VG Sigmaringen, Urteil vom 05.04.2016 - 4 K 900/15
Fundstelle
openJur 2016, 9698
  • Rkr:

1.a. § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG bestimmt eine Entscheidungsfrist für das Ausgangsverfahren. Dies schließt einen Ablauf der Frist im Vorverfahren aus.

b. Der Zwischenbescheid nach § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG ist kein Verwaltungsakt sondern eine behördliche Verfahrenshandlung im Sinne des § 44a LVwVfG. Entspricht er formal den gesetzlichen Anforderungen und liegen bezüglich der Begründung keine offensichtlichen und besonders schwerwiegenden Fehler vor, ist die Fristverlängerung wirksam erfolgt.

2. Für die Aufnahme in eine Warteliste zur Umsetzung des Vor- und Nachrangprinzips nach § 13 Abs. 5 PBefG genügt eine ernsthafte Bekundung des Bewerbers, dass er eine haupt- oder nebenberufliche Tätigkeit als Taxenunternehmer aufnehmen und deswegen die Erteilung einer Taxengenehmigung beantragen will. Eines im Sinne des § 12 Abs. 1 und Abs. 2 PBefG vollständigen, ständig aktuell zu haltenden Genehmigungsantrags bedarf es für die Aufnahme in die Warteliste nicht.

3. Die von der Behörde nach § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG vorzunehmende Prognoseentscheidung setzt für ihre Rechtmäßigkeit hinreichende Ermittlungen zu den für die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes maßgeblichen Faktoren voraus. Die Fortschreibung historischer Taxenbestandszahlen ersetzt die vom Gesetz vorgesehene, auf tragfähiger Tatsachengrundlage vorzunehmende Prognoseentscheidung nicht.

Tenor

Der Bescheid des Landratsamts R. vom 20. August 2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums T. vom 24. April 2015 werden aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Erteilung von drei weiteren Genehmigungen für den Taxenverkehr im Bezirk R./W. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt zwei Drittel, der Kläger ein Drittel der Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erteilung von drei weiteren Genehmigungen zum Betrieb von Taxen im Bereich R./W..

Für den nach § 9 Taxenordnung für den Landkreis R. vom 30.8.2010 zusammengefassten Taxenbezirk R.-W. wurden vom Landratsamt R., Stand 5.4.2016, 33 Taxengenehmigungen erteilt und 26 Mietwagen zugelassen. Damit beträgt die Taxendichte (Taxenanzahl pro tausend Einwohner) im Bezirk R./W. bei 73.053 Einwohnern 0,45. Die Anzahl der erteilten Taxengenehmigungen stieg im Bezirk R./W. von 27 im Jahr 1995 auf 33 im Jahr 2016 an.

Die Vorgehensweise des Landratsamts R. bei der Vergabe von Taxengenehmigungen stellte sich nach Aktenlage seit den 1980er Jahren wie folgt dar: Durch die Behörde wurden zwei unterschiedliche Wartelisten für Neu- und Altbewerber geführt. Altbewerber (vorhandener Unternehmer) ist, wer bereits über eine Taxengenehmigung verfügt und eine weitere begehrt. In die Listen wurde jeweils aufgenommen, wer ein ernsthaftes Interesse an einer ersten oder einer weiteren Taxengenehmigung bekundete. Ein vollständiger Genehmigungsantrag wurde nicht verlangt und es wurde auch nicht geklärt, ob der Bewerber das Taxengewerbe haupt- oder nebenberuflich betreiben wollte. Die Prüfung, ob alle Erteilungsvoraussetzungen vorliegen, erfolgte erst, wenn der Bewerber an der Reihe war. Die Vergabe an Neu- und Altbewerber erfolgte nach dem Turnus 1:1. Die Vormerklisten für Alt- und Neubewerber umfassten (Stand: 29.4.2014) 22 Bewerber, wobei die noch nicht berücksichtigten Bewerbungen bis ins Jahr 1985 zurückgingen. Vor jeder Vergabe einer weiteren Taxengenehmigung wurde von der Behörde eine Prüfung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes durchgeführt. Hierfür wurden bis etwa 2009 Äußerungen der Verbände und der Genehmigungsinhaber eingeholt und die wirtschaftliche Entwicklung, die Taxendichte in R./W. im Vergleich mit der Taxendichte in Isny, Leutkirch, Wangen, Baden-Baden, Ulm, Pforzheim und Heilbronn sowie die Entwicklung der Einwohner- und Übernachtungszahlen in den Blick genommen. Wurde eine weitere Taxengenehmigung erteilt, schaltete die Behörde danach einen Beobachtungszeitraum ein, um die Auswirkungen und eine eventuelle Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes feststellen zu können. Seit 2014 stützt das Landratsamt R. seine Einschätzung bezüglich der Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes auf das Ergebnis einer Umfrage bei den örtlichen Taxiunternehmern. Mit der Umfrage wurde im Rahmen einer anstehenden Anpassung der Tarifordnung für Taxen die Auftrags- und Ertragslage ermittelt. Aufgrund des Umfrageergebnisses wurden die Tarifordnung für Taxen geändert und die Preise für Taxifahrten moderat erhöht. Geschäftsaufgaben gab es im Taxenbezirk R./W. in der Vergangenheit nach Aktenlage nicht. Allerdings hat die Taxiunternehmerin G. D. gegenüber dem Landratsamt R. mit Schreiben vom 30.3.2012 auf eine ihrer zwei Taxengenehmigungen verzichtet und ihr Unternehmen damit verkleinert. Sie führte dazu aus, in der gegebenen wirtschaftlichen Situation könne sie nicht mehr beide Taxikonzessionen weiterführen. Die Zentralgebühr liege bei monatlich 1.330,- EUR, Löhne und Gehälter sowie die gestiegenen Kraftstoffkosten seien für sie nicht mehr tragbar. Vor der Wiederzuteilung der zurückgegebenen Genehmigung schaltete die Behörde einen Beobachtungszeitraum ein.

Der Kläger ist seit dem 1.4.1989 Inhaber des Unternehmens R. J., Beförderungs-Service und Taxi, mit Sitz in R.. Sein Unternehmen hat gegenwärtig 4 Genehmigungen für den Betrieb von Mietwagen und eine Genehmigung für den Betrieb von Taxen. Die Taxengenehmigung wurde dem Kläger als Neubewerber am 24.5.2007 erteilt. Am 7.8.2007 wurde er für die Erteilung einer weiteren Taxengenehmigung in die Warteliste für Altbewerber aufgenommen. Hier rangiert er gegenwärtig auf dem 4. Platz.

Am 3.4.2014 (Eingang des Antragsschreibens beim Landratsamt R.) beantragte der Kläger die Erteilung von drei weiteren Genehmigungen für den Betrieb von Taxen.

