LAG Düsseldorf, Urteil vom 25.02.2004 - 12 Sa 1750/03
Fundstelle
openJur 2011, 27617
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 14 Ca 6287/03

Die Regelung in ministeriellen Runderlässen, dass Lehrkräfte mit der Befähigung für die Lehrämter der Sekundarstufen I und II, die in einer Laufbahn des gehobenen Dienstes beschäftigt sind, sich erst nach einer Mindestbeschäftigungszeit um ausgeschriebene Stellen des höheren Dienstes (VergGr. II a BAT, BesGr. A 13 Z BBesG) bewerben können, verstößt gegen Art. 33 Abs. 2 GG und ist daher unwirksam.

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 13.10.2003 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob das beklagte Land für die Sekundarstufe I eingestellte und nach VergGr. III BAT (BesGr. A 12 BBesO) vergütete Lehrkräfte trotz Lehramtsbefähigung auch für die Sekundarstufe II fünf Jahre lang von Bewerbungsverfahren um ausgeschriebene Stellen der Sekundarstufe II (VergGr. II a BAT = BesGr. A 13 Z BBesO) ausschließen darf.

Der Streit hat folgenden Hintergrund:

Bewerber mit der Lehramtsbefähigung sowohl für die Sekundarstufe II (höherer Dienst) als auch für die Sekundarstufe I (gehobener Dienst) haben die Möglichkeit, sich an Einstellungsverfahren für beide Laufbahnen zu beteiligen. Regelmäßig nehmen sie ein Einstellungsangebot in der Sekundarstufe I nur deshalb an, weil sie für eine solche Stelle aufgrund der Bestenauslese nicht ausgewählt worden sind oder weil eine Stelle in der Sekundarstufe II mit der entsprechenden Fächerkombination mangels Bedarfs nicht ausgeschrieben ist. Nach ihrer Einstellung für die Sekundarstufe I ist diesen Lehrkräften vielfach alsbald an einem Laufbahnwechsel in eine Schulform der Sekundarstufe II gelegen. Im Hinblick auf eine gesicherte und kontinuierliche Stellenbesetzung und Unterrichtserteilung einerseits und das Interesse der Lehrkräfte an einem Laufbahnwechsel andererseits hat das beklagte Land durch Runderlasse des Ministers für Schule, Jugend und Kinder den Laufbahnwechsel geregelt. Mit Runderlass vom 12.12.2000 (dort unter Nr. 5) und nunmehr mit Runderlass vom 16.12.2003 (dort unter Nr. 5.2) wurde festgelegt, dass Lehrkräfte mit der Befähigung für die Lehrämter der Sekundarstufen II und I, die in einer Laufbahn des gehobenen Dienstes beschäftigt sind, sich erst nach einer Mindestbeschäftigungszeit von fünf Jahren im Dauerbeschäftigtenverhältnis im aktiven Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen bei allen ausgeschriebenen A 13 Z-Stellen beteiligen können.

Der Kläger verfügt über die - im Jahr 1988 erworbene - Lehramtsbefähigung für die Sekundarstufe II in der Fächerkombination Chemie/Erdkunde und über die - im Jahr 1997 erworbene - Lehramtsbefähigung für die Sekundarstufe I. Mit Arbeitsvertrag vom 02./10.08.2000 wurde er zum 14.08.2000 unter Eingruppierung in VergGr. III BAT als vollbeschäftigte Lehrkraft in den Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen eingestellt und an der Gemeinschaftshauptschule W.-Süd eingesetzt.

