OLG Köln, Urteil vom 28.10.2004 - 15 U 125/04
Fundstelle
openJur 2011, 33153
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 23.06.2004 - Az.: 28 O 289/04 - unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Dem Verfügungsbeklagten wird es unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung verboten,

I.

die in Verkaufsstätten zum Kauf angebotenen Produkte der Verfügungsklägerin der Marken N., X., T. und M. sowie die in Lizenz vertriebenen Produkte der Marke O. durch unmittelbares Kennzeichnen mit Aufklebern, Banderolen oder sonstigen Hinweisen zu versehen, insbesondere in Form der nachfolgenden Aussagen:

1. "Gen- Milch"

2. "Stoppt Gen-Milch von N."

3. "Gen-Milch: Hände weg!"

4. "Gen-Milch, igittigitt",

II.

im Internet oder durch andere Medien einen Zeichentrickfilm zu verbreiten und sogenannte E-Cards zum Download anzubieten und zu deren weiteren Versendung aufzufordern, soweit darin unter Verwendung des Firmenemblems "N." an Werbekampagnen- und Werbeträger der Verfügungsklägerin angeknüpft wird, insbesondere unter Bezugnahme auf die von der Verfügungsklägerin verwandte Zei-chentrickfigur "Hungermännchen", die so genannten "Becher-Girls" sowie die so genannte "N.-Partei" mit den Schlagworten "Alles Gen-Milch, ... oder was?" und "Keine Gen-Technik in unserem Essen".

Der weiter gehende Antrag der Verfügungsklägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Verfügungsbeklagte zu 42 % und die Verfügungsklägerin zu 58 %, die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Dieses Urteil wird mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Gründe

I.

Die Verfügungsklägerin nimmt den Verfügungsbeklagten auf Unterlassung von Äußerungen in Anspruch, die von diesem sowohl im Internet, als auch im öffentlichen Straßenraum der Städte E. und N. und darüber hinaus vor Produktionsstätten der Verfügungsklägerin unter Bezugnahme auf deren Produkte erfolgt sind. Darüber hinaus verlangt die Verfügungsklägerin Unterlassung der Kennzeichnung ihrer in Supermärkten zum Kauf angebotenen Produkte durch Anhänger des Verfügungsbeklagten.

Die Verfügungsklägerin ist ein führendes Unternehmen der Milchindustrie. Sie ist Konzernobergesellschaft einer Unternehmensgruppe für Molkerei- und Milchveredelungsprodukte, die unter den Marken "N.", "X.", "T." und "M." vertrieben werden. Die Produkte werden von rechtlich selbständigen Unternehmen hergestellt, die wiederum sämtlich der Unternehmensgruppe angehören, deren herrschendes Unternehmen die Verfügungsklägerin ist. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf die als Anlage ASt60 zum Schriftsatz der Verfügungsklägerin vom 15.09.2004 vorgelegte Übersicht (Bl. 702 GA) Bezug genommen. Die zum Konzernverband gehörende B. N. GmbH & Co. KG stellt darüber hinaus auf der Grundlage eines Lizenzvertrages mit der Firma O. Produkte der Marke O. her.

Der Verfügungsbeklagte ist ein eingetragener Verein, der sich Umwelt- und Tierschutz sowie Verbraucheraufklärung zum Ziel gesetzt hat. Derzeit sieht er eines seiner Hauptziele in der Bekämpfung des Einsatzes von Gentechnik in der Lebensmittelindustrie. Seit Dezember 2003 vertreibt er zu diesem Zweck einen so genannten Einkaufsratgeber "Essen ohne Gentechnik", in welchem er - nach Warengruppen gestaffelt - unter anderem auflistet, welche Firmen garantieren, dass ihre Produkte keine tierischen Rohstoffe - wie beispielsweise Fleisch, Eier oder Milch - von Tieren enthalten, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden.

Die zum Konzernverband der Verfügungsklägerin gehörenden Unternehmen verwenden in ihren Produkten zwar keine gentechnisch veränderten Zutaten, sie verarbeiten jedoch zumindest auch Milch, die von Kühen stammt, die gentechnisch veränderte Futtermittel erhalten haben. Die Verfügungsklägerin hat es bislang abgelehnt, ihren Milchlieferanten zur Auflage zu machen, kein gentechnisch verändertes Material zu verfüttern. Die seit Mitte April 2004 in Deutschland geltende EU-Verordnung zur Kennzeichnung, Zulassung und Rückverfolgbarkeit gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel sieht eine Pflicht zur Kennzeichnung der so gewonnenen tierischen Produkte, wie beispielsweise Fleisch, Milch und Eier, nicht vor.

Diesen Umstand hält der Verfügungsbeklagte für nicht tragbar. Nachdem die Verfügungsklägerin sich auf Anfrage durch den Verfügungsbeklagten nicht bereit erklärt hatte, auf die Verwendung gentechnisch veränderter Futtermittel verzichten und ihren Lieferanten entsprechende Auflagen machen zu wollen, nahm der Verfügungsbeklagte dies zum Anlass, ab dem 28.04.2004 auf den von ihm betriebenen Internetseiten in diversen Beiträgen auf diesen Umstand hinzuweisen.

Dabei handelte es sich um die Beiträge unter der Überschrift "Gen-Milch, oder was?" vom 28.04.2004 (ASt 13, Bl. 78 AO), "Gen-Milch-Skandal bei der N.-Partei?" vom 28.04.2004 (ASt 14, Bl. 80 AO), "Alles Gen-Milch bei N. - oder was?" vom 30.04.2004 (ASt 15, Bl. 81-83 AO), "Alles Gen, Herr N., oder was?" vom 01.05.2004 (ASt 16, Bl. 84 AO), "Milchreis ohne N. - leicht gemacht" vom 03.05.2004 (ASt 17, Bl. 86 AO), "10.05.2004: Stimme erheben gegen N.milch" vom 10.05.2004 (Ast 18, Bl. 88 AO) und "Bundesweiter Protest gegen Gen-Milch" vom 17.05.2004 (ASt 19, Bl. 91 f. AO). Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf die als Anlagen ASt 13-19 zur Antragsschrift in Ablichtung vorgelegten Beiträge Bezug genommen.

Am 30.04.2004 demonstrierten Anhänger des Verfügungsbeklagten vor dem Verwaltungsgebäude der Unternehmensgruppe N. in C.. Sie führten Schilder mit der Aufschrift : "N.-Milch: Alles Gen-Milch, oder was?" beziehungsweise "N.: keine Gen-Milch" mit sich. Auf einem mitgeführten LKW war eine Plakatwand montiert, welche die Aufschrift trug "Gen-Skandal bei N.milch? Verbraucher außer sich!". Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf die als Anlagen ASt 21 vorgelegten Lichtbilder Bezug genommen.

Am 03.05.2004 veranstaltete der Verfügungsbeklagte auf dem N.platz in N. unter dem Banner "Echt lecker - geht nur ohne Gen-Milch, Herr N." ein öffentliches Milchreiskochen. Auf der Veranstaltung kam zur Sprache, dass die Produkte der Verfügungsklägerin hierfür nicht infrage kämen, da nur Milch verwendet werde, die von Kühen stamme, die kein "Gen-Futter" erhielten. Hierzu verhält sich die als Anlage ASt 17 vorgelegte Mitteilung des Verfügungsbeklagten.

Anlässlich einer vom Verfügungsbeklagten initiierten Demonstration am 10.05.2004 vor dem Werk der Antragstellerin in M., fuhr ein so genanntes "Muh-Mobil" vor, in welchem Kommentare von Verbrauchern aufgenommen wurden. Außerdem wurden auf der Veranstaltung Plakate mit der Aufschrift "Stoppt Gen-Milch von N." geführt. Von dort sollte das sogenannte Muh-Mobil zu einer bundesweiten Tour starten, die unter dem Motto "Muhen gegen N.milch" steht und es sich zum Ziel gesetzt hat, bei Straßenfesten und dergleichen sowie vor Supermärkten Stimmen von Verbrauchern gegen Gentechnik aufzunehmen.

Hierzu verhält sich die als Anlage ASt18 vorgelegte Pressemitteilung vom 10.05.2004.

Am 15.05.2004 versahen Anhänger des Verfügungsbeklagten auf dessen Veranlassung in insgesamt 50 Städten in Supermärkten zum Verkauf angebotene Produkte aus der Unternehmensgruppe der Verfügungsklägerin mit Banderolen oder Aufklebern, welche die Aufschrift: "Gen-Milch: Hände weg!". oder "Gen-Milch: Igittigitt" trugen. Zumindest vereinzelt wurden in diesem Zusammenhang an Ständen so genannter Promoter Schilder angebracht, die darauf hinwiesen, dass der Begriff der "Gen-Milch" mit der Verfütterung gentechnisch veränderter Futtermittel assoziiert wurde.

Darüber hinaus hat der Verfügungsbeklagte auf der von ihm unterhaltenen Internetseite Elemente aus der Werbekampagne der Unternehmensklägerin, darunter das sogenannte "Hungermännchen", die "Becher-Girls" sowie den als prominenten Werbeträger von der Verfügungsklägerin engagierten Herrn E. C., in Form einer Zeichentrickfolge unter der Überschrift "Alles Gen-Milch ... oder was? " verfremdet. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf die als Anlage ASt 25 vorgelegte Sequenz Bezug genommen. Der Verfügungsbeklagte forderte darin unter anderem dazu auf, Bilder der aus mindestens 11 Szenen bestehenden und etwa 35 Sekunden dauernden Gesamtsequenz an Freunde, Bekannte und Kollegen weiter zu verschicken, um die H. Verbraucherkampagne "Keine Gentechnik und (gemeint ist wohl "in")Lebens- und Futtermitteln" bekannter zu machen.

