SG Schwerin, Beschluss vom 28.03.2016 - S 3 KA 9/16 ER
Fundstelle
openJur 2016, 9565
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 29.02.2016 wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Beigeladenen zur Durchführung und Abrechnung ambulanter Dialyseleistungen an seinem (neuen) Praxisstandort D-Stadt, D-Straße, insbesondere über das Vorliegen eines Versorgungsauftrages nach Maßgabe der Anlage 9.1 BMV-Ä.

Der Beigeladenen war mit Wirkung zum 01.11.2003 durch den Zulassungsausschuss für Ärzte in MV (ZA) als FA für Innere Medizin/Nephrologie „für D-Stadt“ zugelassen worden (Beschluss vom 23.04.2003).

Durch Bescheid vom 19.05.2003 wurde ihm durch die KV M-V (Antragsgegnerin – AG) im Rahmen seiner Zulassung als FA für Innere Medizin/Nephrologie in D-Stadt der (umfassende) Versorgungsauftrag für die nach § 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV definierten Patientengruppen erteilt, versehen mit der Auflage, die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Dialyseleistungen nach der Qualitätssicherungsvereinbarung nachzuweisen. In dem Bescheid wurde u.a. angeführt, die Voraussetzungen zu den Anforderungen an eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur seien anhand der Vorgaben des § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV geprüft worden. Im Ergebnis habe festgestellt werden können, dass diese als erfüllt anzusehen seien.

Die Genehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren nach § 135 Abs. 2 SGB V wurde ihm durch die AG mit weiterem Bescheid vom 05.11.2003 ab Niederlassungsdatum erteilt.

Der Antragsteller (AS) war als Träger der Dialysezentren in Greifswald und D-Stadt durch den ZA bereits seit dem 17.12.1998 auch für D-Stadt zur Versorgung dialysepflichtig chronisch Nierenkranker, zunächst beschränkt auf die zentralisierte Heimdialyse und seit dem 27.05.1999 auch zur Zentrumsdialyse, ermächtigt worden. Im Zuge der Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten zum 01.07.2002 durch die Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV (dazu: Mitteilungen der KBV, DÄ 2002, A 970 ff) erteilte die AG durch Bescheid vom 29.11.2002 die Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrages auf der Grundlage der Übergangsregelungen des BMV-Ä/EKV nach § 3 Abs. 3 der Anlage 9.1. BMV-Ä/EKV für chronisch niereninsuffiziente Patienten an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald sowie für die genehmigte Zentrumsdialyse in D-Stadt. Durch Feststellungsbeschluss vom 12.02.2003 wurde das Dialysezentrum der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald eine Institutsermächtigung gem. § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV iVm Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV für die Zeit vom 01.04.2003 bis 31.03.2013 erteilt. Im Rahmen der Ermächtigung sollten nach Maßgabe des § 5 Abs. 7 Buchst. c) der Qualitätssicherungsvereinbarung 100 Patienten jährlich als Zentrumsdialyse und zentralisierte Heimdialyse in Greifswald und D-Stadt betreut werden können. Nach dem Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges des Berufungsausschusses für Ärzte in MV (BA) hat der BA den Beschluss des ZA dahingehend abgeändert (Beschluss vom 21.05.2003), dass die 100 Patienten ausschließlich für Greifswald gelten sollten, durch Beschluss vom 17.12.2003 hat er die Patientenzahl für D-Stadt auf 29 begrenzt. Der ZA hat im weiteren Verlauf die Patientenzahl für D-Stadt um 50 erhöht (Beschluss vom 28.05.2008). Am 21.03.2012 sei die Ermächtigung des KfH Greifswald mit genehmigter Zentrumsdialyse D-Stadt bis 31.03.2033 verlängert worden.

Der Praxissitz des Beigeladenen befand sich von Anfang an im gleichen Gebäude/Gebäudekomplex wie die Einrichtung des AS. Der AS und der Beigeladene wirkten auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages vom 15.09.2003, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, „zur Erfüllung des jeweiligen Versorgungsauftrages nach Abs. 1 und Abs. 2“ – des Vertrages – gem. §§ 13 und 14 der Anlage 9.1 Bundesmantelvertrag bei der Durchführung der Dialyse zusammen (§ 1 Abs. 3 Kooperationsvertrag).

Mit Wirkung zum 31.12.2015 kündigte der Beigeladene den Kooperationsvertrag.

Die von ihm beantragte Praxisverlegung innerhalb von D-Stadt von der L.- Str. 50 in die D-Straße hat der ZA durch Beschluss vom 26.08.2015 genehmigt. Den hiergegen vom AS eingelegten Widerspruch hat der BA mit Beschluss vom 18.11.2015 zurückgewiesen und den Sofortvollzug angeordnet. Dagegen hat der AS am 30.12.2015 Klage erhoben (S 3 KA 66/15). In der Begründung weist der AS ausdrücklich darauf hin, dass er sich mit der Klage nicht gegen die Genehmigung der Verlegung des Vertragsarztsitzes, sondern gegen die „Mitnahme“ des Versorgungsauftrages zur Betreuung und Versorgung von Patienten mit der Nierenersatztherapie nach § 3 Abs. 3 Buchst. a) Anlage 9.1 BMV wende. Er – der AS – vertrete die Auffassung, dass der Beigeladene am neuen Standort keine Nierenersatztherapie durchführen dürfe. Dies werde in dem Beschluss des BA aber gerade besonders hervorgehoben.