Als sich der Kläger im September 2002 im Rahmen eines schulscharfen Ausschreibungsverfahrens auf BAT II a/A 13 Z-Stellen an zwei Berufskollegs im Bereich der Bezirksregierung Düsseldorf bewarb, scheiterte die Bewerbung an der Freigabeerklärung der beschäftigenden Schule. Danach bewarb er sich im Rahmen weiterer schulscharfer Ausschreibungsverfahren unter dem 02.02.2003, dem 10.02.2003, dem 09.04.2003 mit Versetzungsanträgen auf mehrere Stellen im Gesamtschul-, Gymnasialbereich und berufsbildenden Bereich. Er wurde jedoch zu keinem der Auswahltermine geladen. Vielmehr teilte die Bezirksregierung Düsseldorf ihm mit Schreiben vom 07.05.2003 unter Hinweis auf den Runderlass vom 12.12.2000 mit, dass er die Voraussetzung für die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren, die Mindestbeschäftigungszeit von fünf Jahren, nicht erfülle. Mit Versetzungsantrag vom 29.06.2003 bewarb der Kläger sich wiederum um eine BAT II a-Stelle, die am Berufskolleg Mönchengladbach bis zum 03.07.2003 ausgeschrieben war. Nachdem die Bezirksregierung Düsseldorf mit Schreiben vom 04.07.2003 unter Verweis auf die fehlende Mindestbeschäftigungszeit von fünf Jahren die Bewerbung des Klägers ausgeschlossen hatte, stellte der Kläger unter dem 14.07.2003 beim Arbeitsgericht Düsseldorf (14 Ga 83/03) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel, die ausgeschriebene Stelle einstweilen nicht zu besetzen und ihn, den Kläger, im Bewerbungsverfahren zuzulassen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 17.07.2003 stellte sich heraus, dass das Bewerbungsverfahren abgeschlossen war und einem anderen Bewerber eine Einstellungszusage erteilt worden war. Daraufhin nahm der Kläger den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.

Mit der vorliegenden, im Juli 2003 vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf erhobenen Feststellungsklage will der Kläger erreichen, dass das Land seine Bewerbungen um BAT II a/A 13 Z-Stellen bereits vor Ablauf der Mindestbeschäftigungszeit von fünf Jahren berücksichtigt. Er macht für sein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO geltend, dass das einstweilige Verfügungsverfahren keinen effektiven Rechtsschutz gewährleiste, weil zu dem Zeitpunkt, in dem nach Eingang der Ablehnungserklärung und Anbringung des Verfügungsantrages die Gerichtsverhandlung stattfinde, oftmals der Auswahltermin (ohne Berücksichtigung seiner Bewerbung) bereits stattgefunden habe; zudem sei von der Nachholung eines Auswahltermins vor einer Auswahlkommission, die grundsätzlich bereits zuvor eine Entscheidung zu Gunsten eines anderen Bewerbers getroffen habe, nicht zu erwarten, dass wirkliche Chancengleichheit bestehe. Der Kläger ist der Auffassung, dass die derzeitige Erlasslage zum Laufbahnwechsel gegen das Prinzip der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG, § 7 LBG NRW verstoße. Die fünfjährige Wartezeit sei nicht mit den Merkmalen der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung in Einklang zu bringen. Organisatorische Erwägungen des Landes und der Aspekt der ausreichenden Unterrichtsversorgung könnten nicht das grundgesetzlich garantierte Prinzip der Bestenauslese ausschalten, zumal es etwa durch das Instrument der Freigabeerklärung möglich sei, hinreichende Vorkehrungen zu treffen und auf organisatorische Schwierigkeiten im konkreten Einzelfall Rücksicht zunehmen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass er sich im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens bei allen Ausschreibungsschritten um ausgeschriebene A 13 Z-Stellen beteiligen kann und das Land Nordrhein-Westfalen seine Bewerbung in die Auswahlentscheidung einbezieht, ohne dass er eine Mindestbeschäftigungszeit von fünf Jahren im Dauerbeschäftigungsverhältnis im aktiven Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen nachweist.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die im Runderlass vom 12.12.2000 normierte Wartefrist mit seiner Organisationshoheit und Erwägungen der schulischen und schulaufsichtsbehördlichen Planung und Organisation verteidigt und vorgetragen, dass eine Planungssicherheit hinsichtlich der ausreichenden Unterrichtsversorgung der Schüler mit dem vorhandenen Lehrerpersonal nur gewährleistet sei, wenn mittels festgelegter Wartezeiten eine Lehrkraft an ihrem Weggang durch Versetzung gehindert werden könne. Des Weiteren hat das Land für die Wartezeit geltend gemacht, dass die Unterrichtskontinuität an den Schulen sichergestellt werden müsse.

Durch Urteil vom 13.10.2003 hat das Arbeitgericht Düsseldorf der Klage stattgegeben. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift das beklagte Land das Urteil, auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, an und beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 13.10.2003 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I. Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung der Klage stattgegeben. Die Kammer sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von der wiederholenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Auf die Angriffe der Berufung ist dem erstinstanzlichen Urteil das Folgende anzufügen.

