LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.01.2016 - 5 Sa 207/15
Fundstelle
openJur 2016, 6289
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 24.06.2015, Az. 1 Ca 1215/14, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um restliche Vergütung aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Der 40-jährige Kläger war vom 01.06.2006 bis einschließlich 30.09.2014 bei der Beklagten Verkaufsberater in deren Filiale in H... beschäftigt.

Der Anstellungsvertrag vom 27.02.2006 enthält – soweit hier von Belang – folgende Regelungen (Bl. 3 ff. d. A.):

㤠4 Entgelt

Das monatliche Bruttogehalt zahlbar am 1. des folgenden Monats beträgt € 1.535,00

§ 5 Sonderzahlungen

Dem Angestellten etwa gewährte Sonderzahlungen bzw. Zulagen begründen keinen Rechtsanspruch auf Weitergewährung in folgenden Kalenderjahren, auch ohne hierauf bei der Zahlung besonders hingewiesen worden zu sein.

§ 14 Vertragsänderungen und –ergänzungen

Es bestehen keine weiteren Abreden zwischen den Parteien. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Das gilt auch für die Aufhebung dieser Schriftklausel.

§ 17 Sonstige Vereinbarungen

Die Möglichkeit über eine gesonderte Provisionsvereinbarung eine deutliche Gehaltsverbesserung zu erzielen, gilt auch als pauschale Abgeltung der vereinbarten 45 Stunden / Woche.“

Im Jahr 2008 führte die Beklagte eine auf einem Punktesystem basierende und damit leistungsabhängige Provisionsregelung ein. Hierzu fand von Januar bis März 2008 eine dreimonatige Vorlaufzeit statt, in der das Punktesystem bereits in der EDV erfasst wurde. Auf diese Art konnten sowohl die Mitarbeiter als auch die Beklagte für sich beurteilen, ob das angebotene Provisionsmodell für beiden Seiten lukrativ ist. Die Beklagte bot den Mitarbeitern, so auch dem Kläger, zwei Provisionsmodelle an. Bei dem sogenannten „gemäßigten Provisionsmodell“ wurde ein Fixum von 1.400,00 € brutto zuzüglich Provision angeboten, wobei ein Provisionspunkt mit 1,50 € vergütet werden sollte. Das zweite Modell, die sogenannte “aggressive Provision“, sah zunächst ein Fixum von 800,00 € vor und der Provisionspunkt sollte mit 3,50 € vergütet werden. Der Kläger entschied sich, jedenfalls im Hinblick auf die Provision, für die zweite Variante. Es ist streitig, ob der Kläger auch der Höhe des zu zahlenden Fixums zustimmte. Unstreitig zahlte die Beklagte dem Kläger ab April 2008 ein Grundgehalt von 800,00 € brutto zzgl. Provisionen nach dem „aggressiven Provisionsmodell“. Ab Januar 2011 hob die Beklagte das Grundgehalt auf 1.000,00 € an. Neben dem Grundgehalt und den auf dem Punktesystem basierenden Provisionen erhielt der Kläger sogenannte „freiwillige Provisionen“, Bonuszahlungen sowie Aufwandsentschädigungen. In den Gehaltsabrechnungen sind aufgeführt das Grundgehalt, die Provisionen und die freiwilligen Provisionen. Daneben erhielt der Kläger jeden Monat einen Einzelnachweis über die Gehaltsbestandteile. Hierin sind die „freiwilligen Provisionen“ der Art nach aufgeschlüsselt. Die eigentlichen Provisionen und das Grundgehalt waren im streitgegenständlichen Zeitraum stets höher als das im Arbeitsvertrag vereinbarte Festgehalt über 1.535,00 € brutto. Erstmals mit Anwaltsschreiben vom 16.10.2014 forderte der Kläger die Beklagte schriftlich auf, die Differenzbeträge zwischen dem vereinbarten Festgehalt (1.535,00 €) und dem jeweils ab 2011 gezahlten Grundgehalt (1.000,00 €) für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 30.09.2014 unter Fristsetzung bis zum 14.11.2014 zu zahlen. Die Beklagte lehnte dies ab.

Mit seiner am 13.11.2014 vor dem Arbeitsgericht erhobenen Klage hat der Kläger diese Gehaltsnachzahlungen für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 30.09.2014 in Höhe von insgesamt 23.275,00 € brutto weiter verfolgt.