Auf den Antrag des Beigeladenen vom 19.10.2015, ihm die „Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung ambulanter Dialysebehandlungen nach den Qualitätsvoraussetzungen gemäß § 135 Abs. 2 SGB V zur Ausführung von Blutreinigungsverfahren vom 16.06.1997 in der Fassung vom 01.07.2009“ zu erteilen, entschied die AG durch Bescheid vom 03.12.2015: „Die durch den Vorstand der KVMV ab Niederlassung erteilte Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Dialyseleistungen im Rahmen des bestehenden Versorgungsauftrages für Herrn Dr. med. D., wird für die Leistungserbringung in eigener Praxis in D-Stadt Wollweberstr. 21 ab 0.01.2016, bestätigt und weitergeführt.“

Die Krankenkassenverbände wurden im Nachgang hierüber informiert (Schreiben der AG vom 09.12.2015).

Gegen den Bescheid vom 03.12.2015 legte der AS vorsorglich „Drittwiderspruch“ ein. Er geht davon aus, dass der Bescheid nach § 96 Abs. 1 SGG bereits Gegenstand des Klageverfahrens S 3 KA 56/15 (siehe unten) ist.

Durch Bescheid vom 18.02.2016 ordnete die AG nachträglich die sofortige Vollziehung ihres Bescheides vom 03.12.2015 an.

Bereits mit Schreiben vom 19.10.2015 wandte sich der AS an die AG und teilte mit, ihm sei mitgeteilt worden, dass der Beigeladene einen eigenen Versorgungsauftrag für die Dialyse genehmigt erhalten habe. Er halte die Erteilung eines Versorgungsauftrages ohne erneute Prüfung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur für rechtswidrig und erhebe gegen den Bescheid zugunsten des Beigeladenen über die Genehmigung der Durchführung eines Versorgungsauftrages für Dialyse Widerspruch.

Die AG teilte dem AS daraufhin zunächst mit, dass kein aktueller Vorgang zur Erteilung eines Versorgungsauftrages Dialyse zugunsten des Beigeladenen vorliege (Schreiben v. 18.11.2015).

Da der AS an seinem „Widerspruch“ festhielt, wies die AG durch Bescheid vom 30.11. 2015 den Widerspruch zurück. In den Gründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, vertrat die AG die Auffassung, dass keine Drittwiderspruchsbefugnis bestehe. Dem Beigeladenen werde keine Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder die bestehende Teilnahme erweitert. Die Genehmigung sei dem Beigeladenen am 19.05.2003 erteilt worden. An seinem Status habe sich auch insoweit keine Änderung ergeben, als er ab 01.01.2016 seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr im Rahmen der Kooperation mit dem AS ausübe.

Hiergegen richtet sich die am 14. Dezember 2015 erhobene Klage des AS mit den Anträgen, den Bescheid vom 30.11.2015 aufzuheben und dem Widerspruch vom 19.10.2015 stattzugeben, hilfsweise den Bescheid vom 30. 11. 2015 aufzuheben und die Beklagte (AG) zu verurteilen, über den Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, weiterhin festzustellen, dass die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrages nach § 4 iVm § 3 Abs. 3a der Anlage 9.1 BMV-Ä vom 19. Mai 2003 in der Form des Bescheides vom 22.10.2003 durch Verlegung des Praxisstandortes erledigt ist, hilfsweise, die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrages nach § 4 iVm § 3 Abs. 3a der Anlage 9.1 BMV-Ä vom 19.05.2003 in der Form des Bescheides vom 22.10.2003 aufzuheben (S 3 KA 56/15).

Mit seinem Eilantrag vom 29.02.2016 begehrt der AS die Feststellung, dass die Klage gegen die Genehmigung der Durchführung und Abrechnung ambulanter Dialyseleistungen am Praxisstandort D-Straße in D-Stadt vom 03.12.2015 aufschiebende Wirkung habe, ferner festzustellen, dass der Bescheid vom 03.12.2015 zur Genehmigung der Durchführung und Abrechnung ambulanter Dialyseleistungen am o. a. Praxisstandort gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei, weiterhin die aufschiebende Wirkung des mit Schreiben vom 11. 02.2016 durch ihn eingelegten Drittwiderspruchs gegen die mit Bescheid vom 03.12.2015 erteilte Genehmigung anzuordnen und den Beschluss vom 17.02.2016 zur sofortigen Vollziehung des Beschlusses vom 26.11.2015 aufzuheben.

