OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.05.2003 - 8 A 4229/01
Fundstelle
openJur 2011, 25908
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 4. September 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Forstgutes D. mit einer Größe von insgesamt ca. 3.800 Hektar.

Im Sommer 2000 entnahm er im Internet veröffentlichten Karten und Daten, dass das beklagte Land beabsichtigte, einen großen Teil seiner Forstflächen in die Gebietsauswahl für die FFH- Richtlinie nach §§ 19 b Abs. 1 Satz 1 BNatSchG a.F., 48 b LG NRW einzubeziehen und zwar in die Gebiete DE-4322-301 "Wälder um C. ", DE-4222-301 "Wälder der X. " und DE- 4221-301 "Stadtwald C. ". Den veröffentlichten Unterlagen zufolge sollte die Aufnahme der Gebiete in die Vorschlagsliste u.a. auf das Vorliegen prioritärer Lebensräume gestützt werden.

Mit Stellungnahme vom 15./17. August 2000 trug der Kläger vor, die veröffentlichten Gebietsvorschläge genügten jedenfalls im Hinblick auf seine Flächen teilweise schon wegen formaler Mängel nicht den naturschutzfachlichen Maßgaben nach § 48 b LG NRW. Es fehle an einer ausreichenden Datengrundlage, an geeigneten Vergleichsgrößen, einer Inbezugsetzung zur kontinentalen biogeografischen Region, einem Abgleich mit den Daten aus Niedersachsen, einer ausreichenden Binnendifferenzierung und der erforderlichen Anhörung der Betroffenen. Ferner erhob der Kläger zu den einzelnen Gebieten zahlreiche fachspezifische Einwände, die das Vorkommen von bestimmten Lebensraumtypen, deren an ihren Flächenanteil zu messende Signifikanz, ihren Erhaltungszustand und ihre Wiederherstellbarkeit, ihre Repräsentativität und die Kohärenz der eigenen Flächen betrafen. Das FFH-Schutzregime greife schon vor der eigentlichen Listung im Sinne von Artikel 4 Abs. 2 FFH-RL und belaste die Ertragskraft seines Forstbetriebes auf vielfache Weise. Späterer Rechtsschutz sei unzumutbar.

In dem sich anschließenden Anhörungsverfahren bei der höheren Landschaftsbehörde gelang es dem Kläger nicht, seine Positionen durchzusetzen. Am 10. November 2000 teilte ihm das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNLV) mit, dass auf der Basis des von der Bezirksregierung E. vorgelegten Berichtes über die Anhörung nunmehr eine abschließende Gebietsabgrenzung vorliege. Die Meldung der Gebiete so, wie sie die Bezirksregierung gegenüber dem Kläger vertreten habe, sei auch unter Berücksichtigung des am 18. Dezember 1992 zwischen den Parteien geschlossenen Naturschutzvertrages nach der FFH-Richtlinie fachlich zweifelsfrei erforderlich.

Am 15. November 2000 hat der Kläger daraufhin in dem Verfahren 1 L 1391/00 beim Verwaltungsgericht Minden eine einstweilige Anordnung mit dem Ziel beantragt, dem Land Nordrhein-Westfalen aufzugeben, es bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu unterlassen, die vorgesehenen Flächen in die Gebietsauswahl einzubeziehen. Dies hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 17. November 2000 mit der Begründung abgelehnt, es bestehe kein Bedürfnis zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Eine dem Begehren entsprechende vorbeugende Unterlassungsklage im Verfahren der Hauptsache sei unzulässig. Der Kläger sei auf die Möglichkeit zu verweisen, Rechtsschutz nachträglich auf andere Weise zu erlangen.

Gleichzeitig hat der Kläger Klage erhoben, mit der er zunächst ebenfalls zu verhindern begehrte, dass das Land die in seinem - des Klägers - Eigentum stehenden Flächen durch Beschluss oder in sonstiger Weise in die Gebietsauswahl nach § 48 b Abs. 2 Satz 2 LG NRW, § 19 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG a.F. einbeziehe.

Nachdem das beklagte Land die Gebietsauswahl unter Einbeziehung der strittigen Flächen des Klägers - namentlich der "U. " und des "L. " - Ende November 2000 getroffen und seine entsprechenden Gebietsvorschläge im März 2001 dem Bundesumweltministerium zur Herstellung des Benehmens und zur Weitermeldung an die europäische Kommission nach § 48 b Abs. 1 und 2 LG NRW, § 19 b Abs. 1 Satz 1 bis 3 BNatSchG a.F. i.V.m. Art. 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie unterbreitet hatte, begehrte der Kläger nunmehr die Feststellung, seine Grundstücke erfüllten nicht die maßgeblichen Auswahlkriterien.

Zur Begründung seiner Klagebefugnis trug er vor, mit dem Beschluss der Landesregierung werde festgelegt, dass seine einbezogenen Flächen "potentielle FFH-Gebiete" im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes seien. Dementsprechend unterlägen seine Grundstücke mit dem Zeitpunkt des Beschlusses der Landesregierung den Rechtsfolgen aus Art. 6 Abs. 1 FFH-RL, § 48 c Abs. 1 Satz 1 LG NRW i.V.m. § 19 b Abs. 2 BNatSchG a.F., § 48 c Abs. 4 Satz 1 LG NRW i.V.m. § 19 b Abs. 5 BNatSchG a.F. und § 48 d LG NRW i.V.m. § 19 c BNatSchG a.F. Gegen die deshalb schon mit Aufnahme in die Auswahlliste des beklagten Landes auf den Flächen liegenden öffentlichrechtlichen Beschränkungen müsse er sich nach Maßgabe von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wehren können, zumal die Forstflächen aus diesem Grund gleichzeitig einen erheblichen Verkehrswertverlust erlitten hätten.

Späterer Rechtsschutz sei ihm auch deshalb nicht zumutbar, weil nach Ansicht des beklagten Landes in allen drei potentiellen FFH-Gebieten prioritäre Lebensraumtypen beherbergt sein sollten und Gebiete mit prioritären Lebensräumen nach Anhang III Phase 2 Nr. 1 FFH-RL ohne weiteres als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung betrachtet und automatisch in die Gemeinschaftsliste aufgenommen würden. Eine Gebietsauswahl, die prioritäre Lebensraumtypen annehme und im Standarddatenbogen niederlege, besitze wegen dieses Automatismus präjudizielle Wirkung. Späterer Rechtsschutz könne aufgrund der klaren Vorgaben in Anhang III Phase 2 Nr. 1 FFH-RL zu keinem anderen Ergebnis kommen, als die "Durchlauflistung" zu bestätigen.

Es werde insoweit nicht um vorbeugenden, sondern um nachträglichen Rechtsschutz nachgesucht. Bei den in Art. 4 FFH- RL beschriebenen Schritten auf dem Weg zur Gemeinschaftsliste handele es sich schon mangels einer einheitlichen Verwaltung nicht um vorbereitende behördliche Verfahrenshandlungen im Sinne von § 44 a VwGO, gegen die nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung - die Listung durch die Europäische Kommission oder deren nationale Umsetzung durch belastende Bescheide, Verordnungen etc. - zulässigen Rechtsbehelfen Rechtsschutz geltend gemacht werden könne. Nachträglicher Rechtsschutz gegen die im Übrigen bereits in nicht zurückholbarer Weise abgeschlossene Tätigkeit des beklagten Landes könne aus verfahrenstechnischen wie auch materiell rechtlichen Gründen nicht zum Erfolg führen oder sei - in einem noch späteren Stadium - aus Rechtsgründen unmöglich.

Auch wenn man die erhobene Klage dem vorbeugenden Rechtsschutz zurechnen wollte, lägen die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dafür geforderten Sachurteilsvoraussetzungen vor, namentlich ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis. Eine Verweisung auf nachträglichen Rechtsschutz könne ihm nicht zugemutet werden, weil nachträglicher Rechtsschutz hier weder angemessen und ausreichend noch gesichert sei.

