LAG Niedersachsen, Urteil vom 23.06.2016 - 5 Sa 1072/15
Fundstelle
openJur 2016, 9200
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 03.11.2015 - 8 Ca 145/15 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung oder aber aufgrund einer außerordentlichen Kündigung beendet worden ist.

Der 1962 geborene Kläger ist Bundesbeamter im Dienst der D. AG. Diese übt für die bei der ehemaligen D. B. tätigen Bundesbeamten, zu denen der Kläger gehörte, die Dienstherrenbefugnisse aus. Die D. AG beurlaubte den Kläger wiederholt im dienstlichen Interesse gemäß § 13 der Sonderurlaubsverordnung (SUrlV), um Beschäftigungen bei ihren Tochterunternehmen zu ermöglichen. Zunächst war seit dem 01.07.1999 die T. GmbH Arbeitgeberin des Klägers.

Aufgrund des Arbeitsvertrages vom 13.12.2004 war der Kläger bei der Beklagten beschäftigt. Sein monatliches Bruttoentgelt belief sich auf 4.205,09 €.

Diesem Arbeitsverhältnis lagen wiederum Beurlaubungen durch die D. AG zugrunde, die letzte Beurlaubung im dienstlichen Interesse wurde mit Bescheid vom 15.06.2010 bewilligt und war bis zum 30.06.2015 befristet.

Der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien nahm in § 2 „die für die Gesellschaft geltenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung“ in Bezug. Ergänzend wird auf den schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien (Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl. 17 bis 22 d. A.) verwiesen.

§ 4 des in Bezug genommenen Tarifvertrages „Sonderregelungen für von der D. AG zur C. beurlaubte Beamte und Arbeitnehmer“ (im Folgenden: MTV TSI) lautet wie folgt:

§ 4 Ende des Arbeitsverhältnisses nach § 28 MTV T-Systems International

(1) Neben den im § 28 MTV T-Systems International festgelegten Sachverhalten, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen, gelten zusätzlich die sich aus Absatz 2 und 3 ergebenden Beendigungstatbestände.(2) Bei einem beurlaubten Beamten endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, der dem Monat vorangeht, in dem die Zurruhesetzung eintritt.(3) Das Arbeitsverhältnis endet, wenn das ruhende Beamten- oder Arbeitsverhältnis bei der D. AG wieder auflebt.

Mit Schreiben vom 29.04.2015 beantragte der Kläger bei der D. AG weiteren Urlaub unter Wegfall der Bezüge unter Anerkennung des dienstlichen Interesses gemäß § 13 Abs. 1 SUrlV für die Zeit vom 01.07.2015 bis zum 30.06.2020, um sein Arbeitsverhältnis zu der Beklagten zu realisieren.

Diesen Antrag lehnte die D. AG mit Bescheid vom 07.05.2015 ab und verwies zur Begründung darauf, dass von Umstrukturierungsmaßnahmen bei der Beklagten auch der Arbeitsplatz des Klägers betroffen sei, welcher zum 01.07.2015 entfalle. Deshalb könne die Beurlaubung in Ermangelung eines wichtigen Grundes nicht verlängert werden.

Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 27.05.2015 vorsorglich Widerspruch, über den noch nicht entschieden worden ist.

Mit Schreiben vom 18.05.2015 teilte die D. AG dem Kläger mit, dass sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten mit Auslaufen der Beurlaubung zum 30.06.2015 ende.

Nach Anhörung des Betriebsrates, der mit Schreiben vom 12.06.2015 der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Beklagten gegenüber dem Kläger widersprach, sprach sie mit Schreiben vom 16.06.2015 eine außerordentliche Kündigung zum Ablauf des 30.06.2015, hilfsweise außerordentlich personenbedingt unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist zum Ablauf des 31.01.2016, hilfsweise außerordentlich personenbedingt zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus. Der Kläger ist aufgrund der in Bezug genommenen tarifvertraglichen Regelungen ordentlich unkündbar, weil er älter als 50 Jahre alt ist und eine lange Beschäftigungsdauer von mehr als 15 Jahren (unter Anerkennung der Zeit bei der T.) aufweist.

Für die Zeit ab dem 01.07.2015 erhielt der Kläger Beamtenbezüge, welche geringer waren als sein bei der Beklagten erzieltes Arbeitsentgelt. Eine Beschäftigung durch die D. AG erfolgte nicht. Sie bot dem Kläger jedoch eine Beschäftigung als Projektmanager in D-Stadt an. Dieser beabsichtigten Versetzung widersprach er unter Hinweis auf gesundheitliche Gründe.

Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zur Wehr gesetzt und die Auffassung vertreten, dieses sei weder durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung noch durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 16.06.2015 aufgelöst worden.