Zur Begründung vertritt der AS insbesondere die Auffassung, es gehe vorliegend darum, ob der Beigeladene derzeit und zukünftig auf einer rechtlich wirksamen Grundlage ambulante Dialyseleistungen in seiner Praxis am Standort D-Straße in D-Stadt erbringen dürfe. Klarstellend weist der AS darauf hin, dass im anhängigen Verfahren nicht der Bescheid der AG vom 19.05.2003 angefochten werde, mit welchem dem Beigeladenen ein Versorgungsauftrag im Rahmen seiner Zulassung und für 30 Patienten erteilt worden sei. Die Erteilung eines eigenen Versorgungsauftrages an den Beigeladenen sei zwingend erforderliche Grundlage für die ab 01.01.2004 erfolgte Kooperation zur Erfüllung eines Versorgungsauftrages im Zusammenwirken mit ihm im Sinne der §§ 13 und 14 der Anlage 9.1 BMV-Ä gewesen. Obgleich nach Auskunft der AG vom 18.11.2015 zu diesem Zeitpunkt kein aktueller Vorgang zur Erteilung eines Versorgungsauftrages zugunsten des Beigeladenen vorgelegen habe, habe tatsächlich ein Antrag des Beigeladenen vom 19.10.2015 auf Dialysegenehmigung für die Praxis D-Straße vorgelegen. Diesen habe die AG mit Beschluss vom 26.11.2015 (Bescheid vom 03.12. 2015) genehmigt. Mit diesem Bescheid werde dem Beigeladenen genau die Leistungserbringung bestätigt, gegen die er - der AS - sich spätestens mit seinem Schreiben vom 26.11.2015 unter Vorlage des Terminsberichts des BSG vom 29.10.2015 (B 6 KA 43/11 R) gewendet habe. Dieser Bescheid vom 3.12. 2015 sei deshalb nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Der AS ist der Auffassung, die AG verkenne den grundlegenden Regelungsinhalt des besonderen Versorgungskonzepts der Dialyseversorgung gem. Anlage 9.1 BMV-Ä. Kernelement der Versorgungsplanung der Dialyse seien räumlich definierte Versorgungsregionen mit festgelegten Radien. Versorgungsaufträge dürften nach den Vorgaben der Anlage 9.1 nur erteilt werden, wenn eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis gewährleistet sei. Dieses Versorgungskonzept erfordere zwingend, die Erteilung eines Versorgungsauftrages an den Praxissitz zu koppeln. Schon seit Inkrafttreten dieser Regelungen habe die Prüfung zu und die Genehmigung von Versorgungsaufträgen nur standortbezogen erfolgen können bzw. dürfen. Das Erfordernis wirtschaftlicher Versorgungsstrukturen räume damit bestehenden Dialyseeinrichtungen – wie der des AS – einen Schutz gegen konkurrierende neue Dialyseeinrichtungen – wie der des Beigeladenen – ein. Der AS nimmt insbesondere Bezug auf die „Hinweise und Erläuterungen für die Kassenärztlichen Vereinigungen“ der KBV zur Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten (Stand 01.07.2002). Daraus ergäbe sich, dass der Versorgungsauftrag für den Ort der Niederlassung erteilt werde. Darüber hinaus enthalte der Bescheid gegenüber dem Beigeladenen vom 19.05.2003 durch den Zusatz „im Rahmen seiner Zulassung“ einen eindeutigen Bezug zum Praxissitz, denn die Zulassung sei auch im Jahre 2003 „für den Ort der Niederlassung als Arzt (Kassenarztsitz)“ erteilt. Bei einem anderen Verständnis wäre der Versorgungsauftrag für den Beigeladenen im Übrigen auch zu unbestimmt, da die von ihm umfasste Versorgungsregion „in D-Stadt“ nicht definierbar wäre. Die KBV gehe in ihren Erläuterungen (siehe Frage 3 zu § 4, S. 14) davon aus, dass eine Verlegung des Praxissitzes regelmäßig eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X darstelle, was zur Folge hätte, dass der Versorgungsauftrag zwingend zu entziehen wäre. Dies widerspräche allerdings der vorangehenden Formulierung der KBV, „Die Genehmigung ist an den Nachweis über die Erfüllung der Anforderungen an kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstrukturen (§ 6) am Ort der Leistungserbringung (Praxissitz) gebunden. Soll der Praxissitz verlegt werden, kann auf die Prüfung der Anforderungen in Bezug auf den Praxissitz nur dann verzichtet werden, wenn die Verlegung innerhalb der Versorgungsregion und in unmittelbarer örtlicher Nähe erfolgt.“ Dies habe nach Auffassung des AS zur Folge, dass sich die Genehmigung im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledige und eine erneute Genehmigung eines Versorgungsauftrages nur unter bestimmten Umständen in Betracht komme. Darauf komme es nach Auffassung des AS allerdings nicht an, denn der Beigeladene habe zu keinem Zeitpunkt über einen für sich alleine genommen wirksamen Versorgungsauftrag verfügt. Auch insoweit verweist der AS auf die „Hinweise und Erläuterungen“ der KBV. In Frage 6 zu § 14 (Seite 37) werde dort ausgeführt, werde der Vertrag zum Zusammenwirken zwischen Vertragsarzt und ermächtigter Einrichtung aufgelöst, entfielen damit für den Vertragsarzt die Voraussetzungen für einen umfassenden Versorgungsauftrag, da die Dialyse als Bestandteil seines Versorgungsauftrages nicht mehr im Zusammenwirken erbracht werden könne. Der Vertragsarzt könne dann den Versorgungsauftrag für die nephrologische Versorgung von chronisch niereninsuffizienten Patienten, die nicht, noch nicht oder nicht mehr der Dialyse bedürften, unmittelbar übernehmen, des Weiteren könne der Vertragsarzt auch die Genehmigung für den umfassenden Versorgungsauftrag mit Dialyse gem. § 4 Abs. 1 beantragen. Die Anforderungen an kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstrukturen fänden dann Anwendung. Der AS weist darauf hin, dass der Beigeladene in seiner Einrichtung bereits tätig gewesen sei, als er später eine vertragsärztliche Zulassung und die Genehmigung zur Übernahme einer Versorgungsauftrages erhalten habe. Zu keinem Zeitpunkt bis zum Ende 2015 habe er – der Beigeladene - Dialysen in eigener Praxis erbracht oder die dafür erforderlichen Geräte selbst vorgehalten. Vielmehr sei von Anfang an die Übernahme des Versorgungsauftrages als kooperativer Versorgungsauftrag in vorgenanntem Sinne geplant und umgesetzt worden mit der Einschränkung, dass die Dialyseleistungen mit Mitteln des AS und dessen Personal erbracht worden seien. Nach Auffassung des AS führe bei Beendigung einer derartigen Kooperation dies zwingend dazu, dass der Versorgungsauftrag eben nicht ohne weiteres „mitgenommen“ werden könne, sondern vielmehr, dass der Versorgungsauftrag auf Leistungen ohne Dialyse beschränkt sei oder in einem erneuten Genehmigungsverfahren ein neuer Versorgungsauftrag erteilt werden könne bzw. müsste. Diese Rangfolge versuche die AG durch die ausgesprochenen Genehmigungen zu den Qualitätssicherungsrichtlinien nicht zur unterlaufen. Sie möchte diese Rangfolge sogar in ihr Gegenteil verkehren, wenn sie ihm - dem AS - die Anstellung und Aufnahme eines Nachfolgers für dien Beigeladenen mit der Auflage verbinden möchte, erneut zwingend mit einem zugelassenen Arzt nach § 14 der Anlage 9.1 BMV-Ä zu kooperieren (Bescheid vom 07.01.2016).