Die Rechtsfolgen des FFH-Schutzregimes - Bewirtschaftungsplanung (Art. 6 Abs. 1 FFH-RL), Schutzgebietsausweisung (§ 19 b Abs. 2 BNatSchG a.F.), Beeinträchtigungsverbot (§ 19 b Abs. 5 BNatSchG a.F.) und Verträglichkeitsprüfungspflicht (§ 19 c BNatSchG a.F.) - träfen nach der Definition in § 19 a Abs. 2 Ziffer 2 BNatSchG a.F. bereits mit der formellen Eintragung der gemeldeten Gebiete in die Listung der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 FFH-RL ein, ohne dass es dabei auf die Rechtmäßigkeit dieser Eintragung ankomme. Voraussetzung für die Schutzausweisung als Kernstück der Umsetzung der Gebietsauswahl sei gemäß § 48 c Abs. 1 LG NRW lediglich, dass die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung im Bundesanzeiger bekannt gemacht seien.

Im Lande Nordrhein-Westfalen gebe es für Schutzausweisungen kein Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO. Eine inzidente Überprüfung erfolge auch nicht bei der Anfechtungsklage gegen einzelne, eine Naturschutzverordnung o.ä. durchsetzende Bescheide, weil deren Rechtsgrund die entsprechende Schutzverordnung sei und für diese wiederum die bloße Bekanntmachung im Bundesanzeiger ausreiche. Wenn Voraussetzung für die Bekanntmachung im Bundesanzeiger das Vorliegen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung sei, knüpfe dies nach der klaren Begriffsbestimmung in § 19 a Abs. 2 Ziffer 2 BNatSchG a.F. an die bloße Eintragung in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 Satz 3 FFH-RL an.

Auch das faktische Moment der Listungsentscheidung durch die EU-Kommission könne als solches nicht zum Gegenstand wirksamen späteren Rechtsschutzes gemacht werden, so dass für den Betroffenen eine Rechtsschutzlücke bestehe. So sei etwa die Aufnahme in die Gemeinschaftsliste kein zulässiger Verfahrensgegenstand für eine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 Abs. 4 EG, weil dies eine Entscheidung im technischen Sinne von Art. 249 Abs. 4 EG voraussetze. Rechtswirkungen gingen nicht von der hier maßgeblichen Handlung der Kommission aus, sondern träten erst aufgrund nationalen Rechts nach Art. 249 Abs. 3 EG ein.

Nachträglicher Rechtsschutz über die Nichtigkeitsklage sei zudem durch die eng gesetzten Fristen nach Art. 230 Abs. 5 EG erschwert. Ein Fristversäumnis habe auch Auswirkungen auf die Vorabentscheidung nach Art. 234 EG im Rahmen einer Inzidentkontrolle, wie sie im Rahmen von verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen nationale belastende Maßnahmen ebenfalls für möglich gehalten werde. Im Verfahren nach Art. 234 EGV könne die Entscheidung eines Gemeinschaftsorgans nämlich nicht mehr in Frage gestellt werden, wenn diese Entscheidung selbst nicht fristgerecht angefochten worden sei.

Eine solche Inzidentkontrolle sei außerdem deshalb unzureichend, weil dadurch eine fehlerhafte Listung nicht als solche aus der Welt geschaffen werden könne, sondern allenfalls ein Listungsfehler mit Auswirkungen auf die nationale Maßnahme im Einzelfall festgestellt würde. Angesichts der Fülle der bei Betrieb und Entwicklung seines Forstbetriebes möglichen Konflikte sei es unzumutbar, in jedem Falle ein neues Rechtsschutzverfahren einzuleiten. Es gehe zudem nicht an, dass er quasi einen ihn belastenden Verwaltungsakt provozieren müsste, um eine rechtliche Klärung zu erreichen; der Staat dürfe dem Bürger den kalkulierten Rechtsbruch auch zur Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung nicht zumuten.

Im Übrigen bestehe eine Vorlagepflicht zum EuGH nach Art. 234 Abs. 2 EGV nur, wenn das zur Inzidentprüfung angerufene Gericht eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Listung zum Erlass seines Urteils für erforderlich halte. Nach der Begriffsbestimmung des § 19 a Abs. 2 Ziffer 2 BNatSchG a.F. komme es jedoch auf die Rechtmäßigkeit der Eintragung in die Gemeinschaftsliste nicht an; entscheidend sei allein die Tatsache, dass Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung eingetragen seien. Hinzu komme, dass die Rechtmäßigkeit der Listung von der Europäischen Gerichtsbarkeit deshalb nicht überprüft werden könne, weil sie von Tatsachenfeststellungen - hier dem Vorhandensein bestimmter Lebensraumtypen auf seinen, des Klägers, Flächen und der Erfüllung weiterer Auswahlmaßgaben - abhänge und der Katalog des Art. 234 Abs. 1 a bis c) EG nur Vorabentscheidungen über "Gültigkeit" oder "Auslegung", nicht aber über das Vorliegen bestimmter Tatsachen vorsehe.

Außerdem könne ein Europäisches Gericht die Listung nur darauf überprüfen, ob die Kommission das für sie geltende Europäische Recht zutreffend angewandt habe. Europäisches Recht, das nicht die Kommission, sondern die Mitgliedstaaten binde, brauche die Kommission nicht anzuwenden und stehe dementsprechend auch nicht zur Überprüfung durch die Europäische Gerichtsbarkeit. Für das Listungsverfahren nach Maßgabe des Anhangs III FFH-RL bedeute dies, dass die Entscheidung der Kommission nur auf die zutreffende Anwendung der Vorgaben aus Phase 2 des Anhangs III FFH-RL geprüft werden könne, während die Kriterien der Phase 1 im Anhang III FFH-RL der Überprüfung entzogen seien. Bei der der Kommission in Phase 2 obliegenden Beurteilung der gemeinschaftlichen Bedeutung der in den nationalen Vorschlägen enthaltenen Gebiete habe - wie schon der Wortlaut der Überschrift klarstelle - die nationale Nominierung Tatbestandswirkung. Die Kommission sei auch gar nicht in der Lage, die Auswahlentscheidung des Mitgliedstaates zu überprüfen, sondern insoweit auf die Zuarbeit der Mitgliedstaaten angewiesen. Die nationalen Vorschlagslisten bildeten die feste Grundlage für die Kommissionsentscheidung und seien deshalb nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung, so dass sich Fehler der nationalen Liste ohne Korrekturmöglichkeit in die Kommissionsentscheidung fortsetzten. Das gelte insbesondere, soweit es - wie auch im vorliegenden Falle - um die Aufnahme von Gebieten mit prioriären Lebensraumtypen gehe, weil nach Phase 2 Ziffer 1 im Anhang III FFH-RL alle von den Mitgliedstaaten in Phase 1 ermittelten Gebiete, die prioritäre natürliche Lebensraumtypen bzw. Arten beherbergten, als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung betrachtet würden. Aus dieser Vorschrift folge ein Listenautomatismus.

Zur Begründung seiner Klage in der Sache hat der Kläger unter Verweis auf seine vorgerichtlichen Stellungnahmen vorgetragen, dass fälschlich vom Vorkommen prioritärer Lebensraumtypen auf den streitgegenständlichen Flächen ausgegangen worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die in den Anlagen K 1, K 2, K 3, K 16 und K 17 dargestellten Flächen die Auswahlmaßgaben nach §§ 48 b LG NRW, 19 b Abs. 1 BNatSchG, Anhang I, II und III FFH-RL nicht erfüllen,

hilfsweise dem Europäischen Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung die Frage vorzulegen, ob nachträglicher Rechtsschutz gegen die Listungsentscheidung gemäß Art. 4 Abs. 2 der FFH-RL im Wege der Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EGV und im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 234 EGV gesichert ist.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig, weil es am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Soweit es die Gebietsvorschläge, deren Bestandteil die klägerischen Grundstücksflächen seien, durch das MUNLV dem Bundesministerium zur Herstellung des Benehmens und zur Weitermeldung an die EU-Kommission unterbreitet habe, werde der Kläger durch die verwaltungsinternen Vorgänge rechtlich nicht betroffen; Rechtswirkungen nach außen entstünden erst, wenn ein Gebiet von der EU-Kommission gemäß Art. 4 Abs. 2 Satz 3 FFH-RL in die Gemeinschaftsliste aufgenommen und dementsprechend nach § 19 a Abs. 4 BNatSchG a.F. vom Bundesumweltministerium im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden sei. Erst an diese Bekanntmachung knüpften § 48 c Abs. 4 LG NRW, § 19 b Abs. 5 Satz 1 BNatSchG a.F. einen allgemein verbindlichen Schutz im Sinne eines Schlechterstellungverbotes, der das Erfordernis einer Verträglichkeitsprüfung bei potentiell erheblich beeinträchtigenden Plänen oder Projekten sowie eine Grundlage für ordnungsbehördliches Einschreiten enthalte (vgl. Art. 4 Abs. 5 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-RL). Ob unmittelbar gegen die Aufnahme der Flächen in die Gemeinschaftsliste Rechtsmittel gegeben seien, könne dahin stehen. Jedenfalls sei gegen darauf gegründete Verwaltungsakte Widerspruch und Klage möglich. Die FFH-Meldewürdigkeit eines Gebietes könne mithin ausreichend inzident gerichtlich überprüft werden, wenn diese Frage im Zusammenhang mit einem anfechtbaren Verwaltungsakt entscheidend sei; ggf. komme auch eine entsprechende Vorlage an den Europäischen Gerichtshof in Betracht.

