LAG Köln, Beschluss vom 03.03.2016 - 4 Ta 27/16
Fundstelle
openJur 2016, 4840
  • Rkr:

Der Streitwert für einen Antrag auf Freistellung eines Gesamtbetriebsratsmitglieds zum Besuch einer Gesamtbetriebsratssitzung ist nicht mit dem für die Zeit der Freistellung zu zahlenden Entgelt, sondern nach den Vorschriften des § 23 Abs. 3S. 2 RVG festzusetzen (hier in einem einstweiligen Verfügungsverfahren:2.500,00 €).

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) und 2) wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 04.01.2016 abgeändert:

Der Streitwert wird auf 2637,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts betrifft den Wert eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Beschlussverfahren mit folgenden Anträgen:

1. Die Beteiligte zu 3) wird im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet, die Kosten für die Anreise der Beteiligten zu 2) zu der am 02.07.2015 in H , G -Straße 1, stattfindenden Sitzung des Gesamtbetriebsrats in Höhe der Kosten einer Bahnfahrt 2. Klasse zu übernehmen.

2. Die Beteiligte zu 3) wird im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet, die Beteiligte zu 2) für die Teilnahme an der am 02.07.2015 in H , G -Straße 1, stattfindenden Sitzung des Gesamtbetriebsrats unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen.

Die streitgegenständlichen Fahrtkosten betrugen 137,00 €. Das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen des Gesamtbetriebsratsmitglieds, der Beteiligten zu 2), betrug 2.000,00 €.

Das Arbeitsgericht hat den Streitwert auf 237,00 € festgesetzt. Die Prozessbevollmächtigte des Betriebsrats begehrt im Rahmen der Beschwerde, den Streitwert auf insgesamt 2.637,00 € festzusetzen (2.500,00 € für den Antrag zu 2.).

II.

1. Das Arbeitsgericht ist offenbar bei der Bemessung des Antrages zu 2. mit 100,00 € von dem Wert ausgegangen, den es für die Vergütung der Beteiligten zu 2) für die Zeit der Freistellung zur Sitzungsteilnahme angenommen hat. Das Arbeitsgericht geht damit ersichtlich auch insoweit von einer vermögensrechtlichen Streitigkeit aus.

Zur Bestimmung, ob es sich insoweit um eine vermögensrechtliche Streitigkeit oder um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit handelt, ist zunächst von dem allgemeinen Grundsatz auszugehen, dass bei der Bestimmung des Streitwerts stets von dem Interesse des Klägers (hier des Antragstellers, des Betriebsrats) auszugehen ist (vgl. zum Grundsätzlichen BVerfG 31.10.1996 - 1 BvR 1074/93 - NJW 1997, 311).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass es dem Betriebsrat jedenfalls nicht primär um die Zahlung der Vergütung für die Dauer der Freistellung ging. Dieser Vergütungsanspruch steht auch dem Betriebsrat gar nicht zu, sondern dem jeweiligen Betriebsratsmitglied und müsste gegebenenfalls in einem anderen arbeitsgerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. insoweit im Zusammenhang mit der Freistellung für Schulungen LAG Berlin-Brandenburg 28.05.2008 - 17 Ta (Kost) 6056/08 Rn. 7).

Das Interesse des Betriebsrates liegt dementsprechend primär darin, bei der außerordentlichen Sitzung des Gesamtbetriebsrates, die für den 02.07.2015 angesetzt war, vertreten zu sein. So führt der Betriebsrat auch auf Seite 6 der Antragsschrift aus, dass die Arbeitgeberin dadurch, dass sie von vornherein eine Kostenübernahme abgelehnt habe und darüber hinaus sogar mitgeteilt habe, die Mitglieder des GBR nicht zum Zwecke der Teilnahme an der GBR-Sitzung freistellen zu wollen, offensichtlich auch der Zweck verfolge, die beteiligten (Gesamt-)Betriebsratsmitglieder von der Sitzung abzuhalten. Ohne die beantragte einstweilige Verfügung sei zu befürchten, dass die Gesamtbetriebsratsmitglieder auf das ihnen zustehende Recht auf Teilnahme an der GBR-Sitzung verzichteten.

Damit liegt der Fall hier nicht anders als der, der dem Beschluss des LAG München vom 09.11.2015 (2 Ta 326/15) zugrundelag. Das LAG München führt darin aus, dass das Beschlussverfahren einen nichtvermögensrechtlichen Gegenstand habe, auch wenn die Anträge eine gewisse wirtschaftliche Dimension hätten, weil die Übernahme der Fahrtkosten und die Freistellung des beteiligten Gesamtbetriebsratsmitglieds unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung begehrt wurden. Ein vermögensrechtlicher Gegenstand liege nur dann vor, wenn vermögensrechtliche Beziehungen betroffen seien und das Begehren auf Geld oder Geldwert gerichtet sei. Es sei den Beteiligten zu 1. und 2. jedenfalls in erster Linie nicht um vermögensrechtliche Beziehungen gegangen, sondern darum, dem Gesamtbetriebsratsmitglied die Teilnahme an einer Sitzung des Gesamtbetriebsrats zu ermöglichen.

2. Das Landesarbeitsgericht München hat den Freistellungsantrag, der dem vorliegenden entspricht, unter Zugrundelegung von § 23 Abs. 3 S. 2 RVG mit dem halben Ausfallwert bewertet und dazu die begehrten Fahrtkosten addiert.

3. Dieses erscheint angesichts der Bedeutung, die die Beteiligten der Angelegenheit im vorliegenden Fall beigemessen haben, auch in diesem Fall angemessen.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

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