Nach Auffassung des AS falle die tatsächliche Voraussetzung der Genehmigung des Versorgungsauftrages (§ 13 Abs. 1 Nr. Anlage 9.1 BMV-Ä) fort, wenn der Vertragsarzt den Kooperationsvertrag kündige. Darin sei zumindest eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X zu sehen, nach Auffassung des AS sogar die Erledigung auf andere Weise. Die Versorgungsaufträge seien von Anfang an ausschließlich als „kooperativer Versorgungsauftrag“ durchgeführt worden, nicht als „konkurrierender Versorgungsauftrag“.

Die AG beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Eine aufschiebende Wirkung der Klage komme nach ihrer Auffassung nicht in Betracht. Der Bescheid vom 03.12.2015 sei nicht Gegenstand des Klageverfahrens (S 3 KA 56/15) geworden. Der AS wende sich mit seiner Klage ausdrücklich nur gegen einen dem Beigeladenen nach § 4 i.V.m. § 3 Abs. 3 Buchst. a) Anlage 9.1 BMV-Ä erteilten Versorgungsauftrag. Dass er sich mit seinem Widerspruch auch gegen die Genehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren wenden wollte, sei nicht ersichtlich geworden. Es sei nicht nachvollziehbar, wie der AS in dem Bescheid vom 03.12.2015, mit dem eine Bestätigung und Fortführung der Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung ambulanter Dialyseleistungen an der neuen Praxisanschrift des Beigeladenen erfolgt sei, nach § 96 SGG eine Abänderung bzw. Ersetzung des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2015, der sich allein mit dem Dialyseauftrag nach der Anlage 9.1 BMV-Ä befasst habe, erblicken könne. Ein aktueller Vorgang zur Erteilung eines Versorgungsauftrags zugunsten des Beigeladen habe tatsächlich nicht vorgelegen. Der Beigeladene habe mit seinem Antrag vom 19.10.2015 die „Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung ambulanter Dialysebehandlungen" und nicht die Erteilung eines neuen Versorgungsauftrags begehrt. Dem Beigeladenen sei demgemäß auch kein neuer Versorgungsauftrag nach der Anlage 9.1 BMV-Ä erteilt worden. Dies sei aufgrund des aus ihrer Sicht weiterhin bestehenden Versorgungsauftrags auch nicht erforderlich. Der Versorgungsauftrag sei zwar im Rahmen der Kooperation erfüllt worden, die Kooperation für die Erteilung des Versorgungsauftrags aber nicht erforderlich gewesen ist, da es dem Beigeladenen unbenommen gewesen sei, die apparative Ausstattung für die Dialyse auch selbst vorzuhalten.