Rechtsbehelfe gegen das behördliche Handeln seien auch insoweit gegeben, als behördliche Maßnahmen an die Eigenschaft der Flächen als bloße potentielle FFH-Gebiete anknüpften. Die Eigenschaft als potentielles FFH-Gebiet ergebe sich im Übrigen nicht aus dem Meldevorschlag, sondern ungeachtet der Auswahl durch die Mitgliedstaaten aus dem tatsächlichen Vorkommen FFH- relevanter Biotypen und -arten. Letztendlich sei in jeder Hinsicht ausreichender nachträglicher Rechtsschutz gewährleistet. Das Vorliegen der naturschutzfachlichen Kriterien - namentlich die Beherbergung von prioritären Lebensräumen - sei für die streitigen Gebiete zudem auch zu Recht angenommen worden.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es fehle sowohl an einem nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähigen Rechtsverhältnis als auch am erforderlichen Feststellungsinteresse des Klägers im engeren Sinne.

Auf den rechtzeitigen Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 19. September 2002 die Berufung zugelassen.

Inzwischen ist nach Angaben der Beklagten die nordrhein- westfälische FFH-Gebietsmeldung auf wissenschaftlichen Seminaren der EU-Kommission für die atlantische und kontinentale biogeographische Region in vollem Umfang bestätigt worden. Die Europäische Kommission hat die Listung für die kontinentale biogeographische Region für Mitte des Jahres 2003 angekündigt.

Die Gebiete DE-4222-301 "Buchwälder der X. " und DE- 4322-304 "Wälder um C. " sind in die anlaufende Landschaftsplanung des Kreises I. einbezogen worden, während für das Gebiet DE-4221-301 eine ordnungsbehördliche Verordnung der Bezirskregierung E. vorbereitet wird. Aufgrund der streitbefangenen FFH-Gebietsauswahl sollen nach Angaben des Klägers große Teile seiner Forstflächen als Naturschutzgebiet und seine restlichen Forstflächen in der Größe von etwa 1.600 ha als Landschaftsschutzgebiet festgesetzt werden.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vertiefend zur Zulässigkeit seiner Feststellungsklage vor.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts habe inzwischen der Automatismus Anerkennung gefunden, mit dem alle von den Mitgliedstaaten in Phase 1 des Anhangs III FFH-RL ermittelten Gebiete, die prioritäre natürliche Lebensraumtypen bzw. Arten beherbergten, als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung betrachtet würden. Von den streitgegenständlichen drei Gebieten, in denen seine Eigentumsflächen belegen seien, würde das Gebiet DE-4322-301 die prioritären Lebensräume Nr. 7220 und 9080, das Gebiet Nr. DE-4222-301 die prioritären Lebensräume Nr. 6210, 8160 und 9180 sowie das Gebiet Nr. DE- 4221-301 den prioritären Lebensraum Nr. 6210 beherbergen. Danach könnte die Erfassung seiner Flächen durch die Listungsentscheidung der EU-Kommission als hinreichend sicher prognostiziert werden, so dass kein Grund bestehe, ihm den begehrten Rechtsschutz zu versagen.

Aus den schon erstinstanzlich dargelegten Gründen stelle die Aufnahme in die Gemeinschaftsliste keinen zulässigen Verfahrensgegenstand für eine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG dar. Die auf großmaßstäblichen Karten abgebildeten Gebiete würden nicht flurstücksscharf in die Liste aufgenommen werden. Wie ein bereits im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentliches Beispiel zeige, würden in der Liste nur der Name des Gebietes, seine Code-Nummer, das Vorhandensein prioritärer Arten, seine Größe in ha und die geographischen Koordinaten nach Länge und Breite angegeben. Weder eine Auflistung der konkret betroffenen Flurstücke noch irgendein anderer Anhaltspunkt - etwa eine namentliche Nennung - ermöglichten die Ermittlung einer unmittelbaren und individuellen Betroffenheit, wie sie Art. 230 Abs. 4 EG voraussetze. Die Listung ergehe an den Mitgliedstaat auch nicht als eine "andere Person" im Sinne der zweiten Variante des Art. 230 Abs. 4 EG.

Das Verfahren nach Art. 234 EG sei hier aus den bereits dem Verwaltungsgericht unterbreiteten Gründen ebenfalls nicht zur gesicherten Überprüfung vorgreiflicher gemeinschaftsrechtlicher Aspekte geeignet. Auch die Begriffsbestimmung in § 10 Abs. 1 Ziffer 5 BNatSchG n.F. definiere die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ausschließlich formell in Abhängigkeit von der Tatsache der Eintragung als solcher, so dass sich die Rechtmäßigkeit der Eintragung nicht im Sinne von Art. 234 Abs. 2 EG als entscheidungserheblich darstelle und dementsprechend nicht die Grundlage für eine erforderliche Klärung bilde.

Letztendlich stehe ihm - dem Kläger - ausreichender Rechtsschutz vor den Europäischen Gerichten insbesondere auch deshalb nicht zur Verfügung, weil sich aus den schon angeführten Gründen Fehler in den nationalen Listen ohne Korrekturmöglichkeit in die Kommissionsentscheidung perpetuierten. Die Überprüfungsmöglichkeiten der Kommission bezögen sich nur darauf, inwieweit die Auswahlentscheidungen der Mitgliedstaaten insgesamt etwa einem bestimmten Lebensraumtyp oder einer bestimmten Art genügten oder nicht. Auch die wissenschaftlichen Seminare für die atlantische und die kontinentale biogeographische Region hätten sich nur ganz abgehoben und ohne Betrachtung der Details mit der allgemeinen Auswahl aller Mitgliedstaaten befasst; eine Behandlung der Gebiete, die sein Eigentum beträfen, sei nicht erfolgt. Vor dem Hintergrund der in Gang gesetzten Landschaftsplanung und der in Nordrhein- Westfalen fehlenden Möglichkeit eines Normenkontrollverfahrens zeige sich nach alledem, dass eine inzidente Prüfung für den grundrechtlich gewährleisteten Rechtsschutz nicht ausreichend sei.

Auch zur Begründung der Klage in materieller Hinsicht bezieht sich der Kläger unter Beweisantritt maßgeblich auf seine bisherigen Ausführungen, die er vertieft. Da sich das Verwaltungsgericht ausschließlich mit Fragen der Zulässigkeit der Klage befasst, nicht zur Sache entschieden und sich so die unzureichende Sachaufklärung durch die Behörden im erstinstanzlichen Verfahren fortgesetzt habe, erweise sich eine Zurückverweisung als zweckmäßig.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Verwaltungsgericht Minden zurückzuverweisen,

hilfsweise festzustellen, dass die in den Anlagen K 1, K 2, K 3, K 16 und K 17 dargestellten Flächen die Auswahlmaßgaben nach §§ 48 b LG NRW, 19 b Abs. 1 BNatSchG a.F. (§ 33 Abs. 1 BNatSchG n.F.), Anhang I, II und III FFH-Richtlinie nicht erfüllen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es verteidigt das angegriffene Urteil. Es fehle an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis. Erst durch die förmliche Ausweisung der in die Kommissionsliste aufgenommenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung als Schutzgebiete nach den einschlägigen, die EU-Richtlinien in nationales Recht umsetzenden Vorschriften würden die entsprechenden Flächen mit konkreten Verboten belegt. Rechtswirkungen seien mit dem bloßen Aufzeigen flächenbezogenen Vorkommens relevanter Lebensräume und Arten noch nicht verbunden. Erst wenn - insoweit nicht anders als nach dem Natur- und Landschaftsschutzrecht im Übrigen - mit Blick auf die FFH-Belange die Genehmigung eines Vorhabens aus überwiegenden Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege versagt oder aber z.B. unter Auflagen hinsichtlich des erforderlichen Ausgleichs erteilt bzw. die Landschaftsbehörde gegen unzulässige Eingriffe einschreiten und die Wiederherstellung des vorherigen Zustands fordern würde, könne der durch einen entsprechenden Verwaltungsakt Betroffene den dagegen zur Verfügung stehenden Rechtsschutz nutzen. Daher bestehe keine Notwendigkeit, bereits gegen die tatsächliche Feststellung des Vorkommens bestimmter Lebensraumtypen oder Arten im Naturraum Rechtsbehelfe zuzulassen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den in § 48 b Abs. 2 und 3 LG NRW für die FFH-Gebietsmeldung normierten Rechten der Beteiligten auf Teilnahme am Verfahren. Diesen Regelungen liege nicht die Annahme möglicher Beeinträchtigungen materieller Rechte zugrunde; vielmehr sei Zweck des Anhörungs- und Beteiligungsverfahrens ausschließlich die Schaffung von Transparenz, Akzeptanz und Sicherheit.

Die Auffassung des Klägers eine Gebietsmeldung führe zumindest im Falle der Meldung sog. prioritärer Lebensräume oder Arten automatisch zur Aufnahme in die Kommissionsliste, sei mit Blick auf Anhang III Phase 2 Nr. 1 FFH-RL nicht von der Hand zu weisen. Zutreffend sei auch, dass die Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 Abs. 4 FFH-RL verpflichtet seien, die in die Liste aufgenommenen Gebiete nach nationalem Recht als Schutzgebiete auszuweisen. Die Verfahrensdurchführung sei jedoch nicht nur reine Formsache. Ein solches Verfahren dürfe aus der Sicht des Eigentümers oder sonst Beteiligten nicht weniger ergebnisoffen sein als ein anderes Schutzgebietsverfahren. Insbesondere müsse es auch in diesem Verfahren noch möglich sein, eventuelle Kartierungsfehler oder dergleichen aufzuzeigen und eine Korrektur zu erwirken. Die nationale Meldung eines FFH-Gebietes erzeuge insofern allenfalls Vorwirkungen im Hinblick auf eine spätere - dann einer Inzidentkontrolle zugängliche - Schutzgebietsausweisung.

Die Zweifel des Klägers an der hinreichenden Reichweite des vom EuGH gewährten Rechtsschutzes seien nicht begründet. Wenn der Gerichtshof die Anwendung europäischen Rechts durch die Kommission im Rahmen der Listungsentscheidung überprüfe, betreffe dies wenigstens in Teilen auch das vorangegangene Meldeverfahren. Die Kommission übernehme die Meldung eines EU-Mitgliedstaates nicht unbesehen als Grundlage für den Abgleich mit den Meldungen anderer Mitgliedstaaten derselben biogeographischen Region zur Erstellung der Gemeinschaftsliste. So sei im Rahmen des Verfahrens nach Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Phase Nr. 2 a FFH-RL der relative Wert des jeweiligen Gebietes auf nationaler Ebene als Kriterium anzuwenden. Ferner gehe die Kommission auch Beschwerden etwa von Naturschutzverbänden wegen angeblich unzureichender Meldungen oder Beanstandungen z.B. von kommunaler Seite nach, denen zufolge eine Meldung abwegig oder überzogen sei. In den biogeographischen Konferenzen unter Leitung von Vertretern der Kommission werde festgestellt, inwieweit die Meldungen eines Mitgliedstaates - auf einen Bundesstaat wie Deutschland bezogen letztlich auch der einzelnen Bundesländer - ausreichten, reduziert werden könnten oder der Ergänzung bedürften.

Dass die inzidente Prüfung auf Meldefehler - ggf. unter Vorlage nach Art. 234 EG - möglich und ausreichend sei, erschließe sich auch aus § 44 a VwGO.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens 1 L 1391/00 VG Minden sowie die vom Beklagten überreichten Verwaltungsvorgänge.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die vom Senat zugelassene Berufung ist allerdings zulässig. Insbesondere hat der Kläger entgegen der Auffassung des beklagten Landes einen den Anforderungen des § 124 a Abs. 5 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Berufungsantrag gestellt. Nach diesen Regelungen muss der - innerhalb der Berufungsbegründungsfrist gestellte - Berufungsantrag eines Klägers eine Sachbitte enthalten, also darauf zielen, das angefochtene Urteil durch eine dem Kläger in der Sache günstigere Entscheidung zu ersetzen; ein lediglich auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache gerichteter Antrag genügt nicht. Der förmlichen Stellung eines Berufungsantrags bedarf es allerdings nicht; vielmehr ist ausreichend, dass sich das sachliche Ziel des Berufungsbegehrens aus dem gesamten Vorbringen in der Berufungsbegründungsschrift einschließlich der in Bezug genommenen Schriftstücke ergibt .

Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Stand: Dezember 2001, § 124 a Rdnrn. 301, 305f., 331 und 337 m.w.N.

Dem wird die Berufungsbegründungsschrift des Klägers gerecht. Der vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 24. Oktober 2002 enthält über den ausdrücklichen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag hinaus das sich aus den Berufungsgründen ergebende Begehren, den erstinstanzlich abgewiesenen Sachantrag jedenfalls hilfsweise weiterzuverfolgen. Denn der Kläger tritt zur Begründung seiner Berufung in der Sache Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens an und nimmt Bezug auf seine frühere Stellungnahme vom 15. August 2000 (Anlage K7 zur Klageschrift). Diese ausdrückliche und hinreichend konkrete Bezugnahme begegnet schon deshalb keinen Bedenken, weil sich das Verwaltungsgericht mit dem Vortrag des Klägers in der Sache - von seinem rechtlichen Standpunkt aus zu Recht - nicht auseinander gesetzt hat.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.

Der Kläger kann sein Begehren, mit dem er sinngemäß Rechtsschutz gegen die Einordnung seiner Flächen als nach der FFH-RL (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl. EG Nr. L 206, zuletzt geändert durch Richtlinie 97/62/EG vom 27. Oktober 1997, ABl. EG Nr. L 305 S. 42) zu schützenden Lebensraum sucht, nicht mit einer Feststellungsklage gegen das beklagte Land verfolgen.

So im Ergebnis auch: Stüer/Spreen, Rechtsschutz gegen FFH- und Vogelschutzgebiete, Nds. VBl. 2003, 44 (48 f.) und Nies/Schröder, Rechtsschutz gegenüber Auswahl, Meldung und Festsetzung von FFH-Gebieten nach deutschem und europäischem Recht, AgrarR 2002, 172 (182).

1. Die Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO dient - soweit nicht die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt wird - der gerichtlichen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisss sowie einzelner Teile eines solchen Rechtsverhältnisses, insbesondere einzelner sich aus dem Rechtsverhältnis ergebender Rechte und Pflichten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1975 - VII C 47.43 -, BVerwGE 50, 19; Urteil vom 7. Mai 1987 - 3 C 53.85 -, BVerwGE 77, 207 (211) m.w.N.

Die begehrte Feststellung erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Sie ist nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet.

Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlichrechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht.

Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 m.w.N.

Daran fehlt es hier. Insbesondere ergibt sich ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis nicht aus den rechtserheblichen Eigenschaften der Grundstücke des Klägers, die das Land bei der Erstellung der Gebietsvorschläge nach § 19 b Abs. 1 Satz 1 BNatSchG a.F. = § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG in der Fassung vom 25. März 2002, BGBl I S. 1193, iVm § 48 b LG NRW nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL iVm deren Anhang I, II und insbesondere III Phase 1 angenommen hat.

Vgl. zu diesem Ansatz: Sodan, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 43 Rdnr. 33 Fußnote 10; Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Januar 2003, § 43 Rdnr. 14.

Das würde voraussetzen, dass mit den Eigenschaften der Sache den Kläger berührende Rechte und Pflichten verbunden sind. Rechtsverhältnisse sind grundsätzlich durch subjektive Rechte und Pflichten gekennzeichnet.

Vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 11. Auflage, § 43 Rdnr. 13 m.w.N.

Die Eigenschaft einer Sache als solche ist demgegenüber als bloße Vorfrage oder schlichtes Element eines Rechtsverhältnisses nicht feststellungsfähig.

Vgl. Sodan, a.a.O., § 43 Rdnr. 32; Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Auflage, § 43 Rdnr. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, § 43 Rdnr. 13; Happ, a.a.O., § 43 Rdnr. 15. Zu solchen - nicht feststellungsfähigen - Vorfragen oder Elementen gehört auch die im vorliegenden Fall begehrte Feststellung, dass einzelne Tatbestandsmerkmale einer Norm nicht erfüllt sind. Dass die Norm dem Gemeinschaftsrecht angehört, steht der Annahme eines Rechtsverhältnisses allerdings nicht entgegen.

Vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 8 m.w.N.

Ausschlaggebend ist vielmehr, dass durch die Auswahlentscheidung des beklagten Landes noch keine unmittelbaren Rechtsfolgen für den Kläger bewirkt werden. Als allein verwaltungsintern wirkend begründet die Auswahlentscheidung des beklagten Landes noch keine rechtliche Beziehung zum Kläger. Vgl. zur Linienbestimmung nach § 16 FStrG: BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1981 - 4 C 5.78 -, BVerwGE 62, 242 (351); zu Verwaltungsvorschriften: BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262.

Die Auswahl der Gebiete nach Maßgabe der durch die FFH- Richtlinie vorgegebenen Kriterien ist zunächst nichts anderes als eine Art "Datensammlung" oder "Bestandsverzeichnis", das die Grundlage für die in Art. 4 FFH-RL vorgesehenen weiteren Auswahlschritte bildet. Die Feststellung der Eigenschaften der Flächen ist mithin als bloß "verwaltungsinterne Maßnahme" auf dem Weg zu einer Norm

- vgl. etwa VG Oldenburg, Beschluss vom 2. Februar - 1 B 82/00 -, NVwZ 2001, 349 (350); Beschluss vom 20. Januar 2000, - 1 B 4195/99 -, NuR 2000, 295 (297),

nur die erste Stufe eines komplexen Auswahlverfahrens; sie lässt die Rechtsstellung der Eigentümer der Flächen noch unberührt.

Vgl. etwa Gellermann, a.a.O., S. 241; VG Frankfurt, Beschluss vom 2. März 2001 - 3 G 501/01 -, NVwZ 2001, 1188 (1189).

Der "Listung" eines Areals kommt namentlich nicht die Bedeutung einer den Rechtsstatus eines FFH-Gebietes begründenden öffentlichrechtlichen Willenserklärung zu, sondern stellt lediglich eine naturschutzfachliche Beurteilung und damit eine öffentlich- rechtliche Wissenserklärung dar.

Vgl. Ewer, a.a.O., S. 365.

Rechtliche Konsequenzen verbinden sich erst mit der Aufnahme eines Gebietes in die Liste von Gebieten von gemeinschaftswichtiger Bedeutung der Europäischen Gemeinschaft nach Art. 4 Abs. 2 FFH-RL durch die Kommission. Erst ab diesem Zeitpunkt unterliegen die Gebiete ungeachtet der sich aus einer nicht fristgerechten Umsetzung der Richtlinie ergebenden Rechtsfolgen den in Art. 4 Abs. 5 FFH-RL in Bezug genommenen Belastungen des Art. 6 Abs. 2, 3 und 4.

Vgl. VG Frankfurt, Beschluss vom 2. März 2001 - 3 G 501/01 -, NuR 2001, 415; Gellermann, a.a.O., S. 241.

Erst mit der Erstellung der Gemeinschaftsliste wird auch das in § 19 b Abs. 5 BNatSchG a.F. = § 33 Abs. 5 BNatSchG n.F. vorgesehene vorläufige Verschlechterungsverbot aktiviert.

Vgl. Gellermann, a.a.O., S. 244; Ewer, a.a.O., S. 363.

Im Übrigen sind Adressat der in Art. 6 FFH-RL getroffenen Regelungen lediglich die mitgliedstaatlichen Behörden, die über die Zulassung der in dieser Vorschrift bezeichneten Pläne und Projekte zu entscheiden haben.

Vgl. Halama, Die FFH- Richtlinie - unmittelbare Auswirkungen auf das Planungs- und Zulassungsrecht, NVwZ 2001, 506 (509).

Da der einzelne Bürger also insoweit nicht Adressat des Europäischen Habitat-Schutzrechtes ist, ergeben sich für ihn daraus nicht ohne weiteres mit unmittelbarer Wirkung besondere Pflichten.

Vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 6. April 2000 - 7 B 7/00 -, NwVZ 2001, 590 (591).

cc) Dass von der nationalen Auswahlentscheidung als solcher noch keine unmittelbaren Rechtswirkungen für den Kläger ausgehen, wird auch nicht insoweit in Frage gestellt, als nach dem Wortlaut des Anhangs III Phase 2 Nr. 1 der FFH-RL "alle von den Mitgliedstaaten in Phase I ermittelten Gebiete, die prioritäre natürliche Lebensraumtypen bzw. Arten beherbergen, als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung betrachtet werden."

(1) Die höchstrichterliche Rechtsprechung versteht diese Vorschrift dahingehend, dass in der Regel vom Mitgliedstaat in Ausübung seines Auswahlermessens benannte Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen oder Arten gemäß Anhang I und II der FFH-RL

- vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 24. August 2000 - 6 B 23.00 -, NVwZ 2001, 92 (93) -

ohne eigenen Auswahlspielraum der Kommission in die Kommissionsliste aufzunehmen sind.

So BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 254, = NVwZ 2002, 1243 = DVBl. 2002, 1486, so wohl auch Halama, a.a.O., S. 509.

In der Literatur wird teilweise ein "Automatismus" der Gestalt angenommen, dass derartige Meldegebiete ohne weiteres als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung zu betrachten sind, von ihrer Aufnahme in die Gemeinschaftsliste also nicht abgesehen werden kann, mit der Folge, dass insoweit bereits die nationale Gebietsmeldung den in der Richtlinie vorgesehenen Mindestschutz aktiviere, der aus Gründen des Effekts der unmittelbaren Richtlinienwirkung innerstaatlich beachtlich sei.

Vgl. Gellermann, Natura 2000, 2. Auflage, S. 241; derselbe, Das FFH-Regime und die sich daraus ergebenden Umsetzungsverpflichtungen, NVwZ 2001, 500 (502).

Demgegenüber wird ein "Automatismus" teilweise mit Hinweis auf eine eigene Sachprüfung durch die Europäische Kommission im Rahmen insbesondere des Ausschussverfahrens (Art. 20, 21 FFH- RL)

Vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 29. Juni 2000 - 1 B 2016.00 -, NuR 2000, 713 (714); OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. März 2000 - 3 M 439/00 -, NuR 2000, 298 (299).

oder auf deren Recht auf Ergänzung der Gemeinschaftsliste gem. Art. 5 FFH-RL

vgl. Ewer, a.a.O., S. 364/365

verneint. Soweit allerdings lediglich mit Blick auf Nr. 2 der Phase 2 des Anhangs III der FFH-RL ein eigener Beurteilungsspielraum des zuständigen Gemeinschaftsorgans bejaht wird, ist diese Überlegung für den vorliegenden Zusammenhang unerheblich. (2) Ungeachtet der Lesart der Nr. 1 der Phase 2 im Anhang III der FFH-RL verbleibt es in jedem Falle jedoch dabei, dass Rechtswirkungen allein von dem Akt der Aufnahme eines Gebietes in die Gemeinschaftsliste ausgehen. Mag ein Auswahlermessen der Kommission bei der Einstellung in die Kommissionsliste durch eine Vorentscheidung des Landes zu solchen Gebieten auch nicht gegeben sein, kommt der nationalen Einordnung dennoch neben anderen Schritten, die nach Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Art. 20 und 21 FFH-RL bei der Aufstellung der Liste einzuhalten sind, nur tatbestandliche Bedeutung für den - Rechtswirkungen zeitigenden - Akt der Listung durch die Kommission zu.