1. Die Vorinstanz hat zu Recht die Feststellungsklage für zulässig erachtet.

a) Das beklagte Land zeigt sich gegenwärtig deswegen nicht bereit, Bewerbungen des Klägers um BAT II a/A 13 Z-Stellen zu akzeptieren, weil es der Auffassung ist, dass die im Runderlass statuierte fünfjährige Wartefrist rechtens sei. Damit entspricht es der Prozessökonomie, zunächst im Wege der Feststellungsklage die Obliegenheit des Landes zu klären, ob es Bewerbungen des Klägers einzubeziehen hat oder nicht. Das erstrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Verfügungsverfahren und Prozesse zwischen ihnen zu verhindern. Indem von dem Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits die Behandlung künftiger Bewerbungen des Klägers abhängt, ist der Rechtskreis des Klägers unmittelbar betroffen. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes geht es daher nicht um das bloße Anliegen des Klägers, im Sinne eines Rechtsgutachtens vom Gericht bescheinigt zu bekommen, dass er im Recht sei.

Der Kläger ist nicht auf die Möglichkeit der Konkurrentenklage zu verweisen (vgl. BAG, Urteil vom 21.01.2003, 9 AZR 72/02, AP Nr. 59 zu Art 33 Abs. 2 GG, Urteil vom 28.05.2002, 9 AZR 751/00, AP Nr. 56 zu Art 33 Abs. 2 GG). Über die Konkurrentenklage wird, weil eine schulscharf ausgeschriebene Stelle zügig besetzt zu werden pflegt, regelmäßig zu spät entschieden werden. Ebenso wenig ist es dem Kläger zuzumuten, jeweils um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen, sobald er die Mitteilung erhält, dass er abgelehnt worden sei. Wie die bisherige Bewerbungshistorie belegt, kommt der Kläger mit einem Verfügungsantrag oftmals zu spät, weil die Stelle bereits besetzt ist. Das liegt, wie das Arbeitsgericht zutreffend und von der Berufung auch nicht angegriffen, ausgeführt hat, an dem gerichtsbekannten Umstand, dass Zustellungen im Haus der Bezirksregierung Düsseldorf nicht immer zeitnah sichergestellt werden können . Somit hilft es dem Kläger auch nicht weiter, dass der öffentliche Arbeitgeber verfassungsgerichtlich angehalten ist, das einer etwaigen Konkurrentenklage vorgelagerte Auswahlverfahren so ausgestalten, dass gerichtlicher Rechtsschutz nicht vereitelt oder unzumutbar erschwert wird (BVerfG, Beschluss vom 19.09.1989, NJW 1990, 501). Umgekehrt erscheint es aus Sachgründen wenig sinnvoll, dem öffentlichen Arbeitgeber vorzuschreiben, das Auswahlverfahren derart in die Länge zu ziehen, dass abgelehnte Bewerber durch Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes stets die Besetzung einer Stelle verhindern können.

Das Feststellungsinteresse ist schließlich unter dem Aspekt zu bejahen, dass bei schuldhaftem Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG dem zu Unrecht übergangenen Bewerber lediglich ein auf Geld gerichteter Schadenersatzanspruch zusteht. Demgegenüber zielt die begehrte gerichtliche Überprüfung der Wartefrist, wie sie in den streitbefangenen Runderlassen festgelegt ist, auf die unmittelbare Erfüllung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG und damit auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes.

b) Ohne Erfolg reklamiert das beklagte Land, dass das Feststellungsinteresse für den Antrag insoweit fehle, als streitlos dem Kläger nach Ablauf der fünfjährigen Dienstzeit die Teilnahme am Laufbahnwechselverfahren gestattet sei. Der Antrag des Klägers betrifft explizit nur Bewerbungen während der Wartefrist ( ... ohne dass der Kläger eine Mindestbeschäftigungszeit von fünf Jahren ... nachweist. )

c) Schließlich ist der Feststellungsantrag hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er gibt den genauen Inhalt des Feststellungsbegehrens wieder, der in Rechtskraft erwachsen soll (vgl. BAG, Urteil vom 23.01.1992, 6 AZR 87/90, AP Nr. 39 zu § 611 BGB Direktionsrecht).

