OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.01.2016 - OVG 12 B 23.14
Fundstelle
openJur 2016, 2299
  • Rkr:

Berufsunfähigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks der Zahnärztekammer Berlin liegt erst dann vor, wenn die Fähigkeit des Mitglieds "zur Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit" aus gesundheitlichen Gründen umfassend entfallen ist. Der satzungsrechtliche Begriff der zahnärztlichen Tätigkeit beschränkt sich weder konkret auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des einzelnen Mitglieds noch allgemein auf die Behandlungstätigkeit am Stuhl. Er umfasst vielmehr auch sog. Verweisungstätigkeiten gutachterlicher, wissenschaftlich-forschender oder verwaltender Art, die zum Berufsbild des Zahnarztes gehören.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages anwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente ab 1. Juni 2011.

Der am 2. August 1954 geborene Kläger ist approbierter Zahnarzt und seit 1982 Mitglied des beklagten Versorgungswerks der Zahnärztekammer Berlin. Seit 1. Januar 2011 war er wegen Arbeitsunfähigkeit von der Beitragspflicht befreit. Zum 31. Mai 2011 gab der Kläger seine Praxis als niedergelassener Zahnarzt auf und stellte seine zahnärztliche Tätigkeit unter Rückgabe der Kassenzulassung ein.

Mit Schreiben vom 27. Mai 2011, ergänzt durch Schreiben vom 14. Juni 2011, beantragte der Kläger die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente ab 1. Juni 2011 und reichte einen ärztlichen Befundbericht des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin und Psychiatrie Dr. L... vom 25. Juni 2011 ein. Der Bericht führte als vom Kläger geäußerte Beschwerden u.a. Visusschwankungen (beidseitig), Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Zittern in den Händen auf, die sich durch die seit September 2010 durchgängig erfolgten Krankschreibungen verbessert hätten. Als Diagnosen wurden unter Hinweis auf im psychosomatischen/psychiatrischen Fachgebiet „nur sehr unspez. Befunde auf anamnestischer (Berichts-)Basis“ neben einer subdepressiven Verstimmung eine atypische Depression und sonstige somatoforme Störungen genannt; zudem wurde anamnestisch berichtet, dass sich der Kläger seit mehreren Jahren zunehmend über seine Patienten geärgert habe, die ungerne zum Zahnarzt kämen und die Zähne schlecht pflegten.

Auf Veranlassung des Beklagten erstattete der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. H... am 13. November 2011 im Verwaltungsverfahren ein fachpsychiatrisches Gutachten zur Frage der Berufsunfähigkeit des Klägers. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass sich keine Hinweise für das Vorliegen einer ernsten oder schweren psychischen Erkrankung ergeben hätten, die eine relevante Einschränkung zahnärztlicher Tätigkeit begründen könnte. Abgesehen von einer blanden, ängstlich depressiven Symptomatik seien weder Anzeichen einer krankheitswertigen Depression noch einer ausgeprägten Angststörung erkennbar. Die Darstellung des Kontextes der Beschwerden lasse insgesamt eher eine fehlende Motivation, d.h. eher ein Nichtwollen als ein Nichtkönnen erkennen. Der Kläger vermittle keinen hohen Leidensdruck, was auch darin zum Ausdruck komme, dass er sich nicht um weitergehende therapeutische Hilfe bemüht habe und auch gegenwärtig nicht die Absicht erkennen lasse, etwas in dieser Richtung zu unternehmen. Seine sportlichen und sonstigen Aktivitäten sprächen ebenso wie der Untersuchungseindruck gegen eine typische Angsterkrankung.

Aufgrund des Befundberichts und des fachpsychiatrischen Gutachtens lehnte das Versorgungwerk den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 3. Januar 2012 mit der Begründung ab, es liege keine Berufsunfähigkeit im Sinne des § 15 der Satzung vor. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers, mit dem er insbesondere auf die kurze Dauer des Explorationsgesprächs verwies und Zweifel an der Kompetenz des Gutachters äußerte, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2012 zurück.

Nach Erlass des Widerspruchsbescheides übersandte der Kläger dem Beklagten einen Therapiebericht von Dr. L... vom 19. Mai 2012, nach dem im Zeitraum zwischen Oktober 2010 und Januar 2012 in größeren Abständen insgesamt sieben psychoanalytisch-psychosomatisch orientierte Therapiegespräche stattfanden. Der behandelnde Arzt stellte in dem Therapiebericht fest, dass in den Gesprächen die Diagnose einer exogenen und teilweise larvierten depressiven Störung mit phobisch gefärbtem somatoformen Syndrom, ein vegetativer Erschöpfungszustand und die Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen deutlich geworden seien. Der Kläger habe geschildert, dass er während der Berufstätigkeit als Zahnarzt immer wieder sekundenlange Visusschwankungen sowie ein „Verschwommensehen“ gehabt habe, einen feinschlägigen Tremor in beiden Händen, der ebenfalls nur bei der Arbeit aufgetreten sei, ein vorübergehendes Schwächegefühl in beiden Armen und diverse Schmerzen. Aufgrund dieser Symptome, deren Rückgang neben den Therapiegesprächen insbesondere auf die dauerhafte „Arbeitsunfähigkeitsschreibung“ und die sportlichen und anderen Freizeitaktivitäten des Klägers zurückzuführen sei, sei der Kläger zur Ausübung manueller zahnärztlicher Tätigkeiten sowohl arbeits- als auch berufsunfähig. In einer mehrwöchigen psychosomatischen medizinischen Reha-Behandlung müsste herausgefunden werden, inwieweit der Symptomenkomplex behandelbar sei und ob der Kläger zahnärztliche Teiltätigkeiten übernehmen könnte.

Unter Bezugnahme auf die vorstehenden Unterlagen hat der Kläger am 14. Juni 2012 Klage erhoben, mit der er seinen Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente weiterverfolgt. Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat das Verwaltungsgericht mit Beweisbeschluss vom 14. Januar 2013 ein fachärztliches Gutachten u.a. zu der Frage eingeholt, ob die zahnärztliche Berufsfähigkeit des Klägers, d.h. seine Fähigkeit zur Ausübung einer jeden zahnärztlichen Erwerbstätigkeit (untersuchende/behandelnde, beratende, gutachterliche, wissenschaftlich-forschende und verwaltende Tätigkeiten), aus gesundheitlichen Gründen auf nicht absehbare Zeit umfassend entfallen bzw. - ggf. in welchem Umfang und für welche Tätigkeitsfelder - eingeschränkt sei. Der gerichtlich beauftragte Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B... kam in seinem psychiatrischen Gutachten vom 26. Juni 2013 zu dem Ergebnis, dass die Fähigkeit des Klägers zu untersuchender und behandelnder Tätigkeit seit 2009/2010 auf zunächst nicht absehbare Zeit zu 70 % vermindert sei. Soweit der Kläger erste gravierende Schwierigkeiten seit 2005/2006 beschrieben habe, sei für diesen Zeitraum eine Einschränkung von 20 bis 30 % anzunehmen. Der Kläger habe noch die Möglichkeit der Diagnostik und Prophylaxe, bei denen die von ihm angegebenen Symptome einer sekundenlagen Visusbeeinträchtigung und eines Tremors nicht aufgetreten seien. Hinsichtlich beratender, gutachterlicher, wissenschaftlich-forschender oder verwaltender Tätigkeiten sei die zahnärztliche Erwerbstätigkeit des Klägers nicht beeinträchtigt; in diesem Bereich sei er in der Lage, vollschichtig zu arbeiten. Ein ausgeprägtes psychiatrisches Krankheitsbild liege nicht vor.

Mit den Beteiligten am 7. Juli 2014 zugestelltem Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen, nachdem der Sachverständige sein Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2014 erläutert hatte. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Einweisung in die Berufsunfähigkeitsrente zu, da seine Fähigkeit zur Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit nicht infolge Krankheit umfassend entfallen sei. Anders als im Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung sehe die Satzung des Beklagten keine Vorgaben zum zeitlichen Umfang einer noch möglichen Erwerbstätigkeit vor; es gebe auch keinen dem Bundesrecht angehörenden und zugleich für die Auslegung des Landesrechts maßgebenden Begriff der Berufsunfähigkeit. Nach § 15 Abs. 1 der Satzung des Beklagten komme es entscheidend auf die Unfähigkeit des Mitglieds zur Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit an. Berufsunfähigkeit liege danach vor, wenn einer zahnärztlichen Tätigkeit nicht mehr in nennenswertem Umfang nachgegangen werden könne, d.h. die Möglichkeit zur Berufsausübung krankheitsbedingt so stark eingeschränkt sei, dass ihr keine existenzsichernde Funktion mehr zukomme. Dabei erschöpfe sich die zahnärztliche Tätigkeit entgegen der Auffassung des Klägers nicht in der von ihm zuletzt ausgeübten Behandlung „am Stuhl“. Dies gelte selbst dann, wenn man die zahnärztliche Tätigkeit allein auf die Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde beschränken würde. Die kurative Tätigkeit der Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten umfasse auch unmittelbar damit einhergehende Leistungen wie Diagnosestellung, Therapieplanung und Prophylaxe sowie administrative Aufgaben des Praxisbetriebs, die in die Prüfung einer Unfähigkeit zur Ausübung zahnärztlicher Tätigkeit einzubeziehen seien. Darüber hinaus gehörten zum Berufsbild des Zahnarztes auch beratende, gutachterliche, wissenschaftlich-forschende und verwaltende Tätigkeiten, zu denen die zahnärztliche Ausbildung - entsprechend der Formulierung in der ursprünglichen Fassung der Satzung des Beklagten - überwiegend verwendet werden könne. Mit der Neuformulierung in § 15 Abs. 1 der seit 1. Januar 2008 unverändert geltenden Fassung der Satzung sei kein abweichender Begriff der Berufsunfähigkeit eingeführt worden. Die Neufassung habe lediglich der redaktionellen Vereinfachung und Kürzung gedient, nicht aber auf eine Verengung des Begriffs der zahnärztlichen Tätigkeit abgezielt. Ein Wille des Satzungsgebers, bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit nur noch auf kurative Tätigkeiten abzustellen und damit früher und großzügiger eine Berufsunfähigkeitsrente zu bewilligen, sei nicht erkennbar; er ergebe sich auch nicht aus der Diskussion über eine Wiedereinführung der ursprünglichen Formulierung auf der Vertreterversammlung vom 1. Dezember 2012.

Nach dem Ergebnis des gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass er berufsunfähig im Sinne des § 15 Abs. 1 der Satzung sei. Der vom Sachverständigen angesetzte Wert einer zu 70 % verminderten Fähigkeit zur Ausübung einer untersuchenden und behandelnden Tätigkeit berücksichtige das vollständige Symptombild. Zu Recht habe der Gutachter die vom Kläger angegebenen Visusstörungen und den Tremor der Hände nicht jeweils mit Einzelwerten versehen und diese addiert, da es sich nicht um zwei unterschiedliche Krankheitsbilder, sondern um ein und dieselbe psychische Beeinträchtigung handele, die verschiedene Symptome zur Folge habe. Die angesichts der Untersuchungsdauer valide Feststellung des Sachverständigen, es liege keine gravierende strukturelle psychische Störung vor, und die Vermutung eines neurotischen Verarbeitungsmodus in Bezug auf Behandlungs- und Untersuchungstätigkeiten stimmten im Ergebnis mit dem vom Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten und weitgehend auch mit den Einschätzungen des behandelnden Facharztes des Klägers überein. Aufgrund seiner verbleibenden Berufsfähigkeit sei der Kläger grundsätzlich in der Lage, mit zahnärztlicher Tätigkeit etwa im Bereich der Prophylaxe, der Verwaltung größerer Zahnarztpraxen oder im gutachterlichen Bereich ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen. Auf die Frage, ob er angesichts seines Alters und seiner beruflichen Vorgeschichte auf dem Arbeitsmarkt eine entsprechende Stelle finden könne, komme es nicht an. Das beklagte Versorgungswerk trage zwar das Risiko einer Einschränkung der Berufsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen, nicht aber das allgemeine Arbeitsmarktrisiko. Für die Ärzteversorgung sei ausdrücklich geregelt, dass die Umsetzbarkeit auf dem Arbeitsmarkt für den Anspruch auf Leistung außer Betracht bleibe, wenn die Berufsfähigkeit lediglich gemindert sei; der darin zum Ausdruck gebrachte allgemeine Rechtsgedanke gelte auch für das Versorgungswerk der Zahnärzte.

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers, mit der er unter Vertiefung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend macht:

Das Verwaltungsgericht sei von einer unzutreffenden Definition des Begriffs der Berufsunfähigkeit ausgegangen. Bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 1 der Satzung des Beklagten, der auf die Unfähigkeit zur Ausübung „der“ zahnärztlichen Tätigkeit und nicht „einer“ zahnärztlichen Tätigkeit abstelle, mache deutlich, dass es auf den konkret zuletzt ausgeübten Beruf ankomme. Maßgeblich für die Prüfung von Berufsunfähigkeit sei daher vorliegend allein die Tätigkeit am Stuhl, nicht aber die Frage, ob einer zahnärztlichen Erwerbstätigkeit noch in beratender, gutachterlicher, wissenschaftlich-forschender oder verwaltender Form nachgegangen werden könne. Die historische Auslegung der Satzung bestätige diesen Befund. Der Satzungsgeber habe die ursprüngliche Fassung der Satzung mit der Neuformulierung in § 15 Abs. 1 bewusst geändert mit der Intention, den Anwendungsbereich der Satzungsregelung zu öffnen und erkrankten Mitgliedern die Geltendmachung von Leistungen zu erleichtern. In der Vertreterversammlung des Versorgungswerks vom 1. Dezember 2012 sei eine Wiedereinführung der bis Ende Dezember 2007 geltenden restriktiveren Fassung der Satzung, die auf die Fähigkeit zur Ausübung einer jeden Erwerbstätigkeit abgestellt habe, zu der zahnärztliche Ausbildung überwiegend verwendet werden könne, ausdrücklich diskutiert, im Ergebnis aber nicht beschlossen worden. Die Diskussion zeige, dass die geltende Vorschrift des § 15 Abs. 1 der Satzung allein auf die zahnärztliche Tätigkeit am Stuhl abstelle. Soweit diese aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden könne, liege Berufsunfähigkeit vor; für eine Prüfung anderer Formen zahnärztlicher Erwerbstätigkeit sei kein Raum.

Das Verwaltungsgericht habe den bestellten Gutachter danach unter falschen Prämissen beauftragt. Es habe in seinem Beweisbeschluss fehlerhaft die bis zum 31. Dezember 2007 geltende Fassung der Satzung für die Definition des Begriffs der Berufsunfähigkeit herangezogen. Abgesehen davon habe das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung des Gutachtens den Grad der Berufsunfähigkeit unzutreffend ermittelt. Nach dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten sei die Fähigkeit des Klägers zur Ausübung einer untersuchenden und behandelnden Tätigkeit aufgrund seiner psychischen Beschwerden seit 2009/2010 zu 70 % gemindert. Für die Visusbeeinträchtigungen und den Tremor der Hände habe der Sachverständige eine weitere Einschränkung von 20 bis 30 % angenommen, die genannten Einschränkungen jedoch nicht addiert. Da die Summe der Einzelsymptome größer und gravierender sei als ein isoliertes Einzelsymptom, müsse der für die Visusstörungen und den Tremor ermittelte Wert zusätzlich in der Angabe einer zu 70 % geminderten Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden. Der Kläger sei danach tatsächlich zu mindestens 90 %, wenn nicht gar zu 100 % berufsunfähig. Mit Blick auf die gutachterlich festgestellten Beeinträchtigungen in der Behandlungssituation bildeten die dem Kläger noch möglichen zahnärztlichen Betätigungen (Beratung von Patienten, Untersuchung und Prophylaxe) zudem nur 8 bis 12 % seiner bisherigen Tätigkeit ab, so dass auch insoweit eine tatsächliche Minderung seiner zahnärztlichen Erwerbstätigkeit von mindestens 90 % vorliege. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei er damit berufsunfähig im Sinne des § 15 Abs. 1 der Satzung des Beklagten. Ein Restleistungsvermögen zur Ausübung einer existenzsichernden Tätigkeit verbleibe ihm nicht.

Dies gelte selbst dann, wenn der Begriff der Berufsunfähigkeit entgegen zutreffender Auslegung auch auf andere zahnärztliche Tätigkeiten bezogen werde. Eine noch verbleibende Restleistungsfähigkeit schließe die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente nicht aus, wenn einem Mitglied aufgrund seines Gesundheitszustandes der Arbeitsmarkt tatsächlich praktisch verschlossen bleibe und er deshalb eine zahnärztliche Tätigkeit nicht mehr nachhaltig ausüben könne. Dies sei vorliegend der Fall. Der Kläger fühle sich nachvollziehbar nicht mehr in der Lage, auch nur konservierende Eingriffe durchzuführen; bei Kontakt mit Patienten erleide er sekundenlang auftretende Visusbeeinträchtigungen und einen Tremor. Eine Verweisung auf eine Gutachtertätigkeit scheide daher aus, da ihm eine derartige Tätigkeit aufgrund der Beschwerden weder faktisch noch sinnvoll möglich sei. Abgesehen davon würden nur niedergelassene Zahnärzte mit der Erstellung von Gutachten beauftragt, die über die für die Diagnostik und Beurteilung erforderliche zahnärztliche Ausstattung verfügten. Ebenso wenig sei ihm eine kurative Tätigkeit in Verbänden oder im Bereich von Forschung und Lehre möglich, da auch dies die zahnärztliche Behandlung von Menschen erfordere. Aufgrund seiner Erkrankungen und der damit einhergehenden Beschwerden sei er im Ergebnis nicht in der Lage, sich kontinuierlich in einen festen und geplanten Arbeitsablauf einzubinden und eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit in berechenbarer Weise auszuüben.

Der Kläger beantragt,

das am 7. Juli 2014 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 3. Januar 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2012 zu verpflichten, ihm mit Wirkung vom 1. Juni 2011 eine Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er tritt dem Vorbringen des Klägers vollumfänglich entgegen und verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und die eingereichten Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente ab dem 1. Juni 2011; der ablehnende Bescheid des Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 15 Abs. 1 der Satzung des Beklagten in der zum 1. Juni 2011 geltenden und seitdem unveränderten Fassung (Satzung vom 27. November 2010, ABl. 2010, S. 2288, Satzung vom 7. Mai 2011, ABl. 2012, S. 21, zuletzt geändert am 30. Mai 2015, ABl. 2015, S. 2168). Nach der genannten Vorschrift erhält ein Mitglied, das mindestens für einen Monat vor Eintritt der Berufsunfähigkeit Beiträge geleistet hat, und das vor Erreichen der vorgezogenen Altersgrenze nach § 14 Abs. 2 Satz 1 wegen Krankheit oder eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit unfähig ist, Berufsunfähigkeitsrente. Das Vorliegen von Berufsunfähigkeit ist bei Antragstellung durch einen ärztlichen Befundbericht nach einem vom Versorgungwerk vorgeschriebenen Muster auf Kosten des Mitglieds nachzuweisen; vor einer Entscheidung kann das Versorgungswerk auf seine Kosten erneute ärztliche Untersuchungen durchführen lassen (§ 15 Abs. 3 der Satzung).

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger nach den von ihm vorgelegten Unterlagen, dem vom Beklagten in Auftrag gegebenen fachpsychiatrischen Gutachten und dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten nicht berufsunfähig im Sinne des § 15 Abs. 1 der Satzung ist. Die erstinstanzliche Entscheidung beruht weder auf einem unzutreffenden Verständnis des Begriffs der Berufsunfähigkeit (1.) noch begegnet die einzelfallbezogene Würdigung durchgreifenden Bedenken (2.).

1. Was unter zahnärztlicher Berufsunfähigkeit zu verstehen ist, beurteilt sich mangels eines dem Bundesrecht angehörenden und für die Auslegung des Landesrechts maßgebenden Begriffsverständnisses allein nach der einschlägigen Satzungsregelung des Beklagten (BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 1996 - 1 B 127.95 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 32, juris Rn. 5). § 15 Abs. 1 der Satzung stellt maßgeblich auf die Unfähigkeit „zur Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit“ ab, ohne den Begriff der zahnärztlichen Tätigkeit, die aus den in der Vorschrift genannten gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden kann, näher zu definieren. Nach der zutreffenden Auffassung des Verwaltungsgerichts beschränkt sich der Begriff weder im konkreten Fall noch allgemein auf die zahnärztliche Tätigkeit am Behandlungsstuhl. In die Prüfung, ob ein Mitglied krankheitsbedingt unfähig zur Ausübung zahnärztlicher Tätigkeit ist, sind vielmehr auch andere Tätigkeiten, die zum Berufsbild des Zahnarztes gehören, einzubeziehen.

a) Der Wortlaut der Satzungsbestimmung gibt eine abweichende Auslegung entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor. Dass die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente an die Unfähigkeit zur Ausübung „der“ - wie vom Kläger hervorgehoben: nicht „einer“ - zahnärztlichen Tätigkeit anknüpft, bedeutet nicht begriffsnotwendig, dass ausschließlich auf die von dem einzelnen Mitglied konkret gewählte und zuletzt ausgeübte Form des zahnärztlichen Berufs abzustellen ist. Der Wortlaut kann ohne weiteres auch in dem Sinne verstanden werden, dass Berufsunfähigkeit erst dann vorliegt, wenn „die“ zahnärztliche Tätigkeit krankheitsbedingt in keiner zum Berufsbild des Zahnarztes gehörenden Weise mehr ausgeübt werden kann. Erst recht bietet der Wortlaut keine tragfähigen Anhaltspunkte, dass sich zahnärztliche Tätigkeit generell auf die Arbeit am Behandlungsstuhl beschränkt.

b) Auch die Entstehungsgeschichte der Satzungsregelung vermag das vom Kläger für geboten erachtete enge Begriffsverständnis nicht zu belegen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung der Satzung (Satzung vom 12. Mai 2007, ABl. 2007, S. 2554) setzte das Vorliegen von Berufsunfähigkeit voraus, dass die Fähigkeit des betreffenden Mitglieds „zur Ausübung einer jeden Erwerbstätigkeit, zu der zahnärztliche Ausbildung überwiegend verwendet werden kann, infolge Krankheit, Körperverletzung, eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche der geistigen oder körperlichen Kräfte oder wegen einer Sucht auf nicht absehbare Zeit umfassend entfallen ist“. Der satzungsrechtlich gewährleistete Schutz vor Berufsunfähigkeit knüpfte danach weder konkret an die von dem einzelnen Mitglied ausübte zahnärztliche Tätigkeit an noch beschränkte er zahnärztliche Erwerbstätigkeit generell auf die Behandlung am Stuhl. Maßgebend war vielmehr, ob die Fähigkeit des Mitglieds zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, zu der zahnärztliche Ausbildung überwiegend verwendet werden kann, krankheitsbedingt umfassend entfallen ist. Dass der Neuformulierung in § 15 Abs. 1 der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung der Satzung (Satzung vom 12. Dezember 2007, ABl. 2007, S. 3408), die seitdem unverändert gilt, ein abweichendes Verständnis des Begriffs der zahnärztlichen (Erwerbs-)Tätigkeit zu Grunde liegt, ist nicht erkennbar.

Die vom Beklagen eingereichten Protokolle der Vertreterversammlungen vom 8. September, 10. November und 12. Dezember 2007 geben für die Behauptung des Klägers, der Satzungsgeber habe die ursprüngliche Fassung der Satzung bewusst geändert, um erkrankten Mitgliedern die Geltendmachung einer Berufsunfähigkeitsrente unter erleichterten Bedingungen zu ermöglichen, nichts her. Ein entsprechender Wille des Satzungsgebers lässt sich den Protokollen der drei Vertreterversammlungen, in denen über die zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Satzungsänderungen diskutiert worden ist, nicht entnehmen; anders als bei anderen Satzungsbestimmungen ist die Neufassung des § 15 Abs. 1 offensichtlich nicht näher thematisiert worden. Anhaltspunkte dafür, dass dem Senat nicht sämtliche einschlägigen Protokolle übersandt worden sind, bestehen nicht. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus der unsubstantiierten Vermutung des Klägers, die Satzungsänderung müsse Gegenstand der Diskussion in der Vertreterversammlung gewesen sein. Die Vermutung gründet sich allein auf die Erwartung, dass die behaupteten erleichterten Anforderungen an die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente ausdrücklich diskutiert worden sein müssten. Diese Erwartung erweist sich indes nicht als überzeugend, wenn die Neufassung nicht mit der Absicht einer inhaltlichen Änderung des Begriffs der Berufsunfähigkeit einhergegangen, sondern lediglich redaktioneller Art gewesen ist. Der Umstand, dass der vom Kläger behauptete Wille des Satzungsgebers keinen Niederschlag in den Protokollen der Vertreterversammlung gefunden hat, legt daher nahe, dass eine substantiielle Änderung gegenüber der ursprünglichen Fassung der Satzung nicht beabsichtigt war; eine tatsächlich gewollte Abkehr von dem bisher geltenden Begriff der Berufsunfähigkeit hätte der Satzungsgeber ohne weiteres zum Ausdruck bringen können.

Dies gilt umso mehr, als sich aus den vorgelegten Protokollen ergibt, dass weitere Änderungen gegenüber der ursprünglichen Fassung der Satzung - etwa hinsichtlich der Beitragserhebung und der ab 1. Januar 2008 neu eingeführten Berechnung der Rentenanwartschaften - mit Blick auf die „Finanzierbarkeit des Gesamtsystems“ auf der Grundlage sachverständiger Ausführungen von Versicherungsmathematikern ausführlich diskutiert worden sind (S. 8, 10 des Protokolls der Vertreterversammlung vom 10. November 2007, S. 2 ff. des Protokolls vom 12. Dezember 2007). Vor dem Hintergrund der erkennbaren Bemühungen des Satzungsgebers, die Finanzierbarkeit des Versorgungswerks u.a. den geänderten demographischen Bedingungen anzupassen und langfristig sicherzustellen, spricht nichts dafür, dass er sich ohne Aussprache zugleich zu einer Änderung des Modells der Berufsunfähigkeitsrente und einer großzügigeren Leistungsgewährung entschlossen haben sollte. Die damit zu erwartenden Mehrbelastungen für das Versorgungswerk hätten kalkulatorisch in die versicherungsmathematischen Berechnungen eingestellt werden müssen, was nach den eingereichten Protokollen offensichtlich nicht geschehen ist. Dass sich der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen mit Blick auf die ab 1. Januar 2008 geltende Neuformulierung des § 15 Abs. 1 der Satzung dazu entschlossen hat, seine privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen auslaufen zu lassen, geschah danach auf eigene Gefahr.

Nach der zutreffenden Auffassung des Verwaltungsgerichts lässt sich ein Wille des Satzungsgebers zu einer inhaltlichen Änderung auch nicht aus dem vom Kläger eingereichten Protokoll der Vertreterversammlung vom 1. Dezember 2012 ableiten, in der die Wiedereinführung der ursprünglichen Fassung der Satzung diskutiert, aber nicht beschlossen worden ist. Zum einen lassen weder protokollierte Wortmeldungen einzelner Mitglieder der Vertreterversammlung noch eine Diskussion, die knapp fünf Jahre nach der maßgeblichen Satzungsänderung stattgefunden hat, tragfähige Rückschlüsse auf den Willen des historischen Satzungsgebers zu. Zum anderen hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht darauf verwiesen, dass auch der Anlass der Diskussion in der Vertreterversammlung - eine vermeintlich „gerichtsseitig“ angenommene Verengung des zahnärztlichen Berufsbilds auf die Behandlungstätigkeit am Stuhl - nicht für ein eingeschränktes Verständnis des Begriffs der zahnärztlichen Tätigkeit spricht (UA S. 9); auf die erstinstanzlichen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 130 b Satz 2 VwGO).

c) Tragfähige Anhaltspunkte, dass sich das Berufsbild der zahnärztlichen Tätigkeit in der Behandlung am Stuhl erschöpft, ergeben sich schließlich auch nicht aus § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG). Abgesehen davon, dass die Regelung nur die Ausübung der Zahnheilkunde im engeren Sinne - die auf zahnärztlich wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten - erfasst und nicht mit dem in § 15 Abs. 1 der Satzung verwendeten Begriff der zahnärztlichen Tätigkeit gleichgesetzt werden kann, verbleiben auch in diesem Bereich nicht-kurative Tätigkeiten, die über die eigentliche Behandlung am Stuhl hinausgehen. Zu dem Berufsbild des Zahnarztes gehören darüber hinaus auch beratende, gutachterliche, wissenschaftlich-forschende und verwaltende Tätigkeiten, bei denen die in der zahnärztlichen Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwendet werden können (vgl. zum dortigen Landesrecht: OVG Lüneburg, Urteil vom 20. April 1995 - 8 L 6642/93 - juris Rn. 11; VG Düsseldorf, Urteil vom 29. Januar 2001 - 23 K 2249/98 - juris Rn. 36; VG Köln, Urteil vom 29. November 2011 - 7 K 5419/10 - juris Rn. 47). Entsprechend der früheren ausdrücklichen Formulierung umfasst der Begriff der „zahnärztlichen Tätigkeit“ im Sinne des § 15 Abs. 1 der Satzung auch diese Formen der Berufsausübung, auf die sich ein Mitglied grundsätzlich verweisen lassen muss. Dies unterscheidet die Versicherung in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung mit Pflichtmitgliedschaft von einer privaten Versicherung, in der - nach vorheriger Gesundheitsprüfung - die individuelle Leistungsfähigkeit in Bezug auf den konkret ausgeübten Beruf versichert werden kann. Berufsunfähigkeit im Sinne der Satzung des Beklagten liegt erst dann vor, wenn die Fähigkeit des Mitglieds zur Ausübung einer die Existenz sichernden zahnärztlichen Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen umfassend entfallen ist.

2. Gemessen hieran greifen die Einwände des Klägers gegen das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten nicht durch. Das Gutachten beruht weder auf einem fehlerhaften Beweisbeschluss noch vermag es nach der zutreffenden Würdigung des Verwaltungsgerichts eine Berufsunfähigkeit des Klägers zu belegen.

In Beantwortung der gerichtlich gestellten Beweisfragen, die - wie vorstehend dargelegt - auf einem zutreffenden Verständnis des satzungsrechtlichen Begriffs der Berufsunfähigkeit beruhen, ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, dass die Fähigkeit des Klägers zu untersuchender und behandelnder Tätigkeit seit 2009/2010 zu 70 % vermindert ist. Dem Kläger verbleibe nach seinen Angaben zu den während der Arbeit am Stuhl aufgetretenen Symptomen, die der Sachverständige als wahr unterstellt hat und die auch vom Senat nicht in Zweifel gezogen werden, noch die Möglichkeit der Diagnostik und Prophylaxe; soweit er erste gravierende Schwierigkeiten seit 2005/2006 beschrieben habe, sei für diesen Zeitraum eine Einschränkung von 20 bis 30 % anzunehmen. Hinsichtlich sog. Verweisungstätigkeiten, d.h. beratender, gutachterlicher, wissenschaftlich-forschender oder verwaltender Tätigkeiten, hat der Sachverständige dagegen eine Beeinträchtigung der zahnärztlichen Erwerbstätigkeit verneint; in diesem Bereich sei der Kläger in der Lage, vollschichtig zu arbeiten. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens bestanden keine Anhaltspunkte für ein ausgeprägtes psychiatrisches Krankheitsbild. Angesichts der Phänomenologie der vom Kläger angegebenen Störungen und ihrem situativen Auftreten ausschließlich bei der Arbeit am Stuhl geht das Gutachten von einer spezifischen isolierten Phobie aus. Nach den erläuternden Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts dürfte ein neurotischer Verarbeitungsmodus vorliegen, wobei es nicht gelungen sei, die Beschwerden im Einzelnen aus einem bestimmten Konflikt und einer bestimmten Charakterstruktur abzuleiten.

Für eine vom Kläger reklamierte Addition der vorgenannten Einzelwerte ist kein Raum. Dass der Gutachter für die bei der Behandlung am Stuhl aufgetretenen Visusbeeinträchtigungen und den Tremor der Hände eine „weitere“ Einschränkung von 20 bis 30 % angenommen habe, die fehlerhaft nicht in dem Wert einer zu 70 % eingeschränkten Fähigkeit zu untersuchender/behandelnder Tätigkeit berücksichtigt worden sei, trifft nicht zu. Zu Recht hat bereits das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Anhörung des Sachverständigen darauf verwiesen, dass der angesetzte Wert von 70 % das vollständige Krankheitsbild, das sich in verschiedenen Symptomen ausdrückt, berücksichtigt. Die gegenteilige Auffassung des Klägers verkennt, dass sich die unterschiedlichen Prozentangaben mit Blick auf den gerichtlichen Beweisbeschluss auf unterschiedliche Zeiträume beziehen. Der Gutachter hat damit ersichtlich den eigenen Angaben des Klägers zu einer fortschreitenden Verschlechterung der aufgetretenen Symptomatik Rechnung getragen (S. 51, 56 des Gutachtens), nicht aber neben einer Beeinträchtigung von 70 % ab 2009/2010 eine „weitere“ Einschränkung wegen der geschilderten Beschwerden festgestellt, die zu einem Gesamtwert zusammengerechnet werden müsste.

Ebenso wenig kann sich der Kläger mit Erfolg darauf berufen, dass die ihm verbleibenden Möglichkeiten der Beratung, Untersuchung und der Prophylaxe lediglich 8 bis 12 % seiner bisherigen Tätigkeit ausmachten, so dass die Minderung seines Leistungsvermögens nicht bei 70 %, sondern bei mindestens 90 % liege. Auf die Modalitäten der von ihm zuletzt ausgeübten zahnärztlichen Tätigkeit kommt es für das Vorliegen von Berufsunfähigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 der Satzung nicht an.

Mit Blick auf die gutachterlichen Feststellungen ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger nicht mehr in der Lage wäre, ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen. Für die Annahme, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, sich kontinuierlich in einen festen und geplanten Arbeitsablauf einzubinden und eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit in berechenbarer Weise auszuüben, bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Eine krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Ausübung von Verweisungstätigkeiten im gutachterlichen, wissenschaftlich-forschenden oder verwaltenden Bereich hat der Sachverständige gerade verneint; die Bezugnahme auf den Sachverhalt in anderen gerichtlichen Entscheidungen vermag entsprechende sachverständige Feststellungen nicht zu ersetzen. Auf die Frage, ob der Arbeitsmarkt ausreichende Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger bietet, kommt es nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht an. Mit der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neufassung der Satzung ist zwar auch die ursprüngliche Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 2 entfallen, die vorsah, dass die Umsetzbarkeit auf dem Arbeitsmarkt für den Anspruch auf Leistung von Berufsunfähigkeitsrente außer Betracht bleibt. Die Neuformulierung in § 15 Abs. 1 der derzeit gültigen Satzung lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass das Risiko der fehlenden Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt nunmehr auf das Versorgungswerk übertragen werden sollte. Auch insoweit fehlt es an tragfähigen Anhaltspunkten für einen entsprechenden Änderungswillen des Satzungsgebers, der weitreichende Auswirkungen hinsichtlich der Finanzierbarkeit und der versicherungsmathematischen Kalkulation gehabt hätte. Als berufsständische Versorgungseinrichtung trägt der Beklagte danach unter den in § 15 Abs. 1 der Satzung genannten Voraussetzungen allein das wirtschaftliche Risiko der krankheitsbedingten Berufsunfähigkeit, nicht aber das allgemeine Arbeitsmarktrisiko.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

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