LAG Hamm, Urteil vom 02.12.2015 - 5 Sa 943/15
Fundstelle
openJur 2016, 4896
  • Rkr:

Die Erteilung von Sprachunterricht ist , wenn die Lehrtätigkeit den überwiegenden Teil der Arbeitszeit ausmacht oder das Arbeitsverhältnis prägt, dann als wissenschaftliche Dienstleistung zu werten, wenn dem Lehrenden im Rahmen der zu erbringenden Tätigkeit die Möglichkeit gegeben wird, sich mit wissenschaftlichen Methoden und Inhalten eigenständig auseinanderzusetzen.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 05.06.2015 - 3 Ca 386/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen für die Beklagte.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristungsvereinbarung.

Der Kläger steht nunmehr seit dem Jahr 2008 in unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen zu der Beklagten. Zunächst erhielt er für das Wintersemester 2008/2009 mit Schreiben vom 29.01.2009 einen Lehrauftrag im Fachzentrum für Sprachlehre an der Universität Q im Umfang von 120 Einzelstunden (vgl. Blatt 6 d. A.).

Ab dem 01.04.2009 steht er als Lehrkraft für besondere Aufgaben gemäß § 42 Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen (HG NRW) jeweils mit befristeten Verträgen in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten, zuletzt aufgrund des Arbeitsvertrages vom 19.07.2012 für den Zeitraum vom 01.10.2012 bis zum 31.03.2015. Der Kläger erzielte zuletzt eine durchschnittliche Bruttovergütung in Höhe von 3.937,21 €. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst der Länder Anwendung. Gemäß § 1 des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrages erfolgte die Befristung gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 S. 2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) (vgl. Blatt 7 d. A.). Zudem war vereinbart, dass die Dienstaufgaben des Klägers zugleich seiner wissenschaftlichen Weiterbildung dienen sollten (vgl. Anlage zum Arbeitsvertrag vom 19.07.2012 Bl. 8 d. A.). Während seiner Tätigkeit hat der Kläger am 30.05.2014 an der spanischen Universität B über das Thema "Lernstrategie für die Erarbeitung und Produktion mündlicher expositiver und narrativer Diskurse im Bereich Spanisch als Fremdsprache" promoviert.

Der Kläger führte für die Beklagte die Lehrveranstaltungen Espanol I, II und III sowie Espanol V durch. Es handelt sich dabei um Module des wirtschaftswissenschaftlichen Studiengangs "International Business Studies" (IBS). Weitere fremdsprachliche Module im Rahmen dieses Studiengangs werden in Englisch und Französisch angeboten. Die Belegung von zwei Fremdsprachenmodulen ist für Studierende des Studiengangs IBS verpflichtend. Noch während des zuletzt laufenden Arbeitsvertrages teilte die Beklagte auf mündliche Nachfrage des Klägers mit, dass das Arbeitsverhältnis über den 31.03.2015 hinaus nicht fortgesetzt würde. Eine Entfristung lehnte die Beklagte ab.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit der beim Arbeitsgericht Paderborn am 02.03.2015 eingegangenen Klage.

Er hat die Auffassung vertreten, die Befristung nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 S. 1 WissZeitVG sei unwirksam, da er nicht zum wissenschaftlichen Personal gehöre. Er sei eine reine Lehrkraft für Spanisch, die eine unterrichtende Tätigkeit im Bereich des Wirtschaftsspanisch ausgeführt habe. Im ersten und zweiten Semester habe er die Einführung in die spanische Sprache ohne Vorkenntnisse unterrichtet und dabei Grammatik, Aussprache und schriftliche Kompetenzen unterrichtet. Im dritten Semester sei eine Vertiefung und Erweiterung der erworbenen Sprache unterrichtet worden. Insbesondere habe er die Grammatik in Verbindung mit den wirtschaftlichen Begriffen gelehrt. Im 6. Semester würden sodann durch praktische und theoretische Übungen die erworbenen Sprachkenntnisse angewandt und vertieft werden. Die Studenten würden hier die zielgerichtete Kommunikation üben. Die Vermittlung von Sprachkenntnissen stelle keine wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne des WissZeitVG dar. Bei der Beurteilung, ob der Kläger als wissenschaftliches Personal zu beurteilen sei, komme es nicht auf die formale Bezeichnung, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der auszuführenden Tätigkeiten an. Wissenschaftliche Tätigkeit sei nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern und zu erweitern. Weder der Kläger noch die weiteren tätigen Sprachdozenten würden wirtschaftswissenschaftliche Thematiken des Studienganges IBS unterrichten. Insoweit hätten sie auch keine entsprechende Ausbildung. Sie würden die Studenten auch weder in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden unterweisen noch wissenschaftliche Methoden erforschen oder reflektieren. Bereits bei Einrichtung des Studienganges sei eine strikte Trennung der sprachlichen Module von den wirtschaftswissenschaftlichen Modulen gewollt und gehandhabt worden. Die Sprachmodule des Studienganges IBS würden sich nur auf den Erwerb der sprachlichen Fähigkeiten beziehen. Der Kläger unterrichte vor allem die spanische Sprache für Anfänger mit Fachvokabeln für den Studiengang IBS. Dies sei lediglich eine repetierende Tätigkeit. Dem Kläger sei auch kein Freiraum für wissenschaftliche Weiterqualifizierung eingeräumt gewesen. Er habe an einer anderen Universität, außerhalb der hiesigen, promoviert. Für die Beklagte habe er keine wissenschaftlichen Tätigkeiten erbracht. Im Übrigen habe er bei der Beklagten eine Vollzeitstelle mit einer Lehrverpflichtung von 12 Semesterwochenstunden auszufüllen gehabt. Außerhalb der reinen Unterrichtszeit habe er darüber hinaus Sprechzeiten für die Studenten abzuhalten, die Vor- und Nachbereitung der Sprachlektionen und Grammatiklektionen vorzunehmen gehabt, schriftliche Arbeiten und Übungen zu kontrollieren, Klausuren vorzubereiten, den Kurs durch Rücksprache mit anderen Sprachdozenten zu koordinieren, den Stand einzelner Studenten abzuklären und die Studenten im Nachgang zu unterstützen. Während der vorlesungsfreien Zeit habe für den Kläger wie auch für alle anderen Lehrkräfte die Verpflichtung bestanden, mindestens 12 Stunden in der Woche im Büro zu sein. In dieser Zeit seien meist Sprechstunden für die Studenten abgehalten worden oder eine Einzelbetreuung angeboten worden, Arbeiten korrigiert und das nächste Semester koordiniert worden. Zu keinem Zeitpunkt habe eine wissenschaftliche Tätigkeit des Klägers in Form einer eigenen Auseinandersetzung mit den Thesen anderer stattgefunden. Er habe sich lediglich mit den sprachlichen Vorgaben der Module auseinandergesetzt, ohne diese selbst entwickelt zu haben. Der pauschale Hinweis im Arbeitsvertrag "Dienstaufgaben dienen zugleich der wissenschaftlichen Weiterbildung" reiche nicht aus, um den wissenschaftlichen Zuschnitt der Tätigkeit des Klägers zu belegen und nachzuweisen. Aktuelle Texte würden lediglich in Bezug auf Grammatik und Ausdruck untersucht werden. Etwaig in den Spanischmodulen zu erbringende Prüfungen oder Kontrollen seien nur im Hinblick auf die erlernte Sprache erfolgt. Sie würden auch nur im Hinblick auf die Sprache bewertet. Eine inhaltliche Bewertung zu den wirtschaftswissenschaftlichen Modulen des Studienganges IBS sei nicht erfolgt. Im Übrigen sei der zulässige Befristungszeitraum überschritten worden, da der Kläger bereits im Wintersemester 2008/2009 mit Erteilung des Lehrauftrages vom 29.01.2009 für die Beklagte tätig gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 19.07.2012 vorgesehenen Befristungsabrede zum 31.03.2015 enden wird, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht,