2. Die in Nr. 5 des Runderlasses des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12.12.2002 (jetzt Nr. 5.2 des Runderlasses vom 16.12.2003) statuierte Wartefrist verstößt gegen die Prinzipien des Art. 33 Abs. 2 GG. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt und begründet.

a) Der Kläger ist durch die Wartefrist in seinem subjektiven Recht auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt, weil das Zugangskriterium der Wartefrist von externen Bewerbern nicht erfüllt werden muss.

b) Das beklagte Land kann sich für die vorgenommene Differenzierung bei der Festlegung des Bewerberkreises nicht auf sein Organisationsermessen berufen. So führt das erstinstanzliche Urteil im Einklang mit der Spruchpraxis des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 18.09.2001, 9 AZR 410/00, AP Nr. 52 zu Art 33 Abs. 2 GG [zu II 3 e aa der Gründe]) zutreffend aus:

Zum einen stellt die streitgegenständliche Regelung des Runderlasses keine Auswahlentscheidung in dem Sinne dar, dass der Bewerberkreis auf eine bestimmte Gruppe von Bewerbern, nämlich Versetzungsbewerber, Beförderungsbewerber oder Neubewerber, festgelegt wurde. Die Fünfjahresfrist stellt vielmehr bereits eine inhaltliche Beschränkung innerhalb der Gruppe der Versetzungs- und Beförderungsbewerber dar. Hat der Dienstherr jedoch einmal sowohl Beförderungsbewerber als auch Neubewerber für eine Stellenausschreibung zugelassen, kann eine Auswahl innerhalb dieser Gruppen nur noch nach den Kriterien der Bestenauslese des Art. 33 Abs. 2 GG erfolgen. Ein für alle Bewerber gleichberechtigtes Auswahlverfahren ist nur dann in verfassungsrechtlich gebotener Art und Weise gewährleistet, wenn jeder interessierte Bewerber an jedem Einstellungsverfahren teilnehmen kann und dabei ausschließlich anhand der Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG beurteilt wird.

Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, dass das beklagte Land die Festlegung der fünfjährigen Wartezeit im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens vorgenommen hat. Hier stellt sich die Frage, warum zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Unterrichtsversorgung eine Wartezeit von fünf Jahren der Versetzungs- und Beförderungsbewerber erforderlich ist. Offensichtlich ging das beklagte Land nach alter Erlasslage selbst davon aus, dass eine Wartezeit von drei Jahren verbunden mit einer Freigabeerklärung der betroffenen Schule Sicherheit in der Planung und eine Unterrichtsversorgung hinreichend gewährleiste. Auch unter Berücksichtigung der normalen Fluktuationen der Beschäftigten an einer Schule im Hinblick auf Mutterschutz und Elternzeit, Krankheitsausfälle und Erreichen der Altersgrenze ist nicht ersichtlich, warum gerade ein Fünfjahreszeitraum als erforderlicher Planungszeitraum sichergestellt werden muss. Darüber hinaus ist nicht nachvollziehbar, inwiefern bei Ablauf der fünfjährigen Wartezeit das beklagte Land im Hinblick auf den konkreten Bewerber die Unterrichtsversorgung besser gewährleisten kann, obwohl auch in diesem Fall eine konkrete Neubesetzung und Planung erst vorgenommen werden kann, wenn der bereits fünf Jahre beschäftigte Lehrer sich tatsächlich bewirbt und im Rahmen des Auswahlverfahrens erfolgreich ist. Im Übrigen könnte das beklagte Land organisatorische Vorkehrungen treffen, um die Stelle eines Versetzungsbewerbers rechtzeitig anderweitig zu besetzen. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Ausschluss von bereits angestellten Lehrern von Versetzung und Beförderung auch unter dem Aspekt der Berufswahlfreiheit nicht zu rechtfertigen.

c) Ohne Erfolg beruft sich das Land darauf, dass die Verwaltungsgerichte bisher in Eilverfahren die Wartefrist nicht beanstandet hätten.

Vorab ist festzuhalten, dass Arbeits- und Beamtenverhältnisse sich so wesentlich voneinander unterscheiden, dass sie miteinander nicht verglichen werden können (BAG, Urteil vom 15.02.1971, 4 AZR 147/70, AP Nr. 38 zu §§ 22, 23 BAT, Urteil vom 17.10.1992, 10 AZR 306/91, AP Nr. 105 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Die öffentlichrechtlich geregelten Dienstverhältnisse unterliegen eigenen Prinzipien, namentlich dem Alimentations- und Lebenszeitprinzip. Diese Prinzipien beanspruchen für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse keine Geltung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.07.1998, AP Nr. 26 zu § 18 BetrAVG, BVerwG, Urteil vom 12.12.1979, Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 17). Beamte stehen in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, wohingegen Angestellte in einem Arbeitsverhältnis und damit entsprechend den Regelungen des bürgerlichen Rechts beschäftigt werden, auch wenn ihr Rechtsverhältnis in vielfacher Hinsicht dem der Beamten angenähert ist. Würde die Unterschiedlichkeit zwischen Arbeits- und Beamtenverhältnissen auch für die Regelungsmaterie des Art. 33 Abs. 2 GG gelten, bedarf es hier keiner Erörterung, ob für den Beamtenbereich eine fünfjährige Wartefrist tolerierbar wäre.

