VG Hamburg, Beschluss vom 17.10.2016 - 17 E 4858/16
Fundstelle
openJur 2016, 10156
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Geschäftsführer der A-GmbH, eines sogenannten Energiedienstleistungsunternehmens, das mit einer Vielzahl verbundener Unternehmen die A-Unternehmensgruppe (im Folgenden: A-Gruppe) bildet. Seit spätestens Juni 2016 erschienen Medienberichte über Zahlungs- und Lieferschwierigkeiten der A-Gruppe und ein aus diesen Gründen eingeleitetes Aufsichtsverfahren der Bundesnetzagentur. In diesem Zusammenhang erwähnten die Medienberichte auch den Antragsteller persönlich und charakterisierten ihn als „Chef“ der A-Gruppe. Zudem waren die Medienberichte häufig mit Bildern des Antragstellers von verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen oder aus der Werbung der A-Gruppe illustriert.

Am 6. September 2016 äußerte sich die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg auf Anfrage zweier Journalisten wie folgt: „In dem hier geführten Ermittlungsverfahren werden diverse Strafanzeigen (es handelt sich geschätzt um mehr als 50 Strafanzeigen) gegen Verantwortliche der A-Gruppe bearbeitet. Inhaltlich geht es um Vorwürfe des Betruges und der Insolvenzverschleppung. Die Vorwürfe werden nun geprüft. Die Ermittlungen, die sich auch gegen Herrn B [Anm.: den Antragsteller] richten, stehen erst am Anfang, so dass ich über einen Verdachtsgrad oder konkrete Maßnahmen derzeit noch keinerlei Angaben machen kann.“

Der Antragsteller hat daraufhin sinngemäß beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Herausgabe jeglicher Informationen über etwaige Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller, insbesondere über das Bestehen eines Ermittlungsverfahrens und dessen Inhalt, zukünftig bis zu einer (etwaigen) Hauptverhandlung zu unterlassen.

II.

1.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg, da er zwar zulässig (hierzu a)), aber nicht begründet ist (hierzu b)).

a) Der Antrag ist gem. § 123 VwGO zulässig. Das erkennende Gericht ist – ungeachtet der Frage, ob Streitigkeiten über öffentliche Äußerungen der Gerichte und Staatsanwaltschaften gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG den ordentlichen Gerichten oder gem. § 40 Abs. 1 VwGO den Verwaltungsgerichten zugewiesen sind (in letzterem Sinne insbesondere BVerwG, Urt. v. 14.4.1988, 3 C 65/85, juris Rn. 31-43) – zuständig, da es durch den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Hamburg vom 9. September 2016 gebunden ist (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).

b) Der Antrag bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, da der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Erforderlich ist, dass der Antragsteller die Eilbedürftigkeit (den Anordnungsgrund) und das Bestehen eines zu sichernden materiellen Anspruchs (den Anordnungsanspruch) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Vorliegend sind besondere Anforderungen an die Glaubhaftmachung zu stellen, da eine stattgebende Entscheidung über den Unterlassungsantrag eine Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen würde. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gilt das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme in der Hauptsache dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn sonst die zu erwartenden Nachteile unzumutbar wären, und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 123 Rn. 13 f.).

Hier hat der Antragsteller bereits keinen Anordnungsanspruch – mit dem für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit – glaubhaft gemacht.

In Betracht kommt alleine ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch, der aus § 1004 BGB abgeleitet wird und allgemein anerkannt ist. Das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist und die konkrete Gefahr der Wiederholung besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.11.2010, 7 B 54/10, juris Rn. 14; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.7.2013, 13 ME 112/13, juris Rn. 7).

Zwar besteht die begründete Aussicht, dass die Antragsgegnerin (bzw. die ihr nachgeordnete Staatsanwaltschaft) Aussagen wie die vom 6. September 2016 auch in Zukunft tätigen wird. Diese ergibt sich aus der schriftsätzlichen Ankündigung der Antragsgegnerin, dass sie derartige Auskünfte auch künftig nicht nur geben wolle, sondern nach dem Hamburgischen Pressegesetz vom 29.1.1965 (HmbGVBl. S. 15 m. Änd; im Folgenden: HmbPresseG) und der Allgemeinen Verfügung der Justizbehörde Nr. 3/2000 vom 26.1.2000 über Auskünfte an die Presse (HmbJVBl. S. 7; im Folgenden: Presserichtlinien) sogar geben müsse.