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 31.03.2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen als Dozent für Spanisch, IBS-Sprachbereich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger zähle zum wissenschaftlichen Personal der Beklagten, da er wissenschaftliche Dienstleistungen erbracht habe. Im Arbeitsvertrag sei vereinbart worden, dass der Kläger als Lehrkraft für besondere Aufgaben gemäß § 42 HG NW beschäftigt werde. Die Lernziele der vom Kläger durchgeführten Lehrveranstaltungen Espanol, I, II, III und V bestünden aus der Vermittlung von Faktenwissen, Methodenwissen, Transferkompetenz und normativbewertendem Wissen. In den Modulen Espanol I und II würden neben der spanischen Fachsprache auch Schlüsselkompetenzen vermittelt. Dazu zählten selbstständiges analytisches und logisches Denken, Zusammenarbeit im Team während des Seminars, Präsentationstechniken und kommunikative Kompetenzen allgemein sowie speziell auf wirtschaftsbezogene Situationen. Im Modul Espanol III würden den Studierenden unter anderem Kenntnisse über die landesspezifischen Wirtschafts- und Betriebsstrukturen vermittelt (Faktenwissen), Strategien im schriftlichen Ausdruck und spezifisch auch auf Bewerbungen bezogen sowie für Präsentationen (Methodenwissen) ebenso vermittelt werden wie ein flüssiger mündlicher und schriftlicher Ausdruck zu Wirtschaftsthemen allgemein und spezifisch in Bewerbungssituationen (Transferkompetenz); zudem werde Sicherheit im schriftlichen und mündlichen Umgang mit schwierigen sprachlichen Strukturen der Zielsprache (normativbewertetes Wissen) vermittelt. Im Modul Espanol V werde den Studierenden durch praktische und theoretische Übungen die Fähigkeit vermittelt, im beruflichen Bereich zielgerichtet zu kommunizieren. Die Dozenten, so auch der Kläger, erörterten mit den Studierenden das Erfolgspotenzial unterschiedlicher Präsentations- und Redetechniken (Faktenwissen). Zudem würden die Studierenden selbstständig Arbeiten anfertigen und Präsentationstechniken (Methodenwissen) erlernen. Sodann würden Strategien zur Unternehmensgründung erlernt und in realistischen Kontexten angewendet (Transferkompetenz). Schließlich würden die Studenten den sicheren Umgang mit schwierigen sprachlichen Strukturen erlangen (normativ - bewertendes Wissen). Grundlage für den Lernstoff des Moduls Espanol V sei die Gründung eines virtuellen Unternehmens in Gruppen unter Anleitung des Dozenten. Aufgrund der entsprechenden Modulinhalte (vgl. auch Bl. 46 ff d.A.) würde sich ergeben, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers gerade nicht um einen reinen Sprachunterricht gehandelt habe. Die fremdsprachlichen Module des Studiengangs IBS seien inhaltlich eng mit wirtschaftswissenschaftlichen Themen verknüpft und gingen weit über die Vermittlung der jeweiligen Sprache hinaus. Daher würden die Fremdsprachenmodule von einer eigens von dem Studiengang IBS eingerichteten Gruppe von Dozenten durchgeführt. Koordinator des Studiengangs sei Herr Professor Dr. T. Die vom Kläger durchgeführten Spanischmodule seien Bestand des Studiengangs IBS und würden einen Anteil von 15 % des gesamten Studienumfanges ausmachen. Zudem habe der Kläger auch an der Überarbeitung, Aktualisierung und Konzeption der Lehrinhalte regelmäßig mitgewirkt. Er habe die Lehrveranstaltungen eigenständig vorbereitet und durchgeführt. Bei der Vermittlung der Modulinhalte sei der Kläger frei gewesen. Die Auswahl und Zusammenstellung der Materialien zur Vermittlung der Modulinhalte sei nicht vorgegeben gewesen sondern habe dem Kläger oblegen. Dieser Freiraum sei typisches Merkmal einer wissenschaftlichen Lehrtätigkeit. Im Übrigen habe die Beklagte dem Kläger auch die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung, Reflektion und Weiterqualifizierung eröffnet. Der Lehrumfang habe 12 Semesterwochenstunden betragen, die der Kläger nur während der Vorlesungszeit durchgeführt habe. Während der vorlesungsfreien Zeit habe der Kläger keine Lehrverpflichtungen gehabt. Dem Kläger sei damit in zeitlicher Hinsicht ausreichend Freiraum zur wissenschaftlichen Weiterqualifizierung gegeben worden, was von der Beklagten auch ausdrücklich erwünscht und dem Kläger auch gegenüber kommuniziert worden sei. Diesen Freiraum habe der Kläger auch zum Abschluss einer Promotion genutzt. Eine Überschreitung der zulässigen Höchstbefristungsdauer von sechs Jahren sei nicht gegeben, da der Lehrauftrag des Klägers vom Wintersemester 2008/2009 nicht auf die zulässige Höchstbefristungsdauer anzurechnen sei.

