LG Düsseldorf, Urteil vom 18.11.2003 - 4a O 22/03
Fundstelle
openJur 2011, 25213
  • Rkr:
Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zwangsweise durchzusetzenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine als General Partnership nach kalifornischem Recht zusammengeschlossene Rockmusikgruppe. Sie ist im Musikgeschäft seit über 20 Jahren tätig und erfreut sich unter anderem europaweit großer Beliebtheit.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin der am 1. April 1996 angemeldeten und am 18. Juni 1998 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt unter der Register-Nummer .............../............ eingetragenen Gemeinschaftswortmarke M1 (Anlage K1, fortan: Klagemarke), deren Eintragung am 31. August 1998 veröffentlicht worden ist.

Die Klagemarke steht in Kraft.

Wegen Verletzung der Klagemarke und aus allgemeinem Namensrecht nimmt die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung, Rücknahme einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Das Warenverzeichnis der Klagemarke umfasst unter anderem folgende Gegenstände:

Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, elektrische, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate, Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Feuerlöscher. Videokassetten, Tonkassetten, Schallplatten, CDs, Laserplatten und Sonnenbrillen.

Die Beklagte bietet auf ihrer Internet-Webside unter der Bezeichnung M1 TL-270 beziehungsweise M1 TL-270 eine als Schlüsselanhänger mit Drehgelenk-Schlüsselring ausgebildete LED-Taschenlampe (fortan: angegriffene Kennzeichnung) an, zu der es auf einem von der Klägerin vorgelegten Internet-Auszug (Anlage K3) unter anderem heißt:

"Gleißend hell und unverwüstlich... Das mittels Linsenoptik gebündelte und optimierte Licht ihrer weißen LED erzeugt sehr gleichmäßig Flächenausleuchtung mit scharf abgegrenztem Rand. Die extrem lange Lebensdauer der LED und das oberflächenveredelte, robuste Metallgehäuse machen sie zu einer unverwüstlichen Taschenlampe, die sowohl unter technische als auch unter Design-Aspekten überzeugt.

Reichweite: 10m

Leuchtdauer: über 30h

..."

Wegen der körperlichen Ausgestaltung der LED-Taschenlampe der Beklagten und deren weiteren Beschreibung wird auf den Inhalt des vorbezeichneten Internet-Auszuges verwiesen.

Am 19. November 2001 meldete die Beklagte beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt unter der Register-Nummer .............../............ (Anlage K2, fortan: Zweitanmeldung) die Wortmarke M1 an, deren Warenverzeichnis

Beleuchtungsgegenstände, insbesondere Taschenlampen sowie Schlüsselanhänger-Leuchten

umfasst. Gegen diese Anmeldung legte die Klägerin Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist.

Die Klägerin sieht in der angegriffenen Kennzeichnung und der Zweitanmeldung eine unberechtigte Benutzung der Klagemarke und eine Anmaßung ihres herausragend bekannten Namens.

Sie behauptet, sie würde in großem Stil mit der Klagemarke gekennzeichnete Merchandise-Gegenstände zu vertreiben.

Die Klägerin hat von der Beklagten ursprünglich unter anderem Schadensersatz, hilfsweise Bereicherungsherausgabe ohne zeitliche Beschränkung geltend gemacht.

In der Sitzung vom 28. Oktober 2003 hat sie diese Anträge im Hinblick auf Benutzungshandlungen der Beklagten, die vor dem 21. August 1998 vorgenommen worden sind, zurückgenommen.

Die Beklagte hat dieser teilweisen Klagerücknahme in der Sitzung vom 28. Oktober 2003 zugestimmt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1.

die Beklagte unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen, es zu unterlassen,

die Bezeichnung M1

in Alleinstellung innerhalb der Europäischen Union im geschäftlichen Verkehr für die Waren "Beleuchtungsgeräte, insbesondere Taschenlampen sowie Schlüsselanhänger-Leuchten" zu benutzen, und zwar die Bezeichnung auf den genannten Waren oder deren Aufmachungen anzubringen, unter dem genannten Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, Waren unter der genannten Bezeichnung einzuführen oder auszuführen, Waren unter der genannten Kennzeichnung zu bewerben und/oder das genannte Zeichen in den Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen;

2.

die Beklagte zu verurteilen,

gegenüber dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt in Alicante in die Rücknahme der Markenanmeldung .............../............, Wort: M1, einzuwilligen;

3.

festzustellen,

dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr - der Klägerin - den Schaden zu ersetzen, der ihr durch seit dem 21. August 1998 begangene Handlungen gemäß Ziffer 1. entstanden ist und noch entstehen wird;

hilfsweise,

ihr die durch seit dem 21. August 1998 begangene Handlungen gemäß Ziffer 1. erlangte ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben;

