LG Bochum, Beschluss vom 19.10.2015 - 7 OH 6/15
Fundstelle
openJur 2016, 980
  • Rkr:

Die Anmeldung der Auflösung der Gesellschaft, die Anmeldung der Bestellung des bisherigen Geschäftsführers zum Liquidator sowie die Anmeldung des Erlöschens der Geschäftsführung des bisherigen Geschäftsführers betreffen verschiedene Tatsachen, die jeweils mit 30.000 €, insgesamt 90.000 € zu bewerten sind.

Tenor

Die angefochtene Kostenberechnung wird betreffend die Urkunden-Rolle-Nr.: Handelsregisteranmeldung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    -Nr. 24102 KV - Handelsregisteranmeldung

              Geschäftswert nach §§ 119 Abs. 1, 105 Abs. 4 Nr. 1 GNotKG

              Zusammenrechnung nach § 35 Abs. 1 GNotKG

              3 X 30.000,- EUR = 90.000,- EUR

                                                                                                    = 123,00 EUR

              -Nr. 22114 KV - Elektronischer Vollzug und

              XML-Strukturdaten

              Geschäftswert nach § 112 GNotKG = 90.000,- EUR

                                                                                                =   73,80 EUR

              -Nr. 32001 KV - 2 Fotokopien                                 =    0,30 EUR

              -Nr. 32002 KV - 2 gespeicherte Dateien                   =    3,00 EUR

              -Nr. 32004 KV - Entgelt für Post- und Telekommun.   =    1,80 EUR

              -Nr. 32011 KV - Handelsregistereinsicht                   =    4,50 EUR

                                                                                              =  206,40 EUR

              -Nr. 32014 KV - Umsatzsteuer                                =   39,22 EUR

                                                                                             =  245,62 EUR

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten der Beteiligten zu 2. trägt die Landeskasse.

Gründe

I.

Am 30.12.2013 entwarf der Beteiligte zu 1. für die Beteiligte zu 2. eine Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister betreffend die Auflösung der Gesellschaft mit Wirkung zum 31.12.2013, die Bestellung des bisherigen Geschäftsführers zum Liquidator sowie das Erlöschen der Geschäftsführung des bisherigen Geschäftsführers und beglaubigte zu seiner Urkunden-Rolle-Nr. 230/13 die Unterschrift des bisherigen Geschäftsführers der Beteiligten zu 2. unter der vorgenannten Anmeldung.

Unter dem 06.01.2014 erstellte der Beteiligte zu 1. gegenüber der Beteiligten zu 2. seine Kostenberechnung, in der er für seine notarielle Tätigkeit im Zusammenhang mit der Handelsregisteranmeldung zu der Urkunden-Rolle-Nr.: 230/13 unter anderem nach einem Geschäftswert in Höhe von 60.000,00 Euro gemäß §§ 119 Abs. 1, 35 Abs. 1 GNotKG eine 0,5-Gebühr für die Fertigung eines Entwurfs gemäß Nummer 24102 KV GNotKG in Höhe von 96,00 Euro erhob. Den angegebenen Geschäftswert errechnete er aus einem Wert in Höhe von 30.000,00 Euro für die Auflösung der Gesellschaft und einem Wert in Höhe von weiteren 30.000,00 Euro gemäß § 105 Abs. 4 Nr. 1 GNotKG für die Bestellung des Liquidators.

Im Rahmen der Prüfung der Amtsführung des Beteiligten zu 1. beanstandete der Präsident des Landgerichts mit Prüfungsbericht vom 24.11.2014 diese Kostenberechnung und wies darauf hin, dass im Falle der Anmeldung der Auflösung der Gesellschaft, der Bestellung des bisherigen Geschäftsführers als geborenen Liquidators sowie des Erlöschens der Vertretungsbefugnis des bisherigen Geschäftsführers diese Anmeldungen jeweils als besondere und eigens zu bewertende Beurkundungsgegenstände anzusehen seien, ferner dass der Geschäftswert anstatt der von dem Beteiligten zu 1. angesetzten 60.000,00 Euro dann zutreffend 90.000,00 Euro betrage. Der Beteiligte zu 1. trat dem entgegen und vertrat die Rechtsauffassung, dass bei der Bestellung eines "geborenen" Liquidators im Gegensatz zu der eines "gekorenen" Liquidators ein und dieselbe Tatsache vorliege, so dass die Anmeldung des Erlöschens der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers kein gesondert zu bewertender Beurkundungsgegenstand sei.

Mit Schreiben vom 29.01.2015 wies der Präsident des Landgerichts den Beteiligten zu 1. an, einen Betrag von 43,20 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer bei der Beteiligten zu 2. nachzufordern oder aber gemäß § 130 Abs. 2 GNotKG die Entscheidung der Beschwerdekammer des Landgerichts Bochum herbeizuführen mit dem Ziel festzustellen, dass die Kostenberechnung zur Urkunden-Rolle-Nr.: abzuändern und wie im Tenor ersichtlich neu zu fassen sei.

Mit Schriftsatz vom 11.02.2015 hat der Beteiligte zu 1. diese Entscheidung beantragt.

Die Kammer hat die Beteiligte zu 2. angehört.

Sie hat ferner den Präsidenten des Landgerichts angehört. Auf die von diesem veranlasste Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem Landgericht vom 12.05.2015 wird verwiesen.

II.

1.

Der gemäß §§ 127 Abs. 1, 130 Abs. 2 S. 1 GNotKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist begründet. Die angefochtene Kostenberechnung entspricht in formeller Hinsicht den Erfordernissen des § 19 Abs. 2 bis Abs. 4 GNotKG und ermöglicht somit eine sachgerechte Entscheidung im Verfahren nach § 127 Abs. 1 GNotKG.

Die Überprüfung der Kostenberechnung in materieller Hinsicht führt zu deren Abänderung in dem im Tenor ersichtlichen Umfang, da der Geschäftswert für die Gebühr Nummer 24102 KV GNotKG gemäß §§ 119 Abs. 1, 105 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 GNotKG 3 X 30.000,00 Euro = 90.000,00 Euro beträgt.

a.

Zu der insoweit allein aufgeworfenen Frage, wie der Geschäftswert bei der Anmeldung der Auflösung der Gesellschaft, der Bestellung eines geborenen Liquidators im Gegensatz zu der eines gekorenen Liquidators und des Erlöschens der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers zu werten ist, hat der Bezirksrevisor bei dem Landgericht in seiner Stellungnahme vom 12.05.2015 folgendes ausgeführt:

"Von der - nach hiesiger Ansicht - überwiegenden Mehrheit der Kommentierungen werden die Anmeldung der Auflösung der Gesellschaft, der Bestellung des Liquidators als auch des Erlöschens der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers gem. §§ 86 Abs. 2, 111 Nr. 3 GNotKG jeweils als besondere und eigens zu bewertende Beurkundungsgegenstände angesehen mit der Folge, dass jeder dieser drei Anmeldungen der in §§ 119 Abs. 1, 105 Abs. 4 Nr. 1 GNotKG geregelte Mindestwert in Höhe von 30.000,- EUR zugrunde gelegt wird.

a)

Diehn/Volpert in Praxis des Notarkostenrechts (Anlage 1) argumentiert unter Rz. 787, dass nach dem neuen GNotKG gemäß § 109 Abs. 1 nur noch maßgebend ist, ob ein unmittelbares Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Anmeldung der Auflösung der Gesellschaft und der des Liquidators vorliegt.

"Das ist nicht schon dann der Fall, wenn die Anmeldung der Liquidatoren ohne die Anmeldung der Auflösung unterblieben wäre oder selbständig keinen Sinn hätte. Eine zur Gegenstandsidentität führende Abhängigkeit liegt vielmehr nur vor, wenn die Anmeldung der Liquidatoren der Erfüllung, Sicherung oder sonstigen Durchführung der Anmeldung der Auflösung dient. Davon kann aber nicht ausgegangen werden, weil gemäß §§ 86 Abs. 2 111 Nr. 3 GNotKG jede zum Handelsregister angemeldete Tatsache stets als besonderer Beurkundungsgegenstand gilt. Die Anmeldung der Auflösung sowie der Liquidatoren bildet insbesondere keine notwendige Erklärungseinheit."

Wenn die Anmeldung auch des geborenen Liquidators und die der Auflösung aber gerade keine notwendige Erklärungseinheit im Sinne des § 109 Abs. 1 S. 2 GNotKG darstellen, müssen demnach auch folgerichtig jeweils mindestens 30.000,- EUR als Geschäftswert angesetzt werden.

Gleiches gilt nach Rz. 788 für die Anmeldung des Erlöschens der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers, was zur Folge hat, dass diese weitere Tatsache gemäß § 105 Abs. 4 Nr. 1 GNotKG mit weiteren mindestens 30.000,- EUR zu bewerten ist.

b)

Diese Ansicht wird von der Ländernotarkasse im Leipziger Kostenspiegel (Anlage 2) unter Teil 21 Rz. 148 Fall 81 in der Musterkostenrechnung mit 3 X 30.000,- EUR bestätigt.

Darüber hinaus hat die Ländernotarkasse durch den nachfolgenden Fall Nr. 82 Rz. 149 klargestellt, dass es keinen Unterschied in der Bewertung des Geschäftswertes gibt, unabhängig davon, ob der Liquidator als Geborener oder Gekorener gewählt wurde.

c)

Zum gleichen Ergebnis kommen Schmidt/Sikora/Tiedtke in Praxis des Handelsregister- und Kostenrechts, 7. Aufl. (Anlage 3).

Aus dem Beispielfall unter Rz.1798 ergibt sich, dass der bisherige Geschäftsführer "Franz Müller" auch zum geborenen Liquidator bestellt wurde. In den dazugehörigen Hinweisen zur Kostenberechnung ist unter Rz. 1815 klargestellt, dass - wie im hier streitbefangenen Fal - sowohl die Abberufung als bisheriger Geschäftsführer als auch die Anmeldung als geborener Liquidator zu einer Geschäftswertaddition führen muss.

d)

Auch Diehn-/Sikora/Tiedtke in Das neue Notarkostenrecht (Anlage 4) kommen zu dem gleichen Ergebnis. In dem Sachverhalt unter Rz. 423 geht es zwar um eine Kommanditgesellschaft, aber auch hier wurde der bisherige Geschäftsführer zum geborenen Liquidator bestellt und im Ergebnis insgesamt 3 X 30.000,- EUR Geschäftswert angesetzt.

e)

Fackelmann, Notarkosten nach dem neuen GNotKG (Anlage 5) unterscheidet in § 3 Rz. 854 nicht zwischen geborenem und gekorenem Liquidator, stellt aber klar, dass der Geschäftswert insgesamt 90.000,- EUR betragen muss.

f)

Derzeit wird die vom Antragsteller vertretene Auffassung, dass das Erlöschen der Vertretungsbefugnis des bisherigen Geschäftsführers nur bei einem gekorenen Liquidator zu bewerten ist, nur von der Notarkasse, Streifzug GNotKG, 11. Aufl. Rz. 955 i.V.m. 955a (Anlage 6) und Korintenberg /Lappe, GNotKG, 19. Aufl., § 105 Rz. 98+99 vertreten."

Diesen zutreffenden Ausführungen, die angesichts ihrer Klarheit und Ausführlichkeit keinerlei Ergänzungen bedürfen, schließt sich die Kammer an.

b.

Da der Geschäftswert für die hier maßgebliche 0,5-Entwurfsgebühr gemäß Nummer 24102 in Verbindung mit Nummer 21201 Ziffer 5 KV GNotKG von (von dem Beteiligten zu 1. zugrundegelegten) 60.000,00 Euro auf 90.000,00 Euro zu korrigieren ist, bedarf es gemäß § 112 S. 1 GNotKG auch der Korrektur des korrespondierenden Geschäftswertansatzes der 0,3-Vollzugsgebühr gemäß Nummer 22114 KV GNotKG von 60.000,00 Euro auf 90.000,00 Euro.

Die 0,5-Entwurfsgebühr gemäß Nummer 24102 in Verbindung mit Nummer 21201 Ziffer 5 KV GNotKG beträgt damit 123,00 Euro (anstatt 96,00 Euro), die 0,3 Vollzugsgebühr gemäß Nr. 22114 KV GNotKG 73,80 Euro (anstatt 57,60 Euro). Bei Addition der Auslagen und Umsatzsteuer errechnet sich der Gesamtbetrag auf 245,62 Euro (anstatt 194,21 Euro). Die Erhöhung der Kostenberechnung ist gemäß § 130 Abs. 2 S.2 GNotKG zulässig.

2.

Die Kostenberechnung betreffend die Fertigung des Gesellschafterbeschlusses zur Auflösung der Gesellschaft ist nicht Gegenstand der Anweisung des Präsidenten des Landgerichts gewesen und dementsprechend nicht Gegenstand des Antrages des Beteiligten zu 1..

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 2 S. 3 und S. 4 GNotKG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft, § 129 Abs. 1 GNotKG. Diese ist binnen einer Frist von 1 Monat nach Zustellung dieses Beschlusses bei dem Landgericht Bochum, Westring 8, 44787 Bochum, durch Einreichung einer Beschwerdeschrift in deutscher Sprache oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Fällt das Ende der Beschwerdefrist auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen allgemeinen Feiertag, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächsten Werktages.

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