Diese Aussicht begründet jedoch keinen Unterlassungsanspruch des Antragstellers, da die Aussagen der Antragsgegnerin vom 6. September 2016 keinen rechtswidrigen Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Antragstellers darstellen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Antragsteller nicht nur die Wiederholung bestimmter Aussageteile, sondern die Wiederholung jeglicher Auskunft zum Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft verhindern will, insbesondere auch die Grundaussage, dass Strafanzeigen gegen Verantwortliche der A-Gruppe erhoben wurden und im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens geprüft werden. Das Gericht hatte daher bei der Prüfung eines rechtswidrigen Eingriffs darauf abzustellen, ob schon diese Grundaussage rechtswidrig war.

Die Aussagen der Staatsanwaltschaft in ihren Schreiben vom 6. September 2016 waren nicht rechtswidrig, sondern erfolgten auf der Grundlage und in rechtmäßiger Anwendung des § 4 Abs. 1, 2 HmbPresseG. Nach § 4 Abs. 1 HmbPresseG sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse und des Rundfunks die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Nach § 4 Abs. 2 PresseG können Auskünfte unter bestimmten Umständen verweigert werden.

Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 HmbPresseG lagen im Fall der Auskunftserteilung am 6. September 2016 vor. Die Staatsanwaltschaft ist im Sinne dieser Vorschrift auskunftsverpflichtet, da sie als Teil der Justizbehörde zu den dort genannten „Behörden“ gehört (vgl. zum Bayerischen Pressegesetz VG Augsburg, Beschl. v. 29.1.2014, Au 7 E 12.2018, juris Rn. 58). Die beiden Personen, die am 5. und 6. September 2016 um Information nachgesucht haben, waren auskunftsberechtigt, da sie als Reporter der überregional verbreiteten Tageszeitung „H.“ bzw. des ebenfalls überregional bekannten und tagesaktuellen Nachrichtenportals „M.“ der Presse angehören. Weiterhin dienten die Auskunftsanfragen der öffentlichen Aufgabe der Presse. Die Funktion dieses Tatbestandsmerkmals erschöpft sich darin, einen Anspruch auf solche Information auszuschließen, die nicht der publizistischen Auswertung zu dienen bestimmt sind (OVG Hamburg, Beschl. v. 4.10.2010, 4 Bf 179/09.Z, juris Rn. 19). Die angefragten Informationen zum Bestehen von Strafanzeigen bzw. eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Antragsteller waren indes zur publizistischen Auswertung, nämlich zur Verwendung in der Berichterstattung über das Geschäftsverhalten und die wirtschaftliche Situation eines Energieversorgungsunternehmens mit einem erheblichen Kundenstamm, gedacht und geeignet.

Es bestanden auch keine Auskunftsverweigerungsgründe i.S.d. § 4 Abs. 2 HmbPresseG.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Auskunft die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Gerichtsverfahrens, Bußgeldverfahrens oder Disziplinarverfahrens hätte beeinträchtigen oder gefährden können (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 HmbPresseG). Zum einen war kein Gerichtsverfahren betroffen, sondern ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren, welches der Wortlaut der Vorschrift gerade nicht erfasst. Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, dass die erteilten Informationen die sachgemäße Durchführung dieses Ermittlungsverfahrens hätten beeinträchtigen oder gefährden können. Insbesondere ging die Staatsanwaltschaft offensichtlich nicht davon aus, dass das Bekanntwerden des Verfahrens bevorstehende Ermittlungsmaßnahmen gefährden würde.

Weiterhin standen der Auskunftserteilung keine Vorschriften über die Geheimhaltung oder Amtsverschwiegenheit entgegen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 HmbPresseG). Diese Regelung schließt nur die Weitergabe solcher Informationen aus, deren Preisgabe durch gesetzliche Bestimmungen den Behörden als solchen schlechthin untersagt ist (OVG Hamburg, Beschl. v. 4.10.2010, 4 Bf 179/09.Z, juris Rn. 33 m.w.N.). Daher ist die allgemeine beamtenrechtliche Pflicht zur Dienstverschwiegenheit nicht als Vorschrift über die Geheimhaltung oder Amtsverschwiegenheit i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 2 HmbPresseG anzusehen (OVG Hamburg, ebenda, Rn. 34). Es sind auch keine anderen entgegenstehenden Geheimhaltungs- oder Verschwiegenheitspflichten ersichtlich.

Schließlich verletzte die Auskunftserteilung kein überwiegendes schutzwürdiges privates Interesse (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 HmbPresseG).