Wenn der AS auf den besonderen Drittschutz der Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä rekurriere, könne er diesen allerdings für sich nicht in Anspruch nehmen. Insoweit bezieht sich die AG auf ihre Ausführungen Klageverfahren S 3 KA 56/15. Es handele sich aufgrund des dem Beigeladenen erteilten Dialyseauftrags nicht um eine konkurrierende Dialyseeinrichtung, gegen die dem AS (einstweilen) Schutz zu gewähren wäre. Unter Heranziehung des Beschlusses des LSG Sachsen-Anhalt vom 10. Mai 2004 (L 4 B 8/04 KA ER) sieht sich die AG nicht an die Ausführungen der KBV zur Erforderlichkeit einer Genehmigung für den umfassenden Versorgungsauftrag nach Auflösung der Kooperation gebunden. Das LSG habe ausgeführt, dass „das Auseinanderbrechen der Gemeinschaftspraxis (...) nicht dazu führen (darf), dass der (ausscheidende Arzt) seine bisherige Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrages für das Blutreinigungsverfahren verliert. (...) Mit der Beendigung der Gemeinschaftspraxis endet die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung nicht. Für die Genehmigung zur Beteiligung an der Dialyseversorgung kann nichts anderes gelten. Dem steht die Anlage 9.1 zum BMVIEKV nicht entgegen. Sie regelt den Fall, dass ein Vertragsarzt mit der Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags zur Durchführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren seine Praxis im Planungsbereich verlegen will, nicht. Geregelt ist lediglich die Neuzulassung weiterer Praxen, die bisher noch keine Genehmigung haben."

Wenngleich unter dem Eindruck dieser Entscheidung die Anlage 9.1 BMV-Ä mittlerweile eine Veränderung hinsichtlich der „Mitnahme" des Dialyse-Versorgungsauftrags bei Ausscheiden aus einer Gemeinschaftspraxis erfahren habe, seien nach den Hinweisen der KBV in deren Rundschreiben vom 29.06.2005 diese Änderungen allein dem Umstand geschuldet, dass es anderenfalls zu einer Vermehrung von Versorgungsaufträgen zu Lasten bestehender Dialysepraxen kommen könnte, wenn sich der ausscheidende Vertragsarzt innerhalb der bisherigen Versorgungsregion als Dialysearzt niederlassen möchte und zugleich die Gemeinschaftspraxis ihr Recht auf Nachbesetzung wahrnehme (§ 7 Abs. 4 der Anlage 9.1 BMV-Ä a.F. bzw. § 4 Abs. 1b der Anlage 9.1 BMV-Ä n.F.). Die zwischen dem AS und dem Beigeladenen bestandene Kooperation sei jedoch mit der Situation in einer Gemeinschaftspraxis nicht vergleichbar und eine Gefahr der Vermehrung von Versorgungsaufträgen ohnehin nicht gegeben. Nach den Hinweisen der KBV seien selbst im Fall des Zusammenwirkens die jeweiligen Versorgungsaufträge umfassend von dessen Inhaber zu erfüllen und bestünden unabhängig voneinander. Möchte der Beigeladene seinen Versorgungsauftrag später außerhalb der Kooperation erfüllen, könne dies somit nicht den Bestand seines Versorgungsauftrags berühren.

Der Beigeladene beantragt, den Eilantrag zurückzuweisen.

Im Verfahren S 3 KA 56/15 hat die Kammer eine schriftliche Stellungnahme der KBV zur Auslegung der Anlage 9.1 BMV-Ä veranlasst, die unter dem 14.03.2016 vorliegt. Darin wird die Auffassung vertreten, dass die Folgen der Trennung einer Kooperation zwischen einem Vertragsarzt mit einem anderen Leistungserbringer gem. Abschnitt 4 der Anl. 9.1 in der Vereinbarung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten bislang nicht ausdrücklich geregelt seien.

II.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist unter Berücksichtigung der für Anfechtungsklagen Dritter, die sich gegen die Begünstigung eines anderen Vertragsarztes richten, geltenden Grundsätze zulässig, weil Rechtsverletzungen des AS jedenfalls nicht ausgeschlossen sind.

Der Antrag zu 1), festzustellen, dass die Klage (vom 14.12.2015) gegen die Genehmigung der Durchführung und Abrechnung ambulanter Dialyseleistungen am Praxisstandort D-Straße in D-Stadt zugunsten des Beigeladenen vom 03.12.2015 aufschiebende Wirkung habe, kann aber bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil die AG mit Bescheid vom 18.02.2016 die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 03.12.2015 angeordnet hat. Selbst wenn der Bescheid vom 03.12.2015 zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden sein sollte, scheidet eine Feststellung auf der Grundlage des § 86a Abs. 1 SGG aus. Grundsätzlich haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung (§ 86a Abs. 1 S. 1, 2 SGG). Die aufschiebende Wirkung entfällt jedoch gem. § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG in Fällen, in denen die die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klärung des Suspensiveffektes für den Zeitraum vor der Bekanntgabe der Anordnung durch die AG besteht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht.