Das Landgericht hat den Verfügungsbeklagten antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, in Bezug auf die Produkte der Antragstellerin die Äußerungen "Gen-Milch, ... oder was?" und dergleichen zu äußern, ihre in Verkaufsräumen feilgebotenen Produkte mit Banderolen zu versehen und ferner den animierten Zeichentrickfilm zu verbreiten oder verbreiten zu lassen. Den weiter gehenden Antrag, dem Verfügungsbeklagten die Verwendung der Bezeichnung "n.-milch" als Domainname zu untersagen, hat das Landgericht zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der getroffenen Feststellungen wird auf die Ausführungen in Tatbestand und Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Bl. 481 - 494 GA) Bezug genommen.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt der Verfügungsbeklagte sein erstinstanzliches, auf Abweisung des Antrages gerichtetes, Begehren in vollem Umfang weiter. Der Verfügungsbeklagte rügt nach wie vor die vermeintlich fehlende örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln. Er macht ferner geltend, es fehle schon am Anordnungsgrund, zumal der Verfügungsklägerin unstreitig die Verwendung des Ausdrucks "Alles Gentechnik oder was" bereits seit dem 29.03.2004 durch die Leiterin ihrer Abteilung "Lebensmittelrecht/kunde" bekannt gewesen sei.

Darüber hinaus macht er geltend, es fehle auch am Verfügungsanspruch, da die Verfügungsklägerin schon nicht aktivlegitimiert sei. In der Sache sei der Begriff "Gen-Milch" nicht deshalb verwendet worden, weil der Verfügungsbeklagte es als gegeben oder wissenschaftlich erwiesen erachte, dass im Falle der Verfütterung gentechnisch veränderter Pflanzen an Milchkühe das Produkt "Milch" eine Veränderung erfahre. Vielmehr sei der Begriff in dem Sinne gebraucht worden, um den Prozess der Lebensmittelherstellung unter Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen bei der Tierfütterung zu thematisieren. Er habe auf eine Kennzeichnungslücke sowie erhebliche schädliche Konsequenzen für die Umwelt und die Gesellschaft (etwa für die ökologische wie auch die konventionelle Landwirtschaft) aufmerksam machen wollen. Genpflanzen im Tierfutter seien gegenwärtig das gefährlichste Einfallstor für den Einsatz von Gentechnik in großem Maßstab. 80 % aller erzeugten Gen-Pflanzen würden als Futtermittel verwertet, ohne dass der Verbraucher davon erfahre.

Die vom Landgericht unter Bezugnahme auf die Anlage ASt 13 aufgegriffene Satz "Gentechnik lande über den Milchreis oder den Joghurt auf dem Teller" sei unvollständig gewürdigt. Aus dem nachfolgenden Halbsatz: "So wird der Anbau von genmanipulierten Pflanzen weiter gefördert und die Gentechnik landet über den Milchreis oder den Joghurt auf dem Teller" ergebe sich ein eindeutiger Zusammenhang mit der kritisierten Förderung des Anbaus genmanipulierter Pflanzen. Hingegen sei die Frage, ob Gentechnik im späteren Endprodukt nachzuweisen sei, unerheblich. Entscheidend sei, dass ein Produkt "auf dem Teller" lande, welches unter Beteiligung von Gentechnik produziert worden sei.

Auch im Hinblick auf die Anlage ASt15 ergebe sich, dass der Begriff "Gen-Milch" vorliegend in einer die Werbeparolen der Verfügungsklägerin parodierenden Form allein und ausschließlich ein Produkt kennzeichnen solle, welches unter Beteiligung von Gentechnik auf einer Produktionsstufe hergestellt werde.

Die Anlagen ASt 16 - 18 stellten ebenfalls die Ablehnung des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen in den Vordergrund.

Zudem sei auch in Fachkreisen verbreitet, der Vorsilbe "Gen" die Bedeutung als "von Gentechnik betroffen" beizumessen. Für die Frage, ob der Begriff "Gen-Milch" eine falsche Vorstellung hervorrufe, dürften die Anforderungen an das Sprachverständnis und das intellektuelle Verständnis des Empfängers nicht zu niedrig angesetzt werden. Der durchschnittlich gebildete Verbraucher werde den Begriff in dem eingangs dargestellten Sinne als Kritik am Herstellungsprozess der Milch verstehen.

Wie die Reaktionen der Presse belegten, sei der Begriff "Gen-Milch" oder "Gen-Food" im Sinne der Charakterisierung des Produkts als "von Gentechnik betroffen" bzw. "unter Beteiligung von Gentechnik produziert" verstanden worden.

Zur Untermauerung seiner Auffassung hat er ein vom 24.07.2004 datierendes Gutachten zur Bedeutung und zum Interpretationsraum des Wortes "Gen-Milch" vorgelegt.

Auch der Prozessvortrag des Verfügungsbeklagten im Zusammenhang mit Forschungsergebnissen sowie Untersuchungsberichten könne nicht als Argument dafür angeführt werden, der Verfügungsbeklagte habe den Begriff in dem Sinne gebraucht, dass die Milch verändert sei. Es sei ihm lediglich darum gegangen, den Vortrag der Verfügungsklägerin zu widerlegen, bislang seien keine gentechnisch veränderten Gen-Abschnitte in der Milch gefunden worden. Vielmehr gebe es bislang keinen wissenschaftlich geführten Nachweis, dass der Einsatz gentechnischer Futtermittel sich nicht auf das Endprodukt Milch auswirke.

Selbst wenn man unterstelle, dass die in der Anlage ASt 13 enthaltene Äußerung mehrdeutig sei, sei sie doch überwiegend von Elementen des Dafürhaltens und Meinens geprägt. Die beanstandeten Äußerungen seien zudem jeweils mit einem Fragezeichen versehen und enthielten Elemente satirischer Überspitzung. Ob die Kritik berechtigt oder unberechtigt sei, dürfe hingegen keine Rolle spielen.

Schließlich macht der Verfügungsbeklagte geltend, die Äußerungen "Stoppt Gen-Milch von N." oder "Gen-Milch: Hände weg!" seien nicht als Aufforderung verstanden worden, auf den Kauf dieser Produkte zu verzichten. Vielmehr habe die Wahlfreiheit der Verbraucher im Vordergrund gestanden.

Auch die zum so genannten Download angebotene E-Card sei als Satire einzuordnen.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag unter Abänderung des Urteils des Landgerichts abzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt (zu der Antragsrücknahme vom 25.10.2004 s. unten bei III),

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht unter Vorlage diverser Beispiele geltend, dass die Äußerungen des Verfügungsbeklagten von der Öffentlichkeit durchaus in dem Sinne verstanden würden, die Verwendung gentechnisch veränderter Futtermittel habe Auswirkungen auf die Qualität der Milch. Sonach sei der vom Verfügungsbeklagten verwendete Begriff "Gen-Milch" als Tatsachenbehauptung aufzufassen, deren Unterlassung beansprucht werden könne, da sie unrichtig sei. Der Verfügungsbeklagte verstehe die Äußerung selbst in diesem Sinne, wie eine als Anlage ASt47 vorgelegte Pressemitteilung vom 21.06.2004 belege. Die Verfügungsklägerin meint nunmehr, in ihren Anträgen sei als sogenanntes "Minus" jedenfalls das Anliegen enthalten, dass der Verfügungsbeklagte die Äußerung nicht ohne zusätzlichen Hinweis darauf tätigen dürfe, dass die Produkte der Verfügungsklägerin und die hierzu verwendete Milch keine gentechnische Veränderung aufwiesen, nach dem Stand der Wissenschaft ein Übergang transgener DNA vom Futter in die Milch und damit auch eine nachteilige Veränderung der Produkte der Berufungsbeklagten nicht nachgewiesen sei und dass die Frage der Tierfütterung mit oder ohne gentechnisch verändertes Futter nicht nur die Berufungsbeklagte, sondern nahezu die gesamte Milchbranche betreffe.

Der Verfügungsbeklagte stelle sie - die Verfügungsklägerin - durch Boykottaufrufe an den Pranger, obwohl eine ausreichende Versorgung mit nicht gentechnisch veränderten Futtermitteln nicht möglich sei. Zum anderen sei sie - die Beklagte - keineswegs Marktführer.

II.

Die Berufung ist zulässig und hat zum Teil auch Erfolg.

Die Rüge der fehlenden örtlichen Zuständigkeit ist im Hinblick auf § 513 Abs. 2 ZPO unbeachtlich, denn nachdem das Landgericht seine örtliche Zuständigkeit angenommen hat, kann die Berufung auf die vermeintliche Unrichtigkeit dieser Annahme nicht gestützt werden. Im Übrigen folgt der Senat der Auffassung des Landgerichts, wonach sich die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts gemäß § 32 ZPO aufgrund der Veröffentlichungen im Internet ergibt, die sich bestimmungsgemäß auch im Bezirk des Landgerichts Köln auswirken können.

Begründet ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hingegen lediglich im Hinblick auf die vom Verfügungsbeklagten veranlassten Verklebungen von zum Verkauf angebotener Produkten der Verfügungsklägerin sowie im Hinblick auf den im Internet veröffentlichten Zeichentrickfilm. Im Übrigen fehlt es an dem erforderlichen Verfügungsanspruch.

1.