4.

die Beklagte zu verurteilen,

ihr Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der von ihr vorgenommenen Verletzungshandlungen und zwar über

- Art und Umfang der Nutzung,

- Benennung von Lizenznehmern beziehungsweise von Unternehmen, die die Marke mit Zustimmung der Beklagten benutzen,

- erzielter Umsatz und Gewinn von mit der Marke gekennzeichneten Waren,

- betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflage und Kalendervierteljahren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wendet ein, die angegriffene Kennzeichnung werde in der Klage nicht hinreichend bezeichnet und bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klagemarke binnen 5 Jahre nach ihrer Eintragung von der Klägerin für die Waren Signalapparate und -instrumente benutzt worden ist.

Ihre LED-Taschenlampe stelle keinen Signalapparat oder -instrument dar. Sie werde nur kurzfristig eingeschaltet, um den unmittelbaren Nahbereich auszuleuchten.

Gegenüber der Klagemarke hätten bestehende Namensrechte der Klägerin keine eigenständige Bedeutung. Dessen ungeachtet werde die Tätigkeit einer Rockband durch den Vertrieb einer Taschenlampe nicht berührt.

Für das Verlangen auf Rücknahme der Zweitmarkenanmeldung schließlich fehle es an einer geeigneten Anspruchsgrundlage. In dieser Hinsicht sei die Klägerin auf den gegen die Zweitmarke erhobenen Widerspruch beschränkt.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen verwiesen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Ihr Gegenstand wird entgegen dem Bestreiten der Beklagten hinreichend individualisiert. Der Paragraph 253 Absatz 2 Nummer 2 der deutschen Zivilprozessordnung schreibt hierzu vor, dass die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag enthalten muss.

Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungantrag ist hinreichend bestimmt. Aus ihm lässt sich mit der erforderlichen Eindeutigkeit ersehen, welche Benutzungshandlungen der Beklagten untersagt werden sollen.

Dass der Unterlassungsantrag nicht nur die von der Beklagten konkret vorgenommene Benutzungshandlung, sondern zusätzlich Verallgemeinerungen enthält, in denen das Charakteristische der konkreten Benutzungshandlung zum Ausdruck kommt, ändert hieran nichts. Die Verallgemeinerungen führen insbesondere nicht dazu, dass der Antrag zu weit gefasst ist (vergleiche hierzu die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1994, Seite 844, 846 -Rotes Kreuz).

II.

In der Sache hat die Klage allerdings keinen Erfolg.

1.

Im Hinblick auf die angegriffene Kennzeichnung stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatz- beziehungsweise Bereicherungsherausgabepflicht nach dem Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a), 98 der Verordnung Nummer ............1 des Rates der Europäischen Gemeinschaft über die Gemeinschaftsmarke, den Paragraphen 14 Absatz 6, 19 des deutschen Markengesetzes und den Paragraphen 242, 259, 812 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches nicht zu, weil dem jedenfalls die von der Beklagten erhobene Einrede der Nichtbenutzung entgegen steht.

Nach den Artikeln 15 Absatz 1, 50 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung Nummer ............1 des Rates der Europäischen Gemeinschaft über die Gemeinschaftsmarke verfällt das genannte Schutzrecht, wenn sein Inhaber die Gemeinschaftsmarke für die Waren und Dienstleistungen, für welche die Marke eingetragen ist, innerhalb von 5 Jahren, gerechnet von der Eintragung an, nicht ernsthaft in der Gemeinschaft benutzt, es sei denn, es liegen berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vor.

So liegt der Fall hier für die am 18. Juni 1998 eingetragene Klagemarke.

Auch nachdem sie hierauf in der Sitzung vom 28. Oktober 2003 hingewiesen worden war, vermochte die Klägerin keine konkreten Benutzungshandlungen darzutun, die über einen Sachbezug zu den gegenüber der angegriffenen Kennzeichnung beanspruchten Warengruppen der Signalapparate und -instrumente verfügen. Aus ihrem nicht näher spezifizierten Vortrag, eine große Anzahl von mit der Klagemarke gekennzeichneten Merchandise-Artikeln zu vertreiben, gehen solche konkreten Benutzungen nicht hervor. In dem offiziellen Fanartikelkatalog, den die Klägerin als Internet-Auszug in der Sitzung vom 28. Oktober 2003 vorgelegt hat und in dem unter anderem Biergläser, Weihnachsschmuck, Automatten, Kalender und Schlüsselanhänger abgebildet sind, sind Gegenstände, die in einem Sachzusammenhang zu Signalapparaten und -instrumenten stehen, nicht enthalten.