Der Antrag zu 2), festzustellen, dass der Bescheid vom 03.12.2015 zur Genehmigung der Durchführung und Abrechnung ambulanter Dialyseleistungen am Praxisstandort D-Straße in D-Stadt gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens S 3 KA 56/15 geworden sei, ist unzulässig. Insoweit wird kein nach Maßgabe der §§ 86a, 86b SGG zulässiger Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gestellt. Die kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge des § 96 SGG ist bereits im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes im Zusammenhang mit dem betroffenen Klageverfahren inzidenter zu prüfen und zu berücksichtigen. Durch die bloße Feststellung der Rechtsfolgen des § 96 SGG kann kein darüber hinausgehender effektiver Rechtsschutz bewirkt werden.

Der Antrag zu 3), die aufschiebende Wirkung des mit Schreiben vom 11.02.2016 durch den AS eingelegten Drittwiderspruchs gegen die mit Bescheid vom 03.12.2015 erteilte Genehmigung der Durchführung und Abrechnung ambulanter Dialyseleistungen am Praxisstandort D-Straße in D-Stadt anzuordnen und den Beschluss vom 17.02.2016 zur sofortigen Vollziehung des Beschlusses vom 26.11.2015 aufzuheben, ist unbegründet.

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Dabei kann das Gericht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung („kann“) maßgeblich auf die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs abstellen.

Vorliegend besteht nach summarischer Prüfung keine Erfolgsaussicht. Der AS ist nicht berechtigt, den den Beigeladenen begünstigenden Bescheid vom 03.12.2015 anzufechten.

Für die Begründung von Anträgen im einstweiligen Rechtsschutz in mehrpoligen Rechtsverhältnissen der vorliegenden Art sind die Voraussetzungen für die Drittanfechtung durch vertragsärztliche Konkurrenten zu beachten. Die Prüfung der Begründetheit dieser Klagen erfolgt nach der Rechtsprechung des BSG zweistufig. Zunächst ist zu klären, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung anzufechten. Ist das zu bejahen, so muss geprüft werden, ob die Entscheidung in der Sache zutrifft.

Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sog defensive Konkurrentenklage), hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (SozR 4-1500 § 54 Nr. 4) im Einzelnen dargestellt. Danach müssen erstens der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (zuletzt für die Genehmigung eines Versorgungsauftrages für Dialyseleistungen: BSG v. 28.10.2015 – B 6 KA 43/14 R – juris Rn. 25ff).

Hier fehlt es zumindest an der zweiten Voraussetzung. Durch den Bescheid vom 03.12.2015 wird dem Beigeladenen kein vertragsarztrechtlicher Status vermittelt. Der Bescheid regelt ausschließlich die bloße Abrechnungsgenehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren nach § 135 Abs. 2 SGB V. Ein bloßer Sachzusammenhang der Genehmigung mit einem Versorgungsauftrag nach Anl. 9.1 BMV-Ä reicht nicht aus. Die Genehmigung der Übernahme eines Versorgungsauftrages setzt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 Anlage 9.1 BMV-Ä zwar hinsichtlich der Fachkunde voraus, dass die Voraussetzungen des § 4 der Qualitätssicherungsvereinbarung erfüllt sind und auch die weiteren Voraussetzungen der Qualitätssicherungsvereinbarung. Dies gilt umgekehrt aber nicht. Die Genehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren kann losgelöst von einem bestehenden Versorgungsauftrag geprüft und erteilt werden. Auch tatsächlich war weder nach der Antragstellung des Beigeladenen noch nach dem Prüfumfang der AG das Genehmigungsverfahren auf die Erteilung eines Versorgungsauftrages nach Anlage 9.1 BMV-Ä gerichtet. Nichts anderes ergibt sich aus dem Bescheid-Tenor, wonach die „erteilte Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Dialyseleistungen“ bestätigt und weitergeführt werde, und zwar im Rahmen eines „bestehenden Versorgungsauftrages“. Ausweislich der Bescheid-Gründe hat entsprechend eine Überprüfung des Versorgungsauftrages auch nicht stattgefunden. Die AG beabsichtigte zu keinem Zeitpunkt, das für einen (neuen) Versorgungsauftrag erforderliche Einvernehmen der Krankenkassenverbände einzuholen.

Die Kammer ist im Eilverfahren nicht an die Fassung der Anträge gebunden (§ 123 SGG). Der AS begehrt offensichtlich eine Klärung der Zulässigkeit der weiteren Dialyseversorgung durch den Beigeladenem an seinem neuen Praxissitz. In Betracht kommt hier im Wege einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 SGG eine Verpflichtung der AG zum Erlass eines Aufhebungsbescheides nach § 48 SGB X oder disziplinarischer Maßnahmen gegenüber dem Beigeladenen unter der Prämisse, dass dieser als Vertragsarzt an seinem neuen Praxissitz unberechtigterweise (Dialyse)Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringt und abrechnet.

Nach Maßgabe der angeführten Grundsätze der Anfechtungsberechtigung von Konkurrenten kann aber auch dieser Antrag keinen Erfolg haben, weil der AS zwar im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbietet und in Ansehung der Genehmigung nach § 4 Anlage 9.1 BMV-Ä aus dem Jahre 2003 dem Beigeladenen auch ein vertragsartrechtlicher Status vermittelt wird (dazu: BSG v. 28.10.2015 – B 6 KA 43/14 R – juris Rn. 30), allerdings kommt dem AS als gleichfalls Genehmigungsinhaber gegenüber dem Beigeladenen kein Vorrang zu.