Zwar berührte die Auskunft der Antraggegnerin über die Existenz von Strafanzeigen und eines Ermittlungsverfahrens den Schutzbereich des gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des – als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geschützten – Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Antragstellers. Diese Rechte sichern jedem einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, der die Befugnis einschließt, selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden (vgl. BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, 1 BvR 209/83 u.a., juris Rn. 146, 149; BVerfG, Beschl. v. 9.3.1988, 1 BvL 49/86, juris Rn. 26). Weiterhin betraf die Auskunft die gem. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers. Der Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit ist grundsätzlich auch dann berührt, wenn die beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Grundrechtsträgers durch öffentliche Äußerungen staatlicher Stellen eingeschränkt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.10.1990, 3 C 2/88, juris Rn. 62). Die Auskunft der Antragsgegnerin beeinträchtigte diese Rechte, da mit ihr Informationen über ein den Antragsteller persönlich betreffendes Ermittlungsverfahren ohne bzw. gegen dessen Willen an am Ermittlungsverfahren nicht beteiligte Personen weitergegeben wurden und die weitergegebenen Informationen geeignet waren, das Vertrauen in die beruflichen Fähigkeiten des Antragstellers zu beschädigen und damit dessen Berufstätigkeit zu erschweren.

Indes überwogen die dargelegten Interessen des Antragstellers nicht das Interesse der Pressevertreter und der Öffentlichkeit an einer Auskunftserteilung.

Den Rechten und Interessen des Antragstellers stand insbesondere die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgte Pressefreiheit entgegen. Die Pressefreiheit umfasst das grundsätzliche Recht der Presse auf ungehinderten Zugang zu Informationen, da erst dieses die Presse in den Stand versetzt, die ihr in einer freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wahrzunehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.2.1979, 2 BvR 154/78, juris Rn. 32). Der Presse kommt neben einer Informations- auch eine Kontrollfunktion zu (BVerfG, Beschl. v. 25.6.2009, 1 BvR 134/03, juris Rn. 62). Im Rahmen der Prüfung eines Auskunftsverweigerungsgrundes gem. § 4 Abs. 2 Nr. 3 HmbPresseG ist zu berücksichtigen, dass weder die Persönlichkeitsrechte des von einer Berichterstattung Betroffenen noch die Pressefreiheit schrankenlos gewährleistet sind. Welche Interessen überwiegen, ist im Wege einer umfassenden Abwägung zu ermitteln, in deren Rahmen die widerstreitenden Rechtspositionen nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz in einen angemessenen Ausgleich zu bringen sind. Entscheidend ist dabei, wie hoch das öffentliche Interesse an der begehrten Auskunft zu bewerten und wie stark der Eingriff in private Rechte durch die Offenlegung der begehrten Informationen im Einzelfall zu gewichten ist (vgl. VG Augsburg, Beschl. v. 29.1.2014, Au 7 E 13.2018, Rn. 83, mit Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 28.8.2000, 1 BvR 1307/91, juris Rn. 25).

Vorliegend bestand ein erhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Die A-Gruppe hat eine erhebliche Anzahl an Kunden, für die die Unternehmensführung des Antragstellers sowie die juristische und wirtschaftliche Situation der A-Gruppe von akutem Interesse sind. Dies galt insbesondere, nachdem Medienberichte erschienen waren, wonach Teile des Kundenstamms vertragsbrüchigem Verhalten der A-Gruppe bis hin zu Unterbrechungen der Stromlieferungen ausgesetzt sein sollten. Vor diesem Hintergrund hatten aktuelle, aber auch potentielle Kunden der A-Gruppe ein erhebliches legitimes Interesse daran, auf angemessener Informationsgrundlage über den Fortbestand bzw. die Neuaufnahme von Vertragsbeziehungen mit der A-Gruppe entscheiden zu können. Das Auskunftsinteresse der Presse war entsprechend hoch. Die Presse hatte ein berechtigtes Interesse daran, über weitere Entwicklungen in der Situation der A-Gruppe und ein mögliches Tätigwerden der Strafverfolgungsbehörden zu berichten und damit sowohl ihrer Informations- als auch ihrer Kontrollfunktion nachzukommen.

Demgegenüber hatten die Geheimhaltungsinteressen des Antragstellers einen geringeren Stellenwert. Zwar waren die von der Antragsgegnerin weitergegebenen Informationen geeignet, Zweifel an der Integrität und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Antragstellers und der A-Gruppe zu begründen und damit einerseits das persönlichen Ansehen des Antragstellers und andererseits die wirtschaftlichen Situation der A-Gruppe (und mittelbar wiederum des Antragstellers) zu beeinträchtigen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass interessierten Teilen der Öffentlichkeit bereits aufgrund der Vorberichterstattung bekannt gewesen sein dürfte, dass der Antragsteller und die A-Gruppe in juristische und wirtschaftliche Schwierigkeiten verwickelt waren und ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr vollständig nachkommen konnten. Vor diesem Hintergrund war nicht nur – wie ausgeführt – das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und der Presse besonders hoch, sondern auch der denkbare zusätzliche Schaden für den Antragsteller und die A-Gruppe begrenzt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Auskunft der Antragsgegnerin so gestaltet war, dass sie das Schadensrisiko möglichst gering hielt. Die weitergegebenen Informationen waren sachlich richtig und die Äußerung war frei von Wertungen. Mit dem Zusatz „Die Ermittlungen stehen erst am Anfang, so dass ich über einen Verdachtsgrad oder konkrete Maßnahmen derzeit noch keinerlei Angaben machen kann.“ enthielt sich die Antragsgegnerin ausdrücklich jeder Vorverurteilung.

Aus diesem Grund verfängt auch der Verweis des Antragstellers auf die Unschuldsvermutung nicht. Die Unschuldsvermutung stellt eine besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips dar und ist in Art. 6 Abs. 2 EMRK ausdrücklich verbürgt. Sie schützt den Beschuldigten auch vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, denen aber kein rechtsstaatliches prozessordnungsgemäßes Verfahren zur Schuldfeststellung und Strafbemessung vorausgegangen ist, und verlangt den rechtskräftigen Nachweis der Schuld, bevor dem Verurteilten diese im Rechtsverkehr allgemein vorgehalten werden darf (BVerfG, Beschl. v. 3.9.2009, 2 BvR 2540/08, Rn. 4). Vorliegend hat die Antragsgegnerin den Antragsteller jedoch gerade nicht als schuldig dargestellt, sondern im Gegenteil ausdrücklich auf den anfänglichen Stand der Ermittlungen hingewiesen. Ob die Unschuldsvermutung – wie dies Teile der Rechtsprechung annehmen (vgl. VG Saarlouis, Urt. v. 21. August 2008, 1 K 920/07, juris Rn. 25; OLG Hamm, Beschl. v. 31.1.2000, 2 Ws 282/99; juris Rn. 14 f.; OLG Hamm, Urt. v. 14.11.2014, 11 U 129/13 u.a., juris Rn. 36) – schon gegen jede Verdachtsberichterstattung mit Namensnennung spricht, kann dahinstehen, da auch diese Rechtsprechung eine Verdachtsberichterstattung mit Namensnennung als zulässig erachtet, wenn sie Fälle schwerer Kriminalität oder Straftaten von besonderem öffentlichen Interesse, insbesondere Geschehnisse oder Personen der Zeitgeschichte, betrifft. Das besondere Informationsinteresse der Öffentlichkeit und der Presse an der wirtschaftlichen und juristischen Situation der A-Gruppe wurde bereits dargestellt. Dieses Interesse betraf auch die persönliche Rolle des Antragstellers, da die A-Gruppe in interessierten Teilen der Öffentlichkeit eng mit dem Namen und der Führungsrolle des Antragstellers verknüpft sein dürfte. Denn der Antragsteller ist in der Öffentlichkeit stets offensiv als „Chef“ der A-Gruppe in Erscheinung getreten und hat das Unternehmen und sein Geschäftsmodell damit gleichsam personalisiert. Damit hat er seine Anonymität selbst aufgegeben und seine Schutzwürdigkeit im Hinblick auf Informationen reduziert, die sein eigenes Geschäftsverhalten und seine Leitung der A-Gruppe betreffen.

Ob der Antragsteller sich als natürliche Person, als die er seinen Antrag gestellt hat, auch auf das von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu berufen vermag, kann dahingestellt bleiben. Denn auch ein etwaiger Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb wäre aus den bereits dargelegten Gründen des Informationsinteresses der Presse und der Öffentlichkeit gerechtfertigt.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 2 GKG, da der Antrag keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache für den Antragsteller enthält. Der Streitwert ist auch nicht gem. Ziffer 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.5. / 1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen zu halbieren, da eine stattgebende Entscheidung über den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes eine Entscheidung in der Hauptsache ganz vorweggenommen hätte.