Berechtigte Gründe für eine Nichtbenutzung des Klagemarke hat die hierzu darlegungsbelastete Klägerin nicht geltend gemacht. Solche Gründe sind auch im übrigen nicht zu erkennen.

2.

Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz beziehungsweise Bereicherungsherausgabe kann die Klägerin von der Beklagten im Hinblick auf die angegriffene Kennzeichnung auch nicht aus allgemeinem Namensrecht nach den Paragraphen 12, 823 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches verlangen.

Der Paragraph 12 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches setzt voraus, dass das Interesse eines Berechtigten an einen ihm zustehenden Namen dadurch verletzt wird, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht.

In dem von der Klägerin hier geltend gemachten Fall einer Benutzung des gleichen Namens ist es erforderlich, dass der Verkehr die Namensverwendung als einen Hinweis auf den Namensträger ansieht (Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in: Neue Juristische Wochenschrift 1983, Seite 1184). Eine volle Übereinstimmung des geschützten Namens zu dem unberechtigt benutzten ist nicht erforderlich. Entscheidend ist, ob die Gefahr einer Zuordnungsverwechslung besteht (Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in dem Nachschlagewerk von Lindenmaier und Möhring, § 12 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches, Nummer 21). Dies ist der Fall, wenn die beteiligten Verkehrskreise Identität der Unternehmen annehmen oder wenn sie personelle oder organisatorische Zusammenhänge oder eine Zustimmung des Namensträgers vermuten (Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in: Neue Juristische Wochenschrift - Rechtsprechungs-Report 1989, Seite 1388). Hingegen ist der Paragraph 12 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches beispielsweise dann unanwendbar, wenn eine Verwechslungsgefahr und somit eine Interessenverletzung wegen völliger Branchenverschiedenheit entfällt (Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in: Neue Juristische Wochenschrift 1993, Seite 459; Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgedruckt in: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1993, 491).

So liegt der Fall hier.

Es ist nicht zu erkennen und von der Klägerin auch nicht schlüssig dargetan worden, dass die für eine Taschenlampe benutzte angegriffene Kennzeichnung in einer gedanklichen Beziehung zu dem identischen Namen der als Rockmusikband tätigen Klägerin steht. Die Gefahr einer Zuordnungsverwechslung liegt für die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich um Zuhörer von Pop- und Rockmusik handelt, nicht vor. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass die Klägerin auf dem Gebiet des Merchandising eine bedeutende Anzahl von Fanartikeln anbietet, die mit ihrem Namen bedruckt sind. Wie bereits oben dargetan, hat die Klägerin nämlich keinen Fanartikel zu bezeichnen vermocht, der einen gedanklichen Zusammenhang zwischen der mit der angegriffenen Kennzeichnung bedruckten Taschenlampe und dem Namen der Klägerin begründet.

3.

Eine Einwilligung in die Rücknahme der Zweitmarkenanmeldung vermag die Klägerin von der Beklagten in Ermangelung einer tauglichen Anspruchsgrundlage aus Gemeinschaftsmarkenrecht nicht zu verlangen.

Im Gegensatz zu der nationalen Marke, bei der nach dem Paragraphen 55 des deutschen Markengesetzes auf Löschung wegen des Bestehens älterer Rechte geklagt werden kann, ist ein solcher Anspruch in der Verordnung Nummer ............1 des Rates der Europäischen Gemeinschaft über die Gemeinschaftsmarke nicht vorgesehen.

Um sein Schutzrecht gegenüber später angemeldeten Marken durchzusetzen, ist der Gemeinschaftsmarkeninhaber nach den Artikeln 52, 55 und 96 der Verordnung Nummer ............1 des Rates der Europäischen Gemeinschaft über die Gemeinschaftsmarke auf einen Löschungsantrag bei dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt oder eine Widerklage im Verletzungsprozess beschränkt (Ingerl/Rohnke, Kommentar zum Markengesetz, 2. Auflage, Paragraph 55 Markengesetz, Randziffer 3; Ströbele/Hacker, Kommentar zum Markengesetz, 7. Auflage, Paragraph 5 Markengesetz, Randziffer 18)

4.

Aus dem gleichen Grund kann die Klägerin von der Beklagten eine Einwilligung in die Löschung der Zweitmarke auch nicht aus ihrem Namensrecht nach dem Paragraphen 12 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches verlangen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 91 Absatz 1, 269 Absatz 3 der deutschen Zivilprozessordnung.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den Paragraphen 709, 108 der deutschen Zivilprozessordnung.

IV.

Der Streitwert wird auf 125.000,00 Euro festgesetzt.

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