Am 16.4.2014 teilte das Landratsamt R. dem Kläger schriftlich mit, dass bezüglich der nächsten Zuteilung einer Genehmigung ein Neuunternehmer an der Reihe sei. Der Kläger komme wegen seines Platzes auf der Vormerkliste der Altunternehmer nicht zum Zug. Er erhalte Gelegenheit seinen Antrag zurückzunehmen, um eine kostenpflichtige Ablehnung zu vermeiden.

Mit Zwischenbescheid vom 20.6.2014 teilte das Landratsamt R. dem Kläger, der zuvor mitgeteilt hatte, dass er seinen Antrag nicht zurücknehme, mit, dass die Bereinigung der Vormerklisten einige Zeit in Anspruch nehmen werde. Daher werde die Frist zur Entscheidung über seinen Antrag um weitere drei Monate bis zum 1.10.2014 verlängert.

Mit Entscheidung vom 20.8.2014, zugestellt am 21.8.2014, lehnte das Landratsamt R. den Antrag des Klägers auf Erteilung weiterer Genehmigungen für den Betrieb von Taxen ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger stehe auf Platz 5 der Vormerkliste der Altunternehmer und sei daher nicht an der Reihe. Ein Eindringen eines Bewerbers außerhalb der Vormerkliste könne zu einer Überbesetzung des Taxengewerbes und zu einem ruinösen Wettbewerb führen. Die Erteilung der beantragten Genehmigungen sei daher zu versagen. Ein Genehmigungsverfahren für den nächsten Neubewerber sei nunmehr eingeleitet worden. Komme es zu einer Erteilung einer Genehmigung an den Neubewerber, sei im Anschluss ein Beobachtungszeitraum von einem Jahr vorgesehen, um die Auswirkungen der Erteilung auf die Verkehrsinteressen feststellen zu können.

Der Kläger erhob am 17.9.2014 Widerspruch und brachte am 8.12.2014 zur Begründung vor, es sei nach nunmehr erfolgter Erteilung einer Genehmigung an den Neubewerber kein Beobachtungszeitraum erforderlich, weil es sich um eine von einem Altunternehmer zurückgegebene Genehmigung gehandelt habe. Weil die Zahl der vergebenen Taxengenehmigungen gleich geblieben sei, erscheine eine weitere Beobachtung des Marktes überflüssig. Der Kläger habe mehrere Mietwagengenehmigungen erhalten. Die Mietwagen betreibe er wie seine Taxe. Die Fahrzeuge liefen rund um die Uhr. Er müsse Fahrten zum Teil an konkurrierende Unternehmen abgeben, weil sie mangels Fahrzeugkapazitäten nicht vom Betrieb des Klägers durchgeführt werden könnten. Der Kläger habe daher auch eine weitere Mietwagenlizenz beantragt. Um das Unternehmen weiterhin wirtschaftlich betreiben zu können, seien die beantragten Taxengenehmigungen zwingend erforderlich. Eine Gefährdung des Marktes könne der Kläger auch bei Erteilung zusätzlicher Taxengenehmigungen nicht erkennen. Die Taxendichte im Raum R./W. liege weit unter dem Bundesdurchschnitt. Am 24.3.2015 ließ der Kläger zur Begründung weiter vortragen, der Dreimonatszeitraum bis zur Entscheidung, der auch für das Widerspruchsverfahren gelte, sei abgelaufen. Die Fiktion gemäß § 15 Abs. 1 PBefG sei eingetreten. Die drei Taxengenehmigungen würden daher nunmehr als erteilt gelten.

Am 24.4.2015 wies das Regierungspräsidium T. den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Genehmigungsfiktion sei nicht eingetreten. Die Frist sei wirksam verlängert worden. Die Fiktionsregelung gelte nicht für das Rechtsbehelfsverfahren. Gründe für eine Abweichung von der Reihenfolge nach Altbewerberliste seien vom Kläger nicht vorgebracht worden. Sein Antrag sei auch deswegen abzulehnen, weil er drei Taxengenehmigungen beantrage, aber nur eine Taxengenehmigung pro Antragstellung zulässig sei. Außerdem seien die vorrangig einzustufenden Neu-/Altbewerber in jedem Fall bei einer Entscheidung zugunsten des Klägers in ihren Rechten verletzt. Sie genössen wegen des Rangs auf der Vormerkliste eine geschützte Rechtsposition. Der Kläger nehme auf der Vormerkliste für Altbewerber mittlerweile den Rang 4 ein. Die Neubewerberliste enthalte gegenwärtig 7 Bewerber. Nachdem zuletzt ein Neubewerber die Genehmigung erhalten habe, die durch die Rückgabe einer Genehmigung durch eine Altunternehmerin frei geworden sei, sei als nächstes der Altunternehmer mit Rang 1 dran, danach der Neubewerber mit dem Rang 1. Der Kläger sei nach diesem System erst an der Reihe, wenn vor ihm drei Altbewerber und drei Neubewerber ihre Genehmigungen erhalten hätten. Danach müsse am Markt im Bereich R./W. zusätzlicher Bedarf für 7 Taxengenehmigungen bestehen, damit sich der Kläger mit seinem Begehren durchsetze. Dies sei aber nach den Darlegungen des Landratsamts zur Lage des Taxengewerbes im Bezirk R./W. nicht der Fall.

