LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 22.01.2016 - 12 O 236/14
Fundstelle
openJur 2016, 5859
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist als Maklerin tätig. Im Juni 2014 kam es zu einem ersten Gespräch zwischen ihr und den Beklagten. Diese äußerten Interesse am Erwerb des mit einem unterkellerten Wohnhaus bebauten Grundstücks Nxxx 7 in Wxxx von den Zeugen Kxxx und Jxxx Schxxx. Ende Juni und Mitte Juli kam es zu zwei Besichtigungsterminen. Das Ehepaar Schxxx und die Beklagten einigten sich auf einen Kaufpreis von 170.000 €. Ende Juli unterzeichneten die Beklagten gegenüber der Klägerin eine Provisionsvereinbarung, welche eine Maklerprovision von 7,14 % vom veranschlagten Kaufpreis auswies. Wegen einer Feuchtigkeitsstelle mit einer Länge von 6 m an einer Kellerwand im sog. Zählerraum wurde diese durch den Zeugen Dxxx, Sachverständiger für Mauerwerkstrockenlegung, besichtigt. Daraufhin beauftragten die Zeugen Schxxx ein Fachunternehmen mit der Sanierung der Feuchtigkeitsstelle.

Der Kaufvertrag zwischen den Zeugen Schxxx und den Beklagten wurde vor dem beurkundenden Notar, dem Zeugen Wxxx, am 19.08.2014 in Gegenwart auch der Klägerin und des Zeugen Fxxx Bxxx, dem Vater des Beklagten zu 2), geschlossen.

Unter § 5 dieses Vertrages wird zunächst auf die 6 m lange Feuchtigkeitsstelle hingewiesen und sodann die Gewährleistungsrechte der Beklagten ausgeschlossen, „allerdings mit der Ausnahme … arglistig verschwiegener Mängel“. Wegen der weiteren Einzelheiten des notariellen Vertrages wird auf Bl. 6 ff GA im Übrigen Bezug genommen. Im weiteren Verlauf stellte die Klägerin unter dem 20.08.2014 den Beklagten die Maklerprovision in Höhe der Klageforderung in Rechnung. Eine Zahlung durch die Beklagten erfolgte nicht. Mit Schreiben vom 04.12.2014 traten die Beklagten gegenüber dem Ehepaar Schxxx vom Kaufvertrag mit der Begründung zurück, diese hätten den Feuchtigkeitsbefall sämtlicher Kellerräume verschwiegen.

Die Klägerin behauptet, sie hätte den Beklagten mehrmals vergeblich empfohlen, vor dem Kauf eine Objektbegehung mit einem Gutachter zu machen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

an sie 12.138,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.09.2014 zu zahlen und

sie von 805,20 € vorgerichtlicher Mahnkosten durch Zahlung an die Sxxx Rechtsanwälte, Axxx Sxxx, Kxxx Schxxx, Dr. Gxxx Bxx, Dxxx Schxxx, Jxxx Str. xxx, Bxxx, freizustellen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie meinen, eine wirksame Vereinbarung über die Höhe der Maklerprovision sei nicht getroffen worden. Hierzu behaupten sie, die Klägerin habe zwar darauf gedrängt, wegen der weiteren Interessenten an dem Objekt die Provisionsvereinbarung zunächst zu unterschreiben, jedoch deren Höhe weiterhin zur Verhandlung gestellt. Auch sei sie nicht im Interesse der Beklagten tätig gewesen, denn im Nachgang habe sich herausgestellt, dass die Zeugen Schxxx das Objekt auch für einen geringeren Preis veräußert hätten. Darüber hinaus hätten die Beklagten gegenüber der Klägerin kundgetan, dass sie ein Objekt mit Keller suchten, welcher zu Wohnzwecken nutzbar sei, gleichwohl fehle es an einer entsprechenden Baugenehmigung. Zudem hätten die Zeugen Schxxx ihnen im Rahmen des Notartermins versichert, dass über die festgestellte feuchte Stelle hinaus keine Feuchtigkeit und Schimmelbildung im Keller vorläge. Tatsächlich entspreche dies indes nicht der Wahrheit. Die Veräußerer seien von dem Zeugen Dxxx schließlich darauf hingewiesen worden, dass der gesamte Keller überprüft und ggf. trockengelegt werden müsse.

Das Gericht hat über die Behauptungen der Beklagten wie im Beweisbeschluss vom 03.07.2015 formuliert Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Dxxx, Bxxx, Dxxx, Kxxx und Jxxx Schxxx, Wxxx und Bxxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Wegen des weiteren Parteienvortrags wird im Übrigen auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Ein Klageanspruch auf Zahlung von 12.138,00 € gemäß § 652 Abs. 1 BGB besteht nicht. Es fehlt insoweit am Vorliegen des Tatbestandsmerkmals eines wirksamen Hauptvertrages, hier des notariellen Kaufvertrages vom 19.08.2014. Dieser ist durch Rücktrittserklärung der Beklagten vom 04.12.2014 gem. §§ 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 S 1 440, 323, 346 BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden, wobei gem. § 123 BGB auch ein Anfechtungsgrund bestand.

Die Anfechtung des Hauptvertrags lässt auch den Anspruch auf die Maklerprovision entfallen (OLG Celle OLGR 2000, 148). Wird stattdessen der Rücktritt erklärt, und hätte der Rücktrittsgrund auch zur Anfechtung berechtigt, entfällt in gleicher Weise der Provisionsanspruch (BGH, WM 2001 Heft 19, 960). Ein Rücktrittsgrund im Sinne von §§ 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 S 1 440, 323, 346 BGB, welcher gem. § 123 BGB auch zur Anfechtung berechtigt hätte, ist im Streitfall gegeben. Die Verkäufer, die Zeugen Schxxx, brachten anlässlich des Termins zur notariellen Beurkundung des Kaufvertrages zum Ausdruck, es lägen kein Feuchtigkeitsbefall der Kellerräume über den im Vertrag genannten Feuchtigkeitsfleck hinaus vor, obwohl sie hierüber keine konkrete Kenntnis hatten.

Nach der Beweisaufnahme ist das Gericht zunächst davon überzeugt, dass das Mauerwerk im Keller bereits zum Zeitpunkt der Übegabe des Grundstücks an die Beklagten über die in § 5 Nr. 1 des Kaufvertrags bezeichnete Fläche hinaus Feuchtigkeit und Schimmelbildung zum Zeitpunkt der Übergabe aufwies, und die Kaufsache damit einen erheblichen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB aufwies. Der Zeuge Dxxx hat glaubhaft bekundet, im Rahmen einer gemeinsamen Ortsbegehung mit dem Zeugen Bxxx am 04.10.2014 Feuchtigkeit an den Wänden und einen auffällig modrigen Geruch wahrgenommen zu haben. Er habe bis zu einer Höhe von 60 cm über dem Boden Feuchtigkeit in stärkerem, darüber in geringerem Maße messen können. Zudem habe er Schimmelbildung an den Stellen erkennen können, an denen die Wandbekleidung abgenommen worden war. Nach dem Erscheinungsbild der Feuchtigkeitsstellen, das sich für das Gericht zusätzlich durch die vom Zeugen gefertigten und in der mündlichen Verhandlung zur Akte gereichten Lichtbilder ergibt, und seinen Messungen sei er sich nahezu sicher, dass es sich um aufsteigende Feuchtigkeit handele. Die daraus resultierenden Verfärbungen hätten sich über einen längeren Zeitraum entwickelt.

Die Aussage des Zeugen Dxxx ist glaubhaft. Er hat seine Erkenntnisse und Messungen detailliert, plausibel und widerspruchsfrei beschrieben. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen hegt das Gericht nicht. Zwar ist er seitens der Beklagten mit den Feuchtigkeitsmessungen beauftragt worden, gleichwohl ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass er als Ingenieur fachlich unzutreffende Feststellungen bekundet hat.