Immerhin mag im Rahmen des Art. 33 Abs. 2 GG einiges dafür sprechen, dass eine differenzierte Behandlung der verschiedenen Beschäftigtengruppen des öffentlichen Dienstes grundsätzlich unzulässig ist (BAG, Urteil vom 02.12.1997, 9 AZR 668/96, AP Nr. 41 zu Art 33 Abs. 2 GG). Unter dieser Prämisse wäre auch im Beamtenbereich die Einschränkung des Bewerbungsverfahrensanspruchs von Beschäftigten durch eine Wartefrist gegenüber externen Bewerbern nicht zu rechtfertigen. Denn neben dem Leistungsprinzip nachrangiger Auswahlkriterien können nur zum Zuge kommen, wenn zwischen internen Bewerbern (Bediensteten) und externen Bewerben nicht mehr als ein nur "geringfügiger Beurteilungsunterschied" besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.12.1994, AP Nr. 13 zu § 2 BAT SR 2y). Diese Vorgabe wirkt sich auf die Zulassung von Bediensteten zu allgemein ausgeschriebenen Stellen aus. So würde die wegen der Qualifikation eines bestimmten Bewerberkreises festgelegte Bewährungszeit und die Feststellung der Bewährung zwar in das Organisationsermessen des Dienstherrn fallen. Die streitgegenständliche Wartefrist ist jedoch nicht als Bewährungszeit gestaltet, sondern errichtet praktisch eine zeitlich befristete Zugangssperre zu einem öffentlichen Amt. Dass die Wartefrist von fünf Jahren nicht geringfügig ist, liegt auf der Hand.

e) Ausreichende dienstliche Gründe stehen einer mit einem Laufbahnwechsel verbundenen Versetzung des Klägers nicht entgegen. Soweit die Versetzung mit dem Interesse des Landes an Planungssicherheit und an Kontinuität der Stellenbesetzung kollidiert und sich aus ihr die (organisatorisch aufwändige) Notwendigkeit der Wiederbesetzung der Stelle und Einarbeitung des neuen Stelleninhabers ergibt, macht das beklagte Land Gründe geltend, die üblicherweise mit jeder Versetzung verbunden sind und per se nicht ausreichen, um eine von den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG abweichende Auswahlentscheidung zu rechtfertigen oder einen Versetzungsbewerber von vornherein nicht in das Auswahlverfahren einzubeziehen (BAG, Urteil vom 05.11.2002, 9 AZR 451/01, AP Nr. 57 zu Art. 33 Abs. 2 GG).

Richtig ist, dass ein pädagogisches Interesse an Unterrichtskontinuität besteht. Wenn dieses Interesse durch einen Lehrerwechsel während der Unterrichtsperiode (meist das Schuljahr) beeinträchtigt wird, so rechtfertigt es gerade und nur den Ausschluss von Versetzungen im Laufe der Unterrichtsperiode bzw. die Bindung an eine Freigabeerklärung und keine Wartezeit von just fünf Jahren.

Im Übrigen eröffnet das Arbeitsrecht dem (öffentlichen) Arbeitgeber, der an einem für längere Zeit eingegangenen Arbeitsverhältnis interessiert ist, die Möglichkeit, den Arbeitnehmer durch einen auf bestimmte Dauer geschlossenen, nicht kündbaren Vertrag zu binden (vgl. § 620 Abs. 1, § 15 Abs. 1, 4 TzBfG).

f) Im Licht des Art. 33 Abs. 2 GG stellt es keine Kompensation für die Wartefrist dar, dass Lehrkräfte, die in der Sekundarstufe I die fünfjährige Wartefrist absolviert haben, bei Bewerbungen von der Auswahlkommission gemeinsam mit anderen Bewerbern einzuladen sind (Nr. 5 S. 2, letzter Satz des Runderlasses vom 12.12.2000). Zum einen begründet die Einladung nicht mehr als eine rechtlich ungesicherte Exspektanz auf die Stelle. Zum anderen bleibt das Land verpflichtet, den am besten geeigneten und befähigten Bewerber auszuwählen. Es darf nicht ohne weiteres aus der zurückgelegten Wartezeit Rückschlüsse auf eine "bessere" Eignung des internen (Laufbahnwechsel-) Bewerbers gegenüber dem externen Bewerbern ziehen (vgl. BAG, Urteil vom 18.09.2001, a. a. O.).