Der Kläger hat bereits am 28.3.2015 die vorliegende Klage als Untätigkeitsklage erhoben und in diese nach dem Ergehen den Widerspruchsbescheid einbezogen. Zur Begründung werden die Ausführungen zum Widerspruch wiederholt und vertieft. Zusätzlich wird ausgeführt, es treffe nicht zu, dass die Vergabe weiterer Taxengenehmigungen die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes negativ beeinflusse. Die hierzu getroffene Aussage der Behörde beruhe auf nicht aussagekräftigen Umfrageergebnissen, die das Landratsamt bei den Taxenunternehmern im Zusammenhang mit einer Tarifanpassung durchgeführt habe. Es treffe nicht zu, dass der Markt gesättigt sei und keine weitere Genehmigung verkrafte. Dagegen spreche, dass die Anzahl der Taxen seit Jahrzehnten gleich geblieben und die Bevölkerung in dieser Zeit erheblich angewachsen sei. Die Taxendichte im Ballungsraum R./W. liege weit unterhalb des Durchschnitts in der Bundesrepublik Deutschland. Außerdem sei die Fiktion nach § 15 Abs. 1 PBefG eingetreten. Die von der Behörde angegebene notwendige Bereinigung der Vormerkungslisten rechtfertige die mit dem Zwischenbescheid vorgenommene Fristverlängerung um drei Monate nicht. Die Führung der Wartelisten habe unabhängig von der Bearbeitung der Anträge zu erfolgen. Die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes sei nicht bedroht, wenn der Kläger die beantragten zusätzlichen Genehmigungen erhalte. Maßgeblich für die Bedrohung sei nicht die wirtschaftliche Lage der Konkurrenten sondern die Auswirkung der Anzahl der Genehmigungen auf das Verkehrsinteresse. Das von der Behörde angeführte Ergebnis seiner Prüfung sei weder nachprüfbar noch nachvollziehbar. Es treffe nicht zu, dass keine Vergleichsdaten zur Taxendichte vorlägen. Die recherchierbaren Daten belegten Taxidichten in der Bundesrepublik Deutschland bis zu 2,49 Taxen je 1.000 Einwohner, während in R./W. gerade einmal eine Taxendichte von 0,46 Taxen je 1.000 Einwohner gegeben sei. Damit liege die Versorgung des Bezirks am untersten Ende. Dass sich die Behörde die Daten nicht beschafft und sie danach auch nicht bewertet habe, belege evident eine fehlende Auseinandersetzungen mit den zur Beurteilung der Funktionsfähigkeit erforderlichen Daten und Faktoren. Die 2014 durchgeführte Umfrage des Landratsamts tauge zur Beurteilung der Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes nicht. Sie sei in Bezug auf eine mögliche Tariferhöhung erfolgt und die angegebenen Zahlen seien durch nichts belegt und nicht überprüfbar. Ein Rückschluss auf eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit könne auch nicht aus der Rückgabe einer einzelnen Taxengenehmigung gezogen werden, da diese ganz andere Hintergründe habe. Es habe sich um keine Aufgabe, sondern lediglich um eine Betriebsverkleinerung von zwei Taxen auf eine gehandelt. Die Ausführungen des Beklagten zum ÖPNV und zur notwendigen Marktbeobachtung überzeugten ebenfalls nicht. Anhaltspunkte für eine tatsächlich durchgeführte Marktbeobachtung fänden sich in den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht. Auch habe der Beklagte nicht berücksichtigt, dass im Bezirk auf die Ausnutzung der Mietwagen ausgewichen werden müsse, um den Beförderungsbedarf überhaupt decken zu können. Gegen eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit spreche auch, dass für die Übertragung von Taxengenehmigungen im Bezirk R./W. in den letzten Jahren zwischen 30.000,- EUR und 60.000,- EUR bezahlt worden seien. Der von der Behörde angelegte Maßstab widerspreche dem Gesetz. Es komme nicht darauf an, ob der Markt gefährdet sei. Maßgeblich sei, ob die Erteilung der beantragten Genehmigung die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes konkret gefährde. Eine solche Gefährdung habe die Behörde nicht festgestellt, sie sei auch nicht gegeben. Die Handhabung laufe auf einen unzulässigen Konkurrenzschutz für vorhandene Unternehmer hinaus und verletze das geschützte Recht des Klägers auf freie Gewerbeausübung. Die von der Behörde eingeschalteten Beobachtungszeiträume seien rechtlich zweifelhaft. Weder seien die rechtlichen Voraussetzungen geprüft und gegeben noch sei das Ermessen fehlerfrei ausgeübt worden. Wenn im Jahr 2009 eine Genehmigung erteilt und 2012 eine Genehmigung zurückgegeben worden sei, sei kein Raum für die Anordnung eines Beobachtungszeitraums im Jahr 2014. Dieser dürfe ohnehin nicht eingeschaltet werden, wenn keine Anhaltspunkte für eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes vorlägen. Es sei auch nicht erkennbar, wie die Behörde den Beobachtungszeitraum ausgefüllt habe oder ausfüllen wolle. Der Beobachtungszeitraum stehe daher der beantragten Erteilung nicht entgegen. Die von der Behörde vorgelegten Wartelisten entsprächen nicht den gesetzlichen Vorgaben. Sie seien obsolet, soweit sie, wie hier, aus einem Zeitraum vor einem wirksam eingerichteten Beobachtungszeitraum stammten. Wenn Wartelisten erst bereinigt werden müssten, fehle es an grundlegenden Voraussetzungen. Außerdem dürfe in die Warteliste nur aufgenommen werden, wer einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung stelle. Die unverbindliche Absichtserklärung reiche nach den Vorgaben des Gesetzes nicht aus. Bei verschiedenen Bewerbern auf den vorgelegten Wartelisten seien auch die subjektiven Voraussetzungen nicht belegt. Die Wartelisten unterschieden weder zwischen Alt- und Neubewerbern noch zwischen Bewerbern zur Haupt- und Nebenbeschäftigung. Die aufgeblähte Listenführung, die nicht kenntlich mache, welche Bewerber ernsthaft eine Taxengenehmigung, vorrangig als Hauptbeschäftigung, betreiben wollten und welche Bewerber die subjektiven Voraussetzungen erfüllten, schrecke ernsthafte Bewerber ab. Dies zeige auch der Umstand, dass sich auf den Listen offene Bewerbungen zurückgehend bis in die 1980er Jahre befänden. Es seien sogar mündliche Anträge aufgenommen worden und Bewerbungen ohne Fachkundenachweis. In keinem der Fälle sei ersichtlich, ob das Taxengewerbe haupt- oder nebenberuflich betrieben werden solle. Ohne diese Angaben sei aber eine Rangfolge nicht zu bestimmen. Auch setze die Aufnahme in die Liste die ordnungsgemäße Verbescheidung der gestellten Anträge voraus. Schließlich setze das Recht zur Führung von Wartelisten auch voraus, dass seit der letzten, die Zahl der Genehmigungen erhöhenden Erteilung, durchgehend ein Beobachtungszeitraum eingerichtet und ausgewertet worden sei. Dies setze regelmäßige, zumindest jährliche Überprüfungen der Bedrohung der Funktionsfähigkeit voraus. Ohne eine solche Handhabung sei die Führung der Wartelisten nicht zu rechtfertigen und die ihnen entnommene Rangfolge nicht verbindlich. Im vorliegenden Fall handele es sich um eine nicht zulässige, zweckfreie Führung von Wartelisten ohne die Einrichtung eines Beobachtungszeitraums. Damit seien die Wartelisten obsolet und könnten dem klägerischen Begehren nicht entgegengehalten werden. Selbst bei Berücksichtigung der Rangfolge müsse sich der Kläger mit seinem Begehren durchsetzen, weil bei Erteilung aller in Rede stehender Genehmigungen nach den tatsächlichen Verhältnissen in der Stadt R. immer noch keine Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes zu befürchten sei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Landratsamts R. vom 20. August 2014 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums T. vom 24. April 2015 aufzuheben und festzustellen, dass bezüglich der am 3. April 2014 beantragten drei weiteren Genehmigungen für den Taxenverkehr im Bezirk R./W. die Genehmigungsfiktion nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG eingetreten ist,