Dies wäre nur dann der Fall, wenn die weitere Dialysetätigkeit des Beigeladenen am neuen Praxissitz davon abhängt, dass der Versorgungsbedarf noch nicht durch den AS als bis in das Jahr 2033 ermächtigter und langfristig in das Versorgungssystem einbezogenen Leistungserbringer gedeckt ist. Die Vorrangigkeit der Bedarfsdeckung durch die bereits zugelassenen Ärzte – womit der Nachrang der neuen Statuserteilung korrespondiert – begründet deren Anfechtungsrecht (BSG a.a.O.). Für ermächtigte Einrichtungen dürfte nichts anderes gelten, da ihr Status einer Zulassung angenähert ist.

Nach summarischer Prüfung vertritt die Kammer die Auffassung, dass vorliegend kein neuer Versorgungsauftrag zu erteilen war, der Versorgungsauftrag des Beigeladenen sich durch die Praxisverlegung innerhalb des Ortes auch nicht erledigt hat, jedenfalls der AS hieraus keine Rechte für sich herleiten kann, weil sich in seinem Verhältnis zum Beigeladenen keine wesentliche Veränderung der Konkurrenzsituation ergeben hat. Der Beigeladene erfüllt weiterhin seinen Versorgungsauftrag in der Versorgungsregion des AS.

Dem Beigeladenen war mit Bescheid vom 19.05.2003 ein Versorgungsauftrag gem. § 4 Abs. 1 für die nach § 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV definierten Patientengruppen erteilt worden. Der Versorgungsauftrag war nicht davon abhängig gemacht (Auflage, Bedingung) oder in der Weise eingeschränkt worden, dass der Beigeladene diesen nur im Rahmen einer Kooperation zu erfüllen hatte. In dem Bescheid heißt es nur, dass die Voraussetzungen zu den Anforderungen an eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur anhand der Vorgaben des § 6 der Anlage 9.1 des BMV-Ä/EKV geprüft worden seien. Es könne im Ergebnis festgestellt werden, dass diese als erfüllt anzusehen seien. Besondere Anforderungen bzw. Erleichterungen an die Feststellung einer für die Genehmigung erforderlichen wirtschaftlichen Versorgungsstruktur werden – soweit ersichtlich – in der Anl. 9.1 BMV-Ä, insbesondere in § 6, für den Fall einer beabsichtigten Kooperation auch nicht aufgestellt. Der Kooperationsvertrag vom 15.09.2003 war erst nach Erteilung des Versorgungsauftrages vom Beigeladenen vorgelegt worden. Hier bat der Beigeladene mit Schreiben vom 28.09.2003 den Justitiar der AG um Prüfung des Vertrages. Der Vertrag fand dann erst im Rahmen der Prüfung der persönlichen und apparativen Voraussetzungen der Genehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung Berücksichtigung (Protokoll Arbeitssitzung 22.10.203). Dass, wie der AS meint, der Versorgungsauftrag gar nicht hätte erteilt werden dürfen, weil seine Einrichtung den Bedarf bereits gedeckt habe, unterstreicht die Eigenständigkeit der Genehmigung durch die AG im Jahre 2003.

Die vertraglichen Regelungen in Anlage 9.1 BMV-Ä sehen auch nicht zwingend die Erteilung eines (speziellen) Versorgungsauftrages zur kooperativen Ausübung („kooperativer Versorgungsauftrag“) vor. Nach § 3 Abs. 3 Anlage 9.1 BMV-Ä kann ein Versorgungauftrag für bestimmte Patientengruppen übernommen werden. Bestimmte Versorgungaufträge, insbesondere – wie vorliegend – mit Dialyseversorgung, sind genehmigungspflichtig. Der Versorgungsauftrag wird für den Ort der Zulassung oder der Ermächtigung erteilt (§ 3 Abs. 3 S. 3 idF ab 01.07.2005). Nach § 3 Abs. 5 können „Versorgungsaufträge“ zur nephrologischen Versorgung chronisch niereninsuffizienter dialysepflichtiger Patienten nach Abschnitt 4 auch im Zusammenwirken zwischen Vertragsarzt und ermächtigter Einrichtung sowie Vertragsarzt und nach § 126 Abs. 3 SGB V iVm § 127 SGB V „durchgeführt werden“. § 13 („Allgemeines“) spricht davon, dass ein Versorgungsauftrag nephrologischen Versorgung chronisch niereninsuffizienter dialysepflichtiger Patienten im Zusammenwirken „erfüllt werden“ kann. Die Leistungserbringung im Zusammenwirken kann erst aufgenommen werden, wenn – einzeln aufgeführt - folgenden Anforderungen, u.a. die Vorlage eines Kooperationsvertrages, erfüllt werden. Die KÄV überprüft die Richtigkeit der ärztlichen Angaben und teilt das Ergebnis dem Arzt mit.