Wegen der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" etc. im Hinblick auf Produkte der Verfügungsklägerin im Zuge von Veröffentlichungen auf der Internetseite des Verfügungsbeklagten gemäß den Anlagen ASt 13 bis ASt 19 sowie den darin etwa enthaltenen Aufforderungen, die Produkte der Verfügungsklägerin zu meiden, steht dieser ein Unterlassungsanspruch nicht zu. Weder ist in der Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" eine Kreditgefährdung im Sinne §§ 824, 1004 BGB zu sehen, noch beinhalten die darin enthaltenen Aufforderungen, sich als Konsument in bestimmter Weise zu verhalten, einen zur Unterlassung verpflichtenden Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Verfügungsklägerin.

Die Klägerin ist zur Geltendmachung eines solchen Anspruches allerdings grundsätzlich legitimiert.

Wenngleich die Verfügungsklägerin nicht selbst Herstellerin der von der Kampagne des Verfügungsbeklagten betroffenen Produkte ist , reicht es aus, dass die Äußerung, so wie sie vom Verkehr verstanden wird, in enger Beziehung zur wirtschaftlichen Betätigung oder gewerblichen Leistung der Verfügungsklägerin steht. Ausweislich des nunmehr als Anlage ASt 60 vorgelegten Schemas ist die Verfügungsklägerin herrschendes Unternehmen der jeweils produzierenden Betriebe, wie bereits in erster Instanz unbestritten vorgetragen war. So hat sie beispielsweise 100 % der Anteile an der produzierenden B. N. GmbH & Co. KG inne, weshalb deren wirtschaftliches Ergebnis auch ihre wirtschaftlichen Interessen berührt. Sie ist ferner - über die B. N. GmbH & Co. KG - zu 100 % an der T. AG beteiligt und wiederum mittelbar in gleicher Weise an der produzierend tätigen X. GmbH & Co. KG. Die Verfügungsklägerin partizipiert daher am wirtschaftlichen Ergebnis der von ihr beherrschten Unternehmen. Dies reicht aus, um die Aktivlegitimation der Verfügungsklägerin zu begründen, ohne dass es auf die nunmehr vorgelegten Erklärungen zur Prozessstandschaft ankommt.

Es fehlt indes an einer Tatsachenbehauptung durch den Verfügungsbeklagten.

Tatsachen sind innere oder äußere Vorgänge, die zumindest U.retisch dem Beweis zugänglich sind und sich damit als wahr oder unwahr feststellen lassen. Dem gegenüber sind Meinungen durch die Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt; sie unterfallen dem Schutzzweck des Art. 5 GG und sind - bis zur Grenze der Schmähkritik - einem Unterlassungsanspruch nicht zugänglich .

Ob eine Äußerung ein Werturteil oder eine Tatsachenbehauptung darstellt, richtet sich nicht allein nach ihrem Wortlaut und der äußeren Form, in welche die Veröffentlichung gekleidet ist., sondern auch nach ihrem Inhalt, so wie sie in ihrem Gesamtzusammenhang von den angesprochenen Verkehrskreisen verstanden wird (BGH NJW 1988, S. 1589). Maßgeblich ist, wie der Adressat die Äußerung auffasst. Ist der Erklärungsgehalt nicht eindeutig, so ist im Zweifel zu Gunsten des Äußernden von einer Meinungsäußerung, nicht von einer Tatsachenbehauptung auszugehen (so zuletzt im Grundsatz noch: BGH AfP 2004, 124 [125]). Zu beachten ist ferner, dass Äußerungen in einer Vielzahl von Fällen sowohl tatsächliche als auch wertende Elemente enthalten; lässt sich das tatsächliche Element nicht derart vom wertenden Aspekt trennen, dass letzterer seine Aussagekraft verliert, so ist insgesamt von einer Meinungsäußerung auszugehen (BGH NJW 1994, 124 [126]; Burkhardt in: Wenzel, das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 4, Rz. 53, S. 113).

In Ansehung der vorstehend genannten Grundsätze enthalten die vom Verfügungsbeklagten auf seiner Internetseite veröffentlichten Beiträge keine Tatsachenbehauptungen und keine Schmähkritik. Im Einzelnen gilt Folgendes:

a) ASt 13 "Gen-Milch, oder Was?" vom 28.04.2004

Der Beitrag enthält weder die Tatsachenbehauptung, die Produkte der Verfügungsklägerin beziehungsweise der von ihr beherrschten Unternehmen - angesprochen ist hier ausdrücklich die U. N. GmbH - enthielten Spuren gentechnisch veränderter Futtermittel, noch die Behauptung, die von den Betrieben der Verfügungsklägerin verarbeitete Milch sei ihrerseits - infolge der Verfütterung gentechnisch veränderter Stoffe - genetisch verändert. Eine solche Darstellung wäre zwar geeignet, Nachteile für den Erwerb oder das sonstige wirtschaftliche Fortkommen der Verfügungsklägerin herbeizuführen. In weiten Kreisen der Bevölkerung, der Verbraucher und damit der potentiellen Kunden der Verfügungsklägerin bestehen nämlich Vorbehalte gegenüber der Gen-Technik und dem Kontakt mit gentechnischverändertem Material, weshalb eine nicht unerhebliche Zahl potentieller Abnehmer eine solche Darstellung zum Anlass nehmen könnte, die Produkte der Verfügungsklägerin nicht mehr zu kaufen.

Der Verfügungsbeklagte äußert jedoch weder direkt noch indirekt, die von der Verfügungsklägerin verwertete Milch enthalte Bestandteile gentechnisch veränderten Materials, noch wäre eine derartige Äußerung angesichts des Gesamtkontextes als Tatsachenbehauptung aufzufassen; sie stellte vielmehr ein Werturteil dar und wäre damit dem Anwendungsbereich des § 824 BGB ebenso entzogen wie demjenigen des § 823 Abs. 1 BGB.

Eine dahin gehende Behauptung liegt weder in der Überschrift "Gen-Milch" noch wird sie in dem nachfolgenden Fließtext aufgestellt.

Der Begriff der "Gen-Milch" ist als solcher mehrdeutig und lässt verschiedene Auslegungen zu. Zutreffend weist der Verfügungsbeklagte darauf hin, dass der Begriff nicht zwingend in dem Sinne verstanden werden müsse, dass es sich um ein genetisch verändertes Produkt handele. Möglich ist vielmehr auch die Deutung als "von Gentechnik betroffen". Der von dem Verfügungsbeklagten verwendete Begriff in der Überschrift ist nicht eindeutig, vielmehr auslegungsbedürftig, als solcher substanzarm und von daher nicht geeignet, einen Unterlassungsanspruch zu begründen. Nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die Überschrift einen bekannten Werbeslogan der Verfügungsklägerin aufgreift und parodiert. Ist eine Äußerung ironisch gemeint oder hat sie einen ironischen Unterton, kann sie in die Nähe der Satire geraten und ist dann als Meinungsäußerung anzusehen (Burkhardt in: Wenzel, a.a.O., Kap. 4, Rz. 65). Aufgrund der Verwendung eines satirischen Elements sowie eines Fragezeichens wird dem Durchschnittsleser hinreichend deutlich, dass es sich dabei um eine Überspitzung und mithin eine Meinungsäußerung handelt. Fragen sind zwar nicht zwingend schon aufgrund ihrer äußeren Form als Meinungsäußerung zu qualifizieren (BGH AfP 2004, 125; Burkhardt in: Wenzel, a.a.O, Rz. 57); die Überschrift wird indes vom Leser - wie bereits dargelegt - mit dem Slogan aus der Werbekampagne der Verfügungsklägerin assoziiert, sie enthält satirische Elemente und wird vom Adressaten schon von daher dem Bereich der Meinungsäußerung zugeordnet. Was damit gemeint ist, bleibt an dieser Stelle letztlich offen.

Selbst wenn man dies anders sehen wollte, würde eine Tatsachenbehauptung ferner deshalb ausscheiden, weil die Überschrift regelmäßig und auch im vorliegenden Fall nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Text zu bewerten ist, aus welchem sich hinreichend ergibt, wie der Begriff der "Gen-Milch" verstanden werden soll. Überschriften sind nach ständiger Rechtsprechung (zuletzt BGH NJW 2004, S. 1034 ) nicht isoliert zu betrachten, sondern es ist auf den Artikel in seiner Gesamtheit abzustellen. Demnach verbindet zumindest der Zeitungsleser die Überschrift mit dem Vorbehalt, dass sie - je nach Ausgestaltung der Information - mit Vorsicht zu genießen sei (KG NJW-RR 1999, 1547 [1548]; OLG Köln AfP 1985, 295 [296]). Dies gilt für den Leserkreis einer Internet-Seite erst recht. Entscheidend ist demnach, ob die Überschrift den Eindruck erweckt, sie biete eine vollständige (Kurz-) Information, so dass es zu ihrem Verständnis nicht erforderlich erscheint, den gesamten Text zu lesen und sie deshalb trotz ihres notwendig fragmentarischen Charakters nicht die Aufforderung an den Leser enthält, alles Nähere durch den Text zu erfahren, um zu einer verwertbaren Aussage zu gelangen (OLG Köln a.a.O.). Das ist nicht der Fall, denn die Schlagzeile ist hinsichtlich der Bedeutung des Begriffs "Gen-Milch" aus sich heraus nicht verständlich und vermittelt dem Leser keine Information darüber, worauf sich die Verwendung dieses Begriffes in Beziehung zur Verfügungsklägerin stützt. Die von der Verfügungsklägerin in Bezug genommene Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg (AfP 1988, S. 247 "Petra Kelly") stellt auf den Kreis der so genannten "Kioskleser" ab, die sich auf die Lektüre der Schlagzeile auf der ersten Seite beschränken. Ein Internet-Artikel, der vom Interessenten erst aufgerufen werden muss, wendet sich hingegen an ein gänzlich anders geartetes und an der Thematik interessiertes Publikum, das sich nicht - wie die Verfügungsklägerin nunmehr meint - durch flüchtiges Surfen im Internet, ähnlich einem Kioskleser, auf die Lektüre der Überschrift beschränken wird. Auch die von der Verfügungsklägerin nunmehr in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 1998, 1381 - "Caroline von Monaco") verhält sich zum Kreis der so genannten Kioskleser und steht nicht entgegen.