Er hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten nicht zum 30.06.2015 durch Eintritt der auflösenden Bedingung gemäß § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum Manteltarifvertrag T-Systems International beendet worden ist;

2. dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten nicht durch Kündigung vom 16.06.2015 mit Ablauf des 30.06.2015 aufgelöst wird;

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten fortbesteht;

4. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche personenbedingte Kündigung zum Ablauf des 31.01.2016 beendet worden ist;

5. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche personenbedingte Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt beendet worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, bereits durch den Eintritt der wirksam vereinbarten auflösenden Bedingung sei das Arbeitsverhältnis beendet worden, jedenfalls sei die Kündigung rechtswirksam gewesen.

Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, dort Seiten 2 bis 5 desselben, Blatt 139 bis 142 der Akte, verwiesen.

Mit Urteil vom 03.11.2015 hat das Arbeitsgericht dem Klagebegehren in vollem Umfang stattgegeben. Wegen der genauen Einzelheiten der rechtlichen Würdigung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils (dort Seiten 5 bis 8 desselben, Bl. 142 bis 156 d. A.) verwiesen.

Dieses Urteil ist der Beklagten am 26.11.2015 zugestellt worden. Mit einem am 07.12.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat sie Berufung eingelegt und diese mit einem am 26.02.2016 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 10.12.2015 die Rechtsmittelbegründungsfrist bis zum 26.02.2016 verlängert hatte.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte voll umfänglich das erstinstanzliche Ziel der Klageabweisung weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie vertritt insbesondere die Auffassung, das Arbeitsverhältnis sei bereits infolge der auflösenden Bedingung beendet worden. Denn diese auflösende Bedingung sei formgerecht unter arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf den einschlägigen Tarifvertrag vereinbart worden, ihre Vereinbarung beruhe auf einem Sachgrund, und die Bedingung sei schlussendlich auch eingetreten. Die Beurlaubung durch die D. AG führe zu einem Ruhen des Beamtenverhältnisses im Sinne der einschlägigen Tarifnorm.

Soweit es um die außerordentliche Kündigung geht, sei diese auch unter Berücksichtigung der tarifvertraglichen ordentlichen Unkündbarkeit des Klägers deswegen gegeben, weil mit Wegfall der Beurlaubung sein Beamtenverhältnis wieder auflebe und dieses Vorrang vor dem Arbeitsverhältnis habe, so dass der Kläger gehindert sei, seinen Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis nachzukommen. Sollte der Kläger hingegen seinen Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis – rechtswidrig – den Vorrang vor den Pflichten aus dem Beamtenverhältnis einräumen, dann handele er gegenüber der D. AG, immerhin der Konzernmutter der Beklagten, derart grob pflichtwidrig, dass eine weitere Beschäftigung durch die Beklagte unzumutbar sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 03.11.2015, Az.: 8 Ca 145/15, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Insbesondere vertritt er die Auffassung, der Tatbestand der auflösenden Bedingung sei nicht erfüllt. Das Dienstverhältnis eines beurlaubten Beamten ruhe nicht. Im Übrigen dürfe sich die Beklagte auf den Eintritt der auflösenden Bedingung deswegen nicht berufen, weil sie diese Bedingung im Wesentlichen durch die Kommunikation gegenüber der D. AG selbst herbeigeführt habe.

Wegen sämtlicher weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf ihre Schriftsätze vom 26.02., 31.03., 15.04. und 03.06.2016 sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 23.06.2016 verwiesen.

Gründe

A

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG und 519, 520 ZPO).

B

Die Berufung ist begründet. Sie führt zur Abänderung und Korrektur des angefochtenen Urteils sowie zur Klageabweisung. Das Arbeitsverhältnis ist aufgrund der wirksam vereinbarten auflösenden Bedingung, die auch eingetreten ist, zum 30.06.2015 beendet worden.

Deswegen musste die Klage insgesamt abgewiesen werden, auch soweit sie sich gegen die am 16.06.2016 ausgesprochene außerordentliche Kündigung richtet, denn zum frühestmöglichen Beendigungszeitpunkt dieser außerordentlichen Kündigung (30.06.2015) endete das Arbeitsverhältnis bereits ohnedies. Die Rechtswirksamkeit der außerordentlichen Kündigung konnte deshalb ausdrücklich auf sich beruhen.

Im Einzelnen:

I.

Die in § 4 Abs. 3 des MTV TSI geregelte auflösende Bedingung ist formal wirksam Bestandteil des Arbeitsverhältnisses geworden. Die entgegenstehende Auffassung des angefochtenen Urteils, die unter Hinweis auf die Entscheidung des LAG Hamm (13. November 2014 – 15 Sa 1531/13 – juris) die bloße Bezugnahme auf eine tarifvertragliche Regelung als formunwirksam gemäß §§ 125 BGB, 21, 14 Abs. 4 TzBfG ansieht, wird nicht geteilt.