Die Zusammenschau dieser Bestimmungen ergibt, dass die Kooperation von Leistungserbringern mit jeweils eigenem Versorgungsauftrag der Ebene der Ausführung/Erfüllung des Versorgungsauftrages zuzuordnen ist und es einen speziellen „kooperativen“ im Unterschied zum „konkurrierenden“ Versorgungsauftrag nicht gibt. Damit weicht die Kammer von den Hinweisen/Erläuterungen der KBV (Stand Juli 2002) ab, wonach im Fall der Auflösung eines Vertrages zum Zusammenwirken zwischen Vertragsarzt und ermächtigter Einrichtung der Vertragsarzt die Genehmigung für den umfassenden Versorgungsauftrag mit Dialyse (neu) beantragen könne. Die Anforderungen an kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstrukturen fänden dann Anwendung (Zu § 14, Frage 6). Die Hinweise binden die Kammer nicht, Im Übrigen finden Sie in der von der Kammer eingeholten aktuellen Stellungnahme der KBV auch keine Erwähnung.

Ein Verwaltungsakt bleibt gem. § 39 Abs. 2 SGB X wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Vorliegend kommt nur eine Erledigung auf andere Weise in Betracht. Auf andere Weise erledigt sich der Verwaltungsakt, wenn er seine regelnde Wirkung verliert oder die Ausführung seines Hauptverfügungssatzes rechtlich oder tatsächlich unmöglich geworden ist.

Die Erfüllung des dem Beigeladenen erteilten Versorgungsauftrages ist weder rechtlich noch tatsächlich dadurch unmöglich geworden, dass es zur Auflösung der Kooperation und Verlegung des Praxissitzes am selben Ort gekommen ist. Insoweit – wie die KBV selbst anmerkt – fehlen eindeutige Bestimmungen in dem Vertrag zum Fall der Auflösung einer Kooperation. Das sich aus dem vereinbarungskonformen Kooperationsvertrag ergebende Kündigungsrecht eines Vertragspartners droht allerdings ins Leere zu gehen, wenn es mit der einschneidenden Folge des Verlustes des Versorgungsauftrages und der Notwendigkeit einer erneuten „Wirtschaftlichkeitsprüfung“ nach § 6 Anl. 2.1 BMV-Ä in einem zwischenzeitlich „gesättigten“ Markt verbunden wäre. Die Praxisverlegung ist notwendige Folge der Kündigung. Denn im Fall der Kooperation muss sich der Vertragsarztsitz des Vertragsarztes in unmittelbarer räumlicher Nähe zur ermächtigten Einrichtung, d.h. im gleichen Gebäude oder Gebäudekomplex, befinden (§ 14 Abs. 2 Buchst. a) Anl. 9.1 BMV-Ä). Anlage 9.1 BMV-Ä unterscheidet nach dem Wortlaut eindeutig Versorgungsaufträge an Dialysepraxen bzw. an Berufsausübungsgemeinschaften (BAG). Eine BAG liegt hier gerade nicht vor. Die Vertragspartner der Bundesmantelverträge hatten 2005 die Änderung der Vereinbarung gerade nicht zum Anlass genommen, entsprechend den BAG auch für den Fall der Auflösung eines kooperativen Zusammenwirkens eine „Mitnahme des Versorgungsauftrages“ (vgl. zu den Hintergründen der Änderung: Rundschreiben KBV v. 29.06.2005) zu unterbinden. Jedenfalls im Falle der Praxisverlegung – wie hier – „in unmittelbarer örtlicher Nähe“ zum bisherigen Praxissitz geht auch die KBV in ihren Erläuterungen zur Anl. 9.1 BMV-Ä an anderer Stelle davon aus, dass auf eine erneute Prüfung der wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen verzichtet werden kann. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass möglicherweise weder der Zulassungsbescheid noch der Genehmigungsbescheid aus dem Jahre 2003 hinreichend deutlich berücksichtigen bzw. bereits zum Ausdruck bringen, dass die Zulassung für den Praxissitz, d.h. die konkrete Praxisanschrift, und nicht im Sinne einer Ortschaft als Verwaltungseinheit zu erteilen ist (dazu: Pawlita in jurisPK-SGB V, § 95 Rn. 225, mit bis ins Jahr 1995 zurück reichenden Rspr.-Nachweisen) und nach § 4 Abs. 1a Satz 1 BMV-Ä (in der Fassung ab 01.07.2009, dazu: DÄ 2009, A 1476 ff) die Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrages nicht dem Vertragsarzt, sondern der Dialysepraxis (im Sinne des § 1a Nr. 18 BMV-Ä) erteilt wird. Auch erst seit dem 01.07.2005 regelt § 3 Abs. 3 Satz 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV ausdrücklich, dass der Versorgungsauftrag für den Ort der Zulassung erteilt wird. Sowohl Zulassung als auch der Versorgungsauftrag waren dem Beigeladenen, in den Bescheiden nicht weiter bestimmt, „für D-Stadt“ bzw. „in D-Stadt“ erteilt worden.

Die gleichen Erwägungen sprechen auch gegen die Annahme, es lägen jedenfalls die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bescheides vom 19.05.2003 über die Erteilung eines Versorgungsauftrages wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Zuge der Auflösung der Kooperation vor, so dass die AG verpflichtet wäre, den Bescheid für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 SGB X).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 SGG.

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