LG Köln, Beschluss vom 14.08.2003 - 19 T 92/03
Fundstelle
openJur 2011, 23817
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 286 M 2065/03
Tenor

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den

Beschluß des Amtsgerichts Köln - Vollstreckungsgericht -

vom 18.03.2003 - Aktenzeichen: 286 M 2065/02 - wird

auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.

Gründe

Über das Vermögen des Schuldners war am 03.12.1999 das Regelinsolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit durch das Amtsgericht Köln eröffnet worden (Aktenzeichen: 73 IN 163/99); nachdem die Schlußverteilung vollzogen worden war, ist das Verfahren gemäß Beschluß vom 16.07.2002 aufgehoben worden. Im Schlußtermin vom 12.03.2001 ist dem Schuldner die Restschuldbefreiung nach Ablauf von 7 Jahren

angekündigt worden.

Die Gläubigerin betreibt die Herausgabevollstreckung gegen den Schuldner aus dem Versäumnisurteil des Amtsgerichts Köln vom 07.12.2001 - Aktenzeichen:

145 C 46/01 -. Danach hat der Schuldner diverse Möbel an die Gläubigerin herauszugeben, die er im Februar 1999 bei der Gläubigerin gekauft hatte, wobei sich die

Gläubigerin das Eigentum bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung vorbehalten hatte. Der Kaufpreis ist bis auf eine geringe Teilzahlung nicht geleistet.

Unter dem 26.09.2002 hat der Schuldner gegen die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Erinnerung eingelegt. Er vertritt die Auffassung, die Zwangsvollstreckung sei nach § 89 InsO unzulässig.

Mit Beschluß vom 18.03.2003 hat der Amtsrichter die Erinnerung kostenpflichtig

zurückgewiesen. Dieser Beschluß ist dem Bevollmächtigten des Schuldners am 26.03.2003 zugestellt worden.

Mit seiner am 09.04.2003 eingegangenen Beschwerde vom selben Tag begehrt er die Aufhebung. Er hält das Insolvenzgericht für zuständig und meint, die Zwangsvollstreckung werde im wesentlichen ins Leere gehen, weil der Schuldner nach diversen

Umzügen und dem natürlichen Verschleiß der Möbel kaum noch im Besitz eines der Gegenstände sei.

Die Gläubigerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist zwar zulässig (§§ 793, 567 ff ZPO), führt aber in der Sache nicht zum Erfolg.

Zu Recht hat das Amtsgericht die Erinnerung des Schuldners zurückgewiesen.

Die Entscheidung hat das nach § 802 ZPO zuständige Vollstreckungsgericht getroffen.

Zwar sieht § 89 Abs. 3 InsO vor, dass über Einwendungen, die aufgrund des Absatzes 1 oder 2 gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung erhoben werden, das

Insolvenzgericht entscheidet. § 89 Abs. 1 und 2 InsO befaßt sich aber nur mit dem Vollstreckungsverbot für einzelne Gläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens. Mit dem Beschluß vom 16.07.2002 war das Insolvenzverfahren im vorliegenden Verfahren jedoch aufgehoben und der Schuldner hat seine Erinnerung erst am 26.09.2002 eingelegt.

Während des anschließend laufenden Restschuldbefreiungsverfahrens greift die

Vorschrift des § 294 InsO, wonach Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenz-

gläubiger in das Vermögen des Schuldners auch während der Laufzeit der

Abtretungserklärung nicht zulässig sind. Eine dem § 89 Abs. 3 InsO entsprechende Zuständigkeitsvorschrift enthält § 294 InsO nicht.

Es ist umstritten, ob § 89 Abs. 3 InsO während der Wohlverhaltensperiode analoge Anwendungen finden soll. Hierfür hat sich Ahrens ausgesprochen (vgl. Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Auflage, § 294 Rd. Nr. 25). Er hat als Gründe

angeführt, das Insolvenzgericht verfüge über die größere Sachnähe, die sowohl

während des laufenden Insolvenzverfahrens wie auch für die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von Bedeutung sei; außerdem habe der Gesetzgeber durch die Zuständigkeitsbestimmung in § 292 Abs. 1 Satz 3 InsO in Verbindung mit § 36 Abs. 4 InsO, wonach das Insolvenzgericht selbst über die Anwendung der Pfändungsschutzvorschriften für das Arbeitseinkommen im Restschuldbefreiungsverfahren zu entschei-

den hat, die vom Gesetzgeber gewollte Konzentration der vollstreckungsrechtlichen Entscheidungen beim Insolvenzgericht bestätigt.