Da der Leser folglich gehalten ist, den nachfolgenden Text zur Kenntnis zu nehmen, ist auf den Beitrag insgesamt abzustellen. Dort wird schon aus dem ersten Absatz hinreichend deutlich, dass der Verfügungsbeklagte maßgeblich darauf abstellt, dass die Betriebe der Verfügungsklägerin keine Kontrollen der eingesetzten Futtermittel durchführen. Die darin enthaltene Darstellung ist zutreffend, weshalb sich die Verfügungsbeklagte nicht gegen sie wendet. Namentlich beanstandet die Verfügungsklägerin nicht die Äußerung des Verfügungsbeklagten, er habe bei vier so genannten "N.milch-Höfen" erhebliche Mengen von genmanipuliertem Soja vorgefunden.

Im letzten Satz des dritten Absatzes heißt es zwar, einige Lebensmittelhersteller versuchten, die ihrer Auffassung nach bedenkliche Gesetzeslücke, die darin bestehe, dass die Verfütterung genmanipulierter Stoffe nicht kennzeichnungspflichtig sei, auszunutzen, um Verbrauchern über tierische Produkte Gentechnik unterzuschieben. Darin ist indes nicht die Darstellung enthalten, die so produzierte Milch enthalte Spuren genetisch veränderten Materials oder weise gar ihrerseits genetische Veränderungen auf. Ausdrücklich wird diese Behauptung nicht aufgestellt; ebenso wenig liegt aber eine verdeckte Behauptung mit diesem Inhalt vor. Letzteres wäre nur dann der Fall, wenn der Äußernde durch offene Mitteilung einzelner Tatsachen und Umstände dem Adressaten den Schluss auf eine andere - verdeckte - Tatsache als unabweisbar nahe legte, woran es fehlt. Vielmehr ist der in der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion vielfach verwendete Begriff der "Gentechnik" im Sinne einer menschlichen Einflussnahme auf das Genom einer Art oder eines Individuums inhaltlich mehrdeutig und keiner eindeutigen Bestimmung zugänglich, sondern im jeweiligen Zusammenhang zu betrachten. Eine Einflussnahme im vorstehend genannten Sinne liegt unstreitig im Hinblick auf die genetisch veränderten Futtermittel vor, weshalb der jeweilige Verbraucher durch Konsum der Milch von Kühen, die mit derartigen Stoffen gefüttert worden sind, indirekt von Gentechnik tangiert wird. Der Begriff des "Unterschiebens" besagt in diesem Zusammenhang hingegen nicht zwingend, dass über die Milch ein stofflicher Kontakt zwischen Verbraucher und genetisch verändertem Futtermittel zustande kommt. Vielmehr kann der umgangssprachliche Begriff des "Unterschiebens" auch als bloße wirtschaftliche Berührung und damit in dem Sinne verstanden werden, dass der Verbraucher über den Kauf der Milch den Absatz gentechnisch veränderter Futtermittel fördere und ihm in diesem Sinne die verpönte Gentechnik "untergeschoben" werde.

Dass die so genannte Gentechnik in jeglicher Form von den Mitgliedern und Anhängern des Verfügungsbeklagten abgelehnt wird und diese deshalb bestrebt sind, sie auch nicht indirekt zu fördern, ergibt sich aus dem zweiten Satz des nachfolgenden Absatzes. Daraus wird ersichtlich, dass der Verfügungsbeklagte den Anbau von genmanipulierten Pflanzen nicht - auch nicht indirekt - gefördert sehen will. Der nachfolgende Halbsatz, dadurch lande Gentechnik auf dem Teller, ist schon deshalb nicht zwingend in dem Sinne aufzufassen, es "lande" damit buchstäblich genetisch verändertes Material auf dem Teller. Der Schluss darauf wird auch nicht als unabweisbar nahegelegt, denn von genetisch verändertem Material ist nicht die Rede, sondern nur von Technik. Der Begriff der Technik bezeichnet jedoch etwas Abstraktes, mit dem man lediglich ideell in Berührung kommen kann, während eine stoffliche Berührung nur mit den Produkten der Anwendung von Technik möglich ist. Dass der Beitrag nicht in diesem differenzierenden Sinne verstanden wurde, ergibt sich zumindest aus den vorgelegten Veröffentlichungen in der Presse. Wenngleich sich aus den von der Verfügungsklägerin vorgelegten Reaktionen aus der Öffentlichkeit teilweise ergibt, dass ein Teil der Adressaten die Verfütterung gentechnisch veränderten Materials mit einer Veränderung des Produktes "Milch" gleichsetzt, ist dies durchaus nicht bei allen Reaktionen der Fall. Die von der Verfügungsklägerin vorgelegten Reaktionen haben zudem lediglich als Indiz Bedeutung, dessen Aussagekraft wenig stark ist, zumal nicht ausgeschlossen erscheint, dass sich mehrheitlich solche Leser zu Reaktionen veranlasst gesehen haben mögen, welche die Beiträge in dem von der Verfügungsklägerin dargestellten Sinn aufgefasst haben dürften. Hingegen bleibt offen, wie hoch deren Anteil an der gesamten Leserschaft ist. Eine Bewertung durch das Gericht vermögen sie im Übrigen weder zu ersetzen noch zu binden.

Darauf, ob der Verfügungsbeklagte der Auffassung sein mag, es komme zu einem Transport sogenannter transgener DNA in die Milch - wie es in der Anlage ASt 47 (Bl. 475f. GA) zum Ausdruck kommt - kommt es schon deshalb nicht entscheidend an, weil dies dem Verfügungsbeklagten als Meinungsäußerung nicht verwehrt ist. Entscheidend ist vielmehr, wie die Aussagen in den streitbefangenen Beiträgen in Bezug auf Produkte der Verfügungsklägerin zu werten ist. Der als Anlage ASt 47 vorgelegte, nicht streitgegenständliche Beitrag vom 21.06.2004 gibt im Übrigen den äußeren Vorgang, nämlich dass sogenannte transgene DNA in Tankmilch gefunden wurde, zutreffend wieder. Dem Verfügungsbeklagten ist nicht zu versagen, als solche erkennbare Mutmaßungen darüber anzustellen, wie diese DNA in die Milch gelangt sein könnte. Dies ergibt sich aus nachfolgenden Erwägungen.

Selbst wenn man nämlich davon ausgehen wollte, angesichts des Gesamtzusammenhanges verstehe der Durchschnittsleser die streitbefangenen Beiträge und Äußerungen dahin, der Verfügungsbeklagte wolle zum Ausdruck bringen, Spuren genetisch veränderten Materials ließen sich infolge der Fütterung genetisch veränderter Futtermittel in der Milch nachweisen, wäre diese substanzarm und stellte angesichts des Gesamtzusammenhanges keine Tatsachenbehauptung, sondern eine Meinungsäußerung dar.

Dass die Verfütterung genetisch veränderten Materials Einfluss auf ein Stoffwechselprodukt - hier die Milch - habe und dass sich Spuren des Futtermittels auch in der Milch finden lassen, ist für sich betrachtet zwar ein objektivierbarer und damit theoretisch dem Beweis zugänglicher Umstand. Indes handelt es sich dabei - wie die von beiden Parteien vorgelegten Stellungnahmen belegen - für jeden Durchschnittsleser erkennbar um einen wissenschaftlichen Diskussionspunkt und ist als solche wiederum Meinung. Sachurteile haben dann Meinungsqualität, wenn sie sich nicht in der Aussage über die Wahrnehmung eines Sachverhalts, also einen Deklarationssatz, erschöpfen, sondern Einschätzungen, wie beispielsweise wissenschaftliche Lehrmeinungen (BGH NJW 1978, 751 [752] - Schriftsachverständiger) beinhalten. Für den Bereich eines Sachverständigengutachtens, einer ärztlichen Stellungnahme beziehungsweise einer so genannten Verdachtsdiagnose hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, der Schluss, den ein Sachverständiger in einem Gutachten ziehe, sei in der Regel ein Werturteil und nicht die Behauptung einer Tatsache. Es liege im Wesen des Gutachtens, dass es auf der Grundlage bestimmter Verfahrensweisen zu einem Urteil kommen wolle, das - selbst wenn es äußerlich als Tatsachenbehauptung formuliert worden sei - auf Wertungen beruhe. Zwar könne im Einzelfall auch die gutachtliche Aussage im Rechtssinne eine ein Widerrufsbegehren rechtfertigende Tatsachenbehauptung sein, etwa dann, wenn die der Schlussfolgerung voraus gehende methodische Untersuchung oder die zum Ergebnis führende Anwendung spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten nur vorgetäuscht oder grob leichtfertig vorgenommen worden sei (BGH NJW 1999, 2736 [2737]). Das ist jedoch nicht der Fall.