Mit Urteil vom 05.06.2015 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Hierzu hat es ausgeführt, die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 WissZeitVG seien bezogen auf das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht erfüllt. Der Kläger gehöre nicht zum wissenschaftlichen Personal, für dessen Arbeitsverträge die Möglichkeit einer Befristung durch § 1 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 2 WissZeitVG eröffnet wäre, da er zumindest nicht überwiegend wissenschaftliche Dienstleistungen erbringe, wobei auf die tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses abzustellen sei und nicht auf die getroffenen Vereinbarungen. Die Tätigkeit des Klägers sei überwiegend geprägt durch Vermittlung von Sprachkenntnissen durch das Abhalten von Lehrveranstaltungen, konkret Abhaltung der Spanischmodule I, II, III und V.

Die Lehrtätigkeiten des Klägers stellten keine wissenschaftliche Tätigkeit dar; sie folgten einem Modulhandbuch und beruhten nicht auf eigener Forschung des Klägers, sondern auf Vermittlung vorgefundener und vorgegebener Sprachinhalte. Seit Aufnahme seiner Tätigkeit habe sich der Inhalt der Lehrveranstaltungen nicht wesentlich geändert. Es handele sich bei den einzelnen Sprachmodulen um verschiedene Stufen der spanischen Sprachvermittlung. Die Vermittlung dieser Spanischkenntnisse stelle sich nach Auffassung der Kammer nicht als eine eigenständige Forschung und Reflektion dar. In den jeweiligen Spanischmodulen vermittele der Kläger in erster Linie Basiswissen hinsichtlich der spanischen Sprache. Zumindest habe die Beklagte nicht ausreichend aufgezeigt, dass dem Kläger dabei die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflektion verbleibe. Auch wenn der Kläger sich aktuelle Texte selbst heraussuchen könne und insoweit einen wirtschaftswissenschaftlichen Bezug zu seiner Lehrtätigkeit herstellen solle, ändere dies nichts daran, dass die Lehrtätigkeit des Klägers in erster Linie darin bestehe, den Studierenden die spanische Sprache mit wirtschaftswissenschaftlichem Vokabular beizubringen. Der Wissenschaftsbezug der Tätigkeit ergebe sich auch nicht aus der Beschreibung im vorgelegten Modulhandbuch oder im Vorlesungsverzeichnis. Die Erforderlichkeit, die eigenen Kenntnisse über die vermittelten Inhalte auf dem neuesten Stand zu halten, mache die Tätigkeit nicht zu einer wissenschaftlichen, sondern treffe auf alle Lehrberufe, wie z.B. auch Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen zu. Auch die eigene Konzeption der Lehrveranstaltungen, sofern eine solche überhaupt vorgelegen haben sollte, betreffe nicht den Inhalt, also etwa die Frage, inwieweit eigene Forschungsergebnisse eingebracht werden, sondern lediglich die Organisation der Lehrveranstaltung.

Dem Vortrag der Beklagten sei weiterhin nicht zu entnehmen, inwieweit der Kläger bei der Vor- und Nachbereitung bzw. Durchführung der Lehrveranstaltungen durch eigene Reflektion neue Erkenntnisse gewonnen habe oder jedenfalls habe gewinnen können. Die bloße Aneignung und Weitergabe von Informationen im Modul III oder V, wie die Studenten eine persönliche Bewerbungsmappe auf Spanisch erstellen, sich für ihre künftigen Berufsfelder präsentieren, sich auf ein Vorstellungsgespräch vorbereiten sollten oder eine Firmengründung simulierten, lasse nicht erkennen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit neben der reinen Wissensvermittlung auch inhaltlich weitergehende, den aktuellen Forschungsstand übertreffende Erkenntnisse (gegebenenfalls mit den Studierenden gemeinsam) entwickelt habe. Vielmehr würden zur Überzeugung der Kammer den Studierenden lediglich Sprachkenntnisse mit Bezug zur Wirtschaftswissenschaft vermittelt.

Der Abschluss einer Promotion an einer anderen Universität stehe dieser Bewertung nicht entgegen, da die Beklagte nicht dargelegt habe, in welchem Umfang der Kläger diesen Spielraum zur Ausübung wissenschaftlicher Tätigkeit auch tatsächlich gehabt habe. Für die Kammer sei nicht erkennbar, in welchem Umfang der Kläger einer reinen Lehrtätigkeit nachgegangen sei und inwieweit ihm noch Kapazitäten verblieben seien, einer wissenschaftlichen Tätigkeit nachzugehen. Angesichts der nicht unerheblichen Stundenzahl von 12 Semesterwochenstunden halte es die Kammer für unwahrscheinlich, dass der Kläger neben der Vor- und Nachbereitung der Unterrichtseinheiten, der Prüfungsvorbereitung und der Studentenbetreuung noch einen zeitlich erheblichen Anteil zur Verfügung gehabt habe, um wissenschaftlichen Tätigkeiten nachzugehen.

Die Begründetheit des Weiterbeschäftigungsantrages ergebe sich aus dem Obsiegen des Klägers in erster Instanz, entgegenstehende Gründe seien von der Beklagten nicht vorgetragen.

Gegen dieses am 22.06.2015 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 01.07.2015 bei Gericht eingegangenen Berufung, die nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 24.09.2015 mit am 24.09.2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet wurde.

Sie vertritt die Auffassung, dem Kläger sei durch seine Tätigkeit hinreichend Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verblieben bei Zugrundlegung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,83 Wochenstunden und einer Lehrverpflichtung von 12 Semesterwochenstunden à 45 Minuten, wobei diese nur in den Vorlesungszeiten anfielen und die Beklagte davon abgesehen habe, den Kläger mit Aktivitäten im Fakultätsrat, der Berufungskommission oder weiteren verwaltungstechnischen Aufgaben zu betrauen. Sprechstunden fielen lediglich mit drei Stunden wöchentlich an. Der Kläger sei nur mit 22,6 % seiner Arbeitszeit in Lehrtätigkeit eingebunden gewesen. Allein die vom Kläger als erforderlich angeführten Vor- und Nachbereitungszeiten deuteten darauf hin, dass dieser nicht lediglich vorhandenes Wissen abgerufen habe. Nach dem Thema der Promotion des Klägers habe dieser die bei der Beklagten gemachten Erfahrung direkt in die Promotion einfließen lassen können.