Wegen des weiteren, insbesondere streitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz, sowie deren erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.06.2015 die Zahlungsklage insgesamt abgewiesen. Die Klage sei nicht schlüssig. Der Kläger habe unstreitig mehr erhalten als das arbeitsvertraglich vereinbarte Festgehalt in Höhe von monatlich 1.535,00 € brutto. Die in 2008 mündlich getroffene Neuregelung der Vergütung in Form eines Grundgehalts und Provisionen sei als „Paket“ angeboten worden. Dies sei für den Kläger auch eindeutig erkennbar gewesen. Dem stehe auch § 17 des Arbeitsvertrages nicht entgegen. Die gesonderte Provisionsvereinbarung sei vorliegend nicht isoliert, sondern nur in Zusammenhang mit der Absenkung des Fixums angeboten worden. Die klägerischen Ansprüche basierten ersichtlich auf der sogenannten „Rosinentheorie“. Das Vereinbarte würde bei diesem behaupteten – wohl versteckten – Einigungsmangel gemäß § 155 BGB nicht gelten, da nicht anzunehmen sei, dass seitens der Beklagten die Provisionsregelung ohne Absenkung des Fixums zustande gekommen wäre. Sollte andererseits der Kläger der Neuregelung nicht zugestimmt haben, so hätten für ihn aufgrund eines zwischen den Parteien bestehenden Dissenses die alten Bedingungen weitergegolten. Hieraus würde sich jedoch kein Nachzahlungsanspruch ergeben.

Gegen das ihm am 10.07.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.07.2015 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 12.10.2015 am 17.09.2015 begründet.

Der Kläger trägt vor,

es ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag, dass ein Festgehalt von monatlich 1.535,00 € brutto vereinbart worden sei und weitere Provisionszahlungen und freiwillige Sonderzahlungen/Zulagen gezahlt werden könnten. Aus §§ 5, 17 des Arbeitsvertrages ergebe sich, dass Sonderzahlungen und Provisionszahlungen beim Grundgehalt nicht berücksichtigt würden. Die Parteien hätten mithin im Arbeitsvertrag eine klare Regelung hinsichtlich der Lohnarten getroffen. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Provisionen, freiwilligen Sonderzahlungen und das Grundgehalt/Fixum zu summieren widerspreche der klaren Regelung im Arbeitsvertrag. Die Änderung des Vergütungssystems sei unstreitig entgegen dem Schriftformerfordernis nicht schriftlich erfolgt. Zudem habe das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass er bereits mehrfach seit 2008, insbesondere zu den jährlichen Besprechungen zum Jahreswechsel, gegenüber dem Geschäftsführer K... erklärt, dass er mit der Absenkung seines Grundgehalts nicht einverstanden sei (Zeugen d... B... und F...). Aufgrund seines erklärten Widerspruchs könne auch nicht von einem versteckten Einigungsmangel gemäß § 155 BGB ausgegangen werden. Da sich die Parteien mithin nicht über alle Punkte des neuen Vergütungssystems geeinigt hätten, läge ein offener Einigungsmangel gemäß § 154 BGB vor. Die Umstellung des Vergütungssystems sei im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht zulässig (BAG, Urt. v. 30.07.1985 – 3 AZR 405/83 -). Der Kläger verweist auf §§ 310 Abs. 4, 308 Nr. 5 BGB. Der Beklagten stehe auch kein aufrechenbarer Rückforderungsanspruch wegen ungerechtfertigt gezahlter Provisionen zu. Provisionen und Sonderzahlungen seien auf der Vertragsgrundlage zur Gehaltsverbesserung und damit mit Rechtsgrund gezahlt worden. Dem Rückzahlungsanspruch stehe § 814 BGB entgegen, da der Beklagten bekannt gewesen sei, dass er mit der Absenkung des Grundgehalts nicht einverstanden gewesen sei.

Im Berufungstermin hat der Kläger erstmals vorgetragen, dass er vor April 2008 neben dem Festgehalt auch Provisionen erhalten habe. Er habe damals 10 % Umsatzprovision erhalten. Die damaligen Abrechnungen hätten dementsprechend auch das Festgehalt und die gezahlten Provisionen ausgewiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 24.06.2015, Az. 1 Ca 1215/14, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 23.275,00 € brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 07.11.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt

das angefochtene Urteil. Hinsichtlich des Vortrags des Klägers zu den vor April 2008 gezahlten Umsatzprovisionen erhebt die Beklagte Verspätungsrüge.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt ihrer wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 28.01.2016 verwiesen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b; 66 Abs. 1 ArbGG; §§ 519, 520 ZPO.

Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage zu Recht abgewiesen. Die hiergegen vom Kläger mit der Berufung erhobenen Einwände rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf restliches Fixgehalt von Januar 2011 bis September 2014 in Höhe von insgesamt 23.275,00 € brutto.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf restliche Vergütung. Die Vergütungsansprüche des Klägers sind erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.

a) Der Klaganspruch folgt nicht aus § 4 Arbeitsvertrag i. V. m. § 611 BGB.