Denn die Einhaltung der Schriftform gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG bei vertraglicher Bezugnahme eines Tarifvertrages ist nicht erforderlich. Nur die originär von den Arbeitsvertragsparteien vereinbarten Befristungen und auflösenden Bedingungen unterliegen dem Schriftformerfordernis. Dieses kommt nicht zur Anwendung, wenn entsprechende Bestimmungen eines einschlägigen Tarifvertrages insgesamt in Bezug genommen werden (so überzeugend: BAG 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 29 ff. mwN).

Auch im Übrigen kann an der wirksamen arbeitsvertraglichen Einbeziehung der tarifvertraglichen Regelung kein Zweifel (etwa unter dem Gesichtspunkt der Unklarheit der Verweisungsnorm) bestehen.

II.

Die Vereinbarung und Einbeziehung der auflösenden Bedingung ist an §§ 21, 14 Abs. 1 TzBfG zu messen und hält einer gerichtlichen Kontrolle stand. Dieser auflösenden Bedingung liegt entweder der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG oder aber ein Sachgrund eigener Art, der nicht im Katalog der vorstehenden Norm aufgeführt worden ist, zugrunde.

1.

An vorstehenden Vorschriften des TzBfG war die tarifliche Bestimmung des § 4 Abs. 3 MTV TSI zu messen. Denn tarifliche Bestimmungen, die zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt einer auflösenden Bedingung führen, müssen den Anforderungen der arbeitsrechtlichen Befristungskontrolle genügen (BAG 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 49).

2.

Für die Regelung einer auflösenden Bedingung in § 4 Abs. 3 MTV TSI ist ein sachlicher Grund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich dieser dem § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG zuordnen lässt oder aber auf einen Sachverhalt, der in der vorgenannten Norm nicht aufgeführt ist, jedoch entsprechend den Sachgründen zu Nr. 1 bis Nr. 8 dieser Vorschrift den Wertmaßstäben der Befristungskontrolle entspricht.

a)

Vorstehender Tatbestand der auflösenden Bedingung beruht auf der Erwägung, dass ein Arbeitnehmer mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht arbeits- bzw. einkommenslos wird, vielmehr sein Beamtenverhältnis mit allen Rechten und Pflichten auflebt. Die gesicherte Rückkehrmöglichkeit des Arbeitnehmers in ein Arbeits- oder Beamtenverhältnis ist höchstrichterlich als Befristungsgrund anerkannt worden (BAG 25. Mai 2005 – 7 AZR 402/04 – Rn. 25 mwN). Dieser Rechtsprechung folgt das Landesarbeitsgericht und legt es seiner Entscheidung zugrunde. Die Anerkennung einer derartigen auflösenden Bedingung als sachlicher Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG führt zur Vermeidung von Pflichtenkollisionen des betroffenen Arbeitnehmers und trägt dem Umstand Rechnung, dass regelmäßig die Pflichten aus dem Beamtenverhältnis den Vorrang gegenüber Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis haben (BAG 25. Mai 2005 – 7 AZR 402/04 – Rn. 17; LAG D-Stadt 11. April 2016 – 2 Sa 655/15 – Rn. 26 f.).

b)

Dem Vorliegen eines Sachgrundes stehen nicht die Umstände des Einzelfalles entgegen, die darin bestehen, dass die Beklagte durch die Kommunikation mit der D. AG Einfluss auf den Eintritt der Bedingung genommen hat. Dieser Wertung steht auch nicht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (4. Dezember 1991 – 7 AZR 344/90 – Rn. 26) entgegen. Denn nach Inkrafttreten des TzBfG vom 21.12.2000 wird für die Klärung der Problematik, ob ein Sachgrund besteht oder nicht, auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Befristung/auflösenden Bedingung abgestellt. Bezogen auf diesen Zeitpunkt (2004) lag typischerweise, ausgehend von einem abstrakten Beurteilungsmaßstab, ein sachlicher Grund für eine auflösende Bedingung vor.

c)

Die Besonderheiten des Einzelfalles, die aus Sicht des Klägers einer wirksamen auflösenden Bedingung entgegenstehen, nämlich die Beeinflussung der Entscheidung der D. AG durch die Beklagte, lassen sich rechtsdogmatisch allein in § 162 Abs. 2 BGB verorten. Nach dieser Norm gilt der Eintritt einer Bedingung als nicht erfolgt, wenn er von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt wird.

Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm sind nicht gegeben. Zugunsten des Klägers lässt sich möglicherweise noch annehmen, die Beklagte habe durch die Kommunikation mit der D. AG maßgebend den Eintritt der auflösenden Bedingung herbeigeführt. Anhaltspunkte dafür, dass dies wider Treu und Glauben geschehen sei, sind jedoch nicht ersichtlich. Hierzu wäre beispielsweise Voraussetzung gewesen, dass die Beklagte bewusst wahrheitswidrig die D. AG über Umstrukturierungsmaßnahmen und den fehlenden Beschäftigungsbedarf des Klägers informiert hätte. Weder dieses noch ein vergleichbar als sittenwidrig oder treuwidrig einzustufendes Verhalten der Beklagten liegt im vorliegenden Streitfall vor.