Die Bekundungen der übrigen Zeugen vermochten die Überzeugungsbildung des Gerichts hinsichtlich der Feuchtigkeitsschäden in weiteren Kellerräumen nicht zu hindern. Die Aussagen der Zeugen Bxxx, Dxxx und Wxxx blieben mangels Untersuchung der übrigen Kellerräume auf Feuchtigkeit insoweit unergiebig. Die Zeugin Kxxx Schxxx hat bekundet, dass ihr Mann, der Zeuge Jxxx Schxxx und ihre Kinder im Winter 2004/2005 die Wandverkleidung an den Kellerwänden erneuert, und in diesem Zusammenhang keine Feuchtigkeit an den Wänden festgestellt hätten. Im Zeitraum des Vertragsschlusses sei Ihnen nur die im Vertrag aufgenommene Feuchtigkeitsstelle bekannt gewesen. Allerdings seien hinsichtlich der anderen Kellerwände keine Überprüfungen vorgenommen worden. Dies deckt sich mit den Aussagen ihres Mannes, des Zeugen Jxxx Schxxx. Dieser hat bekundet, keine Veranlassung gesehen zu haben, auch in den übrigen Räumen die Wandverkleidung abzunehmen. Sie seien davon ausgegangen, dass die 6 m lange Feuchtigkeitsstelle dadurch entstanden sei, dass es in dem konkreten Raum keine Fußbodenheizung gäbe. In den übrigen Kellerräumen habe eine solche Beheizung jedoch vorgelegen. Diese Bekundungen lassen mangels Schilderung der Wahrnehmung unverkleideter Kellerwände zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Kaufvertrages bereits nicht den Schluss zu, zu diesem Zeitpunkt lägen weitere Feuchtigkeitsschäden in den Kellerräumen nicht vor.

Das Rücktrittsrecht der Beklagten ist gem. § 5 des Kaufvertrages deshalb nicht ausgeschlossen, weil die Beklagten nicht nur arglistig verschwiegen sondern gar auf Nachfrage bewusst darüber getäuscht haben, hinsichtlich des Mauerwerks, welches über die in § 5 Nr. 1 des Kaufvertrags bezeichnete Fläche hinausgeht, bestünde kein Feuchtigkeitsbefall. Damit liegt auch ein Anfechtungsgrund im Sinne von § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB vor. Dazu ist nicht erforderlich, dass die Verkäufer positive Kenntnis von dem Mangel hatten. Bedingter Vorsatz genügt (BGH NJW 1999, 2804, 2806). Dieser ist bereits gegeben, wenn der Täuschende unrichtige Behauptungen ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ aufstellt (BGH NJW 1998, 302 f; NJW 1981, 1441 f; BGHZ 74, 383,392; 63, 382, 388) bzw. unzutreffende Angaben macht, zu deren sachgemäßer Beurteilung ihm die erforderlichen Kenntnisse fehlen (BGH NJW 1981, 1441, 1442; OLG Celle NJW-RR 1987, 744). Hiervon ist das Gericht nach der Beweisaufnahme überzeugt.

Der Zeuge Wxxx, der beurkundende Notar, hat bekundet, die Verkäufer, die Zeugen Schxxx, hätten im Notartermin bestätigt, dass sich das Ausmaß der Feuchtigkeitserscheinungen auf einen Kellerraum und auf eine Länge von 6 m beschränke. Der gesamte Kellerbereich sei durch eine Fachfirma untersucht worden. Die Käufer, die Beklagten, hätten dagegen im Beurkundungstermin zum Ausdruck gebracht, dass sie weiterhin vertragsbereit seien, sofern dies der Wahrheit entspreche. Bei größerem Feuchtigkeitsumfang indes würden sie vom Vertragsschluss Abstand nehmen. Er, der Zeuge Wxxx, habe diesen Standpunkt der Beklagten ausdrücklich herausgearbeitet und die Verkäufer darauf hingewiesen, dass es der Gegenseite auf die Trockenheit des Kellers im Übrigen ankäme. Die Bekundungen des Zeugen sind glaubhaft. Ein Widerspruch zu der von ihm protokollierten Urkunde ist nicht ersichtlich. Die Urkunde gibt wieder, dass es einen bekannten Mangel gibt, und dass darüber hinaus folglich Mangelfreiheit gegeben ist. Zudem wurden rechtliche Konsequenzen für den Fall in die Vertragsurkunde aufgenommen, dass dies nicht der Wahrheit entspricht. Die Bekundungen des Zeugen sind im Übrigen in sich schlüssig, detailliert und plausibel. Hinweise, die Anlass zu Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des Zeugen begründeten, sind nicht ersichtlich. Entgegen der Behauptung der Klägerin in deren Schriftsatz vom 11.01.2016 ist der Zeuge Wxxx insbesondere auch von den Zeugen Schxxx von seiner Schweigepflicht mit Schreiben vom 13.10.2015 (Bl. 277 GA) entbunden worden.