Da es sich um eine fächerübergreifende Kombination aus wirtschaftswissenschaftlicher und sprachlich kultureller Profilbildung handele, sei eine Vor- und Nachbereitung der IBS Sprachlehre inklusive curricularer Überlegungen ohne wissenschaftliche Reflexion nicht möglich. Diese sei spezifisch für die Bachelor- und Masterstudenten konzipiert worden, die Curricula würden konzeptionell und inhaltlich den Weiterentwicklungen im Studiengang angepasst, wobei sprachwissenschaftliche Kenntnisse eingespeist würden. Nach der Argumentation des Gerichtes sei der Einsatz wissenschaftlichen Personals in befristeten Arbeitsverhältnissen bei bestimmten Sprachmodulen nicht mehr möglich. Es gehe auch nicht darum, dass dem Mitarbeiter ein freibleibender Zeitraum für reine Lehre verbleiben müsse, der sich klar prozentual darstellen ließe, vielmehr gehe es um die Wissenschaftlichkeit der Lehre selbst.

Unter Berufung auf vorliegende Rechtsprechung verweist sie darauf, dass auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten und die Unterweisung von Studenten in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden zur wissenschaftlichen Dienstleistung zählten und lediglich die wissenschaftliche Lehrtätigkeit von einer "reinen unterrichtenden Tätigkeit" abzugrenzen sei. Die Tätigkeit des Klägers sei jedenfalls ab dem zweiten Modul als wissenschaftlich zu bewerten. Dort würden wichtige Begriffe des Wirtschaftsspanisch eingeführt und anhand aktueller Medienberichterstattung u.a. spanischsprachiger Zeitungen Spezifika des spanischen Wirtschaftssystems herausgearbeitet. Die Lernziele enthielten auch normativbewertendes Wissen sowie Schlüsselqualifikationen wie analytisches und logisches Denken, Teamfähigkeit sowie eigenverantwortliche, wissenschaftliche Recherchen. Im Modul 3 würden komplexe Strukturen der Sprache und ihre korrekte Verwendung im schriftlichen und mündlichen Ausdruck anhand von Wirtschaftstexten unterschiedlicher Gebiete vermittelt, die Fachterminologie werde ausgebaut, sowie auf praktische Situationen im Auslandsstudium und Firmenalltag vorbereitet. Im Modul 5 durch praktische und theoretische Übungen die Fähigkeit, zielgerichtete Kommunikation durch praktische und theoretische Übungen im Berufsalltag erfolgreich einzusetzen. Durch Fallbeispiele würden verschiedene Projekte und Analysen praxisnah und realistisch vorgestellt. Hieraus ergebe sich, dass der Kläger gerade nicht nur sprachliche Kompetenzen vermittelt habe, sondern ebenso kulturelle und wirtschaftliche.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn - 3 Ca 386/15 - vom 05.06.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Vertiefend vertritt er die Auffassung, die Beklagte vermenge sowohl die Disziplinen der Sprachwissenschaft mit derjenigen der Sprachpraxis und nehme eine nicht vorhandene Vermengung zu den Wirtschaftswissenschaften vor. Bei der IBS Sprachlehre liege tatsächlich die Sprachpraxis als Vermittlung von Fremdsprachen vor; so sei dies auch bei der Beklagten verstanden worden. Es werde fachbezogene Sprache vermittelt, indem z.B. Texte über die Modefirma ZARA und deren Logistik verwendet würden. Kenntnisse über die Logistik vermittele dabei die Wirtschaftswissenschaft. Fachübergreifende Dienstleistungen zu den Wirtschaftswissenschaften haätten nicht stattgefunden; gemeinsam abzustimmende Lehrpläne habe es nicht gegeben. Besprechungen und Absprachen seien rein organisatorischer Natur, curriculare und inhaltliche Absprachen mit den Sprachdozenten oder der Koordinatorin hätten nicht stattgefunden. Keiner der Dozenten für den IBS Bereich verfüge über einen Ausbildungshintergrund in Wirtschaftswissenschaften. So würde im Modul 5 auch keine Strategien zur Unternehmensgründung vermittelt, dieses geschehe in den wirtschaftswissenschaftlichen Fächern.

Die Sprachpraxis IBS sei zwar angesiedelt bei den Kulturwissenschaften, selbst aber keine wissenschaftliche Einrichtung; eine Anbindung an die Philologien sei nicht gegeben, eine aus den Kulturwissenschaften angesiedelte fachliche Leitung sei nicht gegeben. Mit sprachwissenschaftlichen Tätigkeiten beschäftige sich der Kläger ebenfalls nicht. Die Tätigkeit habe repetierenden Charakter. So würden für jedes Kapitel je nach Fortschritt der Studenten journalistische Texte gesucht, die die sprachlichen Phänomene illustrieren. Für die Aktualität der Texte würden diese jährlich ausgetauscht. Das Unterrichtsmaterial werde aus einem Korpus möglicher Texte ausgewählt, weiter erfolgten dann Vokabel- und Grammatikübungen anhand der vorgegebenen Strukturen des Modulhandbuches. Die Firmengründung in Modul 5 diene der Überprüfung und Festigung von Fachvokabeln und Grammatik sowie der Motivation zu aktiver Teilnahme mit der Sprache. Dem repetierenden Inhalt stünde die notwendige Vor- und Nachbereitungszeit nicht entgegen. Dem Kläger habe dabei lediglich die Freiheit bei der Auswahl der zu verwendenden Texte zugestanden; wissenschaftliche Forschung oder Reflexion habe die Erteilung des Sprachunterrichtes weder erfordert noch geboten.

Angesichts der durch Sprachunterricht zu erbringenden Arbeitszeit (12 Semesterwochenstunden, je eine Stunde Vor- und Nachbereitungszeit und Sprechstunden) seien drei Viertel der Arbeitszeit erfüllt. In der vorlesungsfreien Zeit seien wöchentlich 12 Stunden Präsens verpflichtend, zur Abhaltung von Sprechstunden, Einzelbetreuung, Korrektur von Arbeiten, Koordinierung des Folgesemesters, Korrektur von ca. 250 Klausuren.