Demgegenüber hält Vallender (in Uhlenbruck, Kommentar zur Insolvenzordnung, 12. Auflage, § 294 Rd. Nr. 15) mangels einer der Vorschrift des § 89 Abs. 3 InsO entsprechenden Regelung im Restschuldbefreiungsverfahren das Vollstreckungsgericht für zuständig.

Ehricke (in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band III 2003, § 294 Rd. Nr. 38 ff.) verneint eine analoge Anwendung, weil die Zuständigkeitsregel des § 89 Abs. 3 InsO vom Gesetzgeber ausdrücklich auf die Dauer des Insolvenzverfahrens

beschränkt worden sei.

Die Kammer teilt die letztgenannten Auffassungen. Grundsätzlich muß angesichts des Fehlens einer dem § 89 Abs. 3 InsO entsprechenden Zuständigkeitsregelung im § 294 InsO davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts während des laufenden Restschuldbefreiungsverfahrens nicht begründen wollte, weil nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens wieder die allgemeine

Zuständigkeitsregel des § 802 ZPO greifen sollte. Andernfalls hätte es nahe gelegen, die Zuständigkeit wie in § 89 Abs. 3 InsO auch im Rahmen des § 294 InsO für das Restschuldbefreiungsverfahren einzuführen. Nur für den Fall einer Regelungslücke darf aber eine analoge Anwendung herangezogen werden. Eine solche Gesetzeslücke liegt jedoch im Hinblick auf die Regelzuständigkeit des Vollstreckungsgerichtes nach § 802 ZPO nicht vor. Dass der Gesetzgeber dies bei der Fassung des § 294 InsO nicht

bedacht und eine Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des § 89 Abs. 3 InsO schlicht vergessen haben sollte, vermag sich die Kammer nicht vorzustellen. Daher ist die Erinnerung des Schuldners vom zuständigen Vollstreckungsgericht

beschieden worden.

Dieses hat auch in der Sache selbst richtig befunden.

Das Vollstreckungsverbot des § 294 InsO greift vorliegend nicht. Ziel der Vorschrift ist es, während der Dauer der Wohlverhaltensperiode dafür zu sorgen, daß sich die

Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger untereinander nicht verschieben und ihnen nur diejenigen Beträge zufließen, die der Schuldner im Verlaufe des Restschuldbefreiungsverfahrens an den Treuhänder abgeführt hat. Sondervorteile einzelner

Insolvenzgläubiger sollen - wie § 294 Abs. 2 InsO ausdrücklich formuliert - vermieden werden. § 294 Abs. 1 InsO erfaßt die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu Gunsten

eines Insolvenzgläubigers, wobei nur die persönlichen Gläubiger gemeint sind, die

einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner besitzen, wobei es nicht darauf ankommt, ob die

Gläubiger am Insolvenzverfahren tatsächlich teilgenommen haben oder nicht. Die Gläubigerin im vorliegenden Vollstreckungsverfahren ist als Aussonderungsberechtigte Gläubigerin im Sinne des § 47 InsO, jedoch keine persönliche Insolvenzgläubigerin und als solche berechtigt, auch während der Wohlverhaltensperiode ihren Herausgabe

anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Sie hat als Eigentümerin der herausverlangten Möbel ein dingliches Recht nach § 47 InsO. Hinsichtlich ihres Aussonderungsanspruches ist sie vom Vollstreckungsverbot des § 294 InsO nicht

betroffen.

Demgemäß war die sofortige Beschwerde des Schuldners mit der Kostenfolge aus

§ 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde ist gegen diesen Beschluß nicht statthaft.

Beschwerdewert: 3.000,00 EUR.

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