So hat das LAG Hamm (Urteil vom 25.09.2003, 11 Sa 265/03, n. v.) erkannt: Es verstößt gegen das Gebot der Bestenauslese und damit gegen die Vorgabe des Artikel 33 Abs. 2 GG, wenn das beklagte Land seine Entscheidung für oder gegen eine Höhergruppierung von Gesamtschullehrern mit gleichzeitiger Qualifikation für beide Sekundarstufen allein davon abhängig macht, ob der betreffende Lehrer zu einem bestimmten Zeitpunkt bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum beklagten Land stand oder nicht. Die bloße Dauer des Bestandes eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist nicht aussagekräftig für eine bessere oder schlechtere Eignung, Befähigung oder Leistung der jeweiligen Lehrkraft. Die in früheren Jahren eingestellten Gesamtschullehrer mit Doppelqualifikation sind nicht zwangsläufig die besser qualifizierten Lehrkräfte. Das beklagte Land hätte entsprechend dem Gebot des Art. 33 Abs. 2 GG nach Leistungskriterien auswählen müssen. Es hätte bei der Frage der Höhergruppierung insbesondere nach Examensnoten und nach den im Anstellungsverhältnis bisher gezeigten Leistungen der Lehrer differenzieren und auswählen müssen... .

Diese Erwägungen treffen auch sonst auf Bewerbungen von Sekundarstufe I-Lehrern auf Sekundarstufe II-Stellen zu. Jedenfalls gibt der bloße Ablauf einer Wartefrist keinen ausreichenden Grund dafür her, dem bereits beschäftigten Lehrer bei der Vorauswahl bzw. über das Auswahlgespräch gegen das Gebot der Bestenauslese, z. B. im Rahmen einer ergebnisorientierten, anteiligen Berücksichtigung von Laufbahnwechslern, einen amorphen Bewerbungsbonus zuzugestehen. Anders mögen die Dinge liegen, wenn etwa die Leistungen während der Wartezeit-Beschäftigung im Rahmen eines allgemeinen, strukturierten Beurteilungsverfahrens erfasst, ausgewertet und dann nach Maßgabe der positiven oder negativen Leistungsbeurteilung bestimmte Auf- oder Abschläge in Bezug auf den Examensnotendurchschnitt als Auswahlkriterium vorgesehen werden würden. Eine solche Ausgestaltung hat das Land dem Laufbahnwechselverfahren indessen nicht gegeben.

g) Inwieweit Bewerbungen des Klägers um A 13 Z-Stellen aufgrund seines aus den Staatsexamen ermittelten Notendurchschnitts erfolgversprechend sind oder ob, wie das Land meint, die Tätigkeit auf einer A 12-Stelle alternativlos ist, kann dahin stehen. Das Land hat den Kläger, wenn er aufgrund seiner Lehramtsbefähigung für die Sekundarstufe II sich auf schulscharf ausgeschriebene Stellen mit seiner Fächerkombination bewirbt, in das Auswahlverfahren einzubeziehen. Ob der Kläger in dem konkreten Verfahren Chancen hat, wird nicht zuletzt von anderen Bewerbungen abhängen. Selbst wenn er keine Chance hat, kann er sie nutzen.

II. Gibt es nach allem an dem erstinstanzlichen Urteil nichts zu erinnern, ist die erfolglose Berufung auf Kosten des beklagten Landes (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

Die Kammer hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von dem beklagten Land

REVISION

eingelegt werden.

Für den Kläger ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss

innerhalb einer Notfrist von einem Monat

nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim

Bundesarbeitsgericht,

Hugo-Preuß-Platz 1,

99084 Erfurt,

Fax: (0361) 2636 2000

eingelegt werden.

Die Revision ist gleichzeitig oder

innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils

schriftlich zu begründen.

Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Dr. Plüm Moutarde Kirschall