Zwar hat der Verfügungsbeklagte nicht ausdrücklich ausgeführt, dass der ihm unterstellte Äußerungsgehalt Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion sei, jedoch war dies auch nicht erforderlich. Schon angesichts der überspitzten Formulierung kann der Durchschnittsleser die Äußerung nicht als wissenschaftlich fundierte Tatsache, sondern allenfalls als These und damit als Meinung auffassen. Ob die Verwendung gentechnisch veränderter Futtermittel Einfluss auf die Qualität der Milch hat, ist eine Frage, die für jedermann offenkundig nur anhand naturwissenschaftlicher Methoden festgestellt werden kann. Anders als der Staat ist der Bürger in Ansehung des Grundrechts der Meinungsfreiheit nicht gehalten, mit seiner Auffassung nach berechtigten Warnungen und "Kassandra-Rufen" abzuwarten, bis ein wissenschaftlicher Nachweis vorliegt. Auf den fehlenden wissenschaftlichen Nachweis muss jedenfalls der Bürger entgegen der Ansicht der Verfügungsklägerin nicht hinweisen, so lange er seine Bedenken nicht unter Mitteilung falscher und unvollständiger Tatsachen untermauert. Der Bundesgerichtshof hat dem gemäß eine als Wertung erscheinende Äußerung gleichwohl dann als Tatsachenbehauptung angesehen, wenn und soweit sie mit unrichtigen oder unvollständigen Tatsachen untermauert und belegt wurde (BGH NJW 1987, 1403 [1404] - Türkol). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die zugrunde liegenden Tatsachen sind zutreffend wiedergegeben. Entscheidend ist, dass sich der Verfügungsbeklagte weder besonderer Kenntnisse noch in Bezug auf Produkte der Verfügungsklägerin eines spezifischen unrichtigen Untersuchungsergebnisses berühmt hat. Der Durchschnittsleser kann - den Aussageinhalt unterstellt - zudem nicht davon ausgehen, es handele sich bei diesem plakativen Vorbringen um eine wissenschaftlich erwiesene Tatsache. Dass die Erklärung von einzelnen Verbrauchern - wie die von der Verfügungsklägerin vorgelegten E-Mails belegen - teilweise anders aufgefasst wird, führt zu keiner anderen Betrachtung, zumal aus den Beispielen auch deutlich wird, dass ein Teil der Verbraucher sich zu Nachfragen veranlasst sieht und mithin gerade nicht von einer wissenschaftlich erwiesenen Tatsache ausgeht.

Lediglich bei offenkundig völlig haltlosen oder wissenschaftlich widerlegten Standpunkten mag eine Grenze zu ziehen sein. Widerlegt ist die dem Verfügungsbeklagten zugeschriebene These indes nicht; vielmehr haben sich durchaus Spuren gentechnisch veränderter Futtermittel in einzelnen Milchproben nachweisen lassen, wobei auch in der Wissenschaft wiederum Streit darüber herrscht, worauf dies zurückzuführen ist. Im Übrigen zeigt die Erfahrung, dass die Erfassung biologischer Komponenten von Messverfahren, Gerätegenauigkeit und sich womöglich erst später einstellender wissenschaftlicher Kenntnis davon abhängt, auf welche Indikatoren die Suche zu beziehen sein soll. Letztlich hat auch der von der Verfügungsklägerin selbst ins Feld geführte Sachverständige Prof. Dr. F. eingeräumt, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass mit noch feineren Analysemethoden Spuren der gentechnisch veränderten Futtermittel-DNA nachweisbar sein könnten. Darauf, ob diese Spuren Auswirkungen auf den Organismus haben können, ob mithin die ablehnende Haltung des Verfügungsbeklagten gegenüber gentechnisch veränderten Produkten - also seine Motivation - vom wissenschaftlichen Standpunkt berechtigt erscheint, kommt es hingegen nicht an, denn auch das Äußern vermeintlich unvernünftiger Meinungen wird von Art. 5 GG geschützt. Ob die Bewertung nachvollzogen wird, bleibt jedem Leser selbst überlassen. So lange eine Beeinflussung nicht wissenschaftlich widerlegt ist, bleibt diese Einschätzung und die damit verbundenen Befürchtungen letztlich eine Glaubensfrage und damit Meinung.

Die für die Veröffentlichung staatlicher Informationen geltenden strengeren Anforderungen sind hingegen vorliegend nicht anwendbar. So hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, staatliche Informationen müssten inhaltlich zutreffend und unter Beachtung des Gebots der Sachlichkeit sowie mit angemessener Zurückhaltung formuliert werden (BVerfG NJW 2002, 2621 [2624]- "Glykol"). Unter besonderen Voraussetzungen könne der Staat zwar zur Verbreitung und Information schon dann berechtigt sein, wenn ihre Richtigkeit noch nicht abschließend geklärt sei. Sei der Sachverhalt vor seiner Verbreitung im Rahmen des Möglichen sorgfältig und unter Nutzung der verfügbaren Informationsquellen aufgeklärt worden und verblieben dennoch Unsicherheiten, so sei ein Informationshandeln nur dann zulässig, wenn ein öffentliches Interesse daran bestehe, die Marktteilnehmer über einen für ihr Verhalten wichtigen Umstand, etwa ein Verbraucherrisiko, aufzuklären. Nehme in diesen Fällen der Staat sein Informationsrecht wahr, habe er auf verbleibende Unsicherheiten über die Richtigkeit der Information hinzuweisen. Erweise sich die Information im Nachhinein als unrichtig, dürfe sie nicht weiter verwendet werden, wirke sie fort, so müsse sie korrigiert werden (auch Burkhardt in: Wenzel, a.a.O, Kap. 10, Rz. 275 c). Diese strengen Grundsätze gelten für die Verfügungsbeklagte nicht, da sie sich - im Gegensatz zu Behörden - auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen kann, zumal Träger dieses Grundrechts auch juristische Personen des Privatrechts sein können.

Die von der Rechtsprechung entwickelten sonstigen Grundsätze für das Äußern eines Verdachts sind vorliegend nicht entsprechend anzuwenden, denn sie verhalten sich zum Aufdecken von Verfehlungen und Missständen durch die Presse, nicht jedoch zum Äußern eines "wissenschaftlichen" Verdachts. Auch die zu vergleichenden Warentests entwickelten Grundsätze sind vorliegend nicht anwendbar. Zwar trifft der Verfügungsbeklagte eine Produktaussage, ein unmittelbarer Vergleich mit anderen Herstellern wird jedoch nicht angestellt. Letzteres kann allenfalls im Hinblick auf den sogenannten Ernährungsratgeber angenommen werden, gegen den die Verfügungsklägerin sich jedoch vorliegend nicht wendet.

Ein Anspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß §§ 823, 1004 BGB scheidet aus, da es - wie oben dargelegt - schon an einer Tatsachenbehauptung fehlt. Die Grenze der Schmähkritik ist nicht überschritten, zumal der Begriff der Schmähkritik wegen seiner die Meinungsfreiheit verdrängenden Wirkung eng auszulegen ist. Sie liegt nicht schon in einer überzogenen, ungerechten oder gar ausfälligen Kritik. Hinzu treten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik in erster Linie herabsetzen soll (BVerfG NJW 1995, 3303 [3304]; BGH NJW 2002, 1193). Dies ist indes nicht der Fall, da der Verfügungsbeklagte auf konkreter Tatsachengrundlage, nämlich der Verfütterung gentechnisch veränderter Pflanzen, ein sachliches Anliegen verfolgt. Dient ein Beitrag nicht eigennützigen Zielen, sondern dem Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, dann spricht die Vermutung für die Zulässigkeit einer Äußerung. Dies gilt auch für solche, die in scharfer und abwertender Kritik bestehen, mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden oder in ironischer Weise formuliert sind. In diesem Sinne darf ein Kritiker seine Meinung grundsätzlich auch dann äußern, wenn andere sie für falsch halten (BGH NJW 1994, 124 [126]). So liegt der Fall hier.

b) ASt 14 "Gen-Milch Skandal bei der N. Partei?" vom 28.04.2004

Auch insoweit besteht ein Unterlassungsanspruch nicht. Der Verfügungsbeklagte stellt darin weder eine Tatsachenbehauptung im Sinne des § 824 BGB auf, noch liegt in der Äußerung "Sie sind Mitglied in der N.-Partei? Nix wie raus! " ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Das Behaupten einer den Kredit gefährdenden Tatsache liegt in der Überschrift nicht. Zwar enthält der nachfolgende Text keine Konkretisierung dessen, was unter dem Begriff "Gen-Milch" zu verstehen ist, es gelten jedoch die obigen Ausführungen entsprechend. Schon der überspitzte Charakter der Überschrift mit einem Fragezeichen steht dem Charakter einer Tatsachenbehauptung letztlich entgegen. Der Umstand, dass in der Überschrift nunmehr von einem Gen-Milch Skandal die Rede ist, ist nicht entscheidend. Der Begriff des "Skandals" hat wertenden Charakter; so lange er nicht unter Mitteilung unrichtiger Tatsachen unterlegt wird, ist er als Meinungsäußerung zu qualifizieren.

Zwar enthält der nachfolgende Fließtext keinen konkreten Hinweis darauf, dass der Verfügungsbeklagte den Begriff der "Gen-Milch" auf die Verfütterung gentechnisch veränderten Materials bezieht, darauf kommt es angesichts der Substanzarmut des Begriffs "Gen-Milch" - wie oben dargestellt - aber nicht an. Der Beitrag ist im Übrigen im Zusammenhang mit dem voraufgegangenen Beitrag vom selben Tag zu bewerten, woraus sich der Kontext, in welchen der Begriff "Gen-Milch" gestellt wird, näher ergibt.