Nach dieser vertraglichen Regelung beträgt das monatliche Bruttogehalt 1.535,00 €. Hierbei handelt es sich ersichtlich um ein vereinbartes Festgehalt. Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum stets eine Gesamtvergütung in 1.535,00 € übersteigender Höhe gezahlt. Auch die gezahlten Provisionen sind Vergütung i. S. v. § 611 BGB. Damit hat die Beklagte die vertraglich vereinbarten Vergütungsansprüche des Klägers vollständig erfüllt. Die vertraglichen Vergütungsansprüche des Klägers sind gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen.

b) Dem steht auch nicht § 17 des Arbeitsvertrages entgegen. Hierin ist lediglich geregelt, dass die Möglichkeit besteht, über eine gesonderte Provisionsvereinbarung eine deutliche Gehaltsverbesserung zu erzielen. Eine Provisionsvereinbarung selbst enthält der Arbeitsvertrag nicht. Dem Arbeitsvertrag ist auch nicht zu entnehmen, dass bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Provisionsregelung – etwa in Form einer Gesamtzusage der Beklagten – für den Kläger galt. Eine ggf. gesondert vereinbarte Provisionsvereinbarung der Parteien hat der Kläger weder erstinstanzlich noch mit der Berufungsbegründung vorgetragen noch eine solche Provisionsvereinbarung zur Akte gereicht. Es liegen dem Gericht auch keine Gehaltsabrechnungen vor, die den Zeitraum vor April 2008 betreffen.

Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsverhandlung vorgetragen hat, dass er auch vor 2008 neben dem vereinbarten Festgehalt Umsatzprovisionen in Höhe von 10 % bezogen habe, ist dieser bestrittene Vortrag bereits unsubstantiiert. Wann wurde eine solche Vereinbarung für welchen Zeitraum mit welchen genauen Konditionen abgeschlossen? Auf welchen konkreten Umsatz (Gesamtumsatz, Filialumsatz?) bezog sich die behauptete Provision? Ungeachtet dessen ist dieser bestrittene Vortrag gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG als verspätet zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hatte dem Kläger mit Beschluss vom 23.12.2014 unter Fristsetzung bis zum 16.02.2015 aufgegeben, die Klage durch vollständigen Tatsachenvortrag abschließend zu begründen und im Einzelnen auf sämtliche mündlichen oder schriftlichen Vereinbarungen der Parteien zur Vergütung einzugehen (Bl. 78 d. A.). Diese gerichtliche Auflage entspricht den Vorgaben des § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ArbGG. Das Arbeitsgericht hatte dem Kläger aufgegeben, zu welchen entscheidungserheblichen Punkten er noch vortragen sollte. In den nachfolgenden Schriftsätzen des Klägers vom 30.12.2014 und 23.01.2015 findet sich hingegen kein Tatsachenvortrag zu einer vor dem 01.04.2008 existierenden Provisionsvereinbarung.

c) Letztlich führt aber auch der Umstand, dass der Kläger möglicherweise bereits seit Anbeginn seines Arbeitsverhältnisses umsatzabhängige und damit gerade nicht leistungsabhängige Provisionen erhalten hat, nicht zu einem anderen Ergebnis.

aa) Die Parteien haben – nachdem die dreimonatige Testphase abgeschlossen war – im April 2008 konkludent eine komplett neue Vergütungsabrede getroffen. Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger zwei Vergütungsmodelle, d.h. das gemäßigte und das aggressive Provisionsmodell, angeboten. Hierbei handelte es sich um ein ganz anderes Vergütungsmodell. Danach sollte nicht nur das vertraglich vereinbarte Festgehalt von 1.535,00 € brutto herabgesetzt, sondern auch eine gänzlich andere Provisionsregelung gelten. Zuvor bestand eine umsatzabhängige Provisionsregelung (den Vortrag des Klägers als wahr unterstellt), auf dessen Höhe der Kläger nur mittelbar Einfluss hatte. Das ab April 2008 geltende Punktesystem beinhaltete demgegenüber eine leistungsabhängige Provision, deren Höhe der Kläger selbst steuern konnte. Der Kläger hat sich unstreitig für das aggressive Punktesystem entschieden. Die Beklagte hatte dem Kläger indessen unstreitig nur insgesamt ein neues Vergütungssystem bestehend aus einem Fixum von zunächst 800,00 € bzw. im streitgegenständlichen Zeitraum von 1.000,00 € brutto und eine Provision von 3,50 € brutto pro erwirtschafteten Punkt angeboten. Das Arbeitsgericht weist zutreffend darauf hin, dass der Kläger dieses Angebot der Beklagten nur insgesamt annehmen konnte. Die vom Kläger im vorliegenden Prozess gewählte „Rosinentheorie“ führt letztlich zur Ablehnung des Angebots insgesamt. Eine teilweise Annahme des angebotenen neuen Vergütungssystems erweist sich rechtlich als Ablehnung verbunden mit einem neuen Vertragsangebot, § 150 Abs. 2 BGB. Dass die Beklagte ihrerseits ein Angebot des Klägers auf Zahlung eines Fixums von 1.535,00 € brutto zuzüglich der aggressiven Punkteprovisionen zugestimmt habe, hat der Kläger nicht einmal selbst behauptet.