hilfsweise, den Bescheid des Landratsamts R. vom 20. August 2014 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums T. vom 24. April 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger, unter dem Vorbehalt der Erfüllung der subjektiven Voraussetzungen nach § 13 Abs. 1 PBefG, drei weitere Genehmigungen für den Taxenverkehr im Bezirk R./W. zu erteilen,

sowie die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, im Taxenbezirk R./W. sei im Jahr 2009 eine Genehmigung vergeben worden, was bei dann vorhandenen 33 Taxen zu einer Dichte von 2.213 Einwohnern pro Taxi geführt habe. Nachdem 2012 eine Taxengenehmigung u.a. aus wirtschaftlichen Gründen zurückgegeben worden sei, habe die Behörde den Markt kritisch beobachtet. Es habe der Eindruck bestanden, dass kein weiterer Bedarf gegeben gewesen sei, nachdem auch der ÖPNV ständig weiterentwickelt worden sei. 2014 sei dann wieder eine Taxengenehmigung erteilt worden, so dass wieder 33 Taxen vorhanden gewesen seien und, wegen eines Bevölkerungsrückgangs, eine Dichte von 2.193 Einwohnern pro Taxi vorgelegen hätte. 2014 seien Stellungnahmen von Taxiunternehmern eingeholt worden und es habe mit diesen Unternehmern eine Gesprächsrunde stattgefunden. Die Antworten der Unternehmer hinsichtlich Beförderungsaufträgen, Ertrags- und Kostenlage sowie dem wirtschaftlichen Druck, dem sie ausgesetzt seien, würden dem Gericht als Tabelle vorgelegt (GAS 54/55). Fast alle Unternehmer hätten die Ertragslage als schlecht oder ungenügend angegeben. Aufgrund dieser Äußerungen sei es dann zur einer Änderung der Tarifordnung und zu einer moderaten Preiserhöhung gekommen, deren Auswirkungen auf die Nachfrage die Behörde zunächst beobachten wolle. Daher sei nach der Erteilung im Jahr 2014 zunächst ein Beurteilungszeitraum abgewartet worden. Nachdem sich bis Ende 2015 keine negativen Auswirkungen gezeigt hätten, könne nun eine weitere Genehmigung erteilt werden. Diesen Vorgang habe die Behörde aber wegen des vorliegenden Klageverfahrens zurückgestellt. Der Kläger werde davon nicht profitieren. Er sei frühestens nach 6 erteilten Genehmigungen wieder an der Reihe.

Nach einer telefonischen Erhebung des Berichterstatters bei den jeweiligen Genehmigungsbehörden liegen die Taxendichten bei Berücksichtigung der Einwohnerzahlen des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg in den Taxenbezirken Friedrichshafen etwa bei 0,56, Reutlingen bei 0,47, Tübingen bei 0,61 und Ulm bei 0,62.

Die Beklagtenvertreterin gab auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung an, dass, bei Berücksichtigung ihrer bereinigten Wartelisten, der Kläger bei einer Erhöhung der Taxengenehmigungen auf 40 mit einer Genehmigung rechnen könne, bei einer Erhöhung auf 47 mit zwei und bei einer Erhöhung auf 48 mit drei Genehmigungen. Zu den Funktionsfähigkeitsfaktoren nach § 13 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 4 PBefG lägen dem Landratsamt R. außer dem Umfrageergebnis zur Überprüfung der Tarifordnung und der Tatsache der Rückgabe einer von zwei Taxengenehmigungen durch Taxi G. D. keine weiteren Erkenntnisse vor. Ein Gutachten zur Feststellung, ab wann die Anzahl der erteilten Taxengenehmigungen im Bezirk R./W. das Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedrohe, habe die Behörde bisher nicht in Auftrag gegeben.

Der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung zur Sache befragt an, mehr als drei Taxengenehmigungen wolle er nicht. Seine Bewerbung um eine Taxengenehmigung aus dem Jahr 2007 stelle keinen zusätzlichen Antrag dar. Seine 4 Mietwagen setze er in gleicher Weise ein wie seine Taxe. Seine fünf Fahrzeuge erbrächten jeweils Laufleistungen von ca. 250.000 km in ca. 1,5 bis 2 Jahren. Die Mietwagenfahrt koste den Kunden dabei mehr als die Taxenfahrt. Es sei im Bezirk R./W. in den letzten Jahren mehrfach zur Übernahme von Taxengenehmigungen gekommen. Hierfür seien jeweils ganz erhebliche Summen bezahlt worden. Sein Versuch, mit der Taxiunternehmerin G. D. seine Einzelgenehmigung gegen ihre Doppelgenehmigung zu tauschen, sei fehlgeschlagen. Das Landratsamt R. habe dem Tausch nicht zugestimmt. Frau D. habe ihre zweite Taxengenehmigung nur deswegen zurückgeben müssen. Bei dem Unternehmen von Frau D. habe es sich um eine Sondersituation gehandelt, aus der keine Hinweise auf generelle wirtschaftliche Probleme des örtlichen Taxengewerbes abgeleitet werden könnten. Nach seinem Eindruck sei ein Bedarf an weiteren Taxen vorhanden. Nachdem die benötigten Taxengenehmigungen verweigert würden, werde der Bedarf durch den Einsatz der Mietwagen gedeckt, die wie Taxen eingesetzt würden.

Dem Gericht liegen die Behördenakten des Landratsamts R. (1 Ordner und 2 Heftungen) sowie die Vorverfahrensakte des Regierungspräsidiums T. vor; bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen und auf die Ausführungen der Beteiligten in ihren Schriftsätzen verwiesen.

Gründe

Die insgesamt mit Haupt- und Hilfsantrag zulässige Klage ist nur in dem sich aus der Entscheidungsformel ergebenden Umfang begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf fehlerfreie Neubescheidung seines Antrags auf Erteilung von drei Taxengenehmigungen. Der Beklagte ist dem entsprechend zu verpflichten. Der ergangene Bescheid und der Widerspruchsbescheid sind aufzuheben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Im Übrigen ist die Klage mit Haupt- und Hilfsantrag unbegründet und daher abzuweisen.

1. Hauptantrag (Feststellungsklage)

Die mit dem Hauptantrag erhobene Feststellungsklage ist nach § 43 VwGO statthaft und zulässig. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis und ein Feststellungsinteresse liegen vor. Die Feststellungsklage ist auch nicht subsidiär. Die Mitteilung der Behörde, dass keine Genehmigungsfiktion eingetreten sei, ist kein Verwaltungsakt. (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22.10.2014 - 6 L 2238/14 -, Juris, m.w.N.).

Die Feststellungsklage ist aber unbegründet und bleibt daher ohne Erfolg. Die Genehmigungsfiktion ist nicht eingetreten. Die drei vom Kläger beantragten Taxengenehmigungen gelten daher nicht als erteilt. Über den Antrag wurde zwar nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen, drei Monate umfassenden Entscheidungsfrist entschieden. Die Entscheidungsfrist wurde jedoch vom Landratsamt R. rechtzeitig verlängert. Die Ablehnungsentscheidung ist auch vor Ablauf der verlängerten Frist ergangen.