Vgl. zur bloßen Tatsachenwirkung des Flächennutzungsplanes: BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 1990 - 4 N 3.88 -, NVwZ 1991, 262 (263).

dd) Unmittelbare Rechtswirkungen gehen von der Gebietseinschätzung durch den Nationalstaat auch nicht insoweit aus, als dadurch die Qualität eines "potentiellen FFH-Gebietes" geschaffen und vorgezogene Verhaltenspflichten begründet würden.

Vgl. zu Vorwirkungen bei potentiellen FFH-Gebieten: BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 1998 - 4 VR 3.97 -, NVwZ 1998, 616; Urteil vom 19. Mai 1998 - 4 A 9.97 -, BVerwGE 107, 1; Urteil vom 27. Januar 2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302; Urteil vom 27. Oktober 2000 - 4 A 18.99 -, BVerwGE 112, 140.

Diese Vorwirkungen ergeben sich nicht aus der Vorauswahl des Landes als möglicher Grundlage eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses, sondern aus der materiellen Schutzwürdigkeit des Gebietes unabhängig davon, ob das Land die betreffenden Flächen nach § 48 b LG NRW, § 19 b Abs. 1 BNatSchG a.F. = § 33 Abs. 1 BNatSchG n.F., Anhang I, II und III FFH-RL als listungsfähig angesehen hat. Der Qualifizierung durch das Land kommt nur indizielle Wirkung zu. Die Vorwirkung erschließt sich unmittelbar allein aus den tatsächlichen Umständen, nicht aus dem Auswahlverfahren.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2000 - 4 C 2.99 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 20 B 1464/98.AK -, NVwZ-RR 2000, 490 (zur Vogelschutzrichtlinie); VG Düsseldorf, Urteil vom 21. Dezember 2000 - 4 K 6445/95 -, NVwZ 2001, 591 (592); VG Oldenburg, Beschluss vom 20. Januar 2000 - 1 B 4145.99 -, NuR 2000, 295 (298); VG Frankfurt, Beschluss vom 2. März 2001 - 3 G 501.01 -, NuR 2001, 415 (416); VG Bremen, Urteil vom 6. August 2002 - 8 K 1243/00 -, AgrarR 2002, 402, Ewer, a.a.O., S. 365.

Danach kann dahinstehen, ob sich die gemeinschaftsrechtlichen Vorwirkungen nicht dadurch, dass sie lediglich der Verhinderung von Zerstörungen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen schutzwürdiger Gebiete dienen,

vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 - 4 A 18.99 -, a.a.O.,

nicht ohnehin mit unmittelbarer Wirkung nur an die mitgliedstaatlichen Behörden richten und nicht an den Grundstückseigentümer.

So Stüer/Spreen, a.a.O., S. 49 m.w.N.; vgl. zu diesem Problemkreis auch Halama, a.a.O., S. 509; Gellermann, Natura 2000, 2. Auflage, Seite 241.

2. Das auf vorbeugenden Rechtsschutz zielende Feststellungsbegehren des Klägers scheitert - ungeachtet des Vorliegens eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses - auch am erforderlichen qualifizierten Rechtsschutzinteresse.

So auch VG Lüneburg, Beschluss vom 6. April 2000 - 7 B 7/00 -, NuR 2000, 396 (397) = NVwZ 2001, 590; VG Oldenburg, Beschluss vom 20. Januar 2000 - 1 B 2195.99 -, NuR 2000, 295 (297); Ewers, a.a.O., S. 366; Gellermann, a.a.O., S. 242 m.w.N.

Da im Rahmen des FFH-Verfahrens eine unmittelbare Rechtsfolge für ein ausgewähltes Gebiet - wie oben dargestellt - erstmals durch dessen Aufnahme in die Gemeinschaftsliste aufgrund des dann nach Art. 4 Abs. 5 FFH-RL, § 19 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG a.F. = § 33 Abs. 5 Nr. 1 BNatSchG n.F. eingreifenden Verschlechterungsverbotes ausgelöst wird, begehrt der Kläger mit seiner Feststellungsklage vorbeugenden Rechtsschutz. Konkrete Beeinträchtigungen bei der Bewirtschaftung und Nutzung seiner Wälder sind weder erkennbar noch vom Kläger geltend gemacht worden, so dass das Begehren darauf gerichtet ist, zukünftige Maßnahmen zu seinen Lasten zu verhindern. Die Auswahlentscheidung des Landes als solche führt insbesondere auch nicht zur Entstehung eines potentiellen FFH-Gebietes im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, da dieses allein von den faktischen Voraussetzungen, also der tatsächlichen Schutzwürdigkeit abhängt.

Vgl. auch VG Bremen, Urteil vom 6. August 2002 - 8 K 1243/00 -, AgrarR 2002, 402; VG Oldenburg, Beschluss vom 20. Januar 2000 - 1 B 4195.99 -, NuR 2000, 295 (297/298).

Für vorbeugenden Rechtsschutz ist jedoch dort kein Raum, wo der Betroffene in zumutbarer Weise auf auch als angemessen und ausreichend anzusehenden nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 1972 - IV 17.71 -, BVerwGE 40, 323 (326); Sodan, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 43 Rdnr. 105; Redeker/von Oertzen, a.a.O., § 43 Rdnr. 9; Happ, in: Eyermann, a.a.O., § 43 Rdnr. 32; Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 24 S. 419 unten f. jeweils mit weiteren Nachweisen.

Vorliegend sind keine besonderen Gründe ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, nicht nachträgliche Rechtsschutzmöglichkeiten abzuwarten. Mit der Auswahlentscheidung des beklagten Landes werden noch keine vollendeten Tatsachen getroffen, die keiner gerichtlichen Kontrolle mehr zugänglich sind.

a) Soweit sich vor Aufnahme der Gebiete in die Gemeinschaftsliste eine deutsche Behörde auf das Bestehen eines "potentiellen FFH-Gebietes" berufen sollte, kann Rechtsschutz durch eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage vor den nationalen Verwaltungsgerichten erlangt werden, in deren Rahmen das Gericht das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale für ein "potentielles FFH-Gebiet" nach dem Gemeinschaftsrecht zu prüfen hat.

So auch VG Schleswig, Beschluss vom 13. Januar 2000 - 1 B 1004/99 -, NVwZ 2001, 348; Stüer/Spreen, a.a.O., S. 50 m.w.N.

b) Ob nach der Aufnahme der streitbefangenen Gebiete in die Gemeinschaftsliste der Rechtsweg zum Europäischen Gericht gemäß Art. 230 EG offen steht,

so VG Schleswig, Beschluss vom 13. Januar 2000 - 1 B 1004/99 -, a.a.O.; VG Frankfurt, Beschluss vom 2. März 2001 - 3 G 501.01 -, a.a.O., S. 416; Ewer, a.a.O., S. 363; im Ansatz ebenso: VG Bremen, Urteil vom 6. August 2002 - 8 K 1243/00 -, a.a.O., S. 403; Gellermann, Natura 2000, a.a.O., S. 243/244; Schödter, Bauleitplanung in FFH-Gebieten und Vogelschutzgebieten, NuR 2001, 8 (10); Stüer/Spreen, a.a.O., S. 50; Nies/Schöder, a.a.O., S. 180; Gassner, in: Gassner / Bendomir - Kahlo / Schmidt - Ränsch, BNatSchG, 2. Aufl., § 34 Rdnr. 25,

kann der Senat offen lassen. Dem Kläger ist einzuräumen, dass die Voraussetzungen für eine Klage nach Art. 230 EG jedenfalls nicht offensichtlich vorliegen. Gemäß Art. 230 Abs. 4 EG kann jede natürliche oder juristische Person gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen. Bei der Aufnahme eines Gebietes in die Gemeinschaftsliste als eines Teils der FFH-RL dürfte es sich um einen zulässigen Gegenstand der Nichtigkeitsklage handeln und der Kläger dürfte als Eigentümer von einbezogenen Flächen auch individuell betroffen sein. Fraglich könnte indes seine unmittelbare Betroffenheit sein. Unmittelbare Betroffenheit ist nur gegeben, wenn der angegriffene Akt selbst - d.h. ohne das Dazwischentreten weiterer Maßnahmen - eine Beeinträchtigung des Betreffenden bewirken würde.

Vgl. EuGH, Urteil vom 5. Mai 1998, RS.C-386/96 P, Slg. 1998, I- 2309 (2370 f.); EuG, Urteil vom 16. April 2002 - Rs.T-177/01 -, EuZW 2002, 412 = NuR 2003, 89, m.w.N.

Dies ist bei Richtlinien, die aus sich heraus keine Pflichten der Marktbürger zu begründen vermögen, regelmäßig nicht der Fall; sie wirken sich erst durch die Vermittlungsleistung des nationalen Umsetzungsrechts auf die Rechtsstellung des einzelnen aus.

Bei an die Mitgliedstaaten gerichtenen Rechtsakten fehlt es nur dann nicht an der unmittelbaren Betroffenheit Einzelner, wenn der Mitgliedstaat zur Umsetzung verpflichtet ist und ihm dabei keinerlei Ermessensspielraum verbleibt. In diesem Fall betrifft der gemeinschaftliche Akt den einzelnen nicht nur potentiell, sondern wegen der gemeinschaftsrechtlich begründeten Umsetzungspflicht des Mitgliedstaats "quasi automatisch".

Vgl. Cremer, in: Callies/Ruffert, Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag, 2. Auflage, Art. 230 EGV Rdnr. 46; Schwarze, EU- Kommentar, 2000, Art. 230 EGV Rdnr. 41; Booß in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band II, Stand: August 2002, Art. 230 EGV Rdnr. 50/51; Krück, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU/EG-Vertrag, Band 4, 5. Auflage, Art. 173 Rdnr. 48 bis 52; Engeling/Middeke/Ehlermann, Rechtschutz in der Europäischen Union, 1994, § 7 B.IV.2, Rdnr. 168 f.

Ob diese Voraussetzung im Falle des Europäischen Habitatrechtsschutzrechtes gegeben ist, weil es den Mitgliedstaaten im Hinblick auf das für Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung relevante Schutzregime keinerlei Raum zu eigener Gestaltung belässt,

so: Gellermann, Natura 2000, a.a.O., S. 245; Nies/Schröder, a.a.O., S. 180,

oder der Kläger durch die Realwirkungen der Aufnahme der Gebiete in die Gemeinschaftsliste "ipso facto" benachteiligt wird,

so Ewer, a.a.O., S. 363; ähnlich Stüer/Spreen, a.a.O., S. 50 und Nies/Schröder, a.a.O., S. 180,

erscheint zumindest prüfungsbedürftig. Die Frage bedarf jedoch aus den nachstehenden Gründen keiner Entscheidung.

c) Mit der Umsetzung der FFH-Richtlinie in das innerstaatliche deutsche Recht eröffnet sich dem Kläger jedenfalls die Möglichkeit der Inzidentkontrolle der vom Land vorgenommenen und von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft in die Richtlinie übernommenen naturschutzfachlichen Würdigung seiner Flächen; der Kläger kann Rechtsschutz gegen die Folgemaßnahmen der Aufnahme in die Gemeinschaftsliste durch deutsche Behörden suchen.

So auch VG Oldenburg, Beschluss vom 2. Februar 2000 - 1 B 182.00 -, a.a.O., S. 350; Beschluss vom 20. Januar 2000 - 1 B 4195.99 -, a.a.O., S. 297; VG Lüneburg, Beschluss vom 6. April 2000 - 7 B 7.00 -, a.a.O., S. 590; VG Lüneburg, Beschluss vom 6 April 2000 - 7 B 7.00 - , a.a.O., S. 397; VG Gießen, Beschluss vom 2. Mai 200 - 1 G 804/00 -, NuR 2000, 712, 713; VG Frankfurt, Beschluss vom 2. März 2000 - 3 G 501/01 -, a.a.O., S. 416; VG Bremen, Urteil vom 6. August 2002, a.a.O., S. 403; Ewer, a.a.O., S. 362; Gellermann, Natura 2000, a.a.O., S. 246; Stüer/Spreen, a.a.O., S 51 f.; Nies/Schröder, a.a.O., S. 179.

aa) Sofern die in Rede stehenden Flächen nach § 48 c Abs. 1, 2 LG NRW durch Rechtsverordnung als Natur- oder Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen werden, kann der Kläger zwar nicht unmittelbar im Wege der Normenkontrolle nach § 47 VwGO gegen die Schutzausweisung vorgehen, weil das beklagte Land von der Ermächtigung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO keinen Gebrauch gemacht hat. Dem Kläger ist jedoch insbesondere die Möglichkeit eröffnet, gegen Verfügungen zu klagen, die auf einer Schutzausweisung als Natur- oder Landschaftsschutzgebiet gründen; je nach Fallgestaltung kommt auch die Erhebung einer Feststellungsklage in Betracht, wenn sich aus der Schutzausweisung ergebende Rechte und Pflichten in Frage stehen. In diesem Rahmen hat das Verwaltungsgericht auch die Wirksamkeit und damit die Rechtmäßigkeit der Schutzausweisung zu prüfen. Voraussetzung für eine wirksame Schutzausweisung ist nach § 19 b Abs. 2 und 3, § 19 a Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG a.F. = § 33 Abs. 2 und 3, § 10 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG n.F. i.V.m. § 48 c Abs. 1, 2 LG NRW die Eintragung der betroffenen Gebiete in die Gemeinschaftsliste. Prüfungsgegenstand im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist damit auch die Rechtmäßigkeit der Gemeinschaftsliste. Entsprechendes gilt, soweit die sich aus § 19 b Abs. 5 und § 19 c BNatSchG a.F. = § 33 Abs. 5 und § 34 BNatSchG n.F. i.V.m. § 48 c Abs. 4, § 48 d LG NRW ergebenden Rechtsfolgen Streitgegenstand oder Vorfrage eines Rechtsstreits sind. Die vorgenannten Regelungen knüpfen tatbestandsmäßig an den Begriff des Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung sowie an das "Erhaltungsziel" (§ 19 a Abs. 2 Nr. 7 a BNatSchG a.F. = § 10 Nr. 9 a BNatSchG n.F.) bzw. den "Schutzzweck" (§ 10 Nr. 10 BNatSchG n.F.) an.

Entgegen der Ansicht des Klägers folgt aus der Begriffsbestimmung in § 19 a Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG a.F. = § 10 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG n.F. nicht, dass das Prüfprogramm der Verwaltungsgerichte im Rahmen der Inzidentkontrolle beschränkt ist auf das formelle Moment der bloßen Eintragung in die Gemeinschaftsliste und nicht die Frage umfasst, ob die Eintragung zu Recht erfolgt ist oder nicht. Die Inkorporierung von unmittelbar geltendem EG-Recht durch das deutsche Recht bedeutet nicht, dass die in Bezug genommenen EG-rechtlichen Vorschriften oder Maßnahmen einer Prüfung auf deren Gültigkeit anhand höherrangigem EG-Recht durch deutsche Gerichte entzogen sind. Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die vollziehende Gewalt sowie die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Hierzu gehört auch das EG-Recht. Prüfungsmaßstab der Verwaltungsgerichte ist deshalb auch die Einhaltung der gemeinschaftsrechtlich in Art. 4 i.V.m. den Anhängen I bis III FFH- RL normierten Maßstäbe, d.h. die für die Eignung, die Auswahl des betreffenden Gebietes, seine Aufnahme in die Gemeinschaftsliste und die Festlegung der hierauf bezogenen Erhaltungsziele zwingend vorgegebenen Kriterien. So auch Ewer, a.a.O., S. 362.

Das Verwaltungsgericht prüft insoweit nicht nur die Rechtmäßigkeit der Listung unter formellen Gesichtspunkten, sondern auch die inhaltliche Vereinbarkeit der Listung mit der FFH-Richtlinie und damit die naturschutzfachliche Bewertung. Ob und inwieweit es hierbei einen Beurteilungsspielraum der entscheidenden Organe bei der Gebietswahl und Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen hat,

vgl. Stüer/Spreen, a.a.O., S. 82,

ist für den vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Dass nicht Art. 14 GG, sondern die gemeinschaftsrechtliche Eigentumsgarantie Prüfungsmaßstab ist, soweit der Inhalt der Schutzausweisung gemeinschaftsrechtlich determiniert ist, stellt keine unangemessen Rechtsschutzbeeinträchtigung dar, ebensowenig wird dadurch die Garantie effektiven Rechtsschutzes tangiert. Gleiches gilt für die grundrechtliche Prüfung im Zusammenhang mit dem Verschlechterungs- und Störungsverbot nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL.