bb) Der Kläger hat das ihm seitens der Beklagten angebotene neue Vergütungssystem (Fixum: 800,00/ 1.000,00 € + 3,50 € pro Punkt) – entgegen seiner jetzigen Behauptung – auch konkludent angenommen. Der Kläger hat nach Ablauf der Testphase unstreitig der auf dem Punktesystem basierenden Provision von 3,50 €/Punkt zugestimmt. Dieses von der Beklagten angebotene Provisionsmodell war aber unstreitig an ein geringeres Fixum als das vertraglich vereinbarte Festgehalt geknüpft. Aus dem Umstand, dass der Kläger – für ihn auch erkennbar – während der Vorlaufphase (Januar bis März 2008) bereits unstreitig eine höhere Gesamtvergütung erzielt hätte, konnte die Beklagte aus der unstreitigen Zustimmung zu dem aggressiven Provisionen (3,50 €/Punkt) nur den Schluss ziehen, dass der Kläger ihr Änderungsangebot (800,00 € Fixum + 3,50 €/Punkt) insgesamt annahm. Zumindest durch die jahrelange Hinnahme der entsprechend abgerechneten Vergütung hat der Kläger erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass er mit der neuen Vergütungsabrede einverstanden ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die neue Vergütungsabrede für den Kläger eindeutig wirtschaftlich günstiger war als die alte Vergütungsabrede. Die Parteien haben mithin durch ein mündliches Angebot und konkludente Annahme eine neue Vergütungsregelung, bestehend aus einem (reduzierten) Fixum von 800,00 bzw. 1.000,00 € und einer leistungsabhängigen Provision von 3,50 €/Punkt, vereinbart.

cc) Diesbezüglich kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, dass er bereits mehrfach seit 2008, insbesondere während der jährlichen Besprechungen zum Jahreswechsel, der Kürzung seines Festgehalts widersprochen habe. Dieser Vortrag ist völlig unsubstantiiert. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass er widerspruchslos die höheren Provisionszahlungen hingenommen hat. Soweit sich der Kläger diesbezüglich auf zwei Zeugen beruft, handelt es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger ausdrücklich der Reduzierung des Fixums widersprochen hat, ist die Klage unschlüssig. In diesem Fall hätte die ursprüngliche Vergütungsabrede (1.535,00 € Fixum + 10 % Umsatzprovision) im streitgegenständlichen Zeitraum nach wie vor gegolten. Dies ist die Rechtsfolge von § 150 Abs. 2 BGB. Der Kläger hat indessen nicht im Ansatz dargelegt, dass die ihm vertraglich nach dem alten Vergütungssystem zustehende Vergütung höher gewesen wäre als die Vergütung, die die Beklagte tatsächlich an den Kläger insgesamt gezahlt hat.

d) Einer konkludenten Annahme des dem Kläger von der Beklagten angebotenen aggressiven Provisionsvergütungssystems steht auch nicht das Schriftformerfordernis gemäß § 14 des Arbeitsvertrages entgegen.

Eine vom Arbeitgeber im Arbeitsvertrag als Allgemeine Geschäftsbedingung aufgestellte doppelte Schriftformklausel ist zu weit gefasst, irreführend und benachteiligt den Vertragspartner dann unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, wenn sie bei dem anderen Vertragsteil den Eindruck erweckt, eine mündliche Abrede sei entgegen § 305 b BGB per se unwirksam. Eine Klausel, die den Eindruck erweckt, jede spätere vom Vertrag abweichende mündliche Abrede sei gemäß § 125 Satz 2 BGB nichtig, entspricht nicht der wahren Rechtslage. Denn gemäß § 305 b BGB haben individuelle Vertragsabreden Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dieses Prinzip des Vorrangs mündlicher individueller Vertragsabreden setzt sich auch gegenüber doppelten Schriftformklauseln durch. Eine zu weit gefasste doppelte Schriftformklausel ist irreführend. Sie benachteiligt den Vertragspartner deshalb unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB (BAG, Urt. v. 20.05.2008 – 9 AZR 382/07 –, Rn. 39, juris; LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 23.05.2013 – 5 Sa 375/12 –, Rn. 40, juris; LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 10.04.2013 – 3 Sa 316/12 -, Rn. 46, juris; OLG Rostock, Beschl. v. 19.05.2009 – 3 U 16/09 -, Rn. 5, juris; Schaub-Linck, 15. Auflage, § 35 Rz. 78a m. w. N.).

2. Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG zurückzuweisen.

Ein gesetzlich begründbarer Anlass zur Zulassung der Revision lag nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.

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