Ausreichend Zeit für Forschung und Reflexion sei damit nicht verblieben. Die Aufgabenstellung der Promotion sei nicht Inhalt der Tätigkeit für die Beklagte gewesen. Lernstrategien mit den Studenten der Beklagten habe er weder entwickelt, noch eingeübt oder beurteilt, dies sei auch nicht Inhalt der Module gewesen. Die Tätigkeit habe damit auch nicht auf einer Forschungstätigkeit des Klägers oder diesbezüglichem Erkenntnisgewinn aufgebaut.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zwischen den Parteien in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

I. Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§ 519 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und innerhalb der Frist (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und auch ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG) begründet worden.

II. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage in dem den Gegenstand der Berufung bildenden Umfang stattgegeben. Die Befristung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers war nicht zulässig gem. §§ 2 Abs. 1 S. 2, 1 Abs. 1 S. 1 WissZeitVG, da der Kläger aufgrund der von ihm ausgeübten Tätigkeit nicht zum wissenschaftlichen Personal der Beklagten zu rechnen war.

1. Der Begriff des "wissenschaftlichen und künstlerischen Personals" bestimmt sich inhaltlichaufgabenbezogen. Anknüpfungspunkt ist die Art der zu erbringenden Dienstleistung. Zum "wissenschaftlichen Personal" nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Es kommt nicht auf die formelle Bezeichnung des Arbeitnehmers an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Bei Mischtätigkeiten ist erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen.

Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern (vgl. BAG 27. Mai 2004, 6 AZR 129/03, zu B II 4 der Gründe, BAGE 111, 8). Zur wissenschaftlichen Dienstleistung kann auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden gehören (vgl. Preis WissZeitVG § 1 Rn. 14). Wissenschaftliche Betätigung ist eine Lehrtätigkeit aber nur dann, wenn dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt; die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist insofern von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen (BAG, Urteil vom 01. Juni 2011, 7 AZR 827/09, BAGE 138, 91-106; BAG 19. März 2008, 7 AZR 1100/06, Rn. 33 m.w.N., BAGE 126, 211).

Bezogen auf die Lehrtätigkeit kann fraglich sein, wann diese wissenschaftlich ist. Vereinzelt wird in der Literatur gefordert, dass die Lehre aus der eigenen Forschungstätigkeit hervorgehen muss (Preiss, WissZeitVG, § 1 Rz. 14; KR-Treber § 1 WissZeitVG Rz. 43). Dies würde aber bedeuten, dass häufig auch die Lehrtätigkeit von Hochschulprofessoren nicht als wissenschaftlich, da jedenfalls nicht auf umfassenden eigenen Forschungsleistungen beruhend, anzusehen wäre. Wissenschaft bedeutet auch, dass aufbauend auf den Erkenntnissen vorangegangener Generationen, diese Erkenntnisse fortlaufend zum einen an weitere Forschungsgenerationen weitergegeben, aktualisiert, auf ihre Werthaltigkeit überprüft und weiterentwickelt wird (in diesem Sinn auch LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 24.02.2014, 1 Sa 8/13, -juris -). Zu unterscheiden ist daher von einer wissenschaftsbasierten Lehre, bei der der Lehrende sich mit wissenschaftlichen Methoden und Inhalten eigenständig auseinandersetzt und Gegenstand der Veranstaltung auch und gerade die Probleme des jeweiligen Fachgebietes sind, der reine Unterricht, der auf die Vermittlung praktischer Fähigkeiten und Fertigkeiten zielt, die sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe von gesicherten und damit letztlich vorgegebenen Inhalten beschränkt (Krause in Heilbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, 38. Aufl. 2011, Rz. 18 f m.w.N.).

Wissenschaftliches Personal vermittelt den Studierenden an einer Hochschule in bestimmten Fächern praktische Fertigkeiten und Kenntnisse. Es ist dabei typischerweise in den semesterbezogenen Lehrbetrieb einer Hochschule einbezogen und damit dem Wissenschaftsbereich der Hochschulen funktional zugeordnet. Soweit es im Rahmen der Lehrtätigkeit an der Sicherung und Ausweitung des Erkenntnisstandes einer wissenschaftlichen Disziplin mitwirkt, nimmt es seinerseits an der grundrechtlichen Gewährleistung des Art. 5 Abs. 3 GG teil. Denn wissenschaftlich in diesem Sinne ist jede Tätigkeit, die nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt ist, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern. In der Regel wird das wissenschaftliche Personal seine Lehrtätigkeit im Einvernehmen mit dem für ihr Fach bestellten Hochschullehrer ausüben. Es unterliegt dabei den Weisungen des verantwortlichen Wissenschaftlers und hat die zu vermittelnden Lerninhalte an dem Inhalt seiner Lehrveranstaltungen auszurichten. Dementsprechend kommt der beruflichen Tätigkeit eine wesentliche inhaltliche Unterstützungsfunktion in Bezug auf eine typische wissenschaftliche Lehrtätigkeit zu (BAG, Urteil vom 27. Mai 2004, 6 AZR 129/03, BAGE 111, 8 ff). Diese wissenschaftliche Dienstleistung dient der Qualifizierung des wissenschaftlichen Personals und kann der Vorbereitung einer Promotion dienen oder im Sammeln von Erfahrungen durch die Erbringung von wissenschaftlichen Dienstleistungen in Forschung und Lehre für eine spätere Berufsausübung außerhalb der Hochschule darstellen (Preißler in: Leuze/Epping, HG NRW, 11. Ergänzungslieferung, November 2012, Rz. 17).

1.1 Die Auslegung und Anwendung des WissZeitVG hat dabei auch vor dem Hintergrund der Zweckrichtung des Gesetzes zu erfolgen. Dieses erlaubt die weitgehenden Befristungsmöglichkeiten für wissenschaftliches Personal, die über diejenigen des TzBfG weit hinausgehen, da vom Gesetzgeber unterstellt wurde, dass zum einen ihre Beschäftigung der eigenen Aus-, Fort- und Weiterbildung dient und zum anderen der regelmäßige Austausch des Personals zur Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre an den Hochschulen notwendig ist. Die von den Mitarbeitern erbrachten Dienstleistungen können auch Daueraufgaben der Hochschule sein, die Befristungsmöglichkeit wird aber im Interesse der Nachwuchs- und Qualifikationsförderung eröffnet (Begründung der Bundesregierung in BT-Drucksache 16/3438 zum Entwurf des WissZeitVG, S. 11 wonach u.a. eine befristete Beschäftigung auch dann möglich ist, wenn eine Promotion nicht angestrebt ist zur Heranführung an wissenschaftliche Arbeit; BAG Urt. v. 01.06.2011, 7 AZR 827/09, a.a.O.).

Wenn dem Lehrenden im Rahmen seiner Tätigkeit noch ein hinreichender Freiraum zu eigener Forschung verbleiben soll, bedeutet dies nicht, dass ein von jeglicher anderer Arbeitsbeanspruchung freibleibender Zeitraum für reine Forschung verbleiben muss, der sich klar prozentual darstellen lässt. Vielmehr geht es um die Frage der Wissenschaftlichkeit der Lehre, die davon abhängt, dass dem Lehrenden die Möglichkeit eigenständiger Forschung und Reflexion verbleibt (LAG Hamburg, Urt. v. 31.10.2012, 3 Sa 66/12, - juris -). Die Gesamttätigkeit darf daher nicht so weitgehend mit Lehr- und Prüfungstätigkeit ausgefüllt sein, dass die Erfüllung des Lehrauftrags nur noch unter Rückgriff auf vorhandenes Wissen erfüllbar ist oder nur repetierenden Charakter hat. Vielmehr ist es hinreichend aber notwendig, dass die Tätigkeit es erlaubt, den wissenschaftlichen Diskurs zu verfolgen und in die Lehre zu integrieren (Krause, a.a.O., Rz. 19).

a) Insoweit hat das Bundesarbeitsgericht mittlerweile verdeutlicht, dass eine überwiegend unterrichtende Tätigkeit dann keine wissenschaftliche Tätigkeit darstellt, wenn diese sich nach dem vereinbarten Vertragsinhalt auf eine rein repetierende Wiedergabe vorgegebener Inhalte beschränkt Lehrtätigkeit, während eine Lehrtätigkeit auch dann eine wissenschaftliche Dienstleisung darstellt, wenn zwar keine eigenen Forschungsergebnisse gelehrt, sondern Erkenntnisse Dritter vermittelt werden, von dem Lehrenden aber nach dem Vertragsinhalt erwartet wird, dass er diese Erkenntnisse kritisch hinterfragt, sich damit auseinandersetzt und seine eigenen Reflexionen in seine Lehrtätigkeit mit einbringt (BAG, Urt. v. 29.04.2015, 7 AZR 519/13, Rz. 23, juris). Entscheidend sei, "dass der Lehrende Forschungs- und Erkenntnisentwicklungen auf seinem jeweiligen Wissenschaftsgebiet permanent verfolgen, reflektieren und kritisch hinterfragen muss, um diese für seine Lehre didaktisch und methodisch zu verarbeiten. Würde man wissenschaftliche Lehre nur dann annehmen, wenn sie sich als Resultat eigener Forschung darstellt, wäre auch ein Großteil der Lehre an Universitäten nicht als wissenschaftlich zu qualifizieren, was dem Grundrechtsschutz für die Freiheit der Lehre nicht gerecht würde" (BAG, wie vor, Rz. 22).

aa) Diese Grundsätze sind der Entscheidung zugrunde zu legen, führen aber im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten im konkreten Fall nicht zu einer Bewertung der Tätigkeit als wissenschaftlich.

Aus der Rechtsprechung, der die Kammer uneingeschränkt folgt, ergibt sich, dass gerade die persönliche fachliche Ausrichtung für die abzuhaltende Lehrtätigkeit wesentlich und gerade diese befruchtend für die Lehre ist, und sei es "nur" in Anfängerveranstaltungen derselben Fachrichtung, da es auch hier vonnöten ist, aktuelle Entwicklungen der Forschung auszuwerten und in die eigene Lehrtätigkeit einzubringen, insbesondere in Bezug auf eine sich ständig verändernde Umwelt, deren Lebenssachverhalte mit Forschungserkenntnissen zu verknüpfen sind. Soweit sich die Beklagte für ihre Rechtsauffassung auf zwei Entscheidungen der erkennenden Kammer bezogen hat, stehen diese einer anderweitigen Beurteilung im konkreten Einzelfall nicht entgegen. Im ersten Fall (LAG Hamm, Urt. v. 17.09.2014, 5 Sa 341/14, juris) wurde die Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit bejaht, da dort unterrichtende Tätigkeit gerade in dem Bereich erteilt wurde, die der universitären Ausbildung des dortigen Klägers ebenso entsprach wie seinem Promotionsthema und seinen eigenen Forschungsschwerpunkten. Ähnliches gilt für die weitere von der Beklagten herangezogene Entscheidung der erkennenden Kammer (Urt. v. 28.01.2015, 5 Sa 251/14, juris).

Für die Entscheidung, ob eine konkrete Lehrtätigkeit als wissenschaftliche Dienstleistung oder rein unterrichtende Tätigkeit zu werten ist, kommt es daher darauf an, ob die notwendige Fachlichkeit vorhanden ist, um die Unterrichtsinhalte im Rahmen der Lehrmodule eigenständig auf neuestem wissenschaftlichem Stand zu halten (BAG, Urt. v. 29.04.2015, 7 AZR 519/13, a.a.O., Rz. 24). Dies ist möglich, wenn aufgrund der eigenen Fachlichkeit die erforderliche Kompetenz vorhanden ist. So hatte der Kläger des o.g. Verfahrens evangelische Theologie studiert und wurde zum Doktor der Philosophie promoviert, unterrichtete dann im Bereich Theologie und Religionswissenschaften, Abteilung Religionswissenschaften, weshalb für das BAG nicht ersichtlich war, weshalb dieser nicht in der Lage sein sollte, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem von ihm unterrichteten Gebiet zu verfolgen und in die Lehrtätigkeit einzubringen.

Anders verhält es sich aber bei einer unterrichtenden Tätigkeit in einem wesensfremden Studienbereich. Wenn dort Unterrichtsinhalte vermittelt werden, die nicht dem spezifischen Fachbereich zuzuordnen sind, wäre darzulegen, inwieweit "der Lehrende Forschungs- und Erkenntnisentwicklungen auf seinem jeweiligen Wissenschaftsgebiet permanent verfolgen, reflektieren und kritisch hinterfragen muss, um diese für seine Lehre didaktisch und methodisch zu verarbeiten". Erforderlich wäre, dass die eingebrachte Fachdisziplin mit einem Anspruch in den fremden Fachbereich eingebracht wird, der dem der Lehre im angestammten Fach nahekommt; es im Fall von Sprachvermittlung also zumindest sprachwissenschaftlicher Erkenntnisse zur Vermittlung des erforderlichen Lehrstoffs bedarf.

So werden an verschiedenen Hochschulen in verschiedenen Fachbereichen, bei denen mathematische Kenntnisse erforderlich sind, Einführungskurse für Studenten abgehalten, um Wissenslücken zu füllen, etwa Mathematik für Studenten der Wirtschaftswissenschaften; wissenschaftliche fundierte Lehre dürfte hierin nicht ohne weiteres zu erkennen sein. Wäre in diesem Fall der überwiegende Teil der Arbeitszeit mit der Vermittlung von mathematischen Kenntnissen ausgefüllt, wären Zweifel an einer wissenschaftlichen Tätigkeit begründet.

Ähnlich verhält es sich mit erteiltem Sprachunterricht. Hier ist entsprechend der Rechtsprechung des BAG von den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien, ausgefüllt durch die arbeitsvertragsgerecht tatsächlich erbrachten Tätigkeiten, auszugehen. Dabei kann auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die in der Entscheidung des BAG (Urteil vom 01. Juni 2011, 7 AZR 827/09, juris) zur Frage, wann wissenschaftliches Personal im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG gegeben ist, aufgestellt wurden. Der Entscheidung lag ein Arbeitsvertrag zugrunde, der die dortige Klägerin verpflichtete, Unterricht in moderner japanischer Sprache in Wort und Schrift zu 45 %, Wissenschaftliche Dienstleistungen nach Weisung, insbesondere Mitarbeit an wissenschaftlichen Projekten zu 30 % und Auswertung japanischer Strategemliteratur im Rahmen des geplanten Graduiertenkollegs ‚Regel und List’ zu 25 % zu erbringen. Die auf den Unterricht in moderner japanischer Sprache in Wort und Schrift bezogenen Lehrveranstaltungen hat das BAG als repetierende Wissensvermittlung und nicht als wissenschaftliche Dienstleistung gewertet, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich waren, "dass die das Arbeitsverhältnis prägende Vermittlung der Sprachkenntnisse an eine eigenständige Forschung und Reflexion gekoppelt war" (BAG, Urteil vom 01. Juni 2011, a.a.O., Rn. 48).

Eben dieses gilt auch für die vom Kläger zu erbringenden Unterrichtsinhalte. Die von der Beklagten vorgelegten Auszüge aus dem Modulhandbuch (Bl. 46 - 52 d.A.) ergeben nichts anderes, darauf hat bereits das Arbeitsgericht zu Recht abgestellt. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten (Berufungsschriftsatz vom 25.11.2015, Bl. 188 d.A.) ergibt sich, dass die ersten drei Module sich im Wesentlichen mit Spracherwerb hinsichtlich Vokabeln und Grammatik befassen. Dass dieses anhand von Situationen, wie sie im Firmenalltag auftreten, eingeübt wird, steht einem repetitiven Unterricht nicht entgegen. Mit Rollenspielen und Gruppenarbeit zu arbeiten, entspricht zwar moderner Lerndidaktik, bedeutet aber über das Ausführen realistischer Situationen keinen Wissenserwerb der Studenten, der über die Sprachpraxis hinausgeht, soweit nicht durch die Rollenspiele gleichzeitig entweder wirtschaftliche oder psychologische Kompetenzen vermittelt werden. Hierzu hat der Kläger in beiden Instanzen ausgeführt, dass die für eine Spielsituation "Unternehmensgründung" erforderlichen wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnisse eben gerade nicht in den Sprachmodulen erarbeitet oder vermittelt, sondern aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Unterricht "mitgebracht" wurden. Dem ist die Beklagte inhaltlich nicht entgegengetreten. Allein die Ausübung der Sprache in Situationen, die für Studenten der Wirtschaftswissenschaft Realität werden können, begründet noch nicht die Notwendigkeit, dass seitens des Klägers etwa die Sinnhaftigkeit des Vorgehens der Studenten unter wirtschaftswissenschaftlichen Aspekten reflektiert würde. Dazu hätte dem Kläger auch - unbestritten - das erforderliche Wissen gefehlt. Die Vermittlung komplexer Strukturen der Sprache bedeutet wiederum nicht, dass hierzu ein sprachwissenschaftlicher Hintergrund erforderlich ist, sondern ein Lernen auf erhöhtem Niveau, welches im Rahmen von Sprachdiplomen ebenso im außeruniversitären Bereich vermittelt wird. Wichtige Fachbegriffe betreffen reines Sprach-Fachwissen, ohne dass es hier einer wissenschaftsfundierten Untermauerung bedarf. Die Beklagte hat zwar darauf verwiesen, dieses werde u.a. anhand aktueller Medienberichterstattung u.a. spanischsprachiger Zeitungen vermittelt. Es ist davon auszugehen, dass Zeitungen, die sich mit Wirtschaftsthemen befassen, eher eine gehobene Sprache pflegen, die es für den Umgang mit anderen im Wirtschaftsbereich tätigen Personen zu beherrschen gilt. Ein inhaltlicher Transfer, über Sprachkompetenz hinaus, ergibt sich hieraus nicht. Die Beklagte hat trotz der beharrlichen Ausführungen des Klägers dazu, dass sein Unterricht reine Sprachvermittlung beinhaltete, nicht dargetan, inwiefern in den Spanischmodulen die Spezifika des spanischen Wirtschaftssystems in der Zielsprache herausgearbeitet worden wären; es wäre auch für die Kammer schwer erkennbar, inwiefern bei dem Kläger angesichts seiner unbestritten fehlenden wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnisse die erforderliche Eignung vorläge.

Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich demnach auch von demjenigen, der der Entscheidung des LAG Hessen (LAG Hessen, Urteil vom 28. Mai 2014, 2 Sa 835/13, juris, anhängig BAG - 7 AZR 614/14, Termin: 20.04.2016), in dem eine studierte Sprachwissenschaftlerin (Kroatistik/Serbistik sowie germanistische Linguistik) am Fachbereich Sprache, Literatur, Kultur im Institut für Slavistik einer Universität tätig war. Hier hatte das LAG darauf abgestellt, dass die Klägerin gehalten gewesen sei, im Rahmen der philologischen Ausbildung der Studierenden sprachwissenschaftlichen Unterricht zu geben. Es sei Aufgabe der Klägerin gewesen, als Teil der universitären Lehre ihre Veranstaltungen unter sprach-, literatur- und kulturwissenschaftlichen Aspekten wissenschaftlich auszurichten. Zum Teil habe ihr Unterricht Inhalte der Modulbeschreibungen Slavistik für die Bachelor-Studiengänge mit abgedeckt (LAG Hessen, a.a.O., Rz. 51). Dieser Sachverhalt ist erkennbar nicht mit dem vorliegenden vergleichbar.

Damit ist aber mehr als die Hälfte der Arbeitszeit des Klägers von nichtwissenschaftlicher Tätigkeit ausgefüllt. 12 Semesterwochenstunden à 45 Minuten entsprechen 9 Zeitstunden, zuzüglich der vom Kläger angegebenen Vorbereitungszeit von je einer Stunde ergeben sich 21 Stunden, zuzüglich der von der Beklagten selbst als realistisch angegebenen Studienberatung von drei Stunden in der Woche ergeben sich 24 Stunden und damit etwa 63 % der Arbeitszeit.

b) Soweit die Beklagte insbesondere im Kammertermin vom 02.12.2015 darauf verwiesen hat, dass jedenfalls ein ganz erheblicher Zeitanteil für akademische Forschung zur Verfügung gestanden habe, was dem Kläger letztlich auch die Erstellung der Promotion ermöglicht habe, kann dem so nicht gefolgt werden.

Die oben aufgestellte Berechnung an Zeitanteilen ergibt sich bei Zugrundelegung der unstreitigen Mindestbeanspruchung durch die Lehrtätigkeit. Nachbereitung, Klausurenerstellung oder -korrektur, Organisationstätigkeit für den Lehrbetrieb und so weiter sind hier nicht aufgenommen, so dass der tatsächlich erbrachte Zeitanteil höher sein dürfte.

Dies kann aber letztlich angesichts der bereits aus der Lehrtätigkeit unbestritten gebundenen Zeitanteile dahinstehen. Letztlich war die Erstellung der Promotion weder direkt noch indirekt Gegenstand der vertraglichen Leistung, somit auch nicht "prägend" für das Arbeitsverhältnis. Prägend war die Lehrtätigkeit. Dies würde bedeuten, dass angesichts des nicht wissenschaftlich geprägten Unterrichtes die für Forschungstätigkeiten zur Verfügung stehende Arbeitszeit insgesamt gesehen überwiegen müsste. Dies ist auch unter Berücksichtigung der vorlesungsfreien Zeit weder dargetan noch ersichtlich.

c) Soweit die Beklagte insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht die Frage aufgeworfen hat, ob die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter dann gegeben sei, wenn bei völliger Freistellung von Lehrtätigkeit lediglich Forschungstätigkeit als arbeitsvertragliche Leistung geschuldet würde oder aber etwa im rechtswissenschaftlichen Studium derjenige, der jeweils "nur" BGB allgemeiner Teil unterrichtet, keine wissenschaftliche Dienstleistung erbringe, ist dieses angesichts des oben Ausgeführten zwar für den vorliegenden Fall nicht streitentscheidend. Beide Fragen beantworten sich aber aus dem immer wieder zu betonenden Zweck des WissZeitVG und der darin begründeten, sehr weitreichenden Befristungsmöglichkeiten.

Hier soll nochmals auf die weiter oben bereits ausgeführten Grundsätze verwiesen werden:

Die Auslegung und Anwendung des WissZeitVG hat dabei auch vor dem Hintergrund der Zweckrichtung des Gesetzes zu erfolgen. Dieses erlaubt die weitgehenden Befristungsmöglichkeiten für wissenschaftliches Personal, die über diejenigen des TzBfG weit hinausgehen, da vom Gesetzgeber unterstellt wurde, dass zum einen ihre Beschäftigung der eigenen Aus-, Fort- und Weiterbildung dient und zum anderen der regelmäßige Austausch des Personals zur Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre an den Hochschulen notwendig ist. Die von den Mitarbeitern erbrachten Dienstleistungen können auch Daueraufgaben der Hochschule sein, die Befristungsmöglichkeit wird aber im Interesse der Nachwuchs- und Qualifikationsförderung eröffnet (Begründung der Bundesregierung in BT-Drucksache 16/3438 zum Entwurf des WissZeitVG, S. 11 wonach u.a. eine befristete Beschäftigung auch dann möglich ist, wenn eine Promotion nicht angestrebt ist zur Heranführung an wissenschaftliche Arbeit; BAG Urt. v. 01.06.2011, 7 AZR 827/09, a.a.O.).

So wird im Einzelfall durchaus zu unterscheiden sein zwischen Beschäftigungen, die hinsichtlich der Lehre ggf. nicht wissenschaftlich geprägt sind, deren Lehranteil aber auch weit unterhalb von 50% der Arbeitszeit liegen und im Wesentlichen zum Zweck der Anfertigung einer Promotion oder der persönlichen wissenschaftlichen Forschung begründet und durchgeführt werden und solchen, die den überwiegenden Anteil der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit mit Lehrtätigkeit ausfüllen. In letzterem Fall ist an die Art der Lehre eine gewisse Qualitätsanforderung zu stelle, die von dem Lehrenden verlangt, dass er sich auf wissenschaftliche, forschende Weise mit dem zu vermittelnden Lehrstoff auseinandersetzt, im Gegensatz zu einem, ggf. auch auf hohem Niveau erteilten Unterricht etwa im Gymnasialbereich. Inwieweit eine solche Unterscheidung des vom Kläger vermittelten Sprachunterrichts vorliegend gegeben sein soll, ist nicht erkennbar.

2. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers ist auch nicht aus anderen Gründen begründet. Das Vorliegen von Befristungsgründen im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG sind nicht dargetan und nicht ersichtlich.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

IV. Die Revision war gem. § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG für die Beklagte zuzulassen.