Die Aussagen des Zeugen Wxxx werden im Wesentlichen durch den Zeugen Bxxx, den Vater des Beklagten zu 2), bestätigt. Dieser hat glaubhaft bekundet, die Zeugen Schxxx hätten auf konkrete Nachfrage im Notartermin zum Ausdruck gebracht, in den weiteren Kellerräumen lägen Feuchtigkeitsschäden nicht vor. Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Zeugen Bxxx hat das Gericht berücksichtigt, dass es sich um den Vater des Beklagten zu 2. handelt. Sein Auftreten und seine Aussage haben jedoch nicht erkennen lassen, dass er sich von der Nähe zum Beklagten zu 2. hat leiten lassen. Für seine Glaubwürdigkeit spricht vielmehr, dass er auf Nachfrage nicht verschwiegen hat, sich mit seinem Sohn im Vorfeld über den Gerichtstermin unterhalten zu haben.

Der Überzeugungsbildung des Gerichts stehen schließlich die Aussagen der Zeugen Schxxx nicht entgegen. Die Zeugin Kxxx Schxxx hat zwar zunächst bekundet, sie und ihr Ehemann hätten im Rahmen des Notartermins verneint, dass auch die übrigen Wände auf Feuchtigkeit untersucht worden seien. Auch könne sie sich nicht daran erinnern, vom Zeugen Wxxx darauf hingewiesen worden zu sein, dass ein nicht überprüfter Feuchtigkeitszustand der übrigen Kellerwände ein rechtliches Risiko darstelle. Der Zeuge Jxxx Schxxx hat in seiner Vernehmung ebenfalls einen solchen Hinweis des Notars und Zeugen Wxxx zunächst verneint. Er hat bekundet, sich nicht sicher zu sein, ob mögliche Feuchtigkeit in den übrigen Kellerwänden überhaupt ein Thema im Rahmen des Notartermins gewesen sei. Zumindest aber hätten er und seine Frau die Frage nach dahingehenden Überprüfungen nicht bejaht. Beide Zeugen haben indes auf Nachfrage und Vorhalt der Bekundungen des Zeugen Wxxx einräumen müssen, dass sie sich nicht mehr genau an die Geschehnisse beim Notartermin erinnern könnten.

Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Zeugen Schxxx im Notartermin gegenüber den Beklagten zum Ausdruck brachten, die übrigen Kellerräume wiesen keinen Feuchtigkeitsbefall auf, obwohl sie hierüber keine Kenntnis hatten. Denn auch, wenn die Verkäufer, die Zeugen Schxxx, das Besichtigungsprotokoll des Zeugen Dxxx mit der Empfehlung zu weiteren Maßnahmen zur Schadensfeststellung nicht gelesen, und von ihm auch keinen Hinweis auf etwaigen weiteren Schimmelbefall erhalten haben sollten, konnten sie keine Aussage darüber treffen, ob das übrige Mauerwerk von Feuchtigkeit und Schimmelbefall betroffen ist. Die Untersuchungen der Kellerwände beschränkten sich auf die bereits festgestellte und im Kaufvertrag aufgenommene feuchte Stelle mit der Länge von 6 m. Die übrigen Kellerwände wurden nicht überprüft.

Mangels des Anspruchs auf die Maklerprovision unterliegt die Klage insgesamt der Abweisung. Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung auf den klägerischen Schriftsatz vom 11.01.2016 besteht nach dem bereits Ausgeführten nicht.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Der Gebührenstreitwert für die 1. Instanz wird auf 13.000,00 € festgesetzt.

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