In den Äußerungen des letzten Absatzes liegt kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der deliktische Schutz des Gewerbebetriebes richtet sich gegen betriebsbezogene Eingriffe, die den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit betreffen und über eine bloße Belästigung oder sozial übliche Behinderung hinaus gehen (BGH NJW 1999, 279 [281]). Es kann dahin stehen, ob in dem Aufruf "Nix wie raus" ein grundsätzlich das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb beeinträchtigender Boykottaufruf gesehen werden kann, woran zumindest Zweifel bestehen. Von einem Boykott ist nämlich regelmäßig nur bei einem Aufruf zu sprechen, der die Adressaten zu einem bestimmten Verhalten gegenüber einem Dritten veranlassen soll. Wenngleich allgemeingültige Definitionen fehlen, wird er im wettbewerblichen Sinne als Kampfmaßnahme verstanden, durch die ein Gegner mit Hilfe einer organisierten Absperrung vom üblichen Geschäftsverkehr abgeschnitten werden soll (von Strobl-Albeg in: Wenzel, a.a.O., Kap. 5, Rz. 365). Zudem wird das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nur durch spezifische Eingriffe tangiert, die sich gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten. Dabei muss es sich um Eingriffe handeln, denen eine Schadensgefahr eigen ist, die über eine bloße Belästigung oder eine sozialübliche Behinderung hinaus gehen (BGH NJW 1985, 1620 - "Mietboykott").

Da der Aufruf "nix wie raus" sich auf die so genannte "N. Partei", einen Kundenclub der Verfügungsklägerin, bezieht, ist zweifelhaft, ob dadurch der Bereich der unternehmerischen Tätigkeit tangiert ist und ihm eine Schadensgefahr eigen ist. Selbst wenn man das jedoch annehmen wollte, läge jedenfalls kein unzulässiger Eingriff vor. Der Auffangtatbestand des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen sogenannten offenen Tatbestand dar, dessen Verwirklichung die Rechtswidrigkeit noch nicht indiziert. Vielmehr ist die Rechtswidrigkeit des Eingriffs unter Heranziehung aller Umstände durch Abwägung der widerstreitenden Interessen zu prüfen (BGH NJW 1984, 1607 [1609]; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1045).

Die Abwägung ergibt hier ein Überwiegen der Interessen des Verfügungsbeklagten mit der Folge, dass die Rechtswidrigkeit des Aufrufes zu verneinen ist, denn auch so genannte Boykottaufrufe unterfallen dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG. Ein anderes gilt nur dann, wenn der Aufruf sich nicht in einer Meinungskundgabe erschöpft, sondern für den Fall der Nichtbefolgung wirtschaftlicher oder sonstiger Druck angekündigt wird; ein solcher Druck kann auch im Äußern einer unrichtigen Rechtsansicht liegen, verbunden mit dem unrichtigen Inaussichtstellen von nach der Rechtslage nicht bestehenden Regulierungsproblemen einer Haftpflichtversicherung gegenüber ihren Mitgliedern (BGH NJW 1999, 279 [281]).

Der Verfügungsbeklagte hat jedoch weder Druck ausgeübt, noch die Entscheidungsfreiheit der jeweiligen Mitglieder der so genannten N.-Partei beeinträchtigt. Nachteile durch den Verfügungsbeklagten oder einen Dritten für den Fall der Nichtbefolgung des Aufrufs hat die Verfügungsbeklagte hat er nicht in Aussicht gestellt.

Im Bereich des publizistischen Boykotts sind ferner die Motive entscheidend und - damit zusammenhängend - Ziel und Zweck der Aufforderung. Findet die Aufforderung ihren Grund nicht in eigenen Interessen wirtschaftlicher oder wettbewerbender Art, sondern in der Sorge um politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit und dient sie der Einwirkung auf die öffentliche Meinung, spricht dies dafür, dass sie durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt ist, selbst wenn dadurch private und namentlich wirtschaftliche Interessen beeinträchtigt werden. Je weniger es sich um einen Beitrag zum Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt, sondern um eine unmittelbar gegen private oder wirtschaftliche Interessen gerichtete Äußerung im wirtschaftlichen Verkehr, desto größere Bedeutung kommt hingegen dem Schutz wirtschaftlicher Interessen zu (von Strobl-Albeg in: Wenzel, a.a.O. Kap. 4, Rz. 366, S. 306).

Der Aufruf zu vertragswidrigem Verhalten wird nicht vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit erfasst (BGH NJW 1985, 1620 f. - Mietboykott), während nach der Rechsprechung der Aufruf zu einem Verhalten, das dem Adressaten ohne weiteres erlaubt ist, als zulässig angesehen wird, und zwar auch dann, wenn ein solcher Aufruf - gemeinnützige Motive vorausgesetzt - zu einer massenhaften Mobilisierung von Kunden führen kann (OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1045 - Telefongebühren). Indes kann ein Boykottaufruf dann unzulässig sein, wenn er mit unwahren, unredlichen Informationen verbunden ist (BGH NJW 1984, 1607 - Schnellbahntrasse). Soll der Adressat seine Entscheidung in voller innerer Freiheit treffen, darf er nicht getäuscht werden (Möllers ; NJW 1996, 1374 [1376]).

Die vom Verfügungskläger in den zusammen zu bewertenden Beiträge vom 28.04.2004 gegebenen Informationen waren indes richtig. Selbst wenn man in der vorauf gegangenen Darstellung, über die Verfütterung gentechnisch veränderten Materials lande die Gentechnik auf dem Teller, eine Äußerung in dem von der Verfügungsklägerin verstandenen Sinn sehen wollte, stünde deren Unrichtigkeit zum einen weder objektiv fest, noch wäre die Verbreitung einer solchen Darstellung - einen derartigen Aussageinhalt wiederum unterstellt - vorwerfbar, da der Verfügungsbeklagte sich diesbezüglich auf anders lautende Studien berufen kann. Ob die Auswirkungen der vorgefundenen Kontamination gesundheitlich relevant sein können, ist in Ansehung des Grundrechts der Meinungsfreiheit ebenso wenig von Belang wie die wiederum wissenschaftlich umstrittene Frage, wie es zu der Kontamination der Milch kommen konnte. Selbst wenn diese gemäß der Darstellung der Verfügungsklägerin auf Futtermitteleinschwemmungen in die Tankmilch zurückzuführen sein sollten, weil solches allem Anschein nach schwer verhindert werden kann, herrscht diesbezüglich jedenfalls keine wissenschaftliche Klarheit. Außerdem kann ein Interesse daran bestehen, auch solchen Auswirkungen zu entgehen. Im Übrigen sind die Auswirkungen der Verfütterung gentechnisch veränderter Produkte seit längerem und bis heute Gegenstand kontroverser Diskussion. Es besteht angesichts des Zwecks des Verfügungsbeklagten für diesen ein Anliegen, die Öffentlichkeit aufzuklären, damit diese in der Lage ist, gegebenenfalls zu "äußerster Vorsicht" zu greifen und Produkte der Verfügungsklägerin zu meiden. Das kann sich in der Zukunft als wissenschaftlich unbegründet erweisen, völlig haltlos ist dies jedoch nicht.

Soweit im Hinblick auf Boykottaufrufe vereinzelt angeführt wird, sie seien jedenfalls dann rechtswidrig, wenn sie sich gegen Personen richteten, die das Boykottziel nicht erfüllen könnten (Möllers, a.a.O, S. 1376), steht dies vorliegend der Rechtmäßigkeit nicht entgegen, denn die Verfügungsklägerin hat als herrschendes Unternehmen ihrer produzierenden Betriebe Einfluss auf deren unternehmerische Entscheidung, welche Auflagen den Zulieferbetrieben hinsichtlich der Fütterung der Milchkühe gemacht werden sollen. Davon zu trennen ist die Frage, dass ein unmittelbarer Einfluss auf den Verordnungsgeber hinsichtlich der Kennzeichnungspflicht nicht besteht. Die Kennzeichnungspflicht mag ein erwünschtes politisches Ziel sein, dem Verfügungsbeklagten geht es jedoch auch

darum, die Verwendung gentechnisch veränderten Materials nicht wirtschaftlich zu stützen. Insoweit sind die Verfügungsklägerin beziehungsweise deren produzierende Betriebe der richtige Adressat.

Auf die weitere Darstellung der Verfügungsklägerin, eine ausreichende Versorgung mit nicht gentechnisch veränderten Futtermitteln sei nicht gewährleistet und im Übrigen auch nicht wirtschaftlich, kommt es nicht an. Das Angebot an Futtermitteln wird durch die Nachfrage bestimmt; kommt es zu einer vermehrten Nachfrage nicht gentechnisch veränderter Futtermittel, werden diese auch vermehrt angebaut werden. Es wäre der Verfügungsklägerin daher nicht unmöglich, dem Anliegen des Verfügungsbeklagten nachzukommen, so sie dies wünschte.

Dem Verfügungsbeklagten ist nicht entgegen zu halten, sie habe die Betriebe der Verfügungsklägerin "willkürlich" ausgewählt, indem sie andere Betriebe ausspare. Der Meinungskampf zwingt schon nicht zur Einhaltung des für die staatliche Gewalt geltenden Postulats der Gleichbehandlung. Im Übrigen ist die Auswahl aber auch nachvollziehbar, indem sich der Verfügungsbeklagte auf ein führendes und damit wirtschaftlich einflussreiches Unternehmen von hohem Bekanntheitsgrad wesentlich konzentriert, dessen Verhalten eine Sogwirkung auf andere Wettbewerber haben kann. Garantiert die Verfügungsklägerin, dass kein gentechnisch verändertes Futter in ihren Zulieferbetrieben verfüttert werden dürfe, so mögen ihre Wettbewerber schon aus wirtschaftlichen Erwägungen "gleichziehen". Diese Überlegungen und Erwartungen sind jedenfalls nicht verfehlt und auch nicht unzulässig. Darauf, ob die Verfügungsklägerin als Marktführein anzusehen ist oder nicht, kommt es hingegen nicht entscheidend an; die Konzentration auf ihre Betriebe stellt ein ökonomisches und damit nachvollziehbares und nicht vorwerfbares Verhalten dar, da der Verfügungsbeklagte unstreitig keine Wettbewerbsabsichten verfolgt. Ziel und Zweck der Aktionen des Verfügungsbeklagten ist es nicht, die Verfügungsklägerin individuell zu schädigen, diese wird vielmehr erkennbar exemplarisch wegen einer bestimmten Produktionspraxis heraus gegriffen. Hingegen war der Verfügungsbeklagte weder verpflichtet, seine Aktionen auch auf andere Unternehmen zu erstrecken, noch musste er jeweils darauf hinweisen, dass auch andere Unternehmen in gleicher Weise produzieren, denn eine vergleichende beziehungsweise gegenüber stellende Darstellung ist in den Beiträgen des Verfügungsbeklagten erkennbar nicht enthalten.

Dass die Verfügungsklägerin als Einzige Milch von Betrieben beziehe, deren Kühe gentechnisch veränderte Futtermittel erhielten, hat der Verfügungsbeklagte weder ausdrücklich noch verdeckt behauptet. Darauf hat sich das Verfügungsverfahren in seiner bisherigen Form auch nicht bezogen. Soweit die Verfügungsklägerin im Rahmen ihres nachgelassenen Schriftsatzes vom 14.10.2004 nunmehr die Auffassung vertreten hat, dieses Anliegen sei als "Minus" in ihren bisherigen Anträgen enthalten, kann dem nicht gefolgt werden. Dass die Verfügungsklägerin als Einzige in der dargestellten Weise verfahre, betrifft einen anderen Streitgegenstand, den die Verfügungsklägerin, die nicht Berufungsführerin ist, nicht schlicht im Wege des nachgelassenen Schriftsatzes in das Berufungsverfahren einzuführen vermag. Eine gesonderte Hinweispflicht auf die auch von anderen geübte Betrieben geübte Praxis trifft den Verfügungsbeklagten diesbezüglich entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten - da eine vergleichende Darstellung offenkundig nicht erfolgt ist - nicht.

c) "Alles Gen-Milch bei N. - oder was?" Vom 30.04.2004

Hier gelten die obigen Ausführungen zu a) entsprechend.

d)"Alles Gen, Herr N., oder was?" Vom 01.05.2004

Auch dieser Artikel enthält - neben der plakativen - Überschrift, lediglich die Darstellung zutreffender Tatsachen zur Verfütterung gentechnisch veränderter Futtermittel. Hinsichtlich der Äußerung im letzten Satz des vierten Absatzes : "Fehlen diese verbindlichen Schritte, kann der Verbraucher von N. nichts erwarten außer viel heißer Luft und Gen-Milch" ist ebenfalls nicht eindeutig erklärt, dass die Milch genetisch verändert sei, eine unrichtige Bezugnahme auf eine in Wahrheit nicht vorliegende Studie oder Erkenntnis ist nicht erfolgt, weshalb auch diese Äußerung als plakativ und letztlich substanzarm einzustufen ist.

e)"Milchreis ohne N. - leicht gemacht" vom 03.05.2004

Auch im vorliegenden Artikel wird deutlich gemacht, dass es dem Verfügungsbeklagten in erster Linie um die Verfütterung gentechnisch veränderter Futtermittel geht. Der Begriff des "gentechnikfreien Milchreis-Kochen(s)" ist gemäß den vorstehenden Ausführungen zu Ziffer a) im Sinne eines weiten Bezuges zu verstehen, nämlich dahin, dass bei der Herstellung eines Lebensmittels, beginnend vom Rohstoff bis zum Endprodukt "Milchreis", keinerlei Gentechnik einbezogen sein soll. Dass der Begriff der gentechnikfreien Zutaten im zweiten Absatz nicht so aufzufassen ist, dass auch die Milch gentechnisch verändert sei, ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang. Die Fakten werden richtig wieder gegeben. Aus dem vierten Absatz erschließt sich deutlich, dass der Begriff der "Gen-Milch" im Zusammenhang mit der Verwendung so genannten "Gen-Futters" steht, das im Futter-Trog nichts zu suchen habe. Der vierte Absatz schließt mit der Bemerkung, so lange dies (die Verfütterung nicht genetisch veränderter Produkte) nicht garantiert sei, solle jeder seinen Milchreis besser selber kochen. Eine konkrete wissenschaftliche Aussage wird darin nicht gemacht; allenfalls kann dem Satz die Bedeutung beigemessen werden, es werde eine nicht näher konkretisierte Befürchtung beziehungsweise Warnung angedeutet. Diese ist als bloße Empfehlung formuliert und damit Meinung. Als Aufruf, Produkte der Verfügungsklägerin vorerst nicht zu erwerben, ist er zulässig und stellt keinen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Verfügungsklägerin dar. Insoweit wird auf die Ausführungen oben zu Buchstabe b) verwiesen.

f) "Stimme erheben gegen N.milch" vom 10.05.2004

Auch hinsichtlich des dort verwendeten Begriffs der "Gentechnik im Essen" gilt, dass man Technik nicht essen kann, der Ausdruck daher im übertragenden Sinne aufzufassen und im Übrigen substanzarm ist.

g)"Bundesweiter Protest gegen Gen-Milch" vom 17.05.2004

Der Beitrag schildert in zulässiger Weise die von dem Verfügungsbeklagten in insgesamt 50 Städten veranlasste Aktion, in deren Verlauf Produkte der Verfügungsklägerin mit Banderolen gekennzeichnet wurden. Darin ist weder eine kreditgefährdende Tatsache im Sinne des § 824 BGB behauptet worden, noch ist in diesem Beitrag ein Eingriff in den eingerichteten Gewerbebetrieb zu sehen. Der Beitrag selbst macht hinreichend deutlich, dass der Verfügungsbeklagte sich gegen die Verfütterung gentechnisch veränderten Materials wendet. Selbst wenn man in dem Zitat "Gen-Milch - Hände weg!" einen erneuten Boykottaufruf sehen wollte, wäre dieser zulässig, da er von einem sachlichen Anliegen getragen ist und den Leser in hinreichendem Umfang über das Anliegen des Verfügungsbeklagten aufklärt.

Davon ist die Aktion selbst zu trennen, worauf unten näher einzugehen ist.

h) Die im nachgelassenen Schriftsatz vom 14.10.2004 erstmals erwähnten Flugblätter mit den dort aufgeführten Äußerungen sowie die Darstellung zur Aktion vom 03.06.2004 führen zu keiner anderen Betrachtung.

2.

Auch die sonstigen Veranstaltungen in N. und C. sind nicht zu beanstanden. Sie fußen auf dem Recht der Meinungs- und Versammlungsfreiheit; Rechte der Verfügungsklägerin sind nicht verletzt, da der Begriff "Gen-Milch" - wie oben dargestellt - keine Tatsachenbehauptung beinhaltet und im Übrigen aus mitgeführten Plakaten und Fahrzeugen - wie die Lichtbilder belegen - unzweideutig hervorging, worauf der Verfügungsbeklagten den Begriff "Gen-Milch" und seine Ablehnung stützt.

Soweit einzelne Veranstaltungen, beispielsweise diejenige auf dem N.platz in N., die an den Verbraucher gerichtete Aufforderung enthalten, Produkte der Verfügungsklägerin zu meiden, indem dort etwa dargestellt ist, "Echt lecker - geht nur ohne Gen-Milch, Herr N."; hat die Verfügungsklägerin selbst vorgetragen, dass auf der Veranstaltung besonders darauf hingewiesen wurde, dass zum Kochen nur Milch verwendet worden sei, die von Kühen stamme, die kein "Gen-Futter" erhalten hätten. Auf der Veranstaltung wurde zudem Informationsmaterial verteilt, mit der Folge, dass offenkundig gemacht wurde, worum es dem Verfügungsbeklagten bei seiner Aktion ging. Den interessierten Passanten wurde daher die Möglichkeit eröffnet, sich ein Bild zu machen und selbst zu entscheiden, ob sie ihr Konsumverhalten ändern wollten. In der verdeckten Darstellung, dass Produkte der Verfügungsklägerin wegen der Verfütterung von gentechnisch verändertem Material an die Milchkühe nicht lecker seien, liegt eine offenkundige Meinungsäußerung, welche die Verfügungsklägerin nicht diffamiert. Eine unzulässige Formalbeleidigung liegt darin nicht, da die Bewertung erkennbar von einem konkreten Anliegen getragen ist, welches für den Verfügungsbeklagten im Vordergrund steht. Dass sich das Futter auf den Geschmack der Milch auswirke, wird dadurch weder behauptet noch ist dies erkennbar Intention der Parole, zumal jeder Verbraucher offenkundig selbst für sich zu beurteilen vermag, ob ihm die Milch und die Produkte der Verfügungsklägerin schmecken. Aus dem Gesamtzusammenhang wird überdies deutlich, dass der Verfügungsbeklagte zum Ausdruck bringen will, dass ihm der Einsatz bestimmter Produktionsmittel "nicht schmeckt". Darin liegt eine zulässige Meinungsäußerung, welche gegenüber den Belangen der Verfügungsklägerin überwiegt.

3.

Hingegen sind die vom Verfügungsbeklagten veranlassten Klebeaktionen in Supermärkten nicht zulässig, da hierdurch auf die Entscheidung des Konsumenten in unzulässiger Weise eingewirkt und mithin das Recht der Verfügungsklägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt wird. Dies hat zur Folge, dass sie Unterlassung der betreffenden Maßnahmen gemäß §§ 823, 1004 BGB verlangen kann.

Die Aufkleber beinhalten den unzweideutigen Appell, vom Kauf der Ware abzusehen, wobei sie durch die schwarzgelbe Farbe ein besonderes Gefahrenzeichen setzen und sich dessen psychologische Signalwirkung zu nutze machen, die jenseits der sachlichen Information auf die Kaufentscheidung einzuwirken vermag. Entscheidend ist ferner, dass der Begriff "Gen-Milch" im vorliegenden Zusammenhang nicht näher erläutert ist und im Zusammenwirken mit der abrupt wirkenden Aufforderung "Hände weg" in erster Linie auf psychologische Abschreckung setzt, ohne den Verbraucher hinlänglich zu informieren und ihm seine Entscheidungsfreiheit zu belassen. Bei dieser Sachlage überwiegt das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Verfügungsklägerin gegenüber der Meinungsäußerungsfreiheit des Verfügungsbeklagten. Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob bei einzelnen oder womöglich bei allen Aktionen zugleich Informationsblätter verteilt oder aufklärende Plakate aufgestellt worden sein mögen, denn dies reicht angesichts der unmittelbar auf den Produkten aufklebenden Banderolen und der in erster Linie unbewusstpsychologisch wirkenden Signalwirkung nicht aus, um eine hinreichende Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers zu gewährleisten. Der Kauf von Produkten des täglichen Bedarfs, namentlich von solchen, die zum Verzehr bestimmt sind und damit unmittelbar auf den Körper und dessen Unversehrtheit einwirken, wird von unbewusst und schnell wirkenden äußeren Faktoren der Präsentation bestimmt. Ebenso wie Beleuchtung, Platzierung und äußere Gestaltung eines Produktes auf die Kaufentscheidung jedenfalls solcher Kunden Einfluss haben können, die nicht ohnehin als "Stammkunden" einzuordnen sein werden, kann auch eine Banderole Einfluss auf die regelmäßig schnell erfolgende Kaufentscheidung haben. Die Produkte der Verfügungsklägerin werden durch diese Banderole in gewisser Weise stigmatisiert und sind der Gefahr einer jenseits sachlicher Information liegenden Ausgrenzung ausgesetzt, die durch zusätzliche äußere Informationen nicht aufgefangen werden kann. Soweit der Verfügungsbeklagte unmittelbar am Ort der Kaufentscheidung ansetzt und auf die Produkte selbst Zugriff nimmt, verletzt er das Recht der Verfügungsklägerin, weshalb er zur Unterlassung entsprechender Verhaltensweisen verpflichtet ist.

4.

In gleicher Weise wird das Recht der Verfügungsklägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch die Verfremdung ihrer Werbeaktion im Wege eines Internetzeichentrickfilms verletzt, da insoweit die Verunglimpfung der Verfügungsklägerin im Vordergrund steht, denn das sachliche Anliegen als solches wird nicht hinreichend klargestellt.

Die satirische Verfremdung von Werbeaktion wird von der Rechtsprechung als zulässig angesehen, wenn die damit verbundene und auch beabsichtigte Schwächung der Werbekraft vor dem Hintergrund einer Auseinandersetzung mit die Öffentlichkeit betreffenden Fragen und damit durch das Allgemeininteresse motiviert ist. Aktionen, die mit einem Produkt verbundene Gefahren bewusst machen sollen, sind auch dann hinzunehmen, wenn die negative Seite allzu einseitig herausgestellt erscheint und deshalb Absatzeinbußen zu befürchten sind. Art. 5 Abs. 1 GG erlaubt dem Kritiker, seinen Standpunkt in einer solchen Frage überpointiert zur Geltung zu bringen; er ist nicht auf eine ausgewogene oder gar schonende Darstellung beschränkt. Allerdings darf ein Unternehmen nicht ohne sachlichen Bezug zu einem Anliegen in der Weise zur Zielscheibe von Kritik gemacht werden, die es in der Öffentlichkeit diffamiert oder diskriminiert. Auch darf sich eine Kritik, die sich in erster Linie gegen allgemeines Konsumverhalten richtet, nicht allein deshalb auf ein bestimmtes Unternehmen "personifizieren", um dessen Bekanntheitsgrad und Werbekraft auf dessen Kosten für sich auszunutzen. Zielt der Aussagegehalt einer satirischen Werbung jedoch nicht auf die Marke selbst, sondern richtet er sich erkennbar und über die Marken hinweg gegen den Konsum des Produktes schlechthin, der sich lediglich als Prototyp am Produkt eines Unternehmens festmacht, dann ist der darin liegende Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zulässig (BGH NJW 1984, 1956 [1957] - "Mordoro").

So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Verfügungsbeklagte fordert über seine Internetseite den Leser auf, Postkarten auszudrucken, die Werbemotive der Klägerin aufgreifen und Produkte der Verfügungsklägerin verunglimpfen, ohne dass aus den Postkarten deutlich erkennbar wird, wogegen sich die Aktion richtet. Dem jeweiligen Empfänger der E-Card bleibt dies verborgen, so dass es bei der Verunglimpfung der Werbeaktionen der Verfügungsklägerin verbliebt. Zwar ist aus der Aufschrift ersichtlich, dass es um Gentechnik und Genfutter geht, die Einzelheiten werden jedoch nicht dargestellt. Insoweit besteht die Gefahr, dass Empfänger derartiger Karten die Botschaft missverstehen, so dass die Werbeaktionen der Verfügungsklägerin in ihrer Werbewirkung gemindert werden, ohne dass dem jeweiligen Empfänger hinreichend deutlich wird, auf welcher Grundlage das Anliegen verfolgt wird, zumal die Kampagne des Verfügungsbeklagten gegen die Verfügungsklägerin nicht so übergreifend bekannt ist, dass jedem potentiellen Empfänger die Stossrichtung bekannt sein kann. Dies gilt auch für den Zeichentrickfilm in seiner Gesamtheit, der wegen des sich übergebenden "Hungermännchens" und dem Schlusswort der Kuh, das da lautet "Von wegen kleiner Hunger. Bei Gen-Milch kommt mir nur das Kotzen"

nicht hinlänglich klarstellt, worin das Anliegen des Verfügungsbeklagten besteht. Bei dieser Sachlage ist die Entwertung der Werbekampagne durch den Verfügungsbeklagten nicht hinzunehmen, denn sie verletzt die soziale Geltung der Verfügungsklägerin als Wirtschaftsunternehmen. Zwar hat der Bundesgerichtshof in der sogenannten BMW-Entscheidung (BGH NJW 1986, S. 2951) die Verfremdung eines Firmenemblems auch ohne sachlichen Bezug als zulässig angesehen, dem lag jedoch die Besonderheit zugrunde, dass dem Unternehmen der geschützte Bereich wirtschaftlicher Entfaltung nicht wirklich streitig gemacht wurde, weil die verzerrende Darstellung als Scherz offenkundig war. Davon unterscheidet sich der vorliegende Fall, denn der Verfügungsbeklagte greift durch den Zeichentrickfilm Produkte der Verfügungsklägerin in der Sache an, ohne hinreichende Aufklärung darüber zu gewährleisten, worauf sich diese Ablehnung stützt. Dadurch wird das Recht der Verfügungsklägerin in unzulässiger Weise beeinträchtigt.

Ein Verfügungsgrund ist gegeben, denn sowohl durch eine weitere Verbreitung des Zeichentrickfilms als auch durch weitere Verklebeaktionen würden die wirtschaftlichen Belange des Verfügungsbeklagten unmittelbar und in nicht rückgängig zu machender Weise beeinträchtigt. Darauf, wie lange einer einzelnen Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin die Verwendung des Begriffs "Gen-Milch" im Rahmen eines Ernährungsratgebers des Verfügungsbeklagten bekannt war, kommt es nicht an. Entscheidend ist zum einen die Kenntnis der Geschäftsleitung und damit der Entscheidungsträger. Aus deren anfänglicher Untätigkeit kann zum anderen schon deshalb nicht darauf geschlossen werden, für die Verfügungsklägerin sei die Angelegenheit nicht eilbedürftig, da sich erst in der Folgezeit die erheblichen weiteren Aktionen des Verfügungsbeklagten ergaben, die nunmehr Gegenstand des Verfahrens sind und dieses auf eine andere Grundlage stellen. Der Zulässigkeit des Antrags steht im Übrigen nicht entgegen, dass die Verfügungsklägerin offenbar zunächst beim Landgericht Hamburg erfolglos versucht hat, den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen der Veröffentlichungen im Ernährungsberater zu erwirken.

III.

Die mit Schriftsatz vom 25.10.2004 erklärte Antragsrücknahme bleibt wirkungslos, denn dem Schriftsatz ist nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit zu entnehmen, was zurück genommen sein soll. Die Antragstellerin stellt den Umfang ihrer Rücknahme in Bezug zu Elementen der Anspruchsvoraussetzung. Damit würde der Umfang der Rücknahme letztlich von der Entscheidung des Gerichts und dessen Wertung der Sache abhängig.

Ein Hinweis hierauf vor der Entscheidung war nicht erforderlich, da nach den Ausführungen des Urteils die Antragstellerin durch präzise Rücknahme ihrer Anträge in der Sache nicht mehr hätte erzielen können. Die bloße Erzielung einer Kostenersparnis ist erkennbar nicht das Ziel der Antragstellerin.

Der Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 27.10.2004 ergibt keine abweichende Sicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO; eine Vollstreckbarkeitsentscheidung erübrigt sich, da dieses Urteil mit seiner Verkündung rechtskräftig wird, § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Aus diesem Grunde unterbleibt auch eine Entscheidung über die Zulassung der Revision.

Streitwert:

1. Instanz: 175.000,00 EUR

2. Instanz: 150.000,00 EUR