Vgl. zum Grundrechtschutz: Wirths, a.a.O., S. 253 f., 257 m.w.N.

bb) Gelangt das Verwaltungsgericht zu der Überzeugung, dass die Aufnahme bestimmter Flächen in die Gemeinschaftsliste mit Art. 4 i.V.m. Anhang I, II und III FFH-RL nicht vereinbar ist, kann es die Liste nicht selbst "verwerfen", sondern hat die Sache nach Art. 234 EG dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Vgl. EuGH, Urteil vom 22. Oktober 1987, Rs. 314/85, Slg. 1987, 4199 (4232); Wegener in Callies/Ruffert, a.a.O., Art. 234 Rdnr. 20; Schwarze, a.a.O., Art. 234 EGV Rdnr. 47; Rengeling/Middeke/Gellermann, a.a.O., § 11 B.I.5. a) Rdnr. 378 jeweils m.w.N.

Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 Abs. 1 b EG stellt ebenso wie die Nichtigkeitsklage eine Form der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Gemeinschaftsorgane dar. Der Gerichtshof trifft die Feststellung, ob die zur Prüfung gestellte Handlung eines Gemeinschaftsorgans, insbesondere eine Norm - hier die Listung eines Gebiets als Teil der FFH-Richtlinie -, rechtswidrig und daher nichtig ist.

Vgl. Schwarze, a.a.O., Art. 234 EGV Rdnr. 20 m.w.N.

Prüfungsmaßstab kann auch gemeinschaftsrechtliches Sekundärrecht sein, soweit es der zur überprüfenden Regelung übergeordnet ist,

vgl. Schwarze, a.a.O., Art. 234 EGV Rdnr. 22; Krück, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, a.a.O., Art. 177 Rdnr. 40,

wie hier die Vorgaben der FFH-Richtlinie zur Listung und Auswahlentscheidung.

Der Überprüfung der Gemeinschaftsliste auf ihre Vereinbarkeit mit der FFH-Richtlinie durch den Europäischen Gerichtshof steht nicht entgegen, dass die Mitgliedstaaten eine Gebietsvorauswahl treffen, an der sich die Kommission orientiert. Die mitgliedstaatlichen Vorauswahlentscheidungen sind lediglich vorbereitende Akte, die sich die Kommission "zurechnen" lassen muss, wenn und soweit sie die jeweilige Auswahl übernimmt. Die Gemeinschaftsliste ist die abschließende - gegenüber den Mitgliedstaaten außenwirksame - Entscheidung in einem mehrphasigen Verfahren.

Vgl. Cremer in Callies/Ruffert, a.a.O., Art. 230 EGV Rdnr. 9; Schwarze, a.a.O., Art. 230 EGV Rdnr. 14; Rengeling/Middeke/Gellermann, a.a.O., § 7 B.III.2. a) Rdnrn. 145 und 149 jeweils mit weiteren Nachweisen.

Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn den Mitgliedstaaten bzw. der Kommission ein "Auswahlspielraum" in Art eines naturfachlichen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums einzuräumen sein sollte.

Vgl. etwa Ewer, a.a.O., S. 363; Stüer/Spreen, a.a.O., S. 51.

Ungeachtet der nicht eindeutigen Bestimmung im Anhang III Phase 2 Nr. 1 der FFH-RL übernimmt im Übrigen die Kommission nicht ungeprüft die Gebietsvorschläge der Mitgliedstaaten. So ergibt sich bereits aus der vom Kläger vorgelegten Beschwerdeentscheidung der Europäischen Kommission vom 24. Oktober 2001 (Az.: 2001/479), dass die Kommission bei der Aufnahme der von den Mitgliedstaaten gemeldeten Gebiete in die Gemeinschaftsliste eine naturschutzfachliche und rechtliche Prüfung auf Einhaltung der von der FFH-Richtlinie vorgegebenen Kriterien vornimmt.

Dem entspricht es, wenn die Gebietsmeldungen und Vorschlagslisten der Länder auf sog. "Kontinentalen Bewertungstreffen" fachwissenschaftlich überprüft werden.

So BVerwG, Urteil vom 14. November 2002 - 4 A 15.02 -, Urteilsabdruck S. 11 unten.

Zu Recht verweist das beklagte Land insoweit darauf, dass Beschwerden z.B. von Naturschutzverbänden wegen angeblich unzureichender Meldungen ebenso nachgegangen wird, wie Beanstandungen zum Beispiel von kommunaler Seite, dass eine Meldung abwegig oder überzogen sei. In den biogeographischen Konferenzen unter Leitung von Vertretern der Kommission wird - wie das beklagte Land in der mündlichen Verhandlung am Beispiel der von Bayern gemeldeten Staatsforste aufgezeigt hat - umfassend festgestellt, inwieweit die Meldungen eines Mitgliedstaates - auf einen Bundesstaat wie Deutschland bezogen letztlich auch der einzelnen Bundesländer - ausreichen, zu reduzieren sind oder der Ergänzung bedürfen. Ob sich die zuständigen Kontrollgremien der Europäischen Kommission tatsächlich mit Zweifelsfragen der naturschutzfachlichen Einordnung gerade der Flächen des Klägers beschäftigen oder beschäftigt haben, ist für den Umfang dessen, was die Kommission rechtlich zu verantworten hat, nicht entscheidend.

cc) Dem Kläger stünde effektiver (nachträglicher) Rechtsschutz auch dann offen, wenn die dargelegte Möglichkeit der Überprüfung der Gemeinschaftsliste durch den Gerichtshof nach Art. 234 EG ausschiede, weil der Kläger eine ihm nach Art. 230 Abs. 4 EG eröffnete Klagemöglichkeit nicht genutzt hätte. Die innerstaatlichen Verwaltungsgerichte sind ohne Vorlage an den EuGH an solche Handlungen der Gemeinschaftsorgane gebunden, deren Rechtswidrigkeit eine Partei im Ausgangsverfahren zwar geltend macht, die diese aber nicht fristgerecht gemäß Art. 230 Abs. 4 EG angefochten hat,

vgl. EuGH, Urteil vom 9. März 1994, Rs.C 188/92, Slg. 1994, I- 833 Rdnr. 26; Urteil vom 30. Januar 1997 Rs. C 178/95, Slg. 1997, I-585 Rdnr. 24; Wegener, in: Callies/Ruffert, a.a.O., Art. 234 EGV Rdnr. 10; Schwarze, a.a.O., Art. 234 EGV Rdnr. 24, jeweils m.w.N.

obwohl eine Nichtigkeitsklage offensichtlich zulässig gewesen wäre.

Vgl. EuGH, Urteil vom 12. Dezember 1996, Rs.C-241/95, Slg. 1996, I-6699 Rdnr. 15 f.; Wegener, in: Callies/Ruffert, a.a.O.; Schwarze, a.a.O.; weniger restriktiv: Rengeling/Middeke/ Gellermann, a.a.O., § 11 B. I. 3. b) Rdnr. 371 mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 12. Oktober 1978, Rs. 156/77, Slg. 1978, 1881 (1897) und Urteil vom 21. Mai 1987, Rs. 133-136/85, Slg. 1987, 2289 (2338).

Ob dem Kläger im vorliegenden Fall eine Klage nach Art. 230 Abs. 4 EG möglicherweise wegen seiner nicht unzweifelhaften Klagebefugnis nicht zumutbar ist und deshalb eine Präklusionswirkung entfällt,

vgl. auch EuGH, Urteil vom 11. November 1997, AS.C-408/95, Slg. 1997, I - 3615, Rdnr. 29 f.; Wegener, in: Callies/Ruffert, a.a.O.,

kann indes offen bleiben. Die Unsicherheit, ob der Kläger nach Art. 230 Abs. 4 EG unmittelbar beim Europäischen Gerichtshof klagen oder ob er um (inzidenten) Rechtsschutz bei den Verwaltungsgerichten nachsuchen kann, stellt nicht die ihm grundsätzlich eröffnete Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes in Frage. Ihm steht jedenfalls einer der beiden Rechtsschutzwege offen, so dass es des hier begehrten Rechtsschutzes nicht bedarf.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.