III.

Die in § 4 Abs. 3 MTV TSI genannte auflösende Bedingung ist auch tatsächlich eingetreten. Denn durch die Nichtverlängerung der Sonderbeurlaubung lebte das ursprünglich ruhende Beamtenverhältnis des Klägers zu der D. AG wieder auf.

Insbesondere führte die Sonderbeurlaubung auch zum Ruhen des Beamtenverhältnisses. Dies folgt aus der Auslegung der vorgenannten Tarifnorm.

1.

Nach ständiger und allgemein anerkannter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG, Urteil vom 21.08.2003, Az.: 8 AZR 430/02 – AP Nr. 185 zu § 1 TVG Tarifverträge Metallindustrie; BAG, Urteil vom 22.10.2003, Az.: 10 AZR 152/03BAGE 108, 176 – 184; BAG, Urteil vom 24.10.2007, Az.: 10 AZR 878/06 – juris).

2.

Gemessen an vorstehenden Rechtsgrundsätzen gilt Folgendes: Der Begriff des ruhenden Beamtenverhältnisses ist gesetzlich genauso wenig definiert wie der Begriff des ruhenden Arbeitsverhältnisses. Das Wort „Ruhen“ ist jedoch ein in der Rechtsprache gebräuchlicher Begriff, der insbesondere im Arbeitsrecht durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in ständiger Rechtsprechung präzisiert wurde. Benutzen Tarifvertragsparteien ohne Erläuterungen einen derartigen Begriff, so kann davon ausgegangen werden, dass sie ihn im allgemein anerkannten Sinne verstanden wissen wollten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 6. Mai 2014 - 9 AZR 678/12 - Rn. 14; 9. August 1995 - 10 AZR 539/94 - zu II b der Gründe) ruht ein Arbeitsverhältnis danach, wenn die wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag, wie die Pflicht des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeitsleistung und die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der vereinbarten Vergütung, suspendiert sind und somit der jeweilige Gläubiger von seinem Schuldner die Erbringung der Leistungen nicht mehr verlangen und durchsetzen kann. In diesem Sinne hat auch das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Beurlaubung eines Arbeitnehmers zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses führt (BAG 25. Mai 2005 – 7 AZR 402/04 – Rn. 15).

Die Systematik des Tarifvertrages, insbesondere die Fassung des Abs. 2 des § 4 MTV TSI, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Keinesfalls lässt sich aus der Formulierung des Abs. 2 entnehmen, dass das Beschäftigungsverhältnis eines Beamten nicht ruht. Denn die Absätze 2 und 3 stehen nebeneinander, differenzieren nicht im Sinne eines Exklusivitätsverhältnisses zwischen einer „Beurlaubung“ und einem „Ruhen“.

Auch die Argumentation des Klägers, derzufolge das Beamtenrecht verschiedene gesetzlich geregelte Fälle des Ruhens eines Beamtenverhältnisses kennt und die Beurlaubung innerhalb dieses Beamtenverhältnisses dort nicht erwähnt ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Systematik des Abs. 3 zeigt, dass die Tarifvertragsparteien einheitlich und unterschiedslos das Aufleben eines ruhenden Beamten- oder Arbeitsverhältnisses als Tatbestand des Eintritts der auflösenden Bedingung genannt haben. Dies spricht dafür, an das Ruhen eines Beamten- und auch eines Arbeitsverhältnisses gleiche Anforderungen zu stellen und sie nach gleichen Maßstäben zu bemessen. Wenn allgemein im Arbeitsrecht ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses durch die Suspendierung der Hauptleistungspflichten gekennzeichnet ist, dann gilt dies auch für ein Beamtenverhältnis. Die fehlende Aufzählung der Beurlaubung als Ruhenstatbestand in den speziell das Beamtenverhältnis betreffenden gesetzlichen Bestimmungen muss hinter dieses gewichtigere Argument zurücktreten. Getreu dem Grundsatz: Die guten Argumente müssen den besseren weichen.

IV.

Nach alledem ist das Arbeitsverhältnis bereits durch den Eintritt der wirksam vereinbarten auflösenden Bedingung zum 30.06.2015 beendet worden, ohne dass es auf die Rechtswirksamkeit der zu diesem Zeitpunkt ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung ankommt.

C

Der Kläger hat gemäß § 91 ZPO als unterlegene Partei vollständig die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

D

Gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG war wegen grundsätzlicher Bedeutung des Streitfalles die Revision zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen.