehen (vgl. dazu BayObLG NJW 2003, 1668).

Für die Beurteilung des vorliegenden Falles kann dahin gestellt bleiben, wie die Heilungswirkung im Hinblick auf den Bestand der Zwangshypothek als dingliches Recht im Einzelnen einzuordnen ist, insbesondere ob eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Eintragung des Rechts im Grundbuch stattfindet (vgl. dazu Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 2201; Zöller/Stöber, a.a.O., jeweils m.w.N.). Diese Fragen bedürfen deshalb keiner Vertiefung, weil es vorliegend nur um den Bestand des Rechtes im Verhältnis zwischen der Beteiligten zu 2) als Schuldnerin und dem Beteiligten zu 1) als Hypothekengläubiger geht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 S. 1 FGG. Danach hält es der Senat unter Ausübung des ihm zukommenden pflichtgemäßen Ermessens für angemessen es bei dem Grundsatz zu belassen, dass im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit jede Partei die ihr entstandenen außergerichtlichen Auslagen selbst trägt. Der Umstand allein, dass der Beteiligte zu 1) mit seinem Rechtsmittel Erfolg gehabt hat, rechtfertigt es noch nicht, aus Gründen der Billigkeit die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1, 23 Abs. 2 KostO und folgt der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung des Landgerichts.