Rechtsgrundlage sind zunächst die §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 46 Abs. 2 Nr. 1 PBefG. Danach ist die Beförderung von Personen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen genehmigungspflichtig. Über den Genehmigungsantrag ist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG innerhalb von 3 Monaten nach Eingang des Antrags bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Die Frist kann nach § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG vor ihrem Ablauf in einem dem Antragsteller mitzuteilenden Zwischenbescheid verlängert werden. Die Verlängerung ist nur zulässig, wenn die Prüfung des Antrags in der von § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG vorgesehenen Zeit nicht abgeschlossen werden kann. Die Frist darf in diesem Fall nur um den Zeitraum verlängert werden, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können. Nach § 15 Abs. 1 Satz 4 PBefG darf die Verlängerung der in Satz 2 bezeichneten Frist höchstens 3 Monate betragen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG gilt die Taxengenehmigung als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird.

Sinn und Zweck der Genehmigungsfiktion des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG ist es, dem Antragsteller über seinem Einflussbereich entzogene Verfahrenshemmnisse hinwegzuhelfen, die aus einer verzögerten Bearbeitung seines Antrags durch die Genehmigungsbehörde resultieren. Dagegen ist es nicht Sinn der Fiktion, sonstige Verfahrensvereinfachungen herbeizuführen oder materielle Genehmigungsanforderungen herabzusetzen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 27.5.2014 - 1 K 1747/12 -, Juris, m.w.N.). So verstanden erfüllt der Gesetzgeber mit der Genehmigungsfiktion die Vorgaben für die Ausgestaltung von Genehmigungsverfahren aus Art. 13 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt.

Wegen der anwartschaftsähnlichen Rechtsstellung der dem Kläger nach den Wartelisten vorgehenden Mitbewerber (vgl. dazu unten) könnte die Regelung zur Genehmigungsfiktion jedenfalls dann verfassungsrechtliche Zweifel an der Gültigkeit der Norm hervorrufen, wenn die Anwendung der Vorschrift im mehrpoligen Rechtsverhältnis dazu führt, dass die Mitbewerber wegen der Wirkung der Genehmigungsfiktion ihren Anspruch auf Berücksichtigung bei der Zuteilung von Taxengenehmigungen faktisch ganz oder teilweise einbüßen. Insofern könnte ein verfassungsrechtlich relevanter Widerspruch zwischen § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG, Art. 13 der Dienstleistungsrichtlinie und der nach § 13 Abs. 5 PBefG, Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition und der Gewerbefreiheit der Mitbewerber vorliegen. Ein theoretisch gegebenes Klagerecht der Konkurrenten dürfte hieran nichts ändern. Ob die danach gegebenen Bedenken zur Unwirksamkeit der Norm führen, kann das Gericht dahinstehen lassen.

Denn im vorliegenden Fall liegen jedenfalls die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht vor.

Der Kläger hat seinen Antrag auf Erteilung von drei weiteren Taxengenehmigungen beim Landratsamt R. am 3.4.2014 gestellt. Gegen die Vollständigkeit des Antrags im Sinne des § 12 PBefG sind Einwände weder vorgetragen noch ersichtlich. Die gesetzliche Entscheidungsfrist wurde damit am 3.4.2014 in Lauf gesetzt. Sie wäre ohne Zwischenbescheid nach drei Monaten am 3.7.2014 abgelaufen. Eine Entscheidung ist bis zu diesem Zeitpunkt nicht ergangen. Der Fristablauf und damit auch der Eintritt der Genehmigungsfiktion wurden jedoch durch den Zwischenbescheid verhindert. Dieser erging am 20.6.2014 und damit rechtzeitig vor Ablauf der Entscheidungsfrist. Die Entscheidungsfrist wurde mit dem Zwischenbescheid bis zum 1.10.2014 verlängert. Die ablehnende Entscheidung über die Anträge des Klägers erging am 20.8.2014 und damit vor Ablauf der verlängerten Frist.

Der Zwischenbescheid ist entgegen den klägerischen Einwänden wirksam. Bei dem Zwischenbescheid handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt sondern um eine behördliche Verfahrenshandlung im Sinne des § 44a VwGO. Diese setzt für ihre Wirksamkeit nach § 15 Abs. 1 PBefG in formeller und materieller Hinsicht lediglich voraus, dass die örtlich und sachlich zuständige Behörde entscheidet, dass die Entscheidung über die Fristverlängerung vor Fristablauf erfolgt, dass die Entscheidungsfrist verlängert wird, dass die Verlängerung nicht mehr als drei Monate beträgt und dass dies dem Antragsteller mitgeteilt wird. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Gehandelt hat mit dem Landratsamt R. die örtlich und sachlich zuständige Behörde. Der Zwischenbescheid erging rechtzeitig vor Ablauf der Entscheidungsfrist. Er enthielt die erforderlichen Angaben zum Umfang der Verlängerung. Die Verlängerung der Frist betrug auch nicht mehr als drei Monate. Die Entscheidungsfrist wäre am 3.7.2014 abgelaufen und wurde mit Zwischenbescheid bis zum 1.10.2014 verlängert. Der Zwischenbescheid wurde dem Antragsteller auch mitgeteilt. Damit liegen die Voraussetzungen für eine wirksame Fristverlängerung vor.

Weitere Anforderungen an die Maßnahme sieht das Gesetz nicht vor. Insbesondere ist auch keine Begründung erforderlich. Der Behörde als Herrin des Verfahrens kommt im Rahmen rechtsstaatlicher Grenzen das Recht zu, über das Ob und das Wie der Fristverlängerung nach sachlichen Gesichtspunkten zu bestimmen. Hinweise auf eine hiervon abweichende, willkürliche oder nicht von sachlichen Gründen getragene Vorgehensweise sind bezüglich des Zwischenbescheids weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit eine Begründung gegeben wurde, leidet diese auch nicht an offensichtlichen und besonders schwerwiegenden Fehlern. Eine wirksame Fristverlängerung liegt damit vor.

Der Kläger kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, dass die Behörde von Amts wegen verpflichtet gewesen sei, die Wartelisten auf dem Laufenden zu halten. Die durch Nachlässigkeit erforderlich gewordene Bereinigung der Listen stelle daher keinen sachlichen Grund dar. Das Gericht folgt dieser Ansicht nicht. Ein sachlicher Grund lag vor, nachdem nicht ernsthaft erwartet werden kann, dass die Behörde auf der Grundlage überholter Wartelisten entscheidet. Dass die Behörde bei optimaler und einwandfreier Erledigung ihrer Verwaltungsaufgaben die Entscheidung möglicherweise in der Frist von drei Monaten nach Antragstellung hätte erlassen können, führt zu keiner anderen Bewertung (wohl a.A. Bauer, Kommentar zum PBefG, § 15 Rdnr. 8).

Der Kläger kann für den Eintritt der Genehmigungsfiktion auch nicht mit Erfolg anführen, dass die Entscheidungsfrist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG nach Ergehen des Ablehnungsbescheids und vor Ergehen des Widerspruchsbescheids abgelaufen sei. Denn die gesetzliche Entscheidungsfrist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG stellt keine Regelung für das Rechtsbehelfs- oder Klageverfahren dar. Ist ein Ablehnungsbescheid im Ausgangsverfahren innerhalb der (verlängerten) Entscheidungsfrist ergangen, ist ein Ablauf oder erneuter Lauf der Entscheidungsfrist im Vorverfahren oder im Klageverfahren ausgeschlossen.

Die Genehmigungsfiktion ist daher nicht eingetreten.

Die mit dem Hauptantrag erhobene Feststellungsklage ist unbegründet und unterliegt daher der Abweisung.

2. Hilfsantrag (Verpflichtungsklage)

a. Fehlerhaftigkeit der Prognoseentscheidung

Die auf Erteilung der drei Taxengenehmigungen gerichtete Verpflichtungsklage ist zulässig aber nur in dem sich aus der Entscheidungsformel ergebenden Umfang begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf fehlerfreie Neubescheidung seines Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Der Ablehnungsbescheid vom 20.8.2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums T. sind aufzuheben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Soweit der Kläger darüber hinaus eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der drei Taxengenehmigungen begehrt, ist die Klage unbegründet und daher abzuweisen.

Anspruchsgrundlage ist Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 46 Abs. 2 Nr. 1, 13 PBefG. Nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG besteht Freiheit bezüglich der Berufsausübung. Diese darf nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz geregelt werden. Nach den §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 46 Abs. 2 Nr. 1 PBefG bedarf der Gelegenheitsverkehr mit Taxen der Genehmigung. Nach § 13 Abs. 4 PBefG ist die Genehmigung zum Verkehr mit Taxen zu versagen, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird.

Das Bundesverwaltungsgericht hat im Anschluss an das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 8.6.1960 - 1 BvL 53/55 -, Juris) in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass objektive Zulassungsschranken für den Beruf des Taxenunternehmers verfassungsrechtlich nur zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes zulässig und die Existenz und das Funktionieren des Taxenverkehrs als ein solches Gemeinschaftsgut anzusehen sind (BVerwG, Urteil vom 15.4.1988 - 7 C 94.86 - BVerwGE 79, 208 m.w.N.). In Umsetzung dieser verfassungsrechtlich geforderten Vorgaben darf nach § 13 Abs. 4 PBefG die Genehmigung für den Verkehr mit Taxen nur versagt werden, "wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird". Ziel der Bestimmung ist nicht der Schutz der bereits in dem Beruf Tätigen vor wirtschaftlich spürbarer Konkurrenz und vor den wirtschaftlichen Risiken des Berufs; gerechtfertigt ist die Zulassungsbeschränkung vielmehr nur bei der Gefahr einer Übersetzung des Gewerbes mit der Folge ruinösen, das örtliche Taxengewerbe in seiner Existenz und damit in seiner Funktionsfähigkeit bedrohenden Wettbewerbs. Diese Gefahr muss konkret beweisbar eingetreten oder nach der sorgfältig begründeten Beurteilung der Verwaltungsbehörde in drohende Nähe gerückt sein (BVerfG a.a.O. S. 191; BVerwG a.a.O. S. 210). Gefordert ist demnach eine prognostische Einschätzung der Genehmigungsbehörde über die Zahl der ohne Gefahr für die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes höchstens zuzulassenden Taxen, also eine Prognose dazu, welche Zahl neuer Taxen das örtliche Taxengewerbe "verträgt", ohne in seiner vom öffentlichen Verkehrsinteresse her zu bestimmenden Funktionsfähigkeit bedroht zu sein (BVerwG, Beschluss vom 31.1.2008 - 3 B 77/07 -, Juris; Urteil vom 7.9.1989 - BVerwG 7 C 44 und 45.88 -, BVerwGE 82, 295). Die Annahme einer solchen, die Versagung weiterer Genehmigungen rechtfertigenden Bedrohung setzt voraus, dass die Behörde die von ihr prognostizierte Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes anhand der dafür maßgeblichen Gesichtspunkte, von denen in § 13 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 4 PBefG einige beispielhaft aufgeführt sind, konkret belegt (BVerwG, Urteil vom 7.9.1989 a.a.O. S. 302). Es ist jedenfalls nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, in Ermangelung solcher Nachweise von sich aus Ermittlungen dazu anzustellen, ob die bloß behaupteten, aber nicht belegten Gefahrenmomente existieren.

Nach diesen Grundsätzen erfordert die Genehmigung für den Verkehr mit Taxen eine prognostische Einschätzung der Genehmigungsbehörde über die Zahl der ohne Gefahr für die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes höchstens zuzulassenden Taxen, also eine Prognose dazu, welche Zahl neuer Taxen das örtliche Taxengewerbe "verträgt", ohne in seiner vom öffentlichen Verkehrsinteresse her zu bestimmenden Funktionsfähigkeit bedroht zu sein. Die Annahme einer solchen, die Versagung weiterer Genehmigungen rechtfertigenden Bedrohung setzt voraus, dass die Behörde die von ihr prognostizierte Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes anhand der dafür maßgeblichen Gesichtspunkte, von denen in § 13 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 4 PBefG einige beispielhaft aufgeführt sind, konkret belegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.1.2008 - 3 B 77/07 -, Juris).

Im vorliegenden Fall liegen keine konkreten Belege für eine Gefahr für die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes im Bezirk R./W. im Fall einer maßvollen Zunahme der erteilten Taxengenehmigungen vor. Untauglich ist insofern der Hinweis des Landratsamts R. auf das Ergebnis seiner 2014 im Rahmen der Tarifanpassung erfolgten Umfrage. Denn die Umfrageergebnisse bilden wahrscheinlich weder die wirtschaftliche Realität der Taxenunternehmen in R./W. ab noch ergeben sich aus ihnen Hinweise auf eine Gefährdung des öffentlichen Verkehrsinteresses. Sie stellen lediglich die angemessene unternehmerische Reaktion auf die Frage dar, ob eine Verbesserung auf der Einnahmenseite wünschenswert wäre. Das damit zum Ausdruck gebrachte berechtigte wirtschaftliche Interesse der Taxenbetriebe ist aber weder Anhaltspunkt noch Maßstab für eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes. Untauglich ist auch der Verweis auf den Taxengenehmigungsverzicht von Frau G. D. mit Schreiben vom 30.3.2012. Nach den Feststellungen des Gerichts handelt es sich nicht um eine Geschäftsaufgabe, sondern um einen Verzicht auf eine von zwei vorhandenen Taxengenehmigungen, also um eine Betriebsverkleinerung. Welches der genaue Grund für die Betriebsverkleinerung war, wurde vom Beklagten nicht aufgeklärt und ergibt sich auch nicht aus den Akten. Die Betriebsverkleinerung dürft nach dem insofern unwidersprochenen Vortrag des Klägers auf die persönliche Situation von Frau D. zurückzuführen sein und auf den zuvor gescheiterten Unternehmenstausch zwischen Frau D. und dem Kläger. Wird dies berücksichtigt, ergeben sich aus der Betriebsverkleinerung keine Hinweise auf eine Überbesetzung des Taxenbezirks.

Ohne Aussagewert für eine Bedrohung nach § 13 Abs. 4 PBefG ist schließlich auch die Fortschreibung und Erweiterung der Taxenbestandszahlen seit den 1980er Jahren. Denn aus den Angaben der Beklagten und aus dem Inhalt der vorgelegten Akten ergibt sich nicht, dass die Fortschreibung der Taxenbestandszahlen zu irgendeinem Ausgangszeitpunkt auf einer tragfähigen Prognoseentscheidung beruhte. Die folgerichtige Fortschreibung auf Basis (möglicherweise) falscher Annahmen vermag aber keine Grundlage für eine ordnungsgemäße Prognose zu liefern.

Anhaltspunkte in anderer Hinsicht sind ebenfalls nicht vorgetragen oder ersichtlich. Es gibt keinerlei Hinweise auf einen überharten Wettbewerb oder sonstige Auswüchse mit einhergehender Beeinträchtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen.

Die Aufstellungen des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg zur starken wirtschaftlichen Entwicklung des Bezirks R./W. könnten dagegen auf eine Unterbesetzung des Taxenbezirks hindeuten. In dieser Hinsicht versteht das Gericht auch das Ergebnis seiner telefonischen Umfrage zur Situation in den mit R./W. durchaus vergleichbaren Städten Friedrichshafen, Reutlingen, Tübingen und Ulm. Von keiner dieser Städte wurde im Zusammenhang mit der Taxendichte von einer Beeinträchtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen berichtet und in allen vier Städten liegt die Taxendichte geringfügig (Reutlingen mit 0,47) bis ganz erheblich (Tübingen mit 0,61 und Ulm mit 0,62) über der Taxendichte in R./W.. Ob mit der relativ hohen Zahl der Mietwagen im Bezirk R./W. eine Unterbesetzung mit Taxen kompensiert wird, wie der Kläger meint, ist ebenso wie der angebliche (entgegen § 49 Abs. 4 Satz 1 PBefG) taxengleiche Einsatz der Mietwagen nicht geklärt.

Ob und wie viele weitere Taxengenehmigungen der Taxenbezirk R./ W. verträgt ist danach offen. Die für die vom Gesetz geforderte Prognoseentscheidung erforderlichen Erhebungen sind bisher unterblieben. Es fehlt jede Grundlage und Datenbasis für die prognostische Entscheidung. Die vom Landratsamt R. jahrzehntelang betriebene Methode der Fortschreibung der Anzahl gegebener Taxengenehmigungen taugt für die tragfähige Feststellung einer Gefahrengrenze nach § 13 Abs. 4 PBefG nicht. Erreicht wird damit lediglich der Schutz und der Erhalt wirtschaftlicher Möglichkeiten der bisherigen Genehmigungsinhaber. Die vorhandenen Taxenunternehmer werden vor unliebsamer Konkurrenz geschützt. Diese Einrichtung eines Reservats widerspricht aber dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen, die den Wettbewerb herstellen und lediglich Missstände verhindern sollen.

Danach fehlt es gegenwärtig an einer fehlerfreien prognostischen Einschätzung der Genehmigungsbehörde über die Zahl der ohne Gefahr für die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes in R./ W. höchstens zuzulassenden Taxen. Eine tragfähige Prognose dazu, welche Zahl neuer Taxen das örtliche Taxengewerbe "verträgt", ohne in seiner vom öffentlichen Verkehrsinteresse her zu bestimmenden Funktionsfähigkeit bedroht zu sein, existiert nicht.

Die Ablehnungsentscheidung ist deswegen fehlerhaft und aufzuheben. Der Kläger hat einen Anspruch auf fehlerfreie Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

b. Anspruch auf Genehmigungserteilung

Dem Kläger kommt derzeit kein Anspruch auf Erteilung einer weiteren Taxengenehmigung zu. Denn es ist nicht geklärt, welche Zahl neuer Taxen das örtliche Taxengewerbe "verträgt", ohne in seiner vom öffentlichen Verkehrsinteresse her zu bestimmenden Funktionsfähigkeit bedroht zu sein (vgl. oben 2.a.), und es ist offen, ob und welche Mitbewerber dem Kläger vorgehen.

Rechtsgrundlage ist diesbezüglich Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 13 Abs. 5 PBefG. Danach sind bei der Erteilung der Genehmigungen für den Taxenverkehr Neubewerber und vorhandene Unternehmer angemessen zu berücksichtigen (Satz 1). Innerhalb der Gruppen sollen die Antragsteller nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs der Anträge berücksichtigt werden (Satz 2). Ein Antragsteller wird unabhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung nachrangig behandelt, wenn er 1. das Taxengewerbe nicht als Hauptbeschäftigung zu betreiben beabsichtigt, 2. sein Unternehmen nicht als Hauptbeschäftigung betrieben hat oder innerhalb der letzten acht Jahre ganz oder teilweise veräußert oder verpachtet hat oder 3. seiner Betriebspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist (Satz 3). Einem Antragsteller darf jeweils nur eine Genehmigung erteilt werden, sofern nicht mehr Genehmigungen erteilt werden können, als Antragsteller vorhanden sind (Satz 4).

Unter der Voraussetzung, dass die Wartelisten des Landratsamts R. eine beachtliche Grundlage für die Entscheidung darstellen, gehen dem Kläger nach den obigen Grundsätzen bezüglich der Zuteilung der ersten Taxengenehmigung die früher eingegangenen Bewerbungen der Bewerber Nr. 1 bis 3 auf der Liste der vorhandenen Unternehmer und der Bewerber Nr. 1 bis 3 auf der Liste der Neubewerber vor. Bezüglich der zweiten Taxengenehmigung gehen ihm die Bewerber Nr. 5 bis 7 auf der Liste der vorhandenen Unternehmer und die Bewerber Nr. 4 bis 6 auf der Neubewerberliste vor. Bezüglich der dritten begehrten Taxengenehmigung geht ihm der Bewerber Nr. 7 auf der Neubewerberliste vor.

Wie oben ausgeführt, ist aber in keiner Weise geklärt, ob der Taxenbezirk R./W. 7, 14 oder sogar 16 weitere Taxengenehmigungen verträgt, ohne dass Missstände auftreten und das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird. Immerhin wäre mit der Erhöhung auf 49 Taxen eine Taxendichte von ca. 0,67 erreicht, die bisher noch in keiner der vom Gericht zum Vergleich herangezogenen Stadt gegeben ist.

Ebenso offen ist, ob die in den Listen aufgeführten Bewerber dem Kläger vorgehen, nachdem nicht geklärt ist, ob einer oder mehrere eine Tätigkeit nicht als Hauptbeschäftigung beabsichtigen und daher unabhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung nachrangig zu behandeln sind (vgl. § 13 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 PBefG).

In dieser Situation setzt eine fehlerfreie Neubescheidung zum einen voraus, dass der Beklagte, ggf. anhand eines Taxenverkehrsbedarfsgutachtens, erstmals klärt, wie hoch die Zahl von Taxengenehmigungen ist, die der Bezirk R./W. aufnehmen kann, ohne dass das öffentliche Verkehrsinteresse dadurch beeinträchtigt wird, dass konkret mit einer Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes gerechnet werden muss. Zum anderen sind die vom Landratsamt R. geführten Wartelisten an die gesetzlichen Anforderungen anzupassen und dem entsprechend weiter zu führen. Hierzu sind die nach § 13 Abs. 5 Satz 3 PBefG maßgeblichen Faktoren zu erheben und einzuarbeiten.

Nachdem erst auf dieser noch zu schaffenden Grundlage eine Prognoseentscheidung und Zuteilung ergehen kann, vermag das Gericht derzeit keine Begründetheit der Verpflichtungsklage festzustellen, auch nicht im Sinne der Beanspruchung von nur einer oder nur zwei Taxengenehmigungen. Denn es ist wegen der völlig unsicheren Tatsachengrundlage auch nicht im Ansatz geklärt, ob konkrete Bedrohungen der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes bei Zulassung von 40 oder 47 Taxen absehbar sind.

Eine Situation, in der der Kläger, wegen eines sehr hohen zusätzlichen Bedarfs an Taxen, auch unter Beachtung der bestehenden Taxendichte und der Mitbewerber auf jeden Fall zum Zuge kommen muss, besteht nach den Feststellungen des Gerichts nicht. Ein Bewerber hat nach der Rechtsprechung auch dann einen Anspruch auf Erteilung einer Taxengenehmigung, wenn es an einer rechtmäßigen behördlichen Prognose über die Zahl der ohne Gefahr für die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes höchstens zuzulassenden Taxen fehlt und die Behörde nicht substantiiert Umstände darlegt, die es in hohem Maße zweifelhaft erscheinen lassen, dass der Bewerber bei Beachtung der Vormerkliste zum Zug kommen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.1.2008 - 3 B 77/07 -, Juris). Einem Anspruch des Klägers steht insofern der konkrete Verweis der Behörde auf die bereits erreichte Taxendichte und die hohe Zahl von Mitbewerbern entgegen. Eine konkrete Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes erscheint bereits bei einer Erhöhung auf 40 Taxengenehmigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen.

Der Kläger kann hiergegen nicht einwenden, dass die Wartelisten unabhängig von einem aktuellen Beobachtungszeitraum geführt würden und daher gesetzwidrig und in der Folge unbeachtlich seien. Diese Ansicht trifft wegen des gesetzlichen Grundsatzes des Vorrangs des früheren Bewerbers nicht zu. Der Ansicht könnte allenfalls dann gefolgt werden, wenn die Wartelisten in einer Weise falsch und fehlerbehaftet wären, dass eine Fehlerbeseitigung und Heilung von vornherein ausgeschlossen ist. Eine solche Situation vermag das Gericht im vorliegenden Fall aber nicht zu erkennen. Soweit Angaben der Mitbewerber und des Klägers zu den bisherigen Anträgen unvollständig sind, können die Angaben ohne weiteres ergänzt und Fehler dadurch geheilt werden.

Die Einwände des Klägers treffen auch nicht zu, soweit er meint, die auf den Wartelisten aufgeführten Bewerber seien nur dann zu berücksichtigen, wenn sie einen in jeder Hinsicht vollständigen Antrag und genehmigungsfähigen Antrag gestellt hätten. Diese Ansicht trifft auch im Hinblick auf den Rang und die Bedeutung der grundgesetzlich garantierten Berufsausübungsfreiheit nicht zu. Es erschiene insofern unangemessen und überzogen, wollte man von einem Bewerber im Vorgriff auf eine möglicherweise erst Jahre später gegebene Genehmigungsmöglichkeit vollständige und ständig zu aktualisierende Unterlagen für einen Antrag nach § 13 Abs. 5 Abs. 2 PBefG verlangen. Die damit einhergehende Erschwerung des Zugangs zum Beruf ist durch sachliche Gründe nicht zu rechtfertigen. Notwendig aber auch ausreichend für den Antrag nach § 13 Abs. 5 Abs. 2 PBefG ist eine ernsthafte Bekundung, dass eine haupt- oder nebenberufliche Tätigkeit als Taxenunternehmer gewollt ist und dass die hierfür erforderliche Taxengenehmigung beantragt wird. Mehr ist wegen der gängigen Wartezeiten nicht zu verlangen. Die für die Genehmigung notwendigen Unterlagen kann der Bewerber einreichen, wenn er nach der Vormerkliste an der Reihe ist.

Der Klage ist nach alldem nur bezüglich der Verpflichtung zur Neubescheidung stattzugeben. Im Übrigen ist sie unbegründet und daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Nach ihren Obsiegens- und Unterliegensanteilen tragen der Kläger ein Drittel und der Beklagte zwei Drittel der Kosten des Verfahrens. Dabei wurde vom Gericht berücksichtigt, dass der Kläger mit Haupt- und Hilfsantrag das identische Klageziel, nämlich drei weitere Taxengenehmigungen erstrebt. Wird dies so gesehen, überwiegt mit der erreichten Verpflichtung zur Neubescheidung der Anteil, mit dem der Kläger obsiegt. Die Zuziehung des Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren ist nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Dem Kläger war es nach seinen persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu führen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.7.2014 – 6 B 21/14 –, Juris).

Die Berufung ist zuzulassen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht liegen vor (vgl. §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO). Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Sie wirft bezüglich der tatbestandlichen Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion nach § 15 Abs. Satz 5 PBefG, bezüglich der Führung der Wartelisten nach § 13 Abs. 5 Satz 2 PBefG und bezüglich der Anforderungen an die Feststellung der Gefährdungsgrenze bei der Taxengenehmigung nach § 13 Abs. 4 PBefG bisher in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht hinreichend geklärte Rechtsfragen auf.