AG Langenfeld, Urteil vom 17.12.2015 - 34 C 249/15
Fundstelle
openJur 2016, 824
  • Rkr:

Nutzt der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall mit wirtschaftlichem Totalschaden das Unfallfahrzeug - ggfs. nach einer Teilreparatur - weiter, dann kann er fiktive Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes ohne den Abzug des Restwertes bereits vor dem Ablauf einer Frist von 6 Monaten verlangen.

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe eines Teilbetrages von 512,10 € (Hauptforderung) in der Hauptsache erledigt ist.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin Zinsen aus 512,10 € von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz vom 03.07.2015 bis zum 02.11.2015 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.

1.

Der Kläger hat die Klage nach der Zahlung der Hauptforderung ohne Zinsen in der Hauptsache für erledigt erklärt.Da sich die Beklagten der Teilerledigungserklärung nicht angeschlossen haben, ist diese als Feststellungsantrag gem. § 256 ZPO auszulegen.Dieser Feststellungsantrag ist begründet, da die Klage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, der Zahlung der Beklagten am 2.11.2015, begründet war.Die Haftung der Beklagten für die Schäden der Klägerin aus dem Unfallereignis vom 13.5.2015 gem. §§ 7 StVG, 115 VVG dem Grunde nach zu 100 % ist unstreitig.Im Streit zwischen den Parteien ist die Frage, ob die Klägerin, die als Geschädigte auf Gutachtenbasis abrechnet, fiktive Reparaturkosten (Nettobetrag) bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes ohne den Abzug des Restwertes verlangen kann, wenn sie den beschädigten Wagen- ggfs. nach einer Teilreparatur - weiternutzt.Vorliegend hatte die Beklagte nach dem Unfall eine Schadensabrechnung auf Totalschadensbasis vorgenommen; unter Berücksichtigung einer Schadensabrechnung der Kläger auf Reparaturkostenbasis - ohne Berücksichtigung des Restwertes - ergibt sich eine Schadenersatzforderung die um 512,10 € höher ist als als der bislang von der Beklagten zu 2. gezahlte Betrag.Insoweit ist zwischen den Parteien, auf der Basis der entsprechenden BGH-Rechtsprechung (sog. 100%-Fall) unstreitig, dass die Geschädigte in der Weise jedenfalls nach Ablauf von 6 Monaten nach dem streitgegenständlichen Unfall abrechnen kann.

Nach Auffassung des Gerichts ist der streitgegenständliche Restschadensersatzanspruch nicht erst mit Ablauf des 13.11.2015, also nach dem erledigenden Ereignis, fällig geworden.Der Bundesgerichtshof hat in den sog. 130%-Fällen (wenn der Geschädigte den Schaden tatsächlich sachgerecht hat reparieren lassen und wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert bis zu 130 % übersteigen) ausdrücklich entschieden, dass die Sechs-Monats-Frist keine materiellrechtliche Fälligkeitsvoraussetzung ist. (BGH, NJW 2009, 910)Dass diese Rechtsprechung auch auf den hier vorliegenden Fall der fiktiven Schadensabrechnung unterhalb der Grenze des Wiederbeschaffungswertes übertragen werden kann hat ein Mitglied des insoweit entscheidenden VI. Senates des Bundesgerichtshofes in einem veröffentlichen Aufsatz vertreten. (vgl. Wellner, NJW 2012, 7 ff. - S. 8-)Dieser Rechtsauffassung folgt das Gericht.

2.

Auch der nunmehr alleine im Wege der Leistungsklage geltend gemachte Zinsanspruch der Klägerin ist gem. §§ 280, 286, 288 BGB bereits ab dem 3.7.2015, also nach Inverzugsetzung begründet.Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in den §§ 91 Abs.1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 512,10 